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Die Apotheose des Reuchlin

Pompilius · Brassicanus

Pompilius. Woher kommst du im Reiseanzug? Brassicanus. Aus Tübingen. Pompilius. Gibt's dort nichts Neues? Brassicanus. Es ist doch merkwürdig, daß alle, aber auch alle Menschen auf Neuigkeiten dermaßen erpicht sind. Und doch habe ich in Löwen einen gewissen Kameler Eine abgekürzte spaßhafte Form für Karmeliter. predigen hören, alles Neue sei zu meiden. Pompilius. Die Mahnung macht dem Namen des Mahners alle Ehre. Dieser Mensch (wenn es überhaupt ein Mensch war) sollte eigentlich niemals seine alten Schuhe oder seine morschgewordene Hose wechseln dürfen, stets faule Eier essen und nichts als abgestandenen Wein trinken müssen. Brassicanus. Und doch treibt es gerade dieser Mann, damit du es nur weißt, in seiner Freude am Alten durchaus nicht etwa so weit, daß er die Suppe von gestern der frischen vorzöge. Pompilius. Doch lassen wir den Kameler und sag' lieber, was du Neues bringst! Brassicanus. Das Neue, was ich mitbringe, ist, wie jener es gesagt hat, etwas Schlimmes. Pompilius. Auch das wird ja aber dereinst ein Altes sein. Der notwendige Gang der Dinge wäre also der: wenn alles Alte gut und alles Neue schlecht ist, so wird das, was jetzt als gut gilt, einst schlecht, und was jetzt schlecht ist, künftighin gut sein. Brassicanus. Nach des Kamelers Ansicht müßte es so zugehen. Wer somit einst als Jüngling ein schlimmer Dummkopf war, weil er eben noch ein Neuling war, ist jetzt, weil er alt geworden ist, ein guter Dummkopf. Pompilius. Doch pack' jetzt endlich deine Neuigkeit aus. Brassicanus. Der Phönix der Gelehrsamkeit, der in drei Zungen geredet hat, Johannes Reuchlin ist aus dem Leben abgeschieden. Pompilius. Ist das wirklich wahr? Brassicanus. Nur zu wahr. Pompilius. Was ist denn aber so Schlimmes dabei, mit Hinterlassung eines der Unsterblichkeit sicheren, ehrenvollsten Namens aus den Übeln dieser Welt in die Gemeinschaft der Seligen umzusiedeln? Brassicanus. Ja, wer hat dir denn das gesagt? Pompilius. Nun, das versteht sich doch von selbst. – Wer so gelebt hat, kann ja gar nicht anders sterben. Brassicanus. Du würdest das noch weit eher sagen, wenn du wüßtest, was ich weiß. Pompilius. Was denn? Bitte sag's. Brassicanus. Ich darf es nicht erzählen. Pompilius. Weshalb nicht? Brassicanus. Weil der, der mir's anvertraut, sich Schweigen ausbedungen hat. Pompilius. So übermittele es mir unter derselben Bedingung; ich verspreche dir in besten Treuen Stillschweigen. Brassicanus. Wenn mich auch ein solches Treuwort schon mehr als einmal getäuscht hat, so will ich dir die Sache doch anvertrauen, um so mehr, als es sich um eine Angelegenheit handelt, deren Bekanntwerden allen Guten nur von Nutzen sein kann. Also: in Tübingen lebt ein Franziskaner, der bei allen als ein Mann von ausgezeichneter Frömmigkeit gilt, außer in seinen eigenen Augen. Pompilius. Das ist der beste Beweis für wahre Frömmigkeit. Brassicanus. Du solltest den Mann eigentlich kennen; wenn ich dir den Namen nennte, würdest du zugeben, daß ich die Wahrheit sage. Pompilius. Wie, wenn ich ihn erriete? Brassicanus. Das steht dir frei. Pompilius. Halt dein Ohr her! Brassicanus. Wozu? wir sind ja allein. Pompilius. S' ist halt so Sitte. Brassicanus. Recht erraten, der ist's. Pompilius. Das ist ein Mann von unbedingter Zuverlässigkeit. Was er gesagt hat, das ist für mich, als wenn's in den sibyllinischen Büchern stände. Brassicanus. So höre denn vertrauensvoll das ganze Zwiegespräch. Unser Reuchlin lag krank, und zwar recht gefährlich, immerhin so, daß Hoffnung auf Besserung bestand – ein solcher Mann sollte niemals alt und krank werden und sterben müssen! Frühmorgens besuchte ich meinen Franziskaner, damit er durch seinen Zuspruch meinen bedrückten Geist erleichterte; denn ich war krank mit meinem erkrankten Freunde, den ich lieb hatte wie einen Vater. Pompilius. Fürwahr! nur ein sehr schlechter Mensch hat diesem Manne die Liebe versagen können. Brassicanus. Da sagt der Franziskaner zu mir: Brassicanus, laß alle Traurigkeit deines Herzens fahren: unser Reuchlin ist nicht mehr krank. Wie? sag' ich, ist er so plötzlich genesen? Vor zwei Tagen machten die Ärzte noch keine besonders hoffnungsvollen Versprechungen. Da erwiderte jener: Er ist genesen, aber so, daß er künftighin keine Krankheit mehr zu fürchten hat. Weine nicht eher (er sah nämlich, daß mir die Tränen hervorbrachen) – weine nicht eher, als bis du alles gehört hast. Es sind nun sechs Tage her, seit ich den Kranken nicht besucht hatte; aber in täglichem Gebet habe ich seine Gesundheit Gott befohlen. Gestern Nacht nun, da ich mich nach der Frühmette wieder auf die Streu gelegt hatte, kam ein süßer, leichter Schlaf über mich. Pompilius. Mein Herz läßt mich ich weiß nicht was Frohes ahnen. Brassicanus. Du ahnest richtig. Ich meinte nämlich – so erzählte der Franziskaner – bei einem Brücklein zu stehen, über das man auf einen überaus lieblichen Wiesenplan gelangte. Da schmeichelte den Augen ein mehr als smaragdenes Grün der Gräser und des Laubes, da lächelten einem die Blümlein mit einem so unglaublichen Reichtum der Farben entgegen, da duftete alles wunderbar, so daß jede Wiese diesseits des Flüßleins, das jenes selige Gefilde abgrenzte, nicht zu leben und zu grünen schien, sondern tot und unschön und dürr aussah. Während ich noch ganz in dieses Schauspiel versunken stand, war eben Reuchlin vorbeigegangen, und im Vorbeigehen hatte er auf hebräisch mir den Frieden gewünscht. Schon hatte er die Hälfte der Brücke überschritten, bevor ich ihn bemerkte; als ich ihm nun nacheilen wollte, winkte er mir, sich umdrehend, ab. »Es ist dir noch nicht gestattet«, sagte er; »von jetzt an in fünf Jahren wirst du mir folgen. Jetzt jedoch magst du als Zeuge und Zuschauer dessen, was hier vorgehen wird, da bleiben.« Ich fragte daraufhin den Franziskaner: War Reuchlin unbekleidet oder bekleidet, allein oder in Begleitung? Er antwortete: Nur ein einziges schneeweißes Kleid trag er; man hätte es für ein damastenes halten können, so wundervoll leuchtend war das Weiß. Es folgte ihm ein Knabe von unbeschreiblicher Gestalt, mit Flügeln; ich denke, es war Reuchlins guter Genius. Pompilius. Aber folgte ihm denn nicht auch der böse Genius? Brassicanus. Sogar etliche, wie mein Franziskaner meinte. Er erzählte nämlich, es seien Reuchlin von ferne einige Vögel gefolgt mit schwarzen Federn, nur beim Entfalten der Flügel zeigten sich Federn, die eher falb waren als weiß. Er meinte, nach Farbe und Gekreisch hätten es Elstern sein können; nur daß jeder einzelne Vogel sechzehnmal so groß war als eine Elster; sie waren um nichts kleiner als Geier, hatten einen Kamm auf dem Kopf, gebogene Schnäbel und Krallen und einen hervortretenden Bauch. Es hätten Harpyien sein können, wenn's nur drei an Zahl gewesen wären. Pompilius. Was führten diese Furien im Schild? Brassicanus. Von ferne, so erzählte er, kreischten sie dem Heros Reuchlin nach, und sie hätten ihn wohl gerne angegriffen, wenn sie nur gedurft hätten. Pompilius. Wer hinderte sie daran? Brassicanus. Reuchlin hatte sich umgewendet, und mit der Hand das Zeichen des Kreuzes schlagend rief er aus: Macht euch davon, dahin wo ihr hingehört, ihr Pestgeschmeiß! Es ist genug, daß ihr den Sterblichen Unrat anrichtet; an mir, der ich jetzt den Unsterblichen zugeteilt bin, hat euer unsinniges Wüten seine Macht verloren. Kaum hatte, wie der Franziskaner weiter berichtete, Reuchlin diese Worte gesagt, so zogen diese scheußlichen Vögel ab mit Hinterlassung eines Gestankes, neben dem der menschliche Kot wie Majoran- oder Nardenöl duftet. Mein Erzähler schwor, er möchte lieber in die Grube fahren, als ein zweites Mal den Geruch eines solchen Räucherwerks einatmen müssen. Pompilius. Fluch diesen Pestvögeln! Brassicanus. Höre nun aber, was der Franziskaner weiter erzählte. Während ich diese Dinge aufmerksam betrachte – fuhr er fort – war der heilige Hieronymus schon in die Nähe der Brücke gekommen und redete Reuchlin mit den Worten an: Sei gegrüßt, mein heiligster Kollege. Mir ist der Auftrag geworden, dich in die himmlische Gemeinschaft aufzunehmen und zu geleiten, die deinen so heiligen Bemühungen von der göttlichen Güte bestimmt ist. Mit diesen Worten nahm er ein Gewand hervor, das er Reuchlin anzog. Da unterbrach ich den Erzähler mit den Worten: Sag', in was für einer Kleidung und Gestalt zeigte sich Hieronymus? War er so alt, wie die Maler ihn darstellen, trug er die Kapuze oder den Hut und das Kardinalskleid, oder hatte er den Löwen als Begleiter bei sich? Nichts von alledem, erwiderte der Franziskaner. Er war lieblich von Gestalt, vom Alter zeigte sich nur so viel, daß es nicht häßlich, sondern im höchsten Grade würdig sich ausnahm. Was aber hätte er dort mit dem Löwen, den ihm die Maler beigesellten, als Begleiter tun sollen? Er trug ein bis zu den Knöcheln reichendes Kleid, leuchtend wie durchsichtiges Kristall und von derselben Form wie das, welches er Reuchlin überreicht hatte. Es war vollständig bemalt mit Zungen in drei Farben: purpurn, smaragdgrün, saphirblau. Und das alles schimmerte und die Anordnung der Zungen trug nicht wenig zur schönen Wirkung bei. Pompilius. Ich vermute, es sei dies ein Symbol der drei Sprachen gewesen, in denen diese Männer bewandert waren. Brassicanus. Das steht außer Zweifel. Denn, wie der Franziskaner erzählte, auf den Säumen waren Buchstaben der drei Sprachen in den drei verschiedenen Farben sichtbar. Pompilius. War Hieronymus ohne alles Geleite erschienen? Brassicanus. Ohne Geleite meinst du? Das ganze Feld war vielmehr von Myriaden Engeln erfüllt, und ebenso die ganze Luft, wie wir in den Sonnenstrahlen kleine Körperchen hin und her tanzen sehen, die man als Atome zu bezeichnen pflegt, wenn anders etwas so Geringes zum Vergleich herangezogen werden darf. Weder Himmel, noch Feld hätte man sehen können, wenn nicht alles durchsichtig gewesen wäre. Pompilius. Wahrlich, dem Reuchlin kann man Glück wünschen. Was geschah dann weiter? Brassicanus. Hieronymus, so erzählte mein Gewährsmann, ließ den Reuchlin ehrenvoll zur Rechten gehen und führte ihn hinab mitten auf das Feld. Dort ragte in der Mitte ein Hügel empor. Auf seiner Spitze umarmte der eine den andern mit freundlichem Kusse. Inzwischen aber tat sich der Himmel über ihnen weit auf, eine ganz unbeschreibliche Majestät entfaltend, so daß daneben alles andere fast schmutzig aussah, während es vorher doch wunderbar erschienen war. Pompilius. Könntest du es nicht etwas genauer schildern? Brassicanus. Wie sollte ich, da ich es doch nicht gesehen habe! Er aber, der es gesehen hat, sagte, es sei undenkbar, auch nur eine Ahnung davon zu geben; nur das meinte er: er würde gerne tausendmal sterben, wenn er dieses Schauspiel auch nur einen kleinen Augenblick ein zweites Mal genießen könnte. Pompilius. Was kam dann schließlich noch? Brassicanus. Aus der Öffnung des Himmels wurde eine gewaltige Säule mit einem leuchtenden, aber doch wohltuenden Feuer niedergelassen, und auf dieser fuhren die beiden heiligen Seelen in enger Umschlingung in den Himmel, während Engelchöre alles mit einem solch süßen Gesang umkosten, daß der Franziskaner sagte, er könne an diesen herrlichen Genuß nie ohne Tränen zurückdenken. Dann verbreitete sich ein wunderbarer Wohlgeruch. Als der Schlaf, wenn von einem solchen gesprochen werden kann, den Franziskaner verließ, glich er einem Irren; er meinte, nicht in seiner Zelle zu sein, er fragte nach der Brücke und dem Wiesenplan; von nichts anderm konnte er reden, an nichts anderes denken. Als die Ältesten des Kollegiums merkten, daß es sich hier um keine Fabelei handle (denn sie hatten erfahren, daß zur selben Stunde, in der dem heiligen Manne seine Vision geworden war, Reuchlin gestorben sei), da dankten sie Gott dafür, daß er die Guttaten der Frommen mit so herrlichem Lohn kröne. Pompilius. Was bleibt uns da noch anderes zu tun, als den Namen des heiligsten Mannes dem Heiligenkalender einzuverleiben? Brassicanus. Das hätte ich getan, auch wenn der Franziskaner nichts Derartiges gesehen hätte, und zwar mit goldenen Lettern, ganz in der Nähe des seligen Hieronymus. Pompilius. Ich will des Todes sein, wenn ich nicht dasselbe in meinem Kalender tue. Brassicanus. Er soll auch in meiner Hauskapelle stehen, aus Gold, zwischen den auserwählten Heiligen. Pompilius. Auch in meiner, und sogar aus Edelstein, wenn meine Mittel mit meiner Absicht Schritt halten. Brassicanus. Auch in der Bibliothek weise ich ihm zunächst bei Hieronymus seinen Platz an. Pompilius. Dasselbe tue auch ich. Brassicanus. Das sollten alle, welche die Sprachen und die guten Wissenschaften, namentlich die heiligen, pflegen und lieben, tun, wenn anders sie dankbar sein wollen. Pompilius. Verdient hat er es allerdings. Aber macht dir das keine Skrupeln, daß er noch nicht durch die Autorität des Papstes in Rom unter die Heiligen versetzt ist? Brassicanus. Ja, wer hat denn den heiligen Hieronymus kanonisiert (wie sie es nennen), oder den Paulus oder die jungfräuliche Mutter? Welcher Gedächtnis ist heiliger bei allen Frommen: das derer, welche eine ausgezeichnete Frömmigkeit und das Denkmal ihres Geistes und Lebens der Liebe aller empfehlen, oder das der Katharina von Siena, welche Pius II. in die Zahl der Heiligen aufnahm, dem Orden und der Stadt zu Gefallen? Pompilius. Da hast du ganz recht. Das erst ist der wahre Kultus, der freiwillig den des Himmels würdigen Verdiensten Verstorbener, deren Wohltaten stetsfort spürbar sind, erwiesen wird. Brassicanus. Wie nun? Meinst du noch, der Tod dieses Mannes sei zu beweinen? Er hat lange gelebt, wenn das etwas bedeutet für das Glück des Menschen. Er hat unvergängliche Denkmäler seiner Tüchtigkeit hinterlassen. Durch Guttaten hat er seinen Namen der Unsterblichkeit geweiht. Jetzt genießt er frei von Unglück den Himmel und unterhält sich mit Hieronymus. Pompilius. Aber er hat viel im Leben gelitten. Brassicanus. Der heilige Hieronymus noch mehr. Es ist ein Glück, um der guten Sache willen von Seite der Schlechten dulden zu müssen. Pompilius. Ich gebe das zu; um des besten willen hat Hieronymus von den schlechtesten Menschen viel leiden müssen. Brassicanus. Ja, und was hat einst der Teufel durch die Schriftgelehrten und Pharisäer gegen unsern Herrn Jesus unternommen! Dasselbe tut er noch heute durch gewisse Pharisäer gerade gegen die besten, um das Menschengeschlecht durch ihre unermüdliche Tätigkeit hochverdienten Männer. Jetzt ist jenem die schönste Ernte beschieden aus dem Samen, den er ausgestreut hat. An uns aber ist es nunmehr, sein Andenken hochheilig zu halten, seinen Namen mit Lob zu preisen und wiederholentlich ihn mit Worten, wie diesen, zu grüßen: O heilige Seele, sei du gnädig den Zungen, sei gnädig denen, die die Sprachen pflegen; behüte die heiligen Zungen und verdirb die bösen, die vom Gift der Hölle angesteckt sind. Pompilius. So will ich's halten und will fleißig den anderen predigen, daß sie's auch so halten. Und ich zweifle nicht daran, daß viele ein kleines Gebet, wie das so Sitte ist, wünschen, womit sie das Andenken dieses heiligen Mannes ehren. Brassicanus. Du meinst eins von dieser Art, die sie Kollekte nennen? Pompilius. Ja. Brassicanus. Ein solches habe ich mir vor Reuchlins Tod noch zurecht gemacht. Pompilius. Bitte, sag es her! Brassicanus. Gott, der Du das Menschengeschlecht liebst, der Du die Gabe der Zungen, womit Du einst Deine Apostel zur Verkündigung des Evangeliums durch Deinen heiligen Geist ausgerüstet, durch Deinen erwählten Diener Johannes Reuchlin der Welt erneuert hast, gib, daß alle in allen Zungen überall die Ehre Deines Sohnes Jesu verkünden, und verwirre die Zungen der falschen Apostel, die unter sich verschworen an dem gottlosen Turm von Babel bauen und damit Deine Ehre zu verdunkeln suchen, während sie die ihrige zu erheben trachten, obschon Dir allein alle Ehre gebührt, samt Jesu, Deinem Sohne, unserm Herrn, und dem heiligen Geiste von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Pompilius. Fürwahr, das ist ein ebenso schönes als frommes Gebet. Ich will des Todes sein, wenn ich es nicht täglich hersagen werde. Und ich preise meine Begegnung mit dir, da ich eine so frohe Botschaft von dir empfangen habe. Brassicanus. Genieße noch lange diese Freude und lebe wohl! Pompilius. Das wünsch' ich auch dir.

Bemerkung. Vielleicht erwartet man hier noch ein Wort über diese Auswahl aus den Gesprächen des Erasmus. Den Kenner der Kolloquien wird es etwa befremden, daß das Convivium religiosum und der Epicureus keine Aufnahme gefunden haben. Es ist dies absichtlich nicht geschehen. Mir schien in erster Linie wichtig, daß an sich wieder das Interesse auf diese Dialoge gelenkt würde, und um dies zu erreichen, war es doch wohl das Klügste, solche Stücke auszuwählen, die von vornherein durch ihren Inhalt und Ton auch von nichtgelehrten Lesern ohne viele Anstrengung genossen werden können. Die beiden obengenannten Gespräche aber sind weniger in ihrer Gesamtheit als in einzelnen Partien der Beachtung und Aufmerksamkeit eines größeren Leserkreises sicher. Diese Partien – es gilt das übrigens auch für den langfädigen Ichthyophagia-Dialog haben daher ihre Erwähnung und Beleuchtung auf den einführenden Seiten gefunden, zum Teil im genauen Wortlaut. Sollte je dieses Büchlein den Wunsch nach einer Fortsetzung rege machen, so könnten dann auch umfangreiche Stücke wie das Gespräch über religiöse Dinge und die Diskussion über Begriff und Wesen des wahren Epikureismus ihre Berücksichtigung finden. Für die Probefahrt empfahl es sich, das Schifflein nicht zu stark mit weniger gangbarer Ware zu belasten.

Zürich, Mitte September 1906
H. Trog

 

Aus Anlaß des Erasmusjahres schien es angezeigt, diese Gespräche in der längst vergriffenen Übertragung meines Vaters neu aufzulegen; Herr Dr. Alfred Hartmann sei besonders gedankt für die Freundlichkeit, mit der er die Durchsicht des Textes und einige Berichtigungen vorgenommen hat. Die erste Auflage dieser Gespräche – vom Verlag Eugen Diederichs, Jena, herausgegeben – ist dem Historiker Prof. theol. Paul Wernle in Basel gewidmet.

Basel, im Mai 1936
Hilda Trog

 

Die lateinischen Titel der hier übersetzten Colloquia lauten: Abbatis et Eruditae. – Ἄγαμος γάμος sive Conjugium impar. – Naufragium. – Diversoria. – Charon. – Cyclops sive Evangeliophorus. – Peregrinatio religionis ergo. – Senatulus sive Γυναιϰοσυνέδριο. – Funus. – De incomparibili heroe Johanne Reuchlino in divorum numerum relato sive Apotheosis Capnionis.


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