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Illustration: Paul Haase

X. Der Schatz in der Höhle

Die ganze Zeit über war Otto von Jupp geneckt worden, der ihn immer Fliegenprinz oder Fliegenbräutigam nannte. Otto ärgerte sich darüber so, daß er erklärte, überhaupt nicht mehr mitgehen zu wollen nach der Postkutsche, da er keine Fliege heiraten wolle. Jupp versuchte alles mögliche, um Otto zu überreden, da er gerne den Schatz des Fliegenkönigs haben wollte; aber Otto blieb standhaft. Lieber wollte er auf alle Abenteuer verzichten, als eine häßliche Fliege zur Frau zu bekommen.

Am Samstagmorgen endlich hatte Jupp einen neuen Plan ausgeheckt. Er erklärte Otto, daß man ja gar nicht wieder zu dem Fliegenkönige und seiner Prinzessin hinzugehen brauche. Der Fliegenkönig habe ihnen ja ungefähr beschrieben, wo der Schatz liege; da brauchten sie also nur nachzusuchen. Damit war Otto einverstanden, und so machten sich denn die beiden Jungen am Samstagnachmittag wieder auf den Weg, wobei Jupp seinen Säbel, eine kleine Laterne und einen tüchtigen Strick mitnahm.

In der Postkutsche angekommen, fingen sie erst ein paar große Mücken, um Mückenfett zu bekommen; dann trafen sie ihre gewöhnlichen Vorbereitungen, das heißt: sie aßen ihre Butterbrote auf. Als sie damit fertig waren, nahmen sie die ganzen Mücken und rieben sich damit den Arm ein, da sie nicht wußten, wie man den Mücken das Fett abgewinnen konnte. Aber die erwartete Wirkung blieb aus; beide Jungen behielten ihre natürliche Größe.

Das war sehr ärgerlich; aber Jupp meinte, es würde wohl nicht so rasch wirken, da sie ja kein richtiges Mückenfett, sondern nur ganze Mücken genommen hätten. Er schlug daher vor, ruhig abzuwarten und sich derweil im Heu auszustrecken und ein wenig zu schlafen.

Das taten sie denn auch.

Nach einer Weile wachten sie auf; wahrhaftig, das Mückenfett mußte wohl inzwischen seine Wirkung getan haben; sie waren ganz klein! Sie hörten aber das laute Summen einer Fliege, die gewiß kam, um sie zum Fliegenkönige abzuholen. Otto kroch rasch ins Heu und zog Jupp mit sich. Beide hielten sich dort so lange versteckt, bis sie das Summen der Fliege nicht mehr hörten.

Dann krochen sie wieder heraus, sahen sich vorsichtig um, kletterten über das Heu und begannen vorsichtig den Schacht hinunterzusteigen. Jupp mit der Laterne voran. Da sie wußten, daß der breite Gang zu steil hinunterführte, so wählten sie einen kleinen Nebengang, der so schmal war, daß sie kaum hindurch konnten. Bald bemerkten sie, daß das Heu aufhörte; sie waren in der Erde. Der dunkle Gang hatte unzählige Windungen; dabei führte er immer tiefer hinab, manchmal langsam und manchmal ganz steil. Schließlich wurde der Weg ganz felsig; sie konnten kaum einen Schritt vor den anderen setzen.

Plötzlich schrie Otto auf; er war mit einem Fuße ins Leere getreten und wäre beinahe heruntergestürzt. Jupp leuchtete mit seiner Laterne; da sahen sie, daß an ihrer linken Seite der Weg ganz steil abfiel, so tief, daß sie den Grund gar nicht sehen konnten. Nun banden sich die beiden Jungen gegenseitig mit dem Stricke fest, damit einer den anderen im Falle eines Sturzes halten könne. Dann ging es weiter.

Allmählich erweiterte sich der Weg; große Tropfsteine hingen von der Decke herab, Wasser lief von den Wänden. Sie befanden sich in einer riesigen Höhle.

»Das ist ein feiner Versteckplatz für den Schatz!« rief Jupp. Er hielt aber gleich wieder inne; seine Stimme dröhnte so furchtbar von allen Seiten, daß den beiden ganz gruselig wurde; still krochen sie weiter hinab.

Auf dem Grunde der Höhle befand sich ein unterirdischer See, der ihnen den Weg versperrte. Sie gingen am Ufer entlang, um vielleicht an der anderen Seite herumzukommen. Da hörten sie plötzlich dicht vor sich eine Stimme rufen?

»Halloh! Wer seid ihr? Wo wollt ihr hin? Keinen Schritt weiter, sonst fresse ich euch alle beide auf!«

Sie schauten hin und bemerkten im Dunkeln vor sich einen großen schwarzen Molch, der sich ihnen mitten in den Weg legte. Jupp leuchtete ihm, um ihn besser sehen zu können, mit der Laterne ins Gesicht. Da schrie der Molch, der das Licht durchaus nicht gewohnt war:

»Haltet ein! Ihr blendet mich ja, ich werde blind!«

»Willst du uns nichts mehr tun?« frug Otto.

»Nein, gar nichts!« rief der Molch, den der Schein der Laterne schrecklich peinigte; »ich will alles tun, was ihr haben wollt!«

Jupp drehte die Laterne nach der anderen Seite, und der Molch rieb sich seine beiden Augen.

»Weißt du, wo der Schatz liegt?« frug Jupp.

»Welcher Schatz?«

»Der Schatz des Fliegenkönigs! Er hat ihn mir geschenkt, und ich will ihn mir holen!«

»Nein, ich weiß nichts,« antwortete der Molch und wollte rasch weglaufen.

Aber Jupp kam ihm zuvor. Er drehte seine Laterne halb herum und rief:

»Du weißt es ganz genau, häßlicher Molch, und wenn du es nicht sagen willst, so werde ich dir die Augen aus dem Kopfe leuchten!«

Da wurde der Molch gleich wieder zahm.

»Geh nur weg mit der Laterne!« rief er. »Ich will euch hinführen, so gut ich es kann.«

Der Molch kroch voran, und die beiden Jungen folgten ihm. Es ging eine Strecke den See entlang, bis sie zu einer Stelle kamen, wo sich die Ufer näherten, so daß das Wasser verhältnismäßig schmal war.

»Hier ist eine seichte Furt,« sagte der Molch, »hier müssen wir hinüber!« Mit diesen Worten stieg er ins Wasser; Otto folgte ihm; Jupp blieb noch einen Augenblick am Ufer stehen, um den Docht seiner Laterne höher zu schrauben. Da schrie Otto auf einmal laut auf:

»Hilf mir, Jupp, ich sinke unter!«

Der heimtückische Molch hatte die Jungen absichtlich an eine tiefe Stelle gelockt, die vom Ufer aus steil abfiel, um sie ertrinken zu lassen. Als er sah, wie Otto ins Wasser fiel, grinste er über das breite Maul, tauchte unter und verschwand. Es war ein Glück, daß Jupp den Otto am Seile fest hatte; so konnte er ihn mit leichter Mühe herausziehen. Otto klapperte mit den Zähnen und zitterte am ganzen Körper; das Wasser war eisig kalt gewesen.

»Es nutzt nichts!« sagte Jupp. »Hier können wir nicht bleiben, wir müssen weiter.«

Nun liefen die zwei Jungen weiter, um Otto ein wenig zu erwärmen. Es half aber nicht viel; er wurde immer kälter und konnte schließlich kaum mehr fortkommen. Jupp half ihm aus Leibeskräften; aber es war so kalt in der Höhle, daß die nassen Kleider Ottos ordentlich festfroren. Die Jungen versuchten nun nach dem Eingange zurückzukommen und stiegen eine Wand in die Höhe; aber sie hatten in der Dunkelheit den Weg verloren und mußten aufs Geratewohl weitertrappen. Schließlich verließen Otto völlig die Kräfte; er setzte sich auf einen Stein nieder.

»Geh du nur weiter!« sagte er zu Jupp. »Ich kann nicht mehr!«

Jupp aber wollte seinen Freund unter keinen Umständen allein zurücklassen; er nahm ihn auf den Rücken und trug ihn so gut es ging huckepack weiter. Bald aber versagte auch ihm die Kraft, und er mußte Otto wieder hinsetzen.

»Bleib etwas hier sitzen,« sagte er, »so geht es nicht weiter.– Ich will allein gehen und suchen, ob ich irgendeinen Ausweg aus der Höhle finde. Dann komme ich dich holen.«

Otto war schon so schwach, daß er kaum mehr eine Antwort geben konnte; er nickte nur und streckte sich tief seufzend auf die Steine. Jupp zog ihm den Rock aus und zog ihm seinen eigenen trockenen an; dann machte er sich in Hemdsärmeln auf den Weg. Er stieg eine schmale Galerie hinauf und ging dann lange Zeit in einem hohlen Gange, der gar kein Ende zu nehmen schien. Aber endlich nahm er doch ein Ende, und Jupp lief vor eine feste Wand. Er mußte zurück und bog nun in einen anderen Gang ein, der aber wieder sich als eine Sackgasse erwies. Ein drittes und viertes Mal ging es ihm ebenso; schon verzweifelte er daran, jemals aus dieser entsetzlichen Höhle herauszukommen.

Plötzlich bemerkte er tief unten in der Höhle einen kleinen Schein. Mit unsäglicher Mühe stieg er hinab. Aber bald verdeckte ein Felsvorsprung den Lichtschein, und erst nach längerem Suchen konnte er ihn wiederfinden. Er schritt darauf zu und bemerkte ein lustiges Feuerchen, um das fünf oder sechs Wurzelmännchen kauerten, die immerhin viel größer waren wie er selbst. Sie sahen sehr alt und häßlich aus; aber Jupp überwand alle Furcht; war es doch die einzige Rettung, die für ihn und Otto übrig blieb. – Die Wurzelmännchen taten sehr freundlich mit ihm; er solle sich nur gleich zu ihnen setzen und am Feuer wärmen. Doch Jupp erklärte, er habe noch einen Freund da hinten liegen, der nicht mehr weiter könne, und bat die Männchen, ihm doch zu helfen, ihn zu holen.

Die Wurzelmännchen entschuldigten sich, sie hätten keine Zeit, sie könnten nicht abkommen, sie müßten nämlich grübeln. Jupp bemerkte wohl den wahren Grund, weshalb sie nicht mitkommen wollten; sie waren nämlich unten im Boden festgewachsen! Er ließ sich von ihnen einen großen Napf voll heißen Getränkes geben und eilte damit fort, um Otto zu holen.

Wieder mußte er lange Zeit umhersuchen, ehe er die Stelle fand. Da lag der arme Otto, ohnmächtig und halb erfroren, auf den kalten Steinen. Jupp richtete ihn etwas auf und flößte ihm den warmen Wein ein, der ihn ein wenig belebte. Dann half er ihm aufstehen, und mühselig kroch Otto, auf Jupps Schulter gelehnt, weiter, bis sie endlich bei dem Feuerchen der Wurzelmännchen ankamen.

Diese empfingen die zwei Jungen sehr liebenswürdig; sie gaben ihnen zu essen und zu trinken und wickelten sie in weiche, dicke Decken ein, um sie wieder tüchtig zu erwärmen. Beide fielen dann in einen tiefen Schlaf.

Jupp erwachte von einem eigentümlichen Geräusche. Er blinzelte unter den Augenlidern hervor und bemerkte, wie zwei der unheimlichen Gesellen lange Messer wetzten.

»Mach es nur ordentlich scharf, Knorx!« sagte einer, »daß man die Knochen gut damit auslösen kann!«

»Laß mich nur machen, Kolk,« erwiderte der Angeredete, »das Messer soll so scharf werden, daß es ihnen die Beine mit einem Schnitte abschneidet!«

»Du kannst dir nicht denken, Rumpel,« sagte ein dritter, »wie ich mich auf den Fraß freue. Nun sind es vier Jahre her, daß ich kein Menschenfleisch mehr gegessen habe!«

»Ja, es ist schrecklich, lieber Knoll, wie selten wir eine gute Gelegenheit haben! Wer verirrt sich denn in unsere Höhle? – Aber die beiden Jungen müssen sehr gut schmecken; sie scheinen recht zart zu sein!«

Damit stand er auf und holte einen langen Bratspieß, den er geschickt über dem Feuer befestigte.

»Hi, hi! Wie lustig sie daran rösten werden!« grinste er, und alle anderen lachten vergnügt und schmatzten schon im Vorgeschmacke der guten Mahlzeit.

Jupp trat der Angstschweiß auf die Stirn, lieber vor Kälte und Hunger in der Höhle umkommen, als langsam auf dem Feuer geschmort zu werden! Mit einem kräftigen Satze sprang er auf und riß auch Otto aus seiner Decke heraus.

»Fangt sie, fangt sie!« schrien die Wurzelmännchen und streckten sich so lang aus als sie konnten. – Aber die Jungen waren flinker; sie entschlüpften mit genauer Not den langen Armen der häßlichen Männchen. Die schrien und tobten; es nutzte ihnen jedoch nichts mehr, denn sie waren unten festgewachsen und konnten sie nicht verfolgen.

»Du hast nicht aufgepaßt, Rümpel; du hast sie entwischen lassen!« schrie Knorx und stach mit dem Messer nach ihm.

»Nein! Der Knoll ist schuld daran; der saß ihnen am nächsten!« rief Kolk und schlug ihn mit dem Bratspieße auf den Kopf. Es entstand eine allgemeine Prügelei; dabei kamen sie den Flammen zu nahe. Das Feuer erfaßte sie, und da sie ja nur aus Wurzelholz waren, so verbrannten sie alle miteinander.

Otto und Jupp sahen dem Schauspiele zu und freuten sich.

»Geschieht ihnen schon recht, den hinterlistigen Kerlen,« rief Jupp. »Pfui, was für gemeine Geschöpfe wohnen in dieser Höhle!«

Die zwei Jungen fühlten sich wieder ganz frisch; sie waren tüchtig warm und schritten mit neuem Lebensmute vorwärts. Sie waren schon eine tüchtige Strecke gegangen, als sie an einen Baumstamm kamen, der quer über den Weg lag.

»Wir wollen uns ein wenig ausruhen,« sagte Otto, und die beiden Jungen setzten sich auf den Stamm. Da begann sich der Stamm plötzlich zu bewegen; er schob seine spitzen Enden zusammen, immer näher, bis er schließlich einen ganzen Kreis bildete. Die kleinen Jungen sprangen entsetzt auf und bemerkten nun erst, daß sie auf einem riesigen Regenwurm gesessen hatten, der sich mehr und mehr zusammenschob und sie zu erdrücken drohte. Jupp zog seinen Säbel und hieb mit einem tüchtigen Schlage zu; er traf gut und spaltete den Wurm in zwei Teile. Dem Wurme schien das aber gar nichts auszumachen; beide Teile lebten ruhig weiter, und einer ging auf Otto, der andere auf Jupp los. Ehe sich Jupp dessen versah, hatte er sich rings um ihn herumgewickelt und drohte ihn zu ersticken; die ekelhafte feuchte Haut des Wurmes berührte schon sein Gesicht. Otto war schneller gewesen; er war mit flinkem Sprunge über seinen Wurm hinweggesprungen und kam nun Jupp zu Hilfe. Vorsichtig schnitt er, um nicht seinen Freund selbst zu verletzen, mit dem Messer ein Stück von dem Wurme nach dem anderen herunter, bis Jupp aus der qualvollen Umarmung befreit war. Am Boden ringelten nun eine ganze Menge kleiner Würmer, und die beiden Jungen machten sich schnell aus dem Staube.

Aber so viel die Jungen herumsuchten, sie konnten nirgends einen Ausgang finden. Sie trafen immer auf andere Seen oder kamen in neue Tropfsteingrotten. Endlich gelangten sie in einen großen Raum, der von einem matten rötlichen Lichte erfüllt war. Als sie näher zusahen, bemerkten sie, daß der Schein von einem großen Haufen herkam, der im Hintergrunde der Grotte auf dem Boden lag.

»Das ist der Schatz!« rief Jupp vergnügt. »Es ist Gold, das so leuchtet. Endlich haben wir ihn!«

Sie wollten gerade darauf zustürzen, als sie in der Luft ein Flattern hörten. Sie schauten auf und sahen drei große Fledermäuse, dreimal so groß wie sie selbst. Die flogen hin und her und drohten auf die Knaben loszustürzen.

»Zieh deine Mütze fest auf den Kopf!« rief Jupp. »Die Tiere gehen einem an die Haare!«

Wer es war zu spät; schon war eine Fledermaus herangeflogen und hatte Otto ein großes Bündel Haare ausgerissen. Nun kamen auch die anderen Tiere herzugeflogen und bedrängten die beiden Jungen. Diese zogen sich in eine Ecke zurück und verteidigten sich so gut es ging.

»Wir tun euch ja gar nichts,« rief Otto, »warum laßt ihr uns denn nicht auch in Ruhe?«

»Ihr wollt den Schatz rauben,« antwortete eine der Fledermäuse. »Wir bewachen den Schatz des Fliegenkönigs!«

»Aber wir sind ja Freunde des Fliegenkönigs,« rief Jupp. »Wir haben ihm das Leben gerettet! Mein Freund ist der Bräutigam der Fliegenprinzessin, und mir hat der König seinen Schatz geschenkt!«

Otto war wütend auf Jupp; er machte gerade den Mund auf, um zu erklären, daß er gar nicht der Bräutigam der Fliegenprinzessin sein wolle; aber Jupp schubbste ihn rasch in die Seite.

»Sei doch still,« flüsterte er leise. »Willst du denn von den Fledermäusen aufgefressen werden?«

Otto schwieg, und Jupp redete wieder die Fledermäuse an:

»Wir sind hierhergeschickt vom Fliegenkönige,« sagte er, »um den Schatz zu holen, und wenn ihr ihn nicht gutwillig herausgebt, so werden wir umkehren und es dem Könige sagen; da sollt ihr sehen, wie es euch ergeht!«

Die Fledermäuse stutzten: sie setzten sich in eine Ecke zusammen und berieten. Nach einer Weile kamen sie wieder heran und erklärten, daß die beiden Jungen so viel von dem Schatze mitnehmen dürften, wie sie tragen könnten. Otto und Jupp ließen sich das nicht zweimal sagen: sie gingen rasch auf den Schatz zu und stopften sich die Taschen voll. Es waren lauter funkelnagelneue, große Goldstücke, mit allen möglichen Köpfen und Wappen. Dann bedankten sie sich bei den Fledermäusen, die tiefe Bücklinge machten, und frugen sie nach dem Auswege aus der Höhle. Die Fledermäuse beschrieben ihnen genau den Weg, und die flinken Jungen eilten fort.

Plaudernd und lachend eilten sie durch die Höhle; sie unterhielten sich davon, was sie sich wohl alles kaufen wollten.

»Ich,« sagte Otto, »kaufe mir eine richtige Pistole und ein Boot mit Segeln und einen Spazierstock und einen neuen Windvogel!«

»Und ich,« sagte Jupp, »kaufe mir zwei Pfeifen und einen großen Tabakbeutel und einen zahmen Raben und einen ganzen Laden voll Kuchen!«

»Und für die Großmutter,« fügte Otto hinzu, »kaufen wir einen neuen Lehnstuhl, weil der alte schon ganz wackelig ist, und ein neues Tuch und eine neue Kaffeekanne!«

Da hörten sie plötzlich hinter sich ein starkes Geräusch und sahen eine Menge großer Goldkäfer mit scharfen Zangen auf sich zukommen. Die Jungen, die alle ihre Waffen und Gerätschaften in der Schatzkammer zurückgelassen hatten, um mehr Gold tragen zu können, hatten gar nichts mehr bei sich, um sich zu verteidigen. Sie liefen daher weg, so schnell sie konnten; aber die großen Käfer kamen immer näher. Schon war einer ganz nahe herangekommen; er hatte seine Zangen weit aufgerissen, um Otto ins Bein zu zwicken. Otto sprang in die Höhe, wobei ihm einige Goldstücke aus der Tasche fielen. Sofort blieb der Käfer stehen und stürzte sich auf die Goldstücke, die er, eins nach dem anderen, gierig verschlang.

Nun warfen die Jungen immer, wenn die Goldkäfer, die sie verfolgten, näher herangekommen waren, einige Goldstücke auf den Boden; die Käfer stürzten darüber her, um sie aufzufressen, und so gewannen die Jungen wieder einen kleinen Vorsprung. Aber es waren so viele Verfolger, daß immer wieder neue nachstürzten, so daß die Jungen sie trotz alledem stets dicht auf den Fersen hatten. Schließlich nahmen sie aus allen Taschen das Gold heraus und warfen es auf den Boden. Wie hungrige Wölfe fielen die Käfer darüber her, und die Jungen bekamen jetzt einen solchen Vorsprung, daß sie bald nichts mehr von ihnen hörten.

Rasch kamen sie nun in die Höhe; bald war der Heuschacht erreicht, und die Jungen saßen wieder in ihrer Postkutsche. Sie suchten in allen Taschen nach; Jupp fand noch sieben und Otto noch fünf Goldstücke.

»Nun,« meinte Jupp, als er das Gold in einem kleinen Häufchen vor sich aufbaute, »immerhin können wir uns noch manches Schöne dafür kaufen!«

Dann suchten sie sich die Mücken, die sie vorher gefangen und im Heu versteckt hatten, rieben sich tüchtig damit die Arme ein und streckten sich im Heu aus, um die Wirkung zu erwarten.

Sie schliefen ein, und als sie erwachten, hatten sie wieder ihre natürliche Größe.

»Wo ist unser Gold?« rief Jupp.

Die beiden Jungen suchten überall herum, konnten aber nichts finden. Schließlich entdeckte Otto an der Stelle, wo sie vorhin die Goldstücke hingelegt hatten, ein ganz kleines Häufchen gelben Sandes, so klein, daß man es kaum sehen konnte!

»Nein! sind wir aber mal dumm gewesen!« rief Jupp. »Wir hätten das Gold in den Taschen behalten sollen, da wäre es mit groß geworden!«

Dann eilten die beiden nach Hause und versprachen sich, das nächste Mal klüger zu sein.


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