Johann Gottlieb Fichte
Die Bestimmung des Menschen
Johann Gottlieb Fichte

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Vorrede.

Was außer der Schule brauchbar ist von der neueren Philosophie, sollte den Inhalt dieser Schrift ausmachen; vorgetragen in derjenigen Ordnung, in der es sich dem kunstlosen Nachdenken entwickeln müßte. Die tiefern Zurüstungen, welche gegen Einwürfe und Ausschweifungen des verkünstelten Verstandes gemacht werden, das, was nur Grundlage für andre positive Wissenschaften ist, endlich, was blos für die Pädagogik im weitesten Sinne, d. h. für die bedachte und willkürliche Erziehung des Menschengeschlechts gehört, sollte aus dem Umfange derselben ausgeschlossen bleiben. Jene Einwürfe macht der natürliche Verstand nicht; die positive Wissenschaft aber überläßt er seinen Gelehrten, und die Erziehung des Menschengeschlechts, in wie fern sie vom Menschen abhängt, seinen Volkslehrern und Staatsbeamten.

Das Buch ist sonach nicht für Philosophen von Profession bestimmt, und diese werden nichts in demselben finden, was nicht schon in andern Schriften desselben Verfassers vorgetragen wäre. Es sollte verständlich sein für alle Leser, die überhaupt ein Buch zu verstehen vermöchten. Von denjenigen, die nur schon ehemals auswendig gelernte Redensarten in einer etwas veränderten Ordnung wiederholen wollen, und dieses Geschäft des Gedächtnisses für das Verstehen halten, wird es ohne Zweifel unverständlich befunden werden.

Es sollte anziehen und erwärmen, und den Leser kräftig von der Sinnlichkeit zum Übersinnlichen fortreißen; wenigstens ist der Verfasser sich bewußt, nicht ohne Begeisterung an die Arbeit gegangen zu sein. Oft verschwindet während der Mühe der Ausführung das Feuer, mit welchem man den Zweck ergriff; eben so ist man im Gegentheil unmittelbar nach der Arbeit in Gefahr, über diesen Punkt sich selbst Unrecht zu thun. Kurz, ob diese Absicht gelungen sei, oder nicht, kann nur aus der Wirkung entschieden werden, welche die Schrift auf die Leser machen wird, denen sie bestimmt ist, und der Autor hat hierüber keine Stimme.

Noch habe ich – für Wenige zwar, zu erinnern, daß der Ich, welcher im Buche redet, keineswegs der Verfasser ist, sondern daß dieser wünscht, sein Leser möge es werden; – dieser möge nicht blos historisch fassen, was hier gesagt wird, sondern wirklich und in der That während des Lesens um sich selbst reden, hin und her überlegen, Resultate ziehen, Entschließungen fassen, wie sein Repräsentant im Buche, und durch eigne Arbeit und Nachdenken, rein aus sich selbst, diejenige Denkart entwickeln, und sie in sich ausbauen, deren bloßes Bild ihm im Buche vorgelegt wird.

 


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