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Gedichte von Luise Egloff.

An den Leser.

Verehrte Leser, o verzeiht der Schwachen,
Dass sie es wagt, mit ungeübter Hand
Der Leier zarte Saiten zu berühren,
Und einzutreten in der Musen Land!

Um Schonung bitten diese kleinen Lieder,
Die Einsamkeit aus stillem Schooß gebar;
Wie sehr bedarf der nachsichtvollen Güte,
Was meinem Geiste nur Erholung war.

Und wenn die Thräne gleichgestimmter Seelen
Voll Mitgefühl auf diese Blätter fällt,
Wenn's mir gelingt der Brüder wunde Herzen
Emporzuheben zu dem Gott der Welt;

Dann segne freudig ich die frohe Stunde,
In der ein matter Schimmer mich umstrahlt,
Und zeig' euch die dem Aug verborgnen Bilder
So einfach, wie sie Phantasie mir malt.

Nur einen Wunsch, der mir im Busen lebet,
Enthüll' ich ohne Scheu vor eurem Blick:
Der Menschheit Leiden weih' ich diese Zeilen;
Ach könnt' ich freundlich lindern ihr Geschick!

Darum verschmäht nicht meine leisen Töne,
Reicht liebvoll eine kleine Gabe hin;
Sie ist bestimmt des Kranken Schmerz zu heilen
Und aufzurichten den gebeugten Sinn.

Genießet ganz des Wohlthuns reine Freude,
In der allein das Glück des Himmels thront.
Des Armen Dank lehrt eignen Gram vergessen,
Wenn neu in ihm die Lust zum Dasein wohnt.

So laßt auch mich das Licht im Dunkeln schauen
Gewährt mir einen seligen Genuß!
Wenn eure Milde Noth und Kummer stillet,
Dann fühl' ich nicht, was ich entbehren muß.

Auf mich selber.

Ich fühle wenig Leiden!
Beweint mein Schicksal nicht;
Denn mir auch lächeln Freuden
Mit holdem Angesicht.

Zwar hüllt ein dunkler Schleier
Der Schöpfung Reiz mir ein,
Doch kann des Frohsinns Leier
Auch oft mein Herz erfreu'n.

Mir strahlt des Mondes Helle,
Der Sterne Schimmer nie;
Doch kühlt mich oft die Quelle
Der heitern Phantasie.

Der Freundschaft Engel schwebet
Mildlächelnd über mir;
Wenn Schwermuth mich durchbebet
Dann find' ich Trost in ihr.

Der Eltern zarte Liebe
Durchdringt mein fühlend Herz:
Wird mir das Dasein trübe,
So denk' ich ihren Schmerz.

Des Schöpfers reine Güte
Erhebet meinen Sinn;
Mit fröhlichem Gemüthe
Vertrau' ich fest auf ihn.

Und o mit welcher Wonne
Seh' ich der Zukunft Bild!
Der Hoffnung klare Sonne
Umstrahlt es himmlisch mild.

Dort über jenen Sternen
Erblickst das Licht auch du!
So ruft aus dunkeln Fernen
Des Schöpfers Huld mir zu.

Mir lächelt nun hienieden
Ein frohes inners Glück;
Der Seele stiller Frieden
Weicht nie von mir zurück.

So leb' ich froh im Glauben:
Der Mensch soll glücklich sein;
Was hier die Sinne rauben,
Das kann ihn dort erfreun.

An D. Langenbeck, Augenarzt, Professor in Göttingen.

Du hast zerstört mein sehnsuchtsvolles Hoffen,
Zu schauen je der Sterne goldnen Schein:
Nie wird dich hier der Augen Licht erfreun,
So tönte es von deinen Lippen offen,
Noch dringt es tief in meine Seele ein;
Drum weih' ich dir mit Rührung diese Strophen.

Ob Wehmuthsthränen meinem Aug entfallen,
Daß nie mir wird der köstliche Gewinn;
Ich ehre doch den deutschen Biedersinn,
Aus dessen Mund nur Wahrheitsworte schallen.
Du führtest mich zu der Gewißheit hin;
Der Täuschung Wahn muß ewig nun verhallen.

Mag auch ein Seufzer meiner Brust entsteigen;
Du zürnest wohl dem schwachen Mädchen nicht,
Das oft, gedrückt vom schmerzlichen Gewicht,
Nicht stark vermag zu dulden und zu schweigen.
Doch will ich ganz erfüllen meine Pflicht,
So darf mein Gram mich niemals niederbeugen.

Er soll es nicht; ich will ihn kühn bezwingen!
Und gute Engel reichen mir die Hand,
Mich sanft zu leiten durch der Prüfung Land.
Ich nehme gern den Trost, den sie mir bringen:
An diese Erde knüpft ein leichtes Band,
Zur wahren Heimath wird der Geist sich schwingen.

Hier werd' ich nie die Seligkeit genießen,
Der Schöpfung Pracht in hellem Glanz zu sehn;
Doch willst du gerne hören auf mein Flehn,
So laß den Brüdern Heil und Tröstung fließen!
Dann will ich muthig meine Pfade gehn,
Wenn andre Blinde froh das Licht begrüßen.

Vermochtest du den Schleier nicht zu heben,
Der meinem Blick die Aussenwelt verhüllt,
So hast du manchen Kummer doch gestillt.
Noch hör' ich weicher deine Stimme beben;
Von zartem Mitleid war auch sie erfüllt,
Als nicht der Himmel lohnte dein Bestreben.

Nimm meinen Dank für jene süße Milde,
Die freundlich sich in deinem Busen regt,
Wo liebend der Gedanke dich bewegt:
Daß deine Kunst durch blumichte Gefilde
So oft den dunklen Erdenwaller trägt,
Dem Segen strahlt aus deinem hohen Bilde.

Du fühlst gewiß ein geistiges Entzücken,
Wenn das Bewußtsein dir entgegenlacht;
Durch mich entflieht so manche trübe Nacht,
Mir ist vergönnt, die Menschheit zu beglücken.
Genieße, Edler, ganz die schöne Macht,
Den Leidenden wohlthätig zu erquicken!

Mir bleibt der Glaube, den ich längst empfunden,
Daß ewig dunkel nicht mein Leben sei:
In jenen Höhen glänzt die Sonne neu,
Die nur hienieden mir entschwunden.
Bewahren will ich immer fest und treu
Das Sehnen nach den gottgeweihten Stunden.

Auch deiner will ich oft mit Wärme denken,
Und leise Wünsche sende ich empor,
Erreichen werden sie des Vaters Ohr:
Er möge lange dir die Wonne schenken,
In der dich seine Güte auserkor,
In wunde Herzen reine Lust zu senken.

Der Mond.

An Luise Egloff von dem blinden Alois Glutz.

Du schaust so sanft hernieder,
Geliebter Mondesschein!
Dich grüß ich freundlich wieder,
Sollst mir willkommen sein!
Zwar gibt die liebe Sonne
Uns Herrlichkeit und Wonne,
Doch du, o Mondlicht, du
Geleitest uns zur Ruh.

Oft wenn in heil'ger Feier
Die Schöpfung ruht und schweigt,
Und durch den Wolkenschleier
Dein Strahl hernieder steigt,
Klag' ich mit bangem Herzen
Dem Schöpfer meine Schmerzen,
Und unnennbare Lust
Strömt dann in meine Brust.

Obschon dein holder Schimmer
Nie meinem Auge lacht,
So freu' ich dennoch immer,
O Mond, mich deiner Pracht!
Du strahlst auf meine Brüder
So sanft, so traut hernieder,
Und jeder ist entzückt,
Der dich, o Mond, erblickt!

Doch dir, auch dir, Luise!
Fehlt dieses holde Licht;
In diesem Paradiese
Siehst du das Schöne nicht.
Gefährtin meiner Leiden!
Dir lächeln höhre Freuden:
Dein edles, gutes Herz
Heilt manchen bangen Schmerz.

Mag auch das Weltgewühle
Um uns sich wirbelnd drehn,
Wir wollen in der Stille
Durch's Pilgerleben gehn;
Zum Wohlsein unsrer Brüder
Ertönen unsre Lieder;
Dann trocknet überm Grab
Uns Gott die Thränen ab.

Dort schwinden alle Sorgen,
Dort muß der Gram entfliehn,
Ein ewig junger Morgen
Wird lächelnd uns umblühn.
Dort fließen keine Thränen,
Dort weilt kein banges Sehnen,
Es wird die Nacht vergehn,
Wir werden ewig sehn!

Die Sterne.

Erwiederung.

Es strahlt aus goldner Ferne,
So weit das Auge reicht,
Das holde Licht der Sterne,
Dem aller Kummer weicht.
Doch feindliches Geschick
Verfinstert unsern Blick;
Für uns umgiebt die Nacht
Des Himmels hohe Pracht.

Nie hat der Sterne Schimmer
Noch unsern Blick erfreut,
Dem Blinden leuchtet nimmer
Der Schöpfung Herrlichkeit.
Ach! wir entbehren viel,
Und wandeln doch zum Ziel,
Vom Hoffnungsstern geführt,
Der nie sich uns verliert.

Der Sehende begrüßet
Leichtsinnig Thal und Flur,
Weil immer er genießet;
Wir aber träumen nur.
Die Wirklichkeit erscheint
Uns bald; was wir beweint,
Zeigt sich im schönsten Glanz,
Und wir genießen ganz.

Wenn einst das Aug der Seele
Uns öffnet Gottes Hand,
Daß keine Lust uns fehle;
Im Wonnevaterland
Erblicken wir im Licht
Der Theuren Angesicht,
Die, hier von uns getrennt,
Der Schöpfer dort uns nennt.

Wer lebet wohl hienieden
Von Schmerzen nicht gebeugt?
Wer findet stillen Frieden,
Eh' in die Gruft er steigt?
Vollkommen hat die Welt
Kein Bild noch aufgestellt:
Ein reines Glück gedeiht,
Wenn uns der Tod befreit.

Wir beide auch empfinden
Der Menschheit hartes Loos,
Doch dient zum Trost uns Blinden:
Des Vaters Huld ist groß,
Er führt auf dunkler Bahn
Uns liebreich himmelan,
Und seiner Güte Stern
Erglänzt uns nah und fern.

Im Glauben, nicht im Schauen,
Liegt eine Heimath dort:
Drum fassen wir Vertrauen,
Und schreiten muthig fort!
Es töne uns noch lang
Dein freudiger Gesang,
Der hoch empor sich schwingt,
Und jedes Herz durchdringt.

Ja, Edler, deine Lieder
Entzückten froh auch mich,
Und die bedrängten Brüder
Empfangen jubelnd dich.
Wenn deiner Leier Kraft
Auch ihnen Wonne schafft,
Dann flieht dir jede Nacht,
Und heitrer Morgen lacht.

Verstummen muss die Klage,
Die oft dem Mund entflieht.
Wenn schwermuthsvolle Tage
Umwölken das Gemüth,
So rufet Gott uns zu:
Ich leite Euch zur Ruh;
Das Leiden wird vergehn,
Ihr werdet ewig sehn.

Die innere Welt.

An Luise Egloff von J. Hanhart.

Ist dir die Aussenwelt verschlossen,
So strahlt die innre hell und rein:
Und, von des Geistes Licht umflossen,
Bedarfst du keinen Sonnenschein.

Dem Auge wechseln die Gestalten,
Das Schöne blüht, um zu vergehn:
Die Blüthen, die sich dir entfalten,
Sind ewig jung und ewig schön.

Denn in der Dichtkunst Friedenshaine,
Im Reich der Himmelsharmonie,
Da weilest du, und das Gemeine
Es wagt dich zu berühren nie.

Und was im innern Herzen lebet,
Und was der Töne Reich enthält,
Und was zu Gott die Seele hebet,
Das ist dir deine eigne Welt.

Und wie mit sanft bewegter Welle
Der Wiesenbach die Blüthen tränkt,
So schöpfest du aus eigner Quelle,
Was dich zu stillen Freuden lenkt.

Gefühl ist unser innres Leben,
Ein Ton, aus dem die Seele spricht,
Ein Herz, wo rein die Saiten beben,
Und dieß sei deiner Tage Licht.

Antwort.

Du hast so schön die innre Welt geschildert,
Mir strahlt durch dich der Freude hohes Licht,
Und jeder Gram wird durch dein Wort gemildert;
Die leise Stimme, die im Busen spricht,
Hör' ich durch dich mir freundlich sanft ertönen.
O du verwirfst mein stilles Denken nicht,
Und von des Sängers allgeweihtem Munde
Fließt Lebensbalsam in die Seelenwunde.

Ja, die Gestalten wandeln schnell vorüber;
Umwölkt ist oft der sonst so frohe Blick;
Und ach! bald wird des Lebens Himmel trüber,
Man sieht um sich nur banges Mißgeschick;
Doch ewig bleiben uns des Geistes Freuden,
Trägt man im Busen ein erhabnes Glück.
Wie könnte dann auch, wenn uns Leiden schrecken,
Die düstre Nacht der Schwermuth uns bedecken?

O! Seligkeit blüht in den Dichterhainen,
Und Wonne schmückt die stille Lebensbahn,
Wenn gute Menschen liebend uns erscheinen,
Und schnell zertrümmern den so eitlen Wahn,
Daß uns die Welt die schöne Ruhe gebe,
Die einzig nur im Innern wohnen kann.
Und o gewiß, wenn diese wir verloren,
Hat auch die Welt kein Glück mehr uns geboren!

Mit Freuden nehm' ich nun den dichten Schleier,
Der mir das schöne Augenlicht entzieht;
Bleibt mir nur immer des Gefühles Feier,
Und wandle ich im strahlenden Gebiet
Des heitern Frohsinns und der stillen Muse;
Wo ist die Wonne, die mir dann entflieht?
Sollt' ich nicht gern den äußern Glanz entbehren,
Und auch im Dunkeln meinen Gott verehren?

Dir weihe ich die reinsten Dankgefühle,
Vor denen nie mein warmes Herz sich schließt;
Es reißt sich froh vom öden Weltgewühle,
Und sucht die Quelle, der das Glück entfließt.
Ich habe sie im Innern nur gefunden,
Wenn über mich die Schwermuth sich ergießt,
O dann erscheint in reinem Purpurkleide
Mir dein Gesang, und stimmt den Gram zur Freude.

An Luise Egloff.

Von Isabelle Rothpletz, einer Freundin.

O herrlich ist's der Sonne Licht zu schauen,
Des Mondes Glanz, der Sterne helle Pracht,
Die waldumkränzten Höhn, die bunten Auen,
Das schöne All, das uns entgegenlacht.

Doch, arme Blinde du! du mußt entsagen,
Dir fehlt der Augen freudebringend Licht,
Und niemals wird es dir hienieden tagen:
Was Sehende erfreut, dir blüht es nicht.

Doch was der Himmel dir im Blick entzogen,
Er gab dafür dir reichlichen Ersatz;
Des Sanges heitre Kunst ist dir gewogen,
Ein kindlich frommer Sinn dein größter Schatz.

Laß Andre du mit ird'schen Augen sehen,
Im Innern dunkel, arm an Geisteslicht;
Dir fiel ein heller Strahl aus lichten Höhen
In deine Seele, darum zage nicht!

Der finstre Gram, des Unmuths tiefe Falten,
Die Thräne, die so manches Auge weint,
Der Noth, der Armuth traurende Gestalten,
Was oft im Leben Trübes sich vereint,

Dir bleibt's verborgen, und wenn eitles Treiben
Oft unsern Blick dem Himmlischen entzieht,
Von Glanz geblendet wir umfangen bleiben,
Dir strahlt der reinste Himmel im Gemüth.+–

Und Liebe, Glaube, Hoffnung schon hienieden
Geleiten sie durch's Leben dich dorthin
Zu Gott, der dir dein dunkles Loos beschieden,
Dir ewig lohnt mit himmlischem Gewinn.

So will ich dich denn niemals mehr beklagen,
Da du so glücklich bist in deiner Nacht;
Mögst du die schwere Bürde heiter tragen,
Uns oft erfreun durch des Gesanges Macht!

Antwort.

Wie soll ich nun der Freundin danken,
Die auch für mich die Leier rührt?
Zu enge sind der Sprache Schranken:
Du hast in Freuden mich geführt,
Ich bin zu schwach, sie dir zu nennen,
Du mußt mein warmes Herz erst kennen.

Dann kannst du denken, was ich fühlte,
Als deine Dichtung mir erklang;
Und was Bescheidenheit verhüllte,
Mit Macht durch meine Seele drang.
Dir leben Geist, Gefühl im Busen,
Du wohnst im Schatten stiller Musen.

Und auch der Theilnahm' Sonne glänzte
Aus deinem Antlitz himmlisch mild;
O, daß sie ewig mich umkränzte!
Dann lacht der Freude holdes Bild.
Nein, noch bin ich nicht zu beklagen,
Da mir des Mitleids Höhen tagen!

Der Erde Licht ist mir entzogen,
Des Mondes Pracht entzückt mich nicht:
Doch bist du, Edle, mir gewogen,
Und das ersetzt auch, was gebricht.
Bleibt mir die Achtung schöner Seelen,
Was könnte dann zum Glück noch fehlen?

O möchtest du mir diese schenken
Und liebevoll dem Mädchen weihn,
Das glücklich ist, an dich zu denken:
Oft wird Erinnrung mich erfreun.
Hier, Traute, sind wir noch geschieden,
Doch jenseits winkt der höhre Frieden.

Dort wird des Schöpfers Hand verbinden,
Was hier die Trennung schmerzhaft löst:
Die Hoffnung, Theure einst zu finden,
Hat mir Natur in's Herz geflößt.
Froh werd' ich dann zum Licht erwachen,
Und auch dein Aug wird sanft mir lachen.

Fühlst du nun ganz die reine Wonne,
Die mir dein schönes Herz gewährt?
Dir strahle hell des Dankes Sonne,
Die sich in mir so hold verklärt;
Und der Erinnrung Engel gebe,
Daß auch mein Bild stets in dir lebe!

An Luise Egloff.

Geschrieben am Luisetag, von Sophie Richard-Schilling.

Geist der Töne, schwebe nieder
Lieblich, engelmild;
Schlinge deine zarten Lieder
Um Luisens Bild!

Aus immer offnen Geistesquellen,
Die freundlich deinen Pfad erhellen,
Ertöne stets dein Lied mit Lust!
Dein irdisch Aug erblich auf immer;
Doch höhern Lichtes goldner Schimmer,
Beglückte, flammt in deiner Brust!

Dir ward die Gunst der holden Musen,
Du trägst ein Paradies in deinem Busen,
Den heil'gen Strom der Phantasie.
Dein Herz fürs Göttliche entzündet
Hat dich dem Ewigen verbündet!
Luise Egloff, klage nie.+–

Und walle muthig fort+– und singe,
Erhoben über Aussendinge;
Vom Himmel stammet her dein Rang.
Denn deine süßen Zaubertöne
Verkünden uns das Ewigschöne;
Es blühet nur in dem Gesang.

Den Blüthenmond, die Blumenauen
Kannst du, Luise, nicht beschauen;
Du fühlest nur des Lenzes Spur,
Und suchest dir im Flammenworte
Und im melodischen Accorde,
Die reine Sprache der Natur.

Denn eigne Welten, eignes Leben
Versteht dein Geist sich selbst zu geben,
Du reiche, blinde Seherin!
Er webe stets mit seinen Mächten,
In deines Lebens dunkeln Nächten,
Dir Liederstoff+– du Sängerin!

Antwort.

Entzückt von deines Liedes milder Kraft,
Wag' ich es auf der Töne leisen Schwingen
Mich dir zu nahen, zarte Sängerin!
Nimm freundlich du die Dankgefühle hin,
Die meinen Busen wonnevoll durchdringen.

Auch dich beglückt der Musen stille Gunst;
Drum magst du ganz die reine Lust empfinden,
Die dein Gesang in meine Seele rief,
Der mich allmächtig wunderbar ergriff,
Vor dessen Zauber Gram und Kummer schwinden.

O, wandle in der Dichtkunst Friedenshain,
Bis frei dein Geist zum ew'gen Lichte schwebet!
Genieße, was das edle Herz entzückt,
Wenn gleichgestimmte Wesen sie beglückt,
In deren Brust Gefühl fürs Schöne lebet.

Der Sterne Glanz, die Reize der Natur,
Verhüllt hienieden mir ein dichter Schleier;
Doch was mein Aug sonst ewig hier entbehrt,
Das, theure Sophie, zeigst du mir verklärt,
Es strahlet segnend mir aus deiner Leier.

O mochte deiner Unbekannten stets
Doch deiner Achtung goldne Sonne strahlen!
Wenn das Geschick uns nie zusammenführt,
Soll Phantasie, in der sich nichts verliert,
Mir oft dein Bild mit holder Farbe malen.

Und du, nimm schonend meine Worte auf;
Urtheile nicht nach strengem Kunstgesetze!
Nur was das Herz so gern zum Herzen spricht,
Das suche, und belebt es mein Gedicht,
O, so verzeih', wenn ich die Kunst verletze!

Die Heilquelle zu Baden.

Du strömst aus der Erde lieblichem Schooß,
Die Menschheit genießt deinen Segen;
Und alle umstrahlt ein glückliches Loos,
Kömmst du ihnen tröstend entgegen.
Der Leidende fühlt die himmlische Kraft,
Die deine erquickende Wärme ihm schafft:
Wohlthätige Göttin, mit Milde
Führst du uns in frohe Gefilde!

Wie sich die Blume aufs Neue belebt,
Wenn nur deine Huld sie genießet,
Wenn sie verjüngt am Busen sich hebt,
Und herrlich uns duftend begrüßet;
So hebet der Mensch sich vom Lager empor,
Er preist dich, o Holde! in freudigem Chor.
Her rufst du den freundlichen Morgen,
Dir jubeln der Elteren Sorgen!

Die liebende Gattin dankt dir den Freund,
Bald gibst du dem Bruder die Schwester;
Und was deine Güte mächtig vereint,
Umschlingt sich dann innig und fester.
O! Seligkeit ist es, die heiter uns blinkt,
Wenn segnend die Palm' der Gesundheit uns winkt.
Du zauberest lächelnd sie wieder
Zurück in die kraftlosen Glieder.

Es eilt der Arme, vom Jammer gebeugt,
Das Opfer des Danks dir zu bringen;
Wenn auf die Fluren der Frühling sich neigt,
Dann will er das Schicksal bezwingen:
Er hoffet auf deine belebende Macht,
Und vor ihm verschwindet die dunkelste Nacht.
Von rosigen Kränzen umwunden
Wird, wer deinen Balsam empfunden.

O Nymphe, in deinem geweihten Hain
Da ruht der Bedrängte so gerne,
Er wandelt umgeben vom Aetherschein;
Ihm schimmert aus goldener Ferne,
Sobald ihn die Kraft deiner Wunder belehrt,
Die menschliche Würde im höhern Werth.
Ja! nimmer versiegende Quelle,
Du zeigst es im Bilde uns helle:

Daß nur von tätiger Liebe geschmückt
Dem Leben sich Reize entfalten.
Wer gern den leidenden Bruder beglückt,
Der fühlt dein allmächtiges Walten,
Und Wonne der niemals empfundenen Lust,
Hebt sich in der Menschen beglückenden Brust.
Im Wohlthun dich, Sanfte, erreichen,
Dir, rettende Freundin, zu gleichen,

Das sei die erste, die heiligste Pflicht,
Die unsere Tage verschönet.
Hört, was in den fühlenden Herzen spricht,
Wie Aeolus Harfe ertönet:
Verkündet den Schöpfer im Werk der Natur!
Dem Menschen blühn all' ihre Schönheiten nur;
Ihm reicht ihre Schätze zur Gabe
Die Erde aus finsterem Grabe.

Die Sonne.

Im leuchtenden Gewande,
So majestätisch, mild,
Erscheint aus fernem Lande
Der Sonne Götterbild.
Die dunkle Nacht verschwindet,
Der Leidende empfindet
An ihrer Mutterbrust
Die reinste Himmelslust.

Der Hoffnung milden Schimmer
Ruft sie ins Herz zurück;
Ja Segen bringt uns immer
Ihr wonnevoller Blick.
Wenn ihre holden Strahlen
Der Rose Purpur malen,
So tönt ein Freudenwort:
Der gute Gott lebt fort.

Von ihm zur Welt gesendet
Ist auch der Sonne Licht;
Von seinen Kindern wendet
Des Vaters Huld sich nicht.
Er, der den Sperling weidet,
Des Feldes Lilien kleidet,
Sicht auch auf uns herab,+–
O hoffnungsvoller Stab!

Es hebt zum Sternenglanze,
Vom Sonnenstrahl berührt,
Ihr Haupt die stolze Pflanze,
Die bunt die Fluren ziert.
Des großen Schöpfers Güte
Gießt Leben in die Blüthe,
Und seine Allmacht preist
Im Stillen oft mein Geist.

Wenn aus den grünen Zweigen
Die süße Frucht uns lacht,
Sich stolz die Aeste beugen
In ihrer goldnen Pracht;
Dann ist's die Sonn', die hehre,
Die aus dem Sternenmeere,
Vom weisen Gott gelenkt,
Sich auf die Bäume senkt.

Wenn mit des Frühlings Walten
Im ersten Sonnenschein
Sich Erd- und Luftgestalten
Des frohen Daseins freun;
Es ist des Schöpfers Liebe,
Die in des Thieres Triebe
Der Freude Funken legt,
Und es zur Lust bewegt.

Sinkt auch die Sonne nieder,
Wenn sie vollbracht den Lauf;
Verherrlicht steht sie wieder
Am neuen Morgen auf.
Und junge Blumen sprossen,
Vom Aetherglanz umflossen;
Es jubelt die Natur,
Zeigt sie ihr Antlitz nur.

Ob wohl des Menschen Leben
Nicht ihrem Bilde gleicht,
Wenn er mit ernstem Streben
Des Wohlthuns Ziel erreicht?
Dann glänzt er gleich der Sonne,
Verbreitet Licht und Wonne:
Des Bruders Wunde heilt,
Wo er nur liebend weilt.

Mag sinken dann die Hülle,
Weil hier doch nichts besteht!
Ein Stern glänzt dort in Fülle,
Der nimmer untergeht;
Es muß in Grabeshallen
Der kalte Leib auch fallen,
Bis aus der dunkeln Gruft
Verklärt ein Gott ihn ruft.

Der Morgen.

Die dunkle Nacht ist unserm Blick entschwunden,
Es lächelt Wonne aus den Morgenstunden;
Der Sonne Strahlen wecken die Natur,
Die ganze Schöpfung athmet neues Leben,
Und reine, sanfte Dankgefühle heben
Den Geist empor zum Schöpfer dieser Flur,

Dem selbst die Vögel früh ihr Danklied singen,
Die nicht, wie wir, Vernunft von ihm empfiengen,
In deren Hülle keine Seele wohnt.
Soll nun den Menschen Gottes Huld nicht rühren?
Ihn darf ein Morgen in die Schöpfung führen,
Und sein Gefühl wird tausendfach belohnt.

Zu Gottes Ehre duftet jede Blume,
Er lebt, Natur, in deinem Heiligthume;
Ihm dankt die Sonne ihren goldnen Schein.
Aurora steigt mit himmlisch mildem Glanze
Am frühen Morgen auf die zarte Pflanze,
Sie haucht ihr neue Kraft und Leben ein.

So wird, wenn aus des Grabes Nacht wir steigen,
Die holde Göttin unserm Blick sich zeigen,
Und der Gedanke bringt mir Seligkeit:
Das Leben gleicht nur einem kurzen Schlummer,
Der frohe Morgen deckt den bangsten Kummer
Bald mit der Wolke der Vergessenheit.

Der Abend.

Des Abends Kühle dämpft der Sonne Feuer,
Schon winkt die Nacht mit ihrem Sternenschleier,
Der Andacht Engel hebt den Geist zum Himmel
Vom Weltgetümmel.

Besänftigt schwinden so, im Wehn der Kühle,
Der düstern Schwermuth ängstende Gefühle!
Man wähnt sich ganz von Leiden losgebunden
In Abendstunden.

Des Schöpfers unbegränzte Allmachtsgüte,
Wir wirkt sie tief im fühlenden Gemüthe!
Es lernt in Allem seinen Gott erkennen,
Und Vater nennen.

Am Abend, wenn der Sonne letzte Strahlen
Mit mildem Schimmer dunkle Fernen malen,
Dann sagt uns ein Gefühl der innern Wonne:
Du gleichst der Sonne!

Denn gleich der Herrlichen wirst du einst sinken,
Weil jenseits himmlische Gefilde winken;
Wo keine Schatten, aus der Nacht geboren,
Den Blick umfloren.

Der Frühling.

Du lächelst, holder Frühling, wieder
Sanft auf die ganze Menschheit nieder,
Und neu belebst du die Natur;
Denn nur erwärmt von deiner Sonne
Genießt der Mensch mit Himmelswonne
Des Schöpfers offne, freie Flur.

Du giebst den Blumen Kraft und Leben,
Die Aeste, die empor sich heben,
Verdanken ihr Gedeihen dir.
Die Knospe, die sich bald gestaltet,
Die Blume, die sich neu entfaltet,
Ja alles ruft: Dich preisen wir!

Wie könnten denn in unsern Seelen
Gefühle deines Werthes fehlen,
Die selbst Natur im Busen nährt?
Du hörst der Vögel Danklied schallen;
So soll durch uns es wiederhallen:
Wir schätzen, Frühling, deinen Werth.

Denn, wie die Pflanze sich erhebet,
Wenn über ihr dein Athem schwebet,
So hebt der Mensch sich einst empor.
Umweht von deinen lauen Lüften
Geht er aus dunkeln Erdengrüften
Zur höhern Seligkeit hervor.

Wie himmlsch wirst du uns dann lachen,
Wie selig werden wir erwachen
In deinem balsamreichen Hain!
Der Erdentraum wird dann verschwinden,
Wir werden reine Lust empfinden
An deinem klaren Sonnenschein.

Der Sommer.

Niederschwebt,
Was empor dir Pflanze hebt;
Aus dem geist'gen Strahl der Sonne
Saugt sie freudig Himmelswonne.
Wie die Blume neubelebt,
Aufwärts strebt!

Frühlingsluft
Krönte sie mit frischem Duft,
Doch des Sommers Wangenglüthe+–
Purpurrothe, zarte Blüthe+–
Stieg aus ihrer dunkeln Gruft:
Segen ruft.

Freundlich lacht
Goldnes Korn in seiner Pracht,
Und aus sanftem Laut der Zither
Tönt das frohe Lied der Schnitter,
Preist den Vater, dessen Macht
Es bewacht.

Hoch entzückt
Sehen wir das Feld geschmückt;
Lieblich winkt vom stolzen Baume
Blau gefärbt die süße Pflaume,
Deren Milde den erquickt,
Der sie pflückt.

Früchte bringt,
Was voll Kraft sich aufwärts schwingt;
An der Rebe prangt die Traube,
Reifend unter grünem Laube,
Und des Schöpfers Lob erklingt;
Alles singt.

Die Natur
Zeigt in Allem Gottes Spur;
Aus des Frühlings mildem Walten
In des Sommers Prachtgestalten,
Auf der bunt bemalten Flur
Lebt er nur.

Schwebt er nicht
In des Mondes Silberlicht?
Singend lobt ihn Philomele,
Betend preist des Menschen Seele
Seine Huld, die nie gebricht,
Tröstend spricht:

Nichts versinkt,
Wo nur seine Liebe winkt.
Er giebt holden Reiz der Blume,
Die aus seinem Heiligthume,
Wenn des Himmels Thau sie trinkt
Herrlich blinkt.

So durchglüht
Auch das menschliche Gemüth
Seiner Liebe Himmelsflamme,
Wenn am sturmbewegten Stamme
Eine Friedenspalme blüht,
Ihn umzieht.

Lebenssaft
Gibt des Sommers reine Kraft:
Doch zerstörend fallen Blitze
Oft vom hohen Sternensitze;
Traurend sieht er weggerafft,
Was er schafft.

Mißgeschick
Trübt auch oft des Menschen Blick.
In den warmen Sommertagen
Muß er kämpfen, dulden, tragen,
Und das gern geträumte Glück
Bleibt zurück.

Doch es senkt,
Von des Vaters Hand gelenkt,
Zephyr kühlend sich hernieder;
Stärker fühlt der Mensch sich wieder,
Wenn er Gottes Weisheit denkt
Unumschränkt.

Nieder schwebt,
Was die Seele neu belebt:
Man vergißt des Sommers Schwüle,
Naht der Herbst mit seiner Kühle,
Der uns zu veredeln strebt,
Aufwärts hebt.

Der Herbst.

Vorüber ist die schwüle Sommerszeit,
Und des Herbstes milde Luft erfreut
Jedes Herz, das Gottes Huld empfindet.
Seine Liebe leuchtet sonnenklar,
Die Natur wird uns zum Festaltar,
Anzubeten den, der Welten gründet.

Segenvolle Kühlung läßt er wehn:
Wer wird nicht die hohe Weisheit sehn,
Die den Lauf des Jahres freundlich lenket?
Es ist eine sanfte Vaterhand,
Die allmächtig uns aus fernem Land,
Auch im späten Herbst, Genüsse schenket.

Wenn die Flur im holden Schatten ruht,
Tödtet Blumen nicht der Sonne Gluth,
Deren Strahl jetzt selten sie begießet;
Wo der Traube Saft im Becher blinkt,
Wenn der Mensch vom süßen Nektar trinkt,
Und mit Dank die Himmelsgab genießet,

O dann kehrt dem freudetrunknen Blick
Frühlingswonne, Frühlinglust zurück!
Früchte schaut er statt der reichen Blüthe,
Wirklichkeit statt Hoffnung schwebt ihm vor,
Und er wallt voll Heiterkeit empor
Zu der Heimath einer ew'gen Güte.

So auch flieht das Leben rastlos hin!+–
Wem im Herbst noch einsam Rosen blühn,
O der pflücke sie mit Dank und Liebe!
Flechten stille Freuden uns den Kranz,
Gern vergißt man in bescheidnem Glanz
Ueber sich des Nebelschleiers Trübe.

Wehmuthsthränen, die der Kummer weint,
Wenn umwölkt des Lebens Himmel scheint,
Heilen nicht der Seele tiefe Wunden;
Nur was tröstend uns im Busen spricht:
Wie der Tag durch graue Nebel bricht,
So erhellen sich auch dunkle Stunden.

Der Winter.

In lebloser Stille ruht die Natur,
Es schmückt kein Blümchen die öde Flur,
Die Bäume sind ihrer Blätter beraubt,
Die zarte Rebe matt und entlaubt:
Kein Vögelchen hör' ich freudig mehr singen,
Nicht süß die Stimme der Nachtigall klingen.

Die Sonne verhüllt ihr Strahlengesicht,
Ihr wärmender Blick belebt uns nicht;
Mit traurendem Auge schaut sie umher,
Die ganze Schöpfung ist freudenleer,
Wer nie im Busen die Wonne gefunden,
Der bebt vor des Winters prachtlosen Stunden.

Das schüchterne Thier, durch Kälte geschreckt,
Wenn Berg' und Thäler der Schnee bedeckt,
Flieht ängstlich der schützenden Höhle zu,
Und freut sich doch nie der langen Ruh.
Die Arbeit ermüdet, man duldet gerne,
Es strahlet uns Segen aus heiterer Ferne.

Warum ist denn Isis in Trauer versenkt?
Wer hat die Göttin so tief gekränkt,
Daß sie mit eigener furchtbarer Hand
Zerreißt ihr schönes Blumengewand?
Selbst Floras Reich muß der Starken erliegen,
Von ihr beschützt nur vermag sie zu siegen.

Was ist's, das die gute Mutter uns lehrt,
Da sie den hohen Tempel zerstört?
Das Schöne entflieht dem staunenden Blick,
Und läßt nur öde Spuren zurück:
Des Frühlings und Sommers Blüthe muß sterben,
Der Frucht des Herbstes droht schon das Verderben.

So muß der Frühling der Kindheit verblühn,
Des Jünglings Rosen welken dahin;
Es naht sich mit leisen Schritten dem Mann
Der Herbst mit bunten Früchten heran.
Doch während er pflückt, um froh zu genießen,
Will frostig den Greis der Winter schon küssen.

Ein wahres Bild, das die Göttin uns reicht,
Dem ganz das menschliche Leben gleicht.
Es lehrt die Jugend sich weise zu freun,
Und früh der Tugend Samen zu streun;
Dann erndten wir reich, genießen hienieden
Im Lebenswinter den innern Frieden.

Und wie die Natur im Frühling erwacht,
Wie sie, verjüngt in herrlicher Pracht,
Mit freundlichem Lächeln alles belebt,
Und neu verklärt die Seele umschwebt;
So wird nach des Winters frostigen Tagen
Freund Hain zum ewigen Frühling uns tragen.

Das Neujahr.

Ach wie bald ist nicht ein Jahr verschwunden!
In dem Schooße der Vergangenheit
Ruht es nun, und keine seiner Stunden
Kehret wieder in dem Lauf der Zeit.
Wenn der Freuden Engel uns beglückte,
Wenn ein Leiden oft die Seele drückte:
Alles schwindet mit des Jahres Lauf,
Und im Kummer steigt die Hoffnung auf.

Freudig haben wir es angefangen,
Mancher endet mit gesunknem Muth;
Selbst die Blumen die in Purpur prangen,
Tödtet leicht des Sturmes wilde Wuth.
So zertrümmern oft des Schicksals Schläge
Frohe Rosen auf dem Lebenswege,
Die, doch selten nur, dem Pilger blühn,
Wenn des Geistes Freuden ihm entfliehn.

Nicht im Glanz und öden Weltgewühle,
Nicht im Tempel eitler Lebenslust;
Nicht gekleidet in des Ruhmes Hülle,
Wohnt das Glück in einer stillen Brust.
Wo Zufriedenheit den Schleier senket,
Und das Herz zu jeder Tugend lenket,
Da nur blüht, auch im Cypressenhain,
Jene holde Blume himmlischrein.

Schnell entfliehen zwar die Lebensjahre,
Die Saturn vor unserm Blick verschlingt;
Doch versenkt man in die Todtenbahre
Nur den Staub, aus dem der Geist sich schwingt.
Niemals der Verwesung preis gegeben,
Wird er freudig einst hinüberschweben,
Wo getrennte von des Todes Hand
Fester knüpfen das zerrißne Band.

Darum soll die kurze Frist hienieden
Jedem Menschen werth und heilig sein;
Sie geleitet ihn zum höchsten Frieden.
Theilt er weislich seine Tage ein,
O! dann darf er nicht mit bangem Grauen
Einst dem Tod ins freie Antlitz schauen.
Ihn umstrahlt ein neues Morgenlicht,
Auch dem tiefsten Schmerz erliegt er nicht.

Wer mit Gott getrost das Jahr vollendet,
Fängt es auch mit seinem Segen an;
Wenn von ihm des Glückes Stern sich wendet,
Schwebt ein Schutzgeist doch auf seiner Bahn.
Dieser lehrt den bittern Kelch ihn trinken,
Wenn der Prüfung schwere Stunden winken;
Und mit immer gleicher Seelenruh
Geht der Christ der fernen Heimath zu.

Alles, was auf Erde mit Entzücken
Oft sein reines, klares Herz erfüllt,
Dankt er Gott, vor dessen Vaterblicken
Nie in Furcht der edle Geist sich hüllt.
Warum sollte zagend er, mit Beben,
Sich empor zu seinem Schöpfer heben?
Er erblickt im Tempel der Natur
Und in Allem Gott als Vater nur.

O Geliebte, laßt uns mit Vertrauen
Immer nur auf Gottes Güte sehn!
Laßt uns selbst durch blumenleere Auen
Froh und heiter, wie auf Rosen, gehn!
Jeder Tag, sei er auch noch so flüchtig,
Bleibe uns doch immer groß und wichtig!
O! dann schauen wir mit frohem Blick
Auf die schnell verfloßne Zeit zurück.

Das Veilchen.

Im Stillen blühest, Veilchen, du hervor,
Verkündest uns des Frühlings neues Leben.
Wenn deine süßen Düfte uns umschweben,
Dann schwingt mein Geist sich sehnsuchtsvoll empor,
Zum guten Vater, der dich auserkor,
Der Hoffnung Weihe Leidenden zu geben,
Die ihre Blicke muthlos aufwärts heben,
Weil hier ihr Herz den sichern Stab verlor.
Bescheiden, freundlich rufst du uns entgegen:
Seht nicht die Dornen nur auf euern Wegen;
Mit Blumen ist die Erde ausgeschmückt!
So giebt uns oft die Freude ihren Segen;
Wenn uns die Last des Kummers niederdrückt,
Wird dankbar froh ein Veilchen noch gepflückt.

Vergißmeinnicht.

Süßes Blümchen, darf ich dich besingen,
Darf ich's wagen auf der Töne Schwingen
Mich zu nahen deinem Friedenshain,
Wo du einfach blühest ohne Schein?
Soll uns fester Freundschaft Band umschlingen,
Dann nur lassest du den Ruf erklingen:
Wenn auch Rosen deinen Pfad bestreun,
O so fleh' ich still: Vergiß mein nicht!
Sieh, dir strahlt aus meiner reinen Blüthe,
Im hellen Blau, der Treu Bild, geschmückt
Mit der unschuldvollen Himmelsgüte.
Wer im Leben mich mit Liebe pflückt,
Der bewahrt im fühlenden Gemüthe
Hohe Wonne, die das Herz entzückt.

Die Rose.

Julchen trat einst an der Hand ihrer Mutter
Hinaus in die freie Natur,
Und es lag vor ihnen ein lieblicher Garten,
Herrliche Blumen dufteten rings um sie her.
Ach! rief entzückt das muntere Mädchen:
Mutter, wie schön ist hier alles!
Und sie erwiedert mit freundlicher Anmuth;
Kind! in Allem erblickst du den Schöpfer.
Allmächtig, voll Güte und Weisheit
Schmückt' er die prachtlose Erde,
Rief aus dem Nichts sie hervor;
Nur daß der Mensch sich erfreue,
Schuf er ein Eden um ihn.
Auch über uns waltet mit Liebe
Väterlich mild seine Huld.
Jetzt stunden sie vor einer blühenden Rose,
Die alle Blumen übertraf an Schönheit.
Himmlisch duftete sie ihnen entgegen,
Und auf ihr ruhte mit Wohlgefallen
Julchens schüchterner Blick.
Soll ich sie pflücken, Mutter?
Fragt sie mit strahlendem Auge.
Doch nicht erwartend die Antwort,
Berührt ihre Hand schon den Stengel,
Aber erschrocken fährt sie zurück;
Es hatte ihr Finger
Am spitzigen Dorn sich verwundet.
Blutend eilt sie zur Mutter und weint.
Diese spricht sanft zur weinenden Tochter:
Laß durch den Schmerz dich belehren,
Daß man mit Vorsicht die Freuden genießt,
Nicht aber sie gierig verschlinget,
Sonst folget zu spät oft die Reue.
Jetzt pflückt sie sorgfältig die Rose,
Befreit sie von jeglichem Dorne
Und reicht sie dem Mädchen,
Das über dem Schimmer der Blume
Die schmerzliche Wunde vergaß.
Es trat an die Stelle der Thränen
Ein heiteres Lächeln hervor.
Geliebte! so endet fromm dann die Mutter,
Es blühen im stürmischen Leben
Oft Freuden, oft Leiden uns auf;
Doch wir vergessen, wie du,
Bald über der glänzenden Rose,
Daß früher ihr Dorn uns verletzte.

Die Lilie.

Schweigend in heiliger Stimmung ging an der Seite des Vaters
Ludwig, ein lieblicher Knabe; doch auf dem blühenden Sohne
Ruhte mit sorgenden Blicken ängstlich der liebende Vater.
Seine Seele umwölkte der Kummer, weil drückende Armuth
Ihn und die seinen verfolgte. Krank, in niederer Hütte
Lag, von Leiden gebeugt, die Gattin, die zärtliche Mutter,
Menschlicher Hülfe beraubt. Das kümmert den menschlichen Dulder;
Nicht mehr rührt ihn die Schönheit der Schöpfung, er wandelt mit Kälte
Felder und Fluren hindurch. Vertieft in ernste Gedanken
Sieht er nicht, daß der Knabe, von seiner Seite getrennet,
Mancherlei Blumen pflückt. Sie standen in herrlicher Blüthe;
Aber als schönste erschien ihm die Lilie, in blendender Weiße
Selbst das Silber besiegend; er brach sie mit hohem Entzücken,

Hüpfte zum denkenden Vater: Sieh, Lieber, die göttliche Blume,
Wie so himmlisch sie duftet und glänzt! Dein sei sie, gewähre
Eine Bitte mir nur. Sei wieder so freundlich und heiter,
Wie du es immer gewesen. Die flehende Rede des Sohnes
Rührte des Vaters Gemüth. Er wendet das Auge zum Himmel,
Dankt und umarmt mit Wonne das Kind, das so viel ihn gelehret,
Nimmt aus den zarten Händen die Blume mit Vatergefühlen;
Ja, der Schöpfer, so spricht er, bekleidet die Lilien des Feldes,
Nähret die Vögel der Luft, wie könnte er uns denn vergessen?
Ludwig, komm! wir gehn, der Mutter die Tröstung zu bringen.
Denke des Abends noch oft, wo du mit dem Bilde der Unschuld
Labung ins Herz mir gegossen. Vertraue doch immer im Leben,
Wenn auch das Schicksal dich beugt, auf Gottes waltende Weisheit:
Sie veredelt durch Leid. Ach, schmerzlich hab' ich's empfunden:
Dann nur zertrümmert das Glück, wenn wir den seligen Glauben
An die höhere Fügung verloren. Ich gehe zur Arbeit
Neu gestärkt, weil Ruh und Freude im Busen mir wohnen.
Jetzt erheb' ich vertrauend den Blick zum Vater im Himmel.

An meine Eltern zum neuen Jahre.

Bei Ueberreichung meiner gesammelten Gedichte.

Nehmt, theure Eltern, meines Herzens Triebe
Mit Zärtlichkeit und stiller Nachsicht hin!
Süß ist die Pflicht, die ich mit Freuden übe;
Doch schüchtern weiht euch treuer Kindersinn
Die Lieder hier zum Denkmal seiner Liebe.

Wird mir der Himmel Kraft und Hülfe senden
Mit Blumen zu bestreuen eure Bahn,
Nicht schöner kann ich dann das Jahr vollenden;
Und wünschenswerther tret' ich keines an,
Ist's mir vergönnt euch Freuden auszuspenden.

Und jene Wonne, die mich sanft durchglühte,
Wenn ich ein Lied mit hoher Rührung schuf;
O, daß sie auch in euerm Busen blühte!
Dann tönte mir der segenvolle Ruf:
Unendlich groß ist Gottes Vatergüte!

Ihr dank' ich Trost in trüben Lebenstagen,
Sie gibt der Seele Heiterkeit und Ruh,
Durch sie gestärkt der Leiden Last zu tragen,
Geh' fröhlich ich dem festen Ziele zu,
Und meine Schritte lenk' ich ohne Zagen.

Sie ist es, die mir jeden Gram versüßet
Durch ein Gefühl, das himmlisch mich durchdringt,
Wenn Segen sie auf euch hernieder gießet:
Das ist mein Wunsch, der oft empor sich schwingt,
Und mein Gebet, das aus dem Herzen fließet.

Des Schöpfers Huld wird meine Wünsche krönen,
Sie wird dem schwachen Mädchen Kraft verleihn,
Wird Wärme geben meinen Saitentönen;
Und immer soll mein größtes Glück es sein,
Den Pfad der Eltern liebend zu verschönen.

Meinem Vater, am Namensfeste.

O heute ergreift mich himmlische Wonne,
Der Ruf des Tags entzücket mein Ohr;
Denn aus der Dunkelheit schimmert die Sonne
Des mir so hohen Festes hervor
Zu Wünschen werden die innersten Triebe,
Geleitet durch reine kindliche Liebe.

Allein, dir meine Gefühle zu nennen,
Sind Worte, theurer Vater zu leer;
Du mußt die Tiefen des Inneren kennen,
Das fällt wohl deinem Auge nicht schwer.
Was sollten denn Kinder für Eltern fühlen?+–
Nur Liebe vermag die Wünsche zu stillen.

Von diesem geheiligten Band umschlungen,
Sind Kinder ihren Eltern vereint,
Weil es, von des Schicksals Stärke bezwungen,
Doch ewig himmlisch und schöner erscheint.
Auch uns hat Natur so enge verbunden;
Wie oft hab' ich deine Liebe empfunden!

Dein Wunsch ist gewiß das Glück meines Lebens;
Soll der des Kindes weniger sein?
O nein!+– Doch kurz! hier sind Worte vergebens:
Des Wunsches Seele ist, dich zu erfreun.
Und Gott erhalte in unserer Mitte
Den zärtlichen Vater! dieß sei meine Bitte.

Meinem Vater.

Am Namensfeste

Nimm, o nimm des Herzens reine Triebe,
Theurer Vater, freundlich hin!
Sie entströmen einer Brust voll Liebe,
Und mit treuem Kindersinn
Wag' ich es, sie dir mit Lust zu weihen,
Deine Seele hoff' ich zu erfreuen.

Laß dem Kinde doch dies frohe Hoffen,
Das im Leben viel entbehrt;
Unbedeutend sind zwar diese Strophen,
Doch dem Vater sind sie werth.
An den Busen will ich dir sie legen,
Nicht gefühllos tret' ich dir entgegen.

Auf der Töne zarten Geisterschwingen
Will ich heute dir mich nahn,
Heiße Wünsche, die zum Schöpfer dringen,
Send' ich liebend himmelan:
Segenreich, voll Wonne sei dein Leben,
Von des Kummers Wolke nie umgeben!

Meine Mutter an ihre Tochter.

Der Mutter größter Wunsch auf Erden
Kann nur das Glück des Kindes sein:
Er soll auch dir zum Segen werden,
Du sollst dich seiner Frucht erfreun!
Doch Mutterliebe fordert viel;
Hör' meinen Wunsch, er führt zum Ziel:
Bekämpfe in des Lebens Stürmen
Die wilde Gluth der Leidenschaft.
Kann meine Hand dich nicht mehr schirmen,
So hör' dieß Wort: Sei tugendhaft!
O dann umschwebt dich stets mein Geist,
Der Glück und Segen dir verheißt.

Meiner Mutter.

Geliebte Mutter, deine frohen Tage
Verdunkle nie der Leiden tiefe Nacht!
An deiner stets zufriednen Seele nage
Niemals des Unmuths grenzenlose Macht!
Und wenn auch trübe Wolken dich umschweben,
So strahle dir der Freude Sonnenschein
In deinen Kindern!+– Dir zur Lust zu leben
Soll, theurste Mutter, meine Sorge sein!

Meiner Mutter.

Bei Ueberreichung eines Blumensträuschens.

Wie dieser Blumen balsamischer Hauch
Mit Wonne die Fluren begießet;
So ist es, o Mutter, dein Leben auch,
Das unsere Tage versüßet.
Hört gütig der Schöpfer mein Wünschen, mein Flehen;
So läßt er noch lange den Zephyr dir wehen.

Das Maiblümchen.

Meiner Mutter am Namensfeste.

Anspruchlos, und doch dabei so milde
Schmückst du, holdes Blümchen, die Gefilde,
Wenn der Mai die Fluren neu begrüßt,
Und der Mensch des Frühlings Lust genießt.

Dann erscheinst du auch zu seiner Freude
In der Unschuldfarbe hellem Kleide,
Bietest freundlich, mit bescheidnem Sinn,
Uns die edlen Balsamblüthen hin,

Die wir dann mit innigem Entzücken,
Dankbar für des Schöpfers Gaben, pflücken,
Der durch seiner Vaterliebe Kraft
Alles uns zur höchsten Wonne schafft.

So geliebte Mutter, sei dein Leben
Von des Himmels Segen stets umgeben!
Zarten Maienblumen sei es gleich
Und wie sie an süßen Düften reich.

Wenn sie lieblich glänzend sich gestalten
Und zu deinem Festschmuck sich entfalten,
Stellt, o Mutter, mir dein Bild sich dar,
Das, wie sie, uns leuchtet still und klar.

Deiner Kinder festes Wohl zu gründen,
Nur in ihm dein schönstes Glück zu finden,
Ist hienieden deine Seligkeit;
Darum sei dieß Blümchen dir geweiht.

Meiner Mutter.

Am Namensfest.

Mutter! auf des Lebens Wegen
Blühe reine Wonne dir!
Zarte Kindesliebe schmücke
Stets mit Rosen deine Bahn!

Der Gesundheit Sonne strahle
Lange noch dir himmlisch mild!
Keines Kummers Wolke trübe
Deiner Seele süße Ruh!

Meines Herzens Wünsche steigen
Heut für dich zu Gott empor:
Möge er sie liebend hören!
Und du nimm sie freundlich hin!

Dann erfüllst du all mein Hoffen;
Denn mein schönstes Erdenglück
Ist, dein Dasein zu verschönen
Und dich, Liebste, zu erfreun.

Meiner Mutter.

Am Namensfeste.

Geist der Kindesliebe, schwebe nieder
Und erleuchte durch dein Himmelslicht
Meine Seele, was im Innern spricht,
Auszudrücken durch die Kraft der Lieder.
Traute Muse, warst mir stets so bieder,
O verlaß die arme Blinde nicht,
Lächle ihr mit holdem Angesicht!
Süße Leiertöne, kehret wieder!
Helft das Fest der Mutter mir begrüßen,
Laßt mich heut auf euern zarten Schwingen
Meine Wünsche ihr entgegen bringen!
Theure, deines Lebens Lauf versüßen
Heißt der Freuden innigste genießen,
Die hienieden meine Brust durchdringen.

Am Begräbnißtage meiner Großmutter.

Lasst frei der Wehmuth Thräne nur fallen;
Bald ruht die beste Mutter im Grab.
Hört ihr die dumpfen Glocken schon hallen?
Jetzt sinkt die Todtenbahre hinab!+–
Im Schooße der Erde modert die Hülle
Auf Gottes Geheiß, in schauriger Stille.
Doch seid getrost! denn die Fessel zerreißt
Nur der nach Seligkeit ringende Geist.
O gönnt ihr die Palme, die sie sich erstritten,
Als sie hienieden gekämpft und gelitten.
Der himmlischen Heimath geht freudig sie zu;
Nur jenseits des Grabes blühn Friede und Ruh!

Meine Mutter an meine Schwester Elise.

Bei Ueberreichung eines Schmuckes von der seligen Großmutter.

Nimm diesen Schmuck aus treuen Mutterhänden!
Du schaust in ihm der Hingeschiednen Bild.
Ihr Leben strahlte auch so rein, so mild,
Wie diese Steine, nicht doch um zu blenden.
Nur im Verborgnen Segen auszuspenden,
Betrat die Selige das Erdgefild;
Der Leiden Stürme tobten um sie wild,
Doch einem Schlummer glich ihr sanftes Enden.
Dein Erbe sei ihr kindlich frommer Sinn!
Ihr Engel möge lieblich auf dich blicken,
Mit ihrer Tugend deine Seele schmücken!
Sie bleibe dir der köstlichste Gewinn,
Und leite dich zu stillen Freuden hin!
Dann lacht ihr Geist mit freundlichem Entzücken.

Meiner Schwester Elise am Geburtstage.

Du wurdest uns an diesem Tag geboren;
Dich, Schwester, hat der Gütige erkoren,
Der Eltern Trost in jedem Schmerz zu sein,
Und deine Tage ihrem Wohl zu weihn.

Der Hoffnung Stern war ihnen aufgegangen,
Die Mutter küßte freudig deine Wangen,
Als sie zum ersten Mal, mit stiller Lust,
Dich drückte an die mütterliche Brust.

Da hörte sie den leisen Ruf ertönen:
Ihr Dasein wird dein Erdenglück verschönen!
O, täusche die gerechte Hoffnung nicht,
Erfülle froh des guten Kindes Pflicht!

Ertrage gern die Lasten der Geschäfte!
Dich schmücken ja der muntern Jugend Kräfte,
Die Gott dem Kind, das seine Pflichten übt,
Mit Liebe segnet und mit Liebe gibt.

Verbanne du die tausendfachen Sorgen!
Sie drücken schwer vom Abend bis zum Morgen;
Dann lohnen reichlich dich Zufriedenheit,
Des Vaters und der Mutter Zärtlichkeit.

Ach, Schwester, sei, was nimmer ich kann werden:
Der Eltern Hülfe und ihr Stab auf Erden!
Ich fühl' es schmerzlich, mich umgibt die Nacht;
Du sollst es sein, durch die der Tag erwacht.

Wiegenlied für Ida Dorer.

Kleiner Engel, schlummre süß!
Träume dir ein Paradieß
Ohne Sorgen, ohne Schmerzen
An dem treuen Mutterherzen!
Gott wacht, der dich werden hieß.
Kleiner Engel, schlummre süß.

Zartes Wesen, schlummre gut!
Wer im Arm der Unschuld ruht,
O! dem lächeln Huldgestalten,
Welche segnend um ihn walten;
Sie nur gibt im Leben Muth.
Zartes Wesen, schlummre gut!

Schlafe, Liebchen, schlafe ein!
Dich umgibt noch Frühlingsschein.
In der Kindheit schönem Morgen
Kennst du keine bangen Sorgen;
Darfst dich deines Daseins freun.
Schlafe, Liebchen, schlafe ein!

Holdes Mädchen, schlafe nur!
Folg' dem Winke der Natur,
Die dich sanft in Schlummer singet,
Bis dein Geist zur Einsicht dringet,
Und du schaust zur Sternenflur.
Holdes Mädchen, schlafe nur!

Morgengebet.

Für die Kinder meiner Schwester: Ida, Robert und Edmund.

Vorüber ist die dunkle Nacht;
Der helle schöne Morgen lacht.
Ich danke guter Vater dir:
Dein Engel wachte über mir.
Ich schlummerte in süßer Ruh:
Er lächelte mir freundlich zu.

Erhöre, lieber Gott, mein Flehn,
Laß stets mir ihn zur Seite gehn.
Ein jeder Tag sei dir geweiht;
Es sei gethan, was dich erfreut.
Bis einst nach dieser Erdennacht
Mein Geist im ew'gen Licht erwacht!

Wiegenlied für Cölestine Zschokke.

Schlummre friedlich, holder, kleiner Engel,
Bis des Geistes Stimme dich erweckt!
O! noch hat er dir das Thal der Mängel
Mit der Liebe Schleier zugedeckt.
Lächle heiter, an dem Mutterherzen
Quälen dich nicht bange Erdenschmerzen.

Freudig heißt die Theure dich willkommen,
Die dem edlen Vater dich gebar;
Alle Leiden sind von ihr genommen,
Denn ein milder Schimmer rein und klar
Strahlet ihr aus deiner Unschuld Wangen,
Von des Himmels Friede noch umfangen.

Schlummer immer, bis des Schicksals Walten
Dich zum Handeln einst ins Leben führt.
Noch erblickst du freundliche Gestalten,
Deren Zauber segnend dich berührt;
Aber ach! nicht nur auf Rosenwegen
Gehst du deinem fernen Ziel entgegen.

Zartes Mädchen, dulden, muthig leiden
Ist des Weibes einziger Beruf;
Bilden muß sie selbst sich stille Freuden,
Die für sie des Schöpfers Liebe schuf;
Sorgsam muß sie diese Blumen ziehen,
Daß sie unentweiht im Busen blühen.

Deine sanfte Mutter zu erreichen,
Darauf richte einst den Kinderblick,
Ihr an Tugend, Häuslichkeit zu gleichen,
Sei dein Wünschen und dein schönstes Glück;
Ihrer Seele immer gleiche Güte
Wohne dir im fühlenden Gemüthe.

Dann erquicken deine frohen Tage
Deines treuen Vaters Biedersinn,
Und mit Ruhe dämpft er jede Klage,
Keine finstre Macht erschüttert ihn;
Denn des Kummers Hand berührt ihn leise
In der Kinder frohentzücktem Kreise.

Schlummre süß, du holder, kleiner Engel,
Lächle heiter an der Mutter Brust!
Wonnereich ist dir das Thal voll Mängel,
Dich umfächelt Paradieseslust,
Sie verkläret deine weichen Züge,
Glück und Friede blühn in einer Wiege.

Wiegenlied für Louis Richard.

Schlummre süß, dich drücken keine Sorgen,
Dich umstrahlt ein heitrer Frühlingsmorgen.
Und der Unschuld holder Engel lacht,
Da, wo treue Mutterliebe wacht.

Schlummre froh! des Paradieses Frieden
Ist dir, zartes Wesen, noch beschieden;
Dich umfängt des Lebens reinste Lust
An der Mutter hochentzückter Brust.

Schlummre sanft, die schönsten Himmelsfreuden
Schützen dich vor bangen Erdenleiden;
Unbekannt noch ist dir jeder Schmerz
Und zufrieden schlägt dein kleines Herz.

Schlummre gut! der Träume frommes Walten
Malet dir nur freundliche Gestalten;
Du erblickst im rosigen Gewand
Deines ersten Daseins Vaterland.

Schlummre nur! bis dir das Leben taget;
Koste, weil kein düstrer Gram dich plaget,
Still und ungetrübt der Kindheit Glück:
Nimmer, nimmer kehrt es dir zurück!

Schlummre fort! du wirst noch oft mit Thränen
Nach der Jugend Seligkeit dich sehnen:
Sie entflieht und keiner Wonne Glanz
Gibt zurück den hingewelkten Kranz!

Bei der Taufe eines Knäbleins.

Mit zarter Unschuld ausgeschmücket
Siehst du der Erde holdes Licht;
Ein Kindlein noch, so ganz beglücket,
Kennst du dein inneres Leben nicht!

Dir lächeln unschuldsvolle Freuden,
Und nichts betrübt dein reines Herz;
Du lebst befreit von jedem Leiden,
Dich trübt kein Gram, kein banger Schmerz.

Du kennst noch nicht der Eltern Sorgen,
Nicht den der dir das Leben gab;
Dir lacht vom Abend bis zum Morgen
Die Freudensonne mild herab.

O möchte diese Freude immer
So sanft in deiner Seele blühn!
O möchte doch ihr klarer Schimmer
Stets wonnevoll dein Herz durchglühn!

Dir wünsch' ich lieber zarter Knabe!
Den frommen, reinen Kindersinn!
Er führt dich an der Unschuld Stabe
Gewiß zu deinem Schöpfer hin!

Laßt doch die Kleinen zu mir kommen!
So sprach der Gott, der dich erschuf:
Ich wähle sie aus allen Frommen,
Denn sie gehorchen meinem Ruf.

Gerechtigkeit und Nächstenliebe
Umstrahle deine Lebensbahn!
Nie werde dir das Dasein trübe,
Nur Segen wandle dir voran!

O Eltern! pfleget diese Pflanze,
Die euch des Schöpfers Liebe gab;
Dann seht ihr sie im vollen Glanze,
Und wandelt froh zum kühlen Grab.

Abschied von Sophie Richard-Schilling.

1.

Zu schnell entflohen mir die schönen Stunden,
Die ich an deiner Seite zugebracht;
Und manche Wonne, die mir froh gelacht,
Ist auch mit ihnen meinem Geist entschwunden.
Du hast erhellt, ich hab' es tief empfunden,
Mir meines Lebens immer trübe Nacht.
Mir glänzt ein Stern in wunderbarer Pracht,
Seitdem der Freundschaft Engel uns verbunden.
Ja, theures Wesen, heiße Abschiedsthränen
Entfielen meinem Auge bang und schwer,
Die ganze Erde schien mir freudenleer,
Als dich die Hand der Trennung mir entrissen.
Ich fand dich kaum und mußte schon dich missen.
Nach allen Lieben soll ich nur mich sehnen!

2.

Doch soll Erinnerung mir Tröstung bringen:
Sie kann allmächtig jeden Schmerz bezwingen.
In ihrem Tempel will ich gern verweilen:
Sie soll des Herzens tiefe Wunde heilen.
An ihrem Busen darf ich freudig singen:
Das Band der Treue soll uns fest umschlingen,
Und trennten uns auch noch so viele Meilen,
Zu dir will ich im Geistesflug doch eilen.
Auch Hoffnung zeigt mit strahlendem Gesicht
Das Wiederfinden mir im Rosenlicht;
Harmonisch tönt mir oft ihr süßes Wort.
Kein irdisch Glück hat einen festen Ort,
Das Band der höchsten Freuden weilt uns dort;
Drum bitt' ich hier dich um Vergiß-mein-nicht.

3.

Dann wollen wir in Edens Blumenauen
Uns Kränze winden, die uns ewig blühn;
Dann werd' ich im verklärten Glanz dich schauen
Und nimmer soll dein Bild mir dann entfliehn.
Es lehren auf des Himmels Lust zu bauen,
Uns Glaube, Hoffnung, die uns mild durchglühn:
Wir dürfen hier uns beiden anvertrauen,
Bis sie vereint die Seelen einst umziehn.
Dann wird der Liebe sanfte Hand uns leiten:
Sie, die so oft der Wehmuth Kelch versüßt,
Hilft muthig auch uns in Gefahren streiten,
Wenn freundlich uns ihr Mutterarm umschließt,
Dann fühlen wir, daß auch aus fernen Weiten
Der Holden alle Seligkeit entfließt.

In das Stammbuch meiner Freundin Henriette Bencker.

Wandle fröhlich durch des Lebens Stürme!
Nur die Tugend sei dein fester Stab!
Und der Unschuld sanfte Hand beschirme
Deine edle Seele bis ins Grab!

Ruhig, Freundin, fließe gleich der Quelle
Ungetrübt dein stilles Leben hin;
Lächelt oft die Freude dir nicht helle,
O so sei es hell im innern Sinn!

Freundschaft soll mich fest mit dir verbinden,
Bis ich steige zu der kühlen Gruft!
Und auch dann wirst du mich wieder finden,
Wenn uns Gott ins beßre Leben ruft.

Dort wird nichts mehr unsre Seelen trennen:
Freundschaft, die uns jetzt so glücklich macht,
Lernen wir dann nur noch besser kennen,
Wenn ihr Engel uns entgegenlacht.

Auf das Wiedersehen meiner Freundin Henriette Bencker.

Schwebet nieder, holde Musen,
Laßt mir Rosen blühn!
Gerne ruht an euerm Busen
Froh die Sängerin.

Lehret mich die Wonne schildern,
Die uns Freundschaft bringt;
Kommt mir euern Himmelsbildern
Liebevoll, und singt

Lob und Preis des Vaters Güte,
Die mit sanftem Ruf
In dem fühlenden Gemüthe
Das Verlangen schuf,

Innig treu geliebt zu werden;
Denn an Freundes Hand
Tragen heiter wir Beschwerden
Durch der Prüfung Land.

O! auch mir strahlt Segensfülle
An der Freundin Brust;
Heut nach langer Trennung Stille
Lacht mir neue Lust.

Gleichgestimmte wiederfinden,
Wer kennt den Genuß?
Jahrelange Leiden schwinden
Vor der Freundinn Kuß.

Bitter sind des Abschieds Thränen
Kummervoll geweint;
Eine Stunde stillt das Sehnen,
Die uns mild vereint.

Henriette! deine Liebe
Schafft den Himmel mir;
Scheint die dunkle Bahn mir trübe,
Licht verdank' ich dir.

Darum preise, meine Leier,
Jenen Augenblick,
Der des Wiedersehens Feier
Führte still zurück!

In das Stammbuch der Freundin Maria Heß.

Mit Ergebung bange Leiden tragen,
Allen Stürmen fest entgegen gehn,
Rein und froh im Kreis der Deinen stehn,
Ist dir Trost in kummervollen Tagen:
Aufwärts blickst du bei der Erde Plagen.
Hoffnung schmücke mir dem schönsten Segen,
Edle Freundin, deine Lebensbahn!
Sie erhebe stets dich himmelan,
Strahle dir aus beßrer Welt entgegen!

Dem Dichter Mathison.

Entflohen sind die seligen Minuten,
Die du so oft und gerne mir geweiht!
Ach schnell verrauschte, gleich des Meeres Fluthen,
Die mir durch dich so schön gewordne Zeit!

Doch ewig nie soll das Gefühl verrauschen,
Das reiner Dank mir in den Busen goß,
Und leise wird Erinnrung immer lauschen
Auf jedes Wort, das deinem Mund entfloß.

Die hohen Lehren werden mir ertönen,
Bis einst des Todes Engel mich umschwebt;
Sie werden selbst die dunkle Bahn verschönen,
Auf der hienieden meine Seele lebt.

Mit Güte nimm zu stetem Angedenken
Von deiner Freundin diese Zeilen hin!
Der Himmel möge deine Schritte lenken!
Dieß ist mein Wunsch: o Gott, erfülle ihn!

Lebe wohl!

An Elster.

Mehrere Stimmen.

Du ziehst nach fernen Landen!
Ein häuslich stilles Glück
Führt dich mit Zauberbanden
Zur Heimathflur zurück;
Bald lenkst du deine Schritte
Aus deiner Schüler Mitte.

Eine Stimme.

Du hast die Kraft der Töne
In meiner Brust geweckt,
Daß sie die Nacht verschöne,
Die meinen Pfad bedeckt:
Ich will auf ihren Schwingen
Mein Dankgefühl dir bringen.

Und Lebewohl dir sagen
Mit tief bewegtem Sinn.
Die beßten Wünsche tragen
Dich zu der Heimath hin!
Es blüh' auf deinen Wegen
Des Himmels schönster Segen!

Die trübe Abschiedsstunde!+–
Sie naht so schwer, so bang,
Mir tönt aus deinem Munde
Nie mehr des Liedes Klang;
Doch dank' ich deinem Streben
So manche Lust im Leben.

Wenn oft aus zarten Saiten
Mir Trost und Ruhe fließt;
Hörst du in fernen Weiten
Den Laut, der dich begrüßt:
O! daß er dir verkünde,
Was ich gerührt empfinde!

Mehrere Stimmen:

In deiner Schüler Kreise
Wirkst du noch lange fort,
Und künftig schallt uns leise
Des theuren Lehrers Wort.
Wir denken dein mit Freuden;
Doch wohnt der Schmerz im Scheiden.

Lebewohl.

An Elster.

Schüler:

Du ziehst nach fernen Landen!
Ein häuslich stilles Glück
Führt dich mit Zauberbanden
Zur Heimathflur zurück;
Bald lenkst du deine Schritte
Aus deiner Schüler Mitte.

Lehrer:

Ihr habt durch eure Liebe
Des Lehrers Haupt gekrönt
Und oft des Daseins Trübe
Mir freundlich mild verschönt.

Schüler:

Und manche Lust hienieden
War uns durch dich beschieden.

Lehrer:

Bewahrt die Kraft der Lieder
Mit jugendlichem Sinn,
Und wandelt treu und bieder
Durchs ernste Leben hin.

Schüler:

Wir wollen deine Lehren
Stets wie ein Kleinod ehren.

Lehrer:

Die düstre Abschiedsstunde
Sie naht so schwer, so bang.
Mir tönt aus euerm Munde
Nie mehr des Liedes Klang.

Schüler:

Doch auch in ferne Weiten
Soll dich sein Laut begleiten.

Lehrer:

Auf zarter Töne Schwingen
Will ich zum letzten Mal
Mein Lebewohl nun bringen
Der vollen Schülerzahl.

Schüler:

Es blüh' auf deinen Wegen
Des Himmels schönster Segen!
In deiner Schüler Kreise
Wirkst du noch lange fort,
Und künftig schallt uns leise
Des theuren Lehrers Wort
Wir denken dein mit Freuden,
Doch wohnt der Schmerz im Scheiden!

Dem Lehrer Federer.

Am Namensfeste bei seiner Wiedergenesung.

Du streuest den herrlichen Samen der Tugend
In zärtliche Herzen empfänglicher Jugend.
Damit er zur lieblichen Frucht sich entfalte,
Und Friede in kindlichen Seelen stets walte.
Wo heilig die Blume der Unschuld noch blüht,
Da weiht sich dem Schönen das edle Gemüth,

Da bringen die Musen nur selige Wonne,
Da strahlet des Geistes belebende Sonne;
Und wem sie mit freundlicher Milde begegnet,
Dem hat sie zum Tempel den Busen gesegnet.
Wo duftend sie glänzet im goldenen Schein,
Entsteigen harmonische Bilder allein.

Du, Lehrer des Guten, bewirkst ihr Gedeihen;
O! möge noch lange dein Werk dich erfreuen!
Gott lasse die reichlichsten Früchte dich pflücken,
Belohnend die Bahn deines Lebens zu schmücken!
Dir reiche Gesundheit die tröstende Hand,
Bis Engel zerreißen das irdische Band!

Dies sind meine Wünsche am festlichen Tage:
Er werde nicht trübe durch Kummer und Plage!
Zum Glück deiner Schüler sei heiter dein Leben,
Die Wolke der Leiden soll nie dich umschweben!
Doch weil sich das Schicksal im Wechsel bewegt,
Und ewig die Erde Vollkommnes nicht trägt;

So muß auch die Hülle versinken zum Staube:
Dir Seele geleite die Hoffnung, der Glaube,
Zur Heimath, wo wieder der Vater verbindet,
Was schmerzliche Trennung hienieden empfindet!
Dort wirst du, vom Hauche der Liebe umweht,
Einst ärndten, was hier du in Liebe gesät.

Auf den Blumenkranz,

Den die Schüler in Baden ihrem Lehrer Federer an seinem Namensfest überreichten.

Theurer Lehrer! deiner Schüler Liebe
Grüne immer! dieser zarte Kranz
Sei ein Sinnbild ihrer stillen Triebe,
Die sie dir aus voller Seele weihn:
Ewig dankbar muß ihr Herz dir sein.

Darum feiern alle mit Entzücken
Deines Namens lang ersehnten Tag:
Ihre Wonne kindlich auszudrücken,
Naht sich heute dir die fromme Schaar,
Bringt dir segnend ihre Wünsche dar.

O! gewiß verschmähst du nicht die Gabe
Ihrer würdig. Nimm sie freundlich hin!
Wandle lange noch am Pilgerstabe
Unermüdet auf der schönen Bahn:
Jugendliebe trägt dich himmelan.

Ja, du siehst in der geweihten Mitte
Wie ein Vater und bewährter Freund,
Leitest sorgsam ihre leichten Schritte,
Bildest durch die Tugend ihren Geist,
Der in dir den sanften Führer preist.

Nie erblickst du, Edler, die Beschwerden,
Wie sie oft dir zeiget dein Beruf.
Mit Geduld nur kann vollendet werden,
Was das Leben tausendfach verschönt
Und auf ewig Jünglingshäupter krönt.

Gottes Engel möge dich umschweben,
Hoffnungsvoll sei stets dein Wirkungskreis!
Deine Saat soll blühend sich erheben,
Gutes Erdreich lasse sie gedeihn
Und sie bleibe dir von Unkraut rein!

Diese Wünsche wag' ich dir zu bringen;
Hören wird der Schöpfer auf mein Flehn.
Zu ihm soll sich heut die Bitte schwingen,
Die für dich aus meinem Busen steigt,
Bis der Tod vor uns die Fackel neigt.

Die Rosenknospe.

Am Namensfeste dem Lehrer Federer mit einer Rose überreicht.

Freundlich stand in holder Schöne,
Von des Frühlings Hauch berührt,
Eine zarte Rosenknospe
In des Blumengärtchens Mitte,
Daß sie herrlich einst es schmücke.

Freudig pflanzte sie mit Liebe
Des getreuen Gärtners Hand:
Hoffend sah er schon die Früchte
Seiner unverdroßnen Sorgen
In der Blüthe sich entfalten.

Duftend schloß zur schönsten Rose
Sich die junge Knospe auf,
Und es lachet stille Wonne
Aus des frohen Gärtners Blicken;
Reich vergolten war sein Streben.

So auch möge, edler Lehrer,
Deine Blumenflur gedeihn,
Mußt du gleich sie sorgsam warten,
Lohnend wird die süße Krone
Deine Schläfe bald umwinden.

Und du schaust dann mit Entzücken
Auf die Rosenbahn zurück;
Noch im Winter deines Lebens,
Muß dein segenvolles Wirken
Jugendlich dein Herz erfüllen.

Aus der Tiefe meiner Seele
Steigt der leise Wunsch empor:
Jeder deiner Tage werde
Dir zum reinsten Fest hienieden;
Heiter sei dein sanftes Walten!

Frühlingsgruß.

Als Dank für die von dem Lehrer Federer überreichten Schneeglöcklein.

Ich grüße dich Frühling! O himmlischer Knabe!
Der schöneres Leben den Fluren gespendet,
Zur Wonne der Erde vom Vater gesendet,
Daß neu sie erstehe aus frostigem Grabe,
Die Herzen entzücke mit blühender Gabe.
Es hat nun der Winter die Laufbahn vollendet,
Du hast zu den Menschen dich lächelnd gewendet.
Sie mild zu berühren mit zauberndem Stabe.
Du laßest auch mich deiner Nähe genießen,
Dein erstes Geschenk durch die Freundschaft mir winden.
Wohl bist du ein tröstender Engel der Blinden:
Wenn liebende Freunde ihr Dasein versüßen,
Mit sprechenden Blumen die Freundinn begrüßen,
Dann mögen die finstern Nächte entschwinden.

Der Blindanstalt in Zürich.

Die ihr ein gleiches Schicksal mit mir theilet,
Mit mir in Nacht und Dunkelheit verweilet,
Sucht Gottes heil'gen Ruf stets zu erfüllen,
Preist seinen Willen!

Laßt uns im Geist den Blick zum Himmel werfen!
Der Schöpfer nur kann unsre Sinne schärfen;
Er giebt uns Kraft, der Erde harte Plagen
Mit Muth zu tragen!

Zufriedenheit mit fröhlichem Gemüthe
Verdanken wir nur seiner weisen Güte;
Durch ihn strahlt uns des Geistes milde Sonne,
Und bringt uns Wonne.

Beglückt durch Arbeit, fremd dem Müßiggange,
Wird auch uns Blinden nie das Leben bange;
Nie wird uns, wenn wir Gottes Stimme achten,
Schwermuth umnachten.

Wie soll es uns an innern Frieden fehlen?
Der Schöpfer gab uns gute edle Seelen,
Die menschenfreundlich keine Mühe scheuen,
Uns zu erfreuen.

Geliebte! wenn die Schule ihr betretet,
Die euch so oft aus trübem Kummer rettet;
So bringt dem Lehrer euern Dank entgegen
Und »Gottes Segen!«

Der Vater möge alle sanft beglücken,
Die unsern Geist mit stillen Freuden schmücken!
Nur er, der über uns im Himmel wohnet,
Ist's der sie lohnet.

Geduld und Liebe wird er ihnen geben,
Daß nimmer ruh' ihr eifriges Bestreben,
Die Nacht des Blinden freundlich zu erhellen
Aus milden Quellen.

Die ihr mit mir ein gleiches Schicksal theilet,
Mit mir in dichter Dunkelheit verweilet,
Hört meinen Ruf, und wallet Gottes Pfade,
Werth seiner Gnade.

Grabschrift.

Für Joseph Geißmann, Lehrer in Baden.

Edler Lehrer! Unschuldvoller Jugend
Hast du hier dein Leben still geweiht!
Jenseits lohnt der Schöpfer deine Tugend
Mit der Krone der Unsterblichkeit.

An Heinrich Zschokke.

Zum Neujahr.

Ach, der Dornen giebt es oft so viele
Auf des Lebens unbekannten Wegen!
Blumen bringt die Gattin dir entgegen
Und aus ihrem farbenreichen Spiele
Sprechen freundlich schönere Gefühle.
Lächeln darfst du bei des Schicksals Schlägen,
Treue Liebe giebt dir ihren Segen,
Leitet dich an sanfter Hand zum Ziele.
Laß auch mich dir eine Blume streuen!
Wirst du wohl der Schwachen gern verzeihen,
Die es wagt mit deinen holden Kleinen
Ihre beßten Wünsche zu vereinen,
Und ein dunkles Veilchen dir zu weihen?
Darf sie schüchtern heut vor dir erscheinen?

Zschokkes Erwiederung.

Erwacht vom schönsten Morgentraum,
Trat ich zum lichterhellten Baum;
Da zeigte mir der Kinder Kosen,
Bei meiner Nanny ew'gen Rosen,
Zwei dunkle Veilchen?+– nein, o nein,
Stiefmütterlein!+–

O du, des stillen Duldens Bild,
Für alle andern engelsmild!
Du Veilchen auf der Lebenswiese,
Voll heil'ger Demuth, o Luise!
Warum bist du für mich allein
Stiefmütterlein?

Doch bin ich fromm und klage nicht,
Wenn Bienchen Honig bringt und sticht;
Dein süßes Lied, die bittre Blume,
Sie sind in meinem Heiligthume
Und dankbar bitt' ich, bleibe mein
Stiefmütterlein!

Das glückliche Alter.

Dem Ratsherrn Steiner in Winterthur.

Glücklich sind Jahre der heitern Jugend,
Die noch die Wonne der Kindheit genießt!
Selig das Alter, wo reifere Tugend
Schmerzen der Brüder mit Liebe versüßt.

Freundlich sind munter geröthete Wangen;
Himmlisch, wenn Lilien und Rosen uns blühn;
Froher der Abend, wo ohne zu prangen,
Silberne Locken die Stirne umziehn.

Schön ist's, der Gegenwart reizende Auen,
Herrlich dem kindlichen Sinn nur geschmückt,
Schöner vergangene Freude zu schauen,
Die noch den Greisen allmächtig entzückt.

Edler, dir leuchten die wärmenden Strahlen,
Und du erblickest ein lachendes Bild.
Frage die Zukunft, sie bringt dir nicht Qualen;
Besseren Seelen erscheinet sie mild.

Wage es immer den Schleier zu heben,
Der sie bis jetzt deinem Auge verhüllt,
Tröstend wird stets dich ihr Engel umschweben,
Er der allein deine Wünsche erfüllt.

Weile noch lange im Kreise der Deinen,
Wirke der Menschheit zum Segen noch fort!
Ruhig wirst du vor dem Schöpfer erscheinen,
Wenn dich einst ruft sein vergeltendes Wort.

Trage und dulde mit freudigem Herzen,
Wo dich das feindliche Schicksal berührt;
Bald überwunden sind drückende Schmerzen,
Wenn uns die Hoffnung durchs Leben nur führt.

Kinder und Enkel! in euerer Mitte
Findet der Vater der Blumen so viel;
Lenket ihm darum die wankenden Schritte,
Liebend, bis friedlich er nahet dem Ziel!

Dem seligen J. K. Hirzel.

Die Menschenliebe lenkte deine Schritte,
Und Wohlthun war dein schönstes Erdenglück;
Ach! warum nahm das waltende Geschick
Den edlen Geist so früh aus unsrer Mitte?
Du brachtest Trost in manche arme Hütte,
Uns Blinden glänzte oft ein Sonnenblick
Durch deine Milde aus der Nacht zurück;
Nicht unerhört blieb des bedrängten Bitte.
Ja ohne Gränzen ward dein Wirkungskreis!
Wir alle haben deine Hülf empfunden;
Nicht dir nur weihtest du des Lebens Stunden.
Ich will nicht klagen mehr, du edler Greis,
Es schmückt dich jenseits der Vergeltung Preis;+–
Die schöne Seele ist dem Staub entschwunden.

Dem Oberamtmann Fidel Dorer.

Am Namensfest.

Die Freude bietet ihre Kränze
Zu diesem schönen Fest dir an:
Sie sollen stets dein Haupt umwinden,
Daß während alle Sorgen schwinden,
Uns immer deine Liebe glänze!

Noch lange strahle uns ihr Segen
Zum Wohl der Menschheit, rein und mild;
Nur sie beglücke sanft dein Leben!
Mag dich der Stürme Wuth umgeben,
Vollendung harrt dir dort entgegen.

O! diese Hoffnung wird dich stärken,
Die Wage der Gerechtigkeit
Mit fester Hand empor zu halten,
Dein Amt mit Treue zu verwalten,
Daß Wonne blüh' aus deinen Werken.

Dann wohnet Ruh dir in der Seele,
Und Seligkeit in deiner Brust.
Wie sehr bedarf der Mensch hienieden
Den ungestörten innern Frieden,
Daß nichts zum Erdenglück ihm fehle,

Bewahre diese Himmelsgabe,
Und alle Wünsche sind erfüllt,
Die heut aus warmen Herzen fließen:
Du sollst dein Dasein froh genießen,
Bis deine Hülle ruht im Grabe!

Aus unsrer Freundschaft wahren Trieben
Sind diese Zeilen dir geweiht.
Verschmähe nicht die zarte Blüthe,
Nimm sie mit freundlichem Gemüthe
Im Namen Aller, die dich lieben.

Einem greisen Arzte.

Verzeih', o edler Greis, daß ich es wage,
Ein Denkmahl meiner Achtung dir zu weihn;
Vielleicht gelingt's mir, deine Lebenstage
Mit Rosen zu bestreun.
Ach möchtest schonend du mein Lied betrachten,
Mehr das Gefühl, nicht so die Dichtung achten!

Als Menschenfreund will ich dich nun besingen:
Den ehrt in dir nicht nur dein Vaterland,
Auch außer ihm hör' ich dein Lob erklingen.
Es trocknet deine Hand
Von manchem Haupt der Wehmuth heiße Zähren
Daß bange Seufzer sich in Freude kehren.

Ein Vater deiner Kinder, deren Liebe
Den Myrtenzweig um deine Scheitel schlingt,
Folgst du auch gern des Wohlthuns zartem Triebe,
Der mächtig dich durchdringt.
Von ihm beseelt, wirst du zum Vater allen,
Die nur zu dir voll süßer Hoffnung wallen.

Du heilst als Arzt des kranken Körpers Wunden,
Indeß dein Wort zugleich den Geist erhebt;
Gewiß hast du die schönsten deiner Stunden
Dem Menschenwohl gelebt.
Dir danken viele der Gesundheit Blüthe,
Und segnen dich mit freudigem Gemüthe.

O Wonne muß in der Erinnrung liegen,
Wenn solch ein Bild die Himmlische uns zeigt!
Bald wirst du über jeden Kummer siegen,
Wenn flüchtig er dich beugt;
Die reine Lust, den Menschen zu beglücken,
Gewährt ja immer seliges Entzücken.

Ein frohes Alter hast du dir bereitet;
Wenn Enkel sich an deiner Seite freun,
Wird ihr Gebet vom schönen Wunsch begleitet,
Dir ähnlich nur zu sein.
Der Himmel gebe, daß die jungen Seelen
Dein Leben stets zu ihrer Richtschnur wählen!

Dann strahlt aus ihrem stillen Glück hienieden
Auroras Bild dir im verklärten Glanz;
Du findest Freude, Ruh und Seelenfrieden
Mit immer grünem Kranz.
Gott möge nur auf meine Bitte hören,
Zum Heil der Menschheit deine Tage mehren!

Auf die Wohlthäter der Badarmen.

Es gibt noch Herzen, die fürs Gute schlagen!
Durchdrungen von des Wohlthuns zarten Trieben,
Gibt es noch Seelen, die den Nächsten lieben;
Nicht fühlos hören sie den Bruder klagen.
Sie helfen freundlich ihm die Würde tragen.
Wo bange Leiden oft sein Dasein trüben,
Da sind sie es, die Christentugend üben,
Und Gottes Segen ruht auf ihren Tagen.
Wenn ihre Gaben Leidende erquicken,
Die Krankheit, Schmerz und Kummer niederdrücken;
Wer nennt mir wohl ein reineres Entzücken?
Der Quell, aus welchem Lebensbalsam fließet,
Er ahnet nicht, wie mild er uns begießet;
Der Mensch nur ist's, der fühlet und genießet.

Dem Andenken Heinrich Meiers.

Des edlen Hülle ruht im Schooß der Erde?
Es schlägt nicht mehr das liebevolle Herz!
Hoch auf des Dankes Adlerschwingen werde
Sein Geist getragen freundlich himmelwärts!

Ja, ewig lebst du! zeigtest uns hienieden
In dieser Handlung deiner Seele Bild.
O! sie umschwebt, wenn gleich vom Leib geschieden,
Mit Engelstroste die Bedrängten mild.

Wie ist es süß, wenn Dankes Zähren fließen!
Und dieß zu sehen war dir aufgespart.
Du konntest Lindrung in die Wunden gießen;
O! diese Wonne hat dir Gott bewahrt;

Dich segnen froh nach langem heißen Sehnen
Millionen Menschen, sonst von Gram gebeugt;
Dein Werk ist es, wenn unter Freudenthränen
Ein frommer Blick nach dir zum Himmel steigt.

Durch dich genießen unsre armen Brüder
Des warmen Heilquells balsamreiche Kraft;
Du träufelst auf die einst erstarrten Glieder
Mit milder Hand den frischen Lebenssaft.

Wenn dann, erquickt von deines Wohlthuns Wonne,
Der schwache Kranke sich vom Lager hebt,
Wenn neu ihm strahlt der Stärkung holde Sonne;
So ist's dein Geist, der himmlisch ihn umschwebt.

O, fühle ganz das selige Entzücken,
Das du mit wahrer Menschenliebe schufst;
Einst wirst du alle Leidenden erblicken,
In deren Seele du den Frieden rufst.

Mein Danklied dringe bis zu jenen Sternen,
Wo nun dein Geist sich der Vollendung freut;
Im Namen aller, die aus weiten Fernen
Dich ewig preisen, sei es dir geweiht!

In der Erinnrung schattichtem Gefilde
Erhebe sich dein Name immergrün!
Der späten Nachwelt möge deine Milde
Durch Gottes Segen jung und ewig blühn!

An Eltern.

Auf den Tod ihres Sohnes.

Es ruht des Sohnes Hülle
In dichtverschloßnem Grab,
Und schaudervolle Stille
Umgibt der Eltern Stab.

Umsonst der Mutter Thränen,
Ihr kummervoller Blick!
Umsonst des Vaters Sehnen!
Nie kehrt der Sohn zurück.

Wer kann des Todes Mächten,
Wer seinem Arm entgehn?
Er schwebt in schwarzen Nächten,
Und hört kein banges Flehn.

Der Jugend starke Blüthe
Schont nicht sein schneller Pfeil;
Doch spricht er zum Gemüthe:
Ich bring dem Kranken Heil.

Ist meine Bahn auch trübe,
Und dunkel mein Gewand;
Ich führe doch mit Liebe
Ins ferne Vaterland.

Zwar schlag' ich tiefe Wunden:
Der Trennung harter Schmerz+–
Ach wer ihn je empfunden!+–
Er quält durch mich das Herz.

Ich bringe dem nur Freuden,
Den meine Hand berührt;
Den sie aus Erdenleiden
In Rosenhaine führt.

Verklärte Geister wallen
Durch mich in Himmelsglanz:
Ich reiche freundlich allen,
Vollendung! deinen Kranz.

So ruft vom beßren Sterne
Befreiend, mild der Tod:
Wer schaute wohl nicht gerne
Ein heitres Morgenroth?

O Eltern! ihr vermißet
Nur hier den teuren Sohn;
In eure Seelen gießet
Den Trost die Religion.

Ihr werdet dort ihn finden,
Wo Liebe sich erkennt,
Der Sehnsucht Schmerzen schwinden,
Und keine Hand euch trennt.

Stillt euren Gram? Geschieden
Seid ihr nur kurze Zeit;
Des Wiedersehens Frieden
Gibt euch die Ewigkeit.

Trost an eine Mutter.

An Frau Zuberbühler, geborene Zürcher.

Gottes Engel lindre deine Schmerzen,
Reiche Balsam deinem wunden Herzen.
Gute Mutter, deine schönsten Freuden
Raubten dir der Erde bange Leiden,
Ach! und nimmer drückst du deine Lust
An die treue lieberfüllte Brust.

Unaufhaltsam fließen deine Thränen,
Nach der Tochter richtest du dein Sehnen,
Die das harte Schicksal dir entrissen.
Könnt ich Trost in deinen Busen gießen!
Was die Freundschaft nur gewähren kann,
Biet' ich dir aus voller Seele an.

Aber deinem traurenden Gemüthe
Gibt die Hoffnung nur des Trostes Blüthe.
Die Geliebte wirst du wieder finden,
Wo der Trennung bittre Klagen schwinden,
So ruft tröstend ihre Stimme laut.
Selig, wer dem holden Wort vertraut!

Wandle du an ihrer Hand durchs Leben,
Wie ein Schutzgeist wird sie dich umschweben;
Deine Wunden wird sie liebend heilen
Und mit dir die Last des Kummers theilen.
Deiner Tochter nie geahntes Glück
Glänzt aus ihrem wonnereichen Blick.

Darum, Freundin, trage deine Schmerzen
Mit Ergebung in dem wunden Herzen.
Trübe nicht durch deine Seelenleiden
Deines Kindes unnennbare Freuden.
Ueberm Grabe bannt sie erst dein Geist,
Der entzückt dann Gottes Führung preist.

Der traurenden Mutter Isabelle Rothpletz.

In der schönsten Blüthe seiner Tage
Nahm das Grab dir den geliebten Sohn;
Mutterherz, gerecht ist deine Klage;
Ach; das Schicksal gab nur bittern Hohn
Für die Sorgen alle dir zum Lohn.

Deine kummervoll durchweinten Stunden,
Deine Nächte, schlaflos, bang durchwacht,
Ach! sie haben dir nur tiefe Wunden,
Doch den Liebling nicht zurück gebracht;
Ueber ihn gebot des Todes Macht.

Er entführte ihn aus deinen Armen;
Nicht der Mutterliebe Huldgestalt
Stimmte ihn zu schonendem Erbarmen;
Für dein heißes Flehen blieb er kalt,
Uebte streng die finstere Gewalt.

Aber, Freundin, trockne deine Thränen,
Trage mit der Christin Heldenmuth
In der Brust ein heilig stilles Sehnen
Nach dem theuren dir entrißnen Gut,
Das an Gottes Vaterbusen ruht.

Seine Liebe hat es dir gegeben;
Schuldlos, rein gabst du es ihm zurück,
Unentweiht von jedem Erdenstreben,
Sieh! des Knaben hold verklärter Blick
Sagt dir: Mutter störe nicht mein Glück!

Durch des Jammers schmerzerfüllte Töne
In die Heimath ging ich dir voran,
Und es blühen mir in ew'ger Schöne
Auf des Himmels blumenreicher Bahn
Freuden, die der Geist nur fassen kann.

Grabschrift.

Für den Jüngling Joh. Ulrich Federer.

Weil er so gut, so fröhlich war
In dieser Welt voll von Gefahr,
Drum ist so früh der Herr gekommen,
Hat gnadend ihn zu sich genommen.

Vom Himmel her ruft er uns zu!
O weinet nicht! in ew'ger Ruh
Nach kurzer Frist wird Gott die Seinen,
Wo keine Thräne fließt, vereinen!

Dem unglücklichen Vater F.

Weine nur! ein feindlich böses Walten
Hat zerstört dein reines Erdenglück,
Hat der Kinder Liebe dir entrissen!
Schmerzlich muß das Vaterherz sie missen:
Und du+– schaust mit kummervollem Blick
Auf des Lebens Rosenpfad zurück.
Nicht der Gegenwart kann Trost entfließen,
Denn sie malt dir finstere Gestalten.
Mag die Zukunft heitrer sich entfalten!

Ach! entflohen sind die goldnen Stunden
Mit der Wonne stiller Häuslichkeit;
Denn erloschen sind der Liebe Flammen
In der Gattinn, in der Kinder Namen.
Alles, was dein Dasein oft erfreut,
Deckt der Schleier der Vergangenheit;
Schmerzen schlagen über dir zusammen,
Die du nie hienieden sonst empfunden,
Denn gebrochne Treue muß verwunden.

Blicke aufwärts! In des Himmels Räumen
Wohnt ein Vater, liebevoll und mild.
Dieser sieht, wenn Menschen dich verkennen;
Deine Leiden darfst du ihm nicht nennen,
Denn er schaute sie im klaren Bild,
Eh du walltest auf dem Erdgefild.
Trocknen wird er auch die bangsten Thränen;
Laß Vertrauen in der Brust nur keimen!
Ruhe steigt aus jenen Himmelsräumen.

Religion, die heilige, geweihte,
Reicht auch dir des Trostes Balsam dar.
Nimm ihn gern aus ihren sanften Händen!
Sie vermag dir hohe Kraft zu spenden;
Muthig dulden lehrt sie in Gefahr,
Denn ihr Engel redet treu und wahr;
Laß ihr Antlitz nie von dir sich wenden,
O! dann wirst du nicht des Grames Beute;
Schützend geht sie immer dir zur Seite.

Auf den Tod der Dichterinn Luise Brachmann.

Unglückliche! dich rißen wilde Wogen
In ihre graue Dunkelheit hinab;
Dein edler Geist, vom Nebelflor umzogen,
Verlor die Hoffnung, seinen Lebensstab,
Und, ach! die Fluthen wurden dir zum Grab.

Zu früh hast du die Sängerbahn geendet,
Zu früh der Dichtung Blüthenkranz entlaubt,
Den vom Olymp die Musen dir gesendet!
Du hast der Welt dein Saitenspiel geraubt,
An das mit Liebe jedes Herz geglaubt.

Es lag Gefühl in deinen sanften Tönen,
Das gern sich zu dem Schwesterchor gesellt,
Das, um den Pfad des Weibes zu verschönen,
In ihrer Brust den Tempel aufgestellt,
Und durch sein Licht des Bruders Nacht erhellt.

Ich weine heiße Thränen jener Stunde,
Die uns auf immer deine Leier nahm;
Mit Wehmuth denk' ich mir die Seelenwunde,
Mit stiller Rührung deinen innern Gram,
Der so zerstörend in den Busen kam.

O Sängerin! Gott wird dich schonend richten;
Er sah das Gute, das du still geübt.
Wir nennen das Vergessenheit der Pflichten,
Was Schwäche war, die uns so oft umgibt:
Barmherzig ist der Vater, der uns liebt.

Ich hofft dort, Luise! dich zu finden,
Wo Liebe mit Erbarmen freundlich winkt,
Wo schuldlos, frei die Herzen sich verbinden,
Wo schwerbelastet nicht die Seele sinkt,
Die sorgenlos den Freudenbecher trinkt.

Verschmähe nicht das Lied der Erdenschwester,
Das liebend sie aus vollem Herzen singt;
Bis jenseits dann mit heil'gen Banden fester
Die ew'ge Liebe himmlisch uns umschlingt,
Und Seligkeit die Friedenspalme bringt.

Auffahrtslied.

Den argauischen Männerchören.

Froh steigen unsre Lieder auf
Zum blauen Himmelszelt,
Und mit den Jüngern feiern wir
Das Fest der Christenwelt.

Als Brüder stehen wir vereint
Durch des Gesanges Macht;
Der Eintracht holde Sonne strahlt,
Ihr milder Geist erwacht.

Es fühlen unsre Seelen heut
Der Töne Allgewalt;
Es ist nur reine Harmonie,
Die durch den Tempel schallt.

Und Männerkraft im Sängerchor
Belebet Herz und Mund;
Aus hundert Kehlen tönt es laut:
Gott segne unsern Bund!

O möge lang der Bund bestehn,
Und oft dies Fest erneun,
Daß wir mit immer höhrer Lust
Als Brüder uns erfreun!

In das Stammbuch der Prinzessin Julie von Hohenzollern.

1.

Der Gesundheit Friedensengel wende
Lächelnd sich auf deine Lebensbahn,
Und offne seine milden Hände;
Daß er dir nur holde Rosen spende!
Deinen Schritten wandle er voran,
Bleibe freundlich stets dir zugethan.
Auch des Schöpfers reine Güte sende
Alles dir, was dich erfreuen kann.
Theure, meines Herzens Wünsche steigen
Für dein Wohl zum Vater, der uns liebt.
Möge er sein sanftes Antlitz neigen,
Dir die hohe süße Wonne zeigen,
Die er immer schönen Seelen gibt,
Wenn auch Kummer schon ihr Dasein trübt.

2.

Kummervoll ist oft der Gang durchs Leben,
Schnell entschwunden ist der Erde Pracht;
Doch die Ruhe, die im Innern lacht,
Raubt kein Schicksal, keine finstre Macht.
Tröstung kann nur sie im Leiden geben
Und empor die bangen Herzen heben;
Vor ihr flieht der Schwermuth Wolkennacht,
Nach dem Ew'gen, Wahren lehrt sie streben.
Möge dich auch ihre Kraft begießen
Und der Schmerzen Bitterkeit versüßen!
O nur ihr kann stilles Glück entfließen!
Aus ihr wird das Göttliche geboren!
Wenn du sie zum Genius erkoren,
Hat der Schmerz die Bitterkeit verloren.

Dem Fürsten von Hohenzollern-Hechingen

Beglücktes Land, wo gute Fürsten thronen,
Beglückter Staat, in dem sie liebreich wohnen,
Wo Sanftmuth nur mit Freundlichkeit regiert,
Wo stille Tugend Fürst und Bürger ziert.
Wo noch der Freiheit Tempel sich erheben
Und freie Geister noch entfesselt schweben!

Beglückter Fürst, der reine Freuden spendet,
Den Vaterblick nicht von den Kindern wendet,
Der wie ein Engel Leidenden erscheint,
Und Thränen trocknet, die der Schmerz geweint,
Vor dem des Kummers bange Klage schweiget,
Zu dem mit Wärme jedes Herz sich neiget!

In dir, Verehrter, glaub' ich ihn zu kennen;
Entzückt will ich den hohen Namen nennen:
Hechingen, dir gehört der edle Mann,
Der menschlich fühlt und göttlich handeln kann.
Das Schweizrmädchen darf sich wohl nicht scheuen
Ihm eine zarte Blumenkron zu weihen.

Zwar einfach, nur von der Natur begossen,
Sind ihre Blüthen, nicht der Kunst entsprossen;
Doch reicht sie schmucklos dir die Schweizerinn:
Nimm du mit Schonung sie, mit Nachsicht hin:
Dann duftet dir auf deinen Rosenwegen
Ein kleines Veilchen lächelnd auch entgegen.

O lebe lang zu deines Volkes Wonne,
Sei seine Stütze, seine milde Sonne!
Ja, groß und schwer ist eines Fürsten Pflicht,
Doch Gott verläßt, die ihm vertrauen, nicht:
Er waltet schützend über allen Guten
Und führt sie sicher durch empörte Fluthen.

Laß nie dir diesen himmlisch schönen Glauben,
Ob auch die Stürme wüthen, feindlich rauben:
Dem fernen Ziele steure kräftig zu.
Süß ist nach Kämpfen die ersehnte Ruh:
Erquickend ist nach einer Nacht von Sorgen
Der prachterfüllte friedenreiche Morgen.

Er strahle herrlich auch auf deine Schritte!
Der große Schöpfer höre meine Bitte:
Er segne dich und öffne süßer Lust
Die nur von Wohlthun stets durchdrungne Brust.
Er lasse dich die Seligkeit genießen,
In fremde Wunden Balsam oft zu gießen.

Was ich empfinde, wage ich zu singen.
Darf wohl die Schwache dieses Lied dir bringen?
Aus meinem Innern schwingt es sich empor,
Verwunden seine Töne nicht dein Ohr,
So laß mich mit gerührter Seele denken:
Dir konnt' ich eine frohe Stunde schenken.

Die Griechen.

Vertilget die Schande der Sklaverei,
Bald fällt die Fessel, ihr fühlet euch frei!
Frohlockt, ihr tapferen Krieger,
Die Welt begrüßt euch als Sieger;
Bis in die spätesten Zeiten
Wird euer Ruhm sich verbreiten.
Ihr zeigt euch schön in erneuertem Glanz
Geschmückt vom herrlichen Lorbeerkranz;
Europa wirft staunende Blicke,
Hellenen! auf euer Geschicke.

An Thronen knüpft euch kein mächtiges Band;
Für Gott, für die Freiheit, fürs Vaterland
Wollt ihr den Sieg euch erringen,
Tyrannenherzen bezwingen,
Und kühn die Rechte behaupten,
Die hart Barbaren euch raubten.
Kein König der Erde hört euer Flehn,
Doch Engel werden zur Seite euch stehn,
Vom Vater der Liebe gesendet,
Der Segen und Hülfe euch spendet.

Ihm nur verdankt ihr die rettende Kraft,
Er ist's, der fühlende Herzen euch schafft,
Die ihre innersten Triebe
Euch weihn mit freundlicher Liebe.
Mag Fürstenhülfe euch fehlen;
Es zeigen sich schöne Seelen,
Die sich, durchdrungen von euerer Noth,
Entschließen zu sterben den Heldentod.
Das Glück ihrer Brüder zu bauen,
Verlassen sie friedliche Auen.

Die lieblichen Musen lächeln euch hold,
Sie reichen euch dar unsterblichen Sold;
Und manche einsame Stunde
Thut euere Thaten kunde.
Erquickende Thränen fließen;
Den Jammer euch zu versüßen
Erblüht des Wohlthuns beseligte Lust
In jeder edlen gefühlvollen Brust:
Es dienet die Liebe zum Stabe,
Drum fällt euch die mildeste Gabe.

Gebeugtes Volk! es verschwindet die Nacht;
Du bist aus dem kalten Schlummer erwacht.
Nicht kraftlos darfst du verzagen,
Nicht länger die Ketten tragen,
Die dich unwürdig umschlingen.
Empor muß dein Geist sich schwingen!
Wo Wissenschaft, Künste, stolz einst geblüht,
Da, Griechen! drücke das freie Gemüth
Kein türkischer Uebermuth nieder!
Erhebet gebildet euch wieder!

Das herrliche Land, von Blut jetzt befleckt!+–
Die Felder mit Menschenleichen bedeckt!+–
Es tragen die öden Fluren
Des Kriegs verheerende Spuren;
Die Geister der Väter schauen
Den Sitz der Enkel mit Grauen.
Sie rufen euch zu: Geht muthig voran!
Thut für die Freiheit, was wir einst gethan!
Und jubelt in himmlischen Hallen,
Die ihr für die Brüder gefallen!

Den Philhellenen.

In des Ruhmes hochgeweihten Hallen
Schmückt der Lorber eure Schläfe schon;
Die ihr kühn im Heldentod gefallen,
Ihr genießt nun eurer Tugend Lohn.
Freie Geister, die zum Himmel wallen,
Achtet selbst ihr nicht des Undanks Hohn.
Eure Namen, die der Nachwelt schallen,
Glänzen an des großen Schöpfers Thron.
Edler Norrmann, der aus deutschen Auen
Diese Schaar ins blut'ge Land geführt,
Wo Tyrannen ohne Scheu und Grauen
Lange schon der Griechen Volk regiert,
Auch dein Name, ewig wird er leben
In den Herzen, die nach Freiheit streben.

Der englische Gruß.

Wir grüßen dich, du seligste der Frauen,
Wie dich der Engel Chor im Himmel grüßt.
Wir grüßen dich, Maria! mit Vertrauen,
Weil deine Tugend strahlend uns umfließt.
Wir grüßen dich im kummervollen Leben,
Bis wir befreit zu dir hinüber schweben.

Auf dich ergoß der Vater seine Gnade,
Sein Tempel war dein unentweihtes Herz;
Nur fromme Demuth ging auf deinem Pfade,
Sie stärkte dich in jedem Erdenschmerz.
Sie schmückt dich jetzt mit Paradieseswonne,
Und leuchtet uns gleich einer beßern Sonne.

Gott ist mit dir! denn gläubig treu hienieden
Hingst du an ihm mit reinem Kindersinn.
War dir auch oft ein trübes Loos beschieden,
Froh strebtest du zum fernen Ziele hin.
O möchte uns auch deine Kraft durchdringen,
Wenn muthlos hier wir kämpfen oft und ringen.

Gesegnet bist du unter allen Frauen;
Den Segen brachte der, den du gebarst.
Der Welt gabst den Erlöser du zu schauen,
Dem du die hochbeglückte Mutter warst.
Er wollte sich die heiligste der Seelen
Zur Pflegerin der Kindheit auserwählen.

Maria bitte vor des Schöpfers Throne
Für die Erlösten durch des Sohnes Blut!
Er trug für uns die dornenreiche Krone,
Er litt für uns als Held mit festem Muth.
Wir sind's, für die er qualenvoll gestorben,
Für die des Vaters Liebe er erworben.

Sei unsre Mutter! Schau' auf deine Kinder,
Maria du! mit sanftverklärtem Blick!
Sieh! wir bekennen uns als schwache Sünder,
O zeige du der Tugend stilles Glück!
Sie leite uns durchs kummervolle Leben,
Bis wir befreit zu dir hinüber schweben.

Das Vater unser.

O Schöpfer, deine gnadenvolle Liebe
Erhebt den Geist, veredelt unsre Triebe!
Gib, daß wir dich mit Ehrfurcht Vater nennen,
Und dich erkennen!

Geheiligt werde deines Names Größe!
Wir bitten dich, o guter Vater, flöße
Empfindung deiner Huld in unsre Herzen
Auch unter Schmerzen!

Laß uns, o großer Schöpfer, nie vergessen,
Daß du uns jenseits Freuden zugemessen;
In deinem Reich laß einst uns Ruhe finden,
Den Gram verschwinden!

Getreu erfüllen Engel deinen Willen;
Laß uns auf Erden ihn, wie sie, erfüllen!
Schwingst du auch über uns die Vaterruthe,
Du willst das Gute!

Gib heut uns Brod, still unsre Erdensorgen:
Ein dunkler Schleier hält es uns verborgen,
Wie lang das Lebenslicht uns leuchten werde
Auf dieser Erde!

Barmherziger, vergib uns unsre Sünden!
Wir können niemals deine Huld ergründen:
Doch laß uns auch des Bruders Schuld vergeben,
Und für ihn leben!

Hilf unsern Seelen in Versuchung siegen,
Laß uns im Kampf dem Bösen nie erliegen!
O, möchte uns die Tugend immer schmücken,
Und sanft beglücken!

Erlös' uns von den Leiden dieses Lebens!
Nie hoffen wir auf deine Huld vergebens;
Nur du allein kannst unsre Thränen stillen
Durch deinen Willen!

Wer auf dich hofft, den läßt du nicht verzagen!
Und wenn uns auch die größten Leiden plagen;
So preisen wir doch deinen großen Namen,
Und rufen: Amen!

Das Abendmahl.

1.

Das Mahl der Liebe reicht mit milden Händen
Der Priester mir, und vor des Schöpfers Throne
Werf' ich mich hin, mein Herz zu weihn dem Sohne,
Der, von der Welt den Jammer abzuwenden,
Sich froh entschloß, ihr Ruh und Trost zu senden.
Ach! er, umleuchtet von des Himmels Wonne,
Verläßt den Vater, opfert Glanz und Krone
Mit Freuden auf, der Menschheit Heil zu spenden.
Er starb für uns, und seine große Liebe
War auch im Tod wohlthätig, wie im Leben.
Daß heilig stets uns sein Gedächtniß sei,
Daß immer er in unsrer Mitte bliebe,
Hat Jesus uns dieß Liebesmahl gegeben:
Wer ihm sich naht, fühlt seine Gnade neu.

2.

Ich hab's genossen!+– Laute Dankeslieder
Entsteigen jetzt der gottgeweihten Halle,
Und hoch empor zu unserm Heiland walle
Mein Lobgesang, vereint mit dem der Brüder!
Verherrlicht strahlet seine Liebe wieder.
O daß mein Lied in tausend Fernen schalle!
Daß jeder Mensch vor ihm zur Erde falle!
Denn seinen Segen gießt er auf uns nieder.
Mit Güte reichet er die Seelenspeise
Dem Christen hin zum festen Pilgerstabe.
Wer liebend, gläubig, hoffend sie genießt,
Der schaut den Himmel auch im engen Kreise:
Mit Dank empfängt er des Erlösers Gabe,
Sie ist's, die ihm der Schmerzen Kelch versüßt.

Weihnacht.

Es zieht empor mich zu des Vaters Milde,
Ich sinke hin, vor meines Schöpfers Thron,
Und mich umstrahlt im lieblichen Gebilde
Der Welterlöser, Gott und Gottes Sohn.
Er stieg herab aus Edens Lichtgefilde:
So lehrt dich, Christ, die Stimm der Religion;
So seh' ich ihn vor meiner Seele schweben,
Und mich durchströmt der Hoffnung neues Leben.

Der Engel naht sich, Segen zu verkünden,
Den frommen Hirten, die im Morgenglanz
In einer Krippe ihren Heiland finden,
Und ihn begrüßen mit dem Liebeskranz.
Das Reich der Sünde sehen sie verschwinden,
Es weiht ein Opfer sich der Menschheit ganz:
Ein heller Stern mit freundlichem Erbarmen
Glänzt aus Marias treuen Mutterarmen.

Die reine Jungfrau nur ist die Erwählte,
Die Gott zur Mutter seines Sohns gemacht;
Sie, deren Brust der Tugend Gluth beseelte,
Zieht auch von uns der Laster schwarze Nacht.
Du, der die klare Unschuld sich vermählte,
Erfreust dich jetzt in Paradiesespracht!
O steh' uns bei, daß wir des Vaters Willen
Mit Freudigkeit in Allem treu erfüllen!

Sei unsre Mutter bei der hohen Liebe,
Mit der dein Sohn der Menschheit sich geweiht!
Und wird auch oft der heitre Himmel trübe,
Sei du die Sonne, die uns sanft erfreut!
O daß dein Bild uns immer heilig bliebe!
Wenn unsre Bahn mit Wermuth sich bestreut,
Laß uns, Verklärte, deine Tugend strahlen!
Sie möge sich in unsren Herzen malen!

O großer Heiland, mild uns zu beglücken,
Verließest du des Vaters Sternenzelt.
Kommt, meine Kinder, ich will euch erquicken,
So tönt dein Ruf voll Segen durch die Welt,
Der Tugend Rose soll der Mensch sich pflücken!
Du warst das Licht, das seinen Pfad erhellt;
Er schöpfte Kraft aus deiner Himmelsgüte,
Die ihm zur Wonne unvergänglich blühte.

Im armen Stall zu Bethlehem geboren
Entbehrst du freudig Glanz und Herrlichkeit,
Dich, den zum König Engel sich erkoren,
Führt Menschenliebe in den Strom der Zeit,
In dessen Abgrund sich die Welt verloren;
Sie aufzurichten warst du stets bereit.
Nicht achtest du des Lebens trübe Stunden,
Heilst du nur liebreich tief geschlagne Wunden!

Wer will empor zu deiner Huld sich schwingen,
Die immer neu und strahlend sich erhebt?
Kein Sterblicher kann in die Liebe dringen,
Mit der dein Geist ihn zu veredlen strebt.
Und müßen wir auch mit dem Schicksal ringen;
Welch schönen Trost, der dann das Herz belebt,
Gibt Jesus uns, der seinen Thron verlassen,
Mit hohem Gnadenlicht uns zu umfassen!

Stark will als Mensch die Schwachheit er besiegen,
In die uns der Versuchung Macht gelegt,
Der wir so oft im schweren Kampf erliegen,
Weil sich im Busen wenig Glauben regt.
Nur er gibt Stärke, lehrt die Kniee biegen
Vor Gott, der kein Vertrauen niederschlägt,
Vor unserm Heiland, dessen reine Lehren
Der Tugend Keim in unsrer Seele nähren.

So will ich heut, Erlöser, niedersinken,
Durchdrungen von des Dankes Allgewalt:
Soll ich auch einst den Kelch der Leiden trinken,
O so umschwebt mich deine Lichtgestalt!
Und freundlich wird mir deine Liebe winken,
Bis meine Seele frei hinüber wallt
Zu dir, o Jesus, der mit Huld sie segnet,
Und liebevoll ihr jenseits dann begegnet!

Die sieben Worte des Erlösers am Kreuze.

Charfreitagsgebet.

Als blutend der Heiland am Kreuze hing,
In tiefem Jammer die Seele verging,
Da rief er von schmerzlichen Leiden gebeugt,
Das traurende Haupt zur Erde geneigt:
Ach! warum, mein Vater, verlaßest du mich?
Mit kindlicher Treue liebe ich dich.

Doch, selbst noch im Tod für die Seinen betrübt,
Sieht Jesus die Mutter, die heiß ihn geliebt,
Mit seinem Freunde am Kreuze noch stehn,
Um ihn besorget zum Himmel flehn.
Sieh, hier deine Mutter! so spricht er zum Freund,
Sieh, Mutter, den Sohn, bis Gott uns vereint!

Und ihm zur Seite hängt, innig bewegt,
Ein Sünder, der Reue im Busen noch hegt,
Da spricht er zu ihm mit freundlicher Huld:
Ich sterbe, zu tilgen auch deine Schuld;
O faße Vertrauen! noch heute gehst du
Mit deinem Erlöser zur himmlischen Ruh.

Mich dürstet, ruft jetzt vom Kreuze herab
Der Heiland, der göttliche Tröstung oft gab,
Sie reichen ihm, der ihre Thränen gestillt,
Den Schwamm, mit Essig und Galle gefüllt,
Daß auch noch des bittern Undanks Schmerz
Im Tode verwunde sein liebendes Herz.

Nun, steige herunter! es helfe dir Gott,
So ruft ihm das Volk mit kränkendem Spott.
Noch drücket das Haupt ihm die Dornenkron,
Doch duldet er sanft den frevelnden Hohn,
Und betet dann, blickend zum Vater hinan:
Vergib!+– Sie wissen nicht, was sie gethan!

In deine Hände nimm auf meinen Geist,
Der froh sich der sterbenden Hülle entreißt.
Ihn hebt der Gedanke allmächtig empor:
Der Tod ruft ein schöneres Leben hervor,
Es spricht der Erlöser und senket den Blick
Noch einmal auf seine Getreuen zurück.

Ein düsteres Schweigen durchbebt die Natur,
Es weinen die Blumen auf bangender Flur;
Denn weit durch die Schöpfung ertönen mit Macht
Die Worte des Mittlers: Nun ist es vollbracht!
O heiliges Opfer, das Liebe gebar,
Du brachtest zum Wohle der Menschen dich dar!

Ich werfe mich nieder und bete dich an,
Du liebvoller Jesus! auf blutiger Bahn.
Es zieht mich zu dir mit süßer Gewalt,
Unendlicher Liebe verklärte Gestalt.
Umschwebe mich immer, du leuchtender Strahl,
So lange ich wandle durchs irrdische Thal!

Pfingstlied.

Geist des Wahren, Geist des Guten,
Gieße deine reinen Gluthen
In das gramerfüllte Herz;
Laß dein Licht uns tröstend leuchten,
Und den Blick, den thränenfeuchten,
Ziehe gläubig himmelwärts.

Geist des Edlen, Geist des Schönen,
Hauche du in zarten Tönen
Höhre Lebensluft uns ein;
Lehr' uns du nach Weisheit trachten,
Lehr' uns, allen Tand verachten,
Daß wir uns von ihm befrein!

Geist der Eintracht, Geist der Liebe,
Wahre in dem Weltgetriebe
Uns den frommen Christensinn!
Daß vor Fehlern unsrer Brüder
Wir die Augen senken nieder,
Und vor eignen tief erglühn.

Geist der Güte, Geist der Milde,
Pflanze, hebe, nähre, bilde
Tugend stets in unsrer Brust!
Alles Guten, alles Wahren,
Alles Schönen, alles Klaren
Sind durch sie wir erst bewußt.

Hehrer Geist, von Gott gesendet,
Der die beßten Gaben spendet,
Bei uns allen weile du;
Leit' uns durch das Thal der Mängel,
Bis wir als verklärte Engel
Selig stehn am Ziel der Ruh!

Am Allerseelenfest.

Ruht im Frieden, die ihr hier gelitten,
Die ihr muthig manchen Kampf gestritten!
Ruht auf immer sorgenfrei nun aus,
Die ihr wohnet in des Vaters Haus!
Alle Seelen die von hinnen schieden,
Alle wandeln in des Himmels Frieden.

Ruht im Frieden, die ihr unverschuldet
Mit Ergebung hatten Druck geduldet,
Die verkannt auf dornenreicher Bahn
Unermüdet Gutes nur gethan!
Alle Seelen, die von hinnen schieden,
Alle wandeln in des Himmels Frieden.

Ruht im Frieden, die in bangen Tagen
Ihre Noth dem Schöpfer vorgetragen,
Die der schwachen Menschenhülf beraubt,
Nur an ihn mit fester Treu geglaubt!
Alle Seelen, dir von hinnen schieden,
Alle wandeln in des Himmels Frieden.

Ruht im Frieden, die mit wundem Herzen,
Fühltet hier der Trennung bittre Schmerzen;
Mild vereint euch nun des Todes Hand
Unauflöslich durch der Liebe Band!
Alle Seelen, die von hinnen schieden,
Alle wandeln in des Himmels Frieden.

Ruht im Frieden, die mit stillem Sehnen
Weintet oft des Kummers heiße Thränen,
Die in unabläßigem Gebet
Um Erlösung ihren Gott gefleht!
Alle Seelen, die von hinnen schieden,
Alle wandeln in des Himmels Frieden.

Ruht im Frieden, die von Sklavenketten
Nun befreit in's beßre Land getreten!
Eure Fesseln brach die Macht der Zeit;
Ungetrübt bleibt eure Seligkeit!
Alle Seelen, die von hinnen schieden,
Alle wandeln in des Himmels Frieden.

Ruht im Frieden, die in dunkler Kammer
Drückte schwer der Armuth großer Jammer,
Denen nie das Leben froh gelacht,
Die voll Gram die Nächte bang durchwacht!
Alle Seelen, die von hinnen schieden,
Alle wandeln in des Himmels Frieden.

Ruht im Frieden, die ihr Blumenauen
Und der Sterne Glanz nicht konntet schauen,
Die hier nie des Tages Licht begrüßt,
Bis sie dort des Vaters Arm umschließt!
Alle Seelen, die von hinnen schieden,
Alle wandeln in des Himmels Frieden.

Ruht im Frieden! Statt der Erde Qualen
Schaut ihr ewig der Vollendung Strahlen;
Es zerstört kein feindliches Geschick
Dieses reine, niegekannte Glück!
Alle Seelen, die von hinnen schieden,
Alle wandeln in des Himmels Frieden.

Ruht im Frieden! Eure Leiden alle
Laßt zurück in dunkler Grabeshalle!
Nehmt auch mich in eure beßre Welt;
Sehnsucht ist's, die meinen Busen schwellt!
Unvollkommen ist die Lust hienieden,
Bis ich wandle in des Himmels Frieden.

Die Auferstehung.

O froher Tag, ein himmlisches Entzücken
Ergreift bei deinem Nahn die Christenheit!
Wir wollen uns mit stiller Andacht schmücken,
Denn einst geschah, was Geist und Herz erfreut,
An diesem Fest. Schon bald zwei tausend Jahre
Entschlummerten im Schooß der Ewigkeit,
Dennoch entflieht das Heilige und Wahre
Nicht auf den Schwingen allzu schneller Zeit.

Der Christ lernt dankbar seinen Heiland nennen,
Wenn er am Morgen dieses Tags erwacht;
Mit sanfter Rührung wird er Gott erkennen,
Denn herrlich strahlt die Sonne seiner Macht.
Doch größer noch ist ja des Schöpfers Güte,
Die auch dem Sünder mild entgegenlacht:
Als auf der Erde einst Verderben blühte,
Verließ sein Sohn des Himmels hohe Pracht.

Vom Sündenjoch die Menschheit zu erlösen,
Ging er mit gutem Beispiel ihr voran;
Doch ach! der Trieb zum Schädlichen und Bösen
Rief: seine Lehre sei nur eitler Wahn.
Verschmäht von allen, deren Heil er baute,
Hat er doch viel und großes uns gethan,
Allein die Heerde, der er sich vertraute,
Trat selten auf der Tugend schönre Bahn.

Statt ihrem Freund mit Liebe zu begegnen,
Gab Undank sie dem Göttlichen zum Lohn,
Und er, bestimmt die Welt mit Huld zu segnen,
Fiel als ein Opfer unter Feindes Hohn.
Für uns hat er sich freudig hingegeben:
Am Stamm des Kreuzes flehte Gottes Sohn
Für seine Mörder und beschloß sein Leben,
Den Weg uns öffnend zu des Vaters Thron.

Die heil'ge Hülle lag im dunklen Grabe,
Sie sollte zur Verwesung übergehn;
Doch: Haltet fest nur an der Hoffnung Stabe,
Am dritten Tag wird Jesus auferstehn!
So tönet es in gottgeweihten Seelen,
Die des Vertrauens Sterngefilde sehn.
Nie kann es uns an Trost und Ruhe fehlen,
Wenn mild des Glaubens Balsamdüfte wehn.

Heut, Christen! heut begehen wir die Feier
Des großen Tags, an dem der Herr erstand.
So wonnevoll ergriff ich nie die Leier,
Denn mich umschlingt der Sehnsucht zartes Band.
Der Todesengel an des Lebens Gränzen
Winkt mir, ich folg ihm froh ins Vaterland:
Wie Jesus lebt und Ewigkeiten glänzen,
Umstrahlt mich dann verklärtes Lichtgewand.

Die Einsamkeit.

Bescheiden winkst du aus dem Erdengewühle
Mit himmlischer Milde dem zarten Gefühle;
Du tröstende Freundin, wenn nichts uns erfreut,
So leuchtet dein Flämmchen, o Einsamkeit!

Bald schwindet der Kummer, wenn in deine Hallen
Voll Sehnsucht und Liebe die Leidenden wallen;
Denn da wo Minerva selbst gerne verweilt,
Wird jede Wunde der Seele geheilt.

Die Tugend hüllt freudig sich in deinen Schleier,
Du reichst ihr ja segnend die goldene Leier,
Und himmlische Töne melodisch und rein,
Entsteigen dem stillen einsamen Hain.

Blüht nicht auch das Veilchen in deinen Gefilden?+–
Wer könnte die Rose wohl lieblicher bilden?
Sie prangt zwar in ihrem erhabenen Glanz,
Doch übertrifft sie das Veilchen nicht ganz.

Es blüht in der Einsamkeit still und bescheiden,
Sein Anblick vermag jedes Auge zu weiden,
Und lächelnd erfüllt weit um sich es die Luft
Mit seinem reinen balsamischen Duft.

O laßt uns in allem das Veilchen erreichen,
Und ihm an Bescheidenheit vollkommen gleichen!
Dann sprechen wir froh auch in stürmischer Zeit:
Das Glück wohnt im Stillen der Einsamkeit.

Wiegenlied an mein Herz.

Schlafe, liebes Herzchen, schlaf!
Denke nicht des Unglücksfalles,
Nicht des Kummers, der dich traf;
O vergiß, verschlummre Alles!

Gutes Herzchen, schlafe süß!
Täuschten dich die Wirklichkeiten,
Träume dir ein Paradies
Aus dem Reich der Möglichkeiten!

Neue Kränze wird der Traum
Dir mit Veilchen überziehen,
Und an dem Cypreßenbaum
Werden junge Rosen blühen.

In dem Reich der Phantasie
Da, nur da ist Ruh zu finden;
Da, nur da täuscht Hoffnung nie;
Da wird Liebe Kränze winden.

So verschlaf denn deinen Schmerz
Und verträume deine Sorgen,
Denn es weckt dich gutes Herz
Sicher noch ein schönrer Morgen!

Die Hoffnung.

Nach einem ältern Gedichte.

Wenn Hoffnung nicht wär',
So lebt' ich nicht mehr.
Oft täuscht sie uns, aber nicht immer,
Es führt uns die Holde auf rosiger Bahn,
Ihr wandeln die kommenden Freuden voran,
Sie flieht bis zum Grabe uns nimmer.

Wenn Freundschaft nicht wär',
So lebt' ich nicht mehr.
Sie schafft uns den Himmel hienieden,
Sie trocknet die Thräne mit tröstender Hand;
Wenn liebend ihr Engel die Seelen verband,
Dann finden wir Ruhe und Frieden.

Wenn Tugend nicht wär',
So lebt' ich nicht mehr.
Nur sie kann uns Seligkeit geben,
Sie öffnet die Herzen der heiligsten Lust,
Erfüllet mit höherer Wonne die Brust,
Und lehrt nach dem Göttlichen streben.

Wenn Dichtkunst nicht wär',
So lebt' ich nicht mehr.
Sie naht sich uns freundlich, die milde:
Mir hüllt sich die Schöpfung in ewige Nacht,
Doch schau' ich durch sie ihre herrliche Pracht,
Sie zaubert mir Blumengefilde.

Wenn Musik nicht wär',
So lebt' ich nicht mehr.
Sie weckt uns aus geistigem Schlummer;
Gern wohnt sie, wo Frohsinn das Leben umsprießt,
Wer ihre melodische Nähe genießt,
Den beugen nicht Schmerzen, nicht Kummer.

Umschwebt mich vereint,
Wenn Schwermuth erscheint,
Ihr lieblichen Schwestern alle!
Wenn Freundschaft und Dichtkunst mich segnend umschlingt,
Wenn Hoffnung und Tugend mir Seligkeit bringt,
Dann, fröhliche Musik, erschalle!

Ergebung.

Meiner Seele schwebst du freundlich vor,
Himmelstochter, hebest sie empor.
Ach! du siehst ihr gramerfülltes Ringen,
Tröstung kannst nur du der Schwachen bringen,
Und, von deiner hohen Kraft durchglüht,
Stärkt die Ruh das traurende Gemüth.

Wenn der Schwermuth Wolken mich umziehn,
Wenn von mir des Lebens Freuden fliehn,
Wenn der Leiden Stürme mich umtoben,
Dann erscheinst du, wie ein Strahl von Oben,
Rufest mir mit heiterem Gesicht:
Liebe, glaube, hoffe, wanke nicht!

O Ergebung, welche reine Lust
Lächelt mir an deiner Mutterbrust!
Nimm mich auf und trockne meine Thränen,
Stillen wirst du einst mein banges Sehnen,
Leiten wirst du mich an treuer Hand
In der Wonne unbekanntes Land.

Dort wird alles meinem Auge klar,
Was hienieden ihm so dunkel war,
Und, erfüllt von nie geahnter Rührung,
Werd' ich schauen Gottes weise Führung;
Du, Geweihte, hebst den Schleier mir;
Seligkeit! entzücket dank' ich dir.

Lehre mich in jedem Erdenschmerz
Fest vertrauen auf das Vaterherz,
Liebend meinem Schöpfer mich ergeben,
Muthig nach dem fernen Ziele streben.
Freudig folg' ich deinem milden Geist,
Der den schönsten Frieden mir verheißt.

Das Mädchen der Wonne.

In einem stillen Hirtenthale
Erschien, in lieblichem Gewand,
Ein Mädchen, gleich dem Sonnenstrahle,
Mit einer Leier in der Hand.

Nicht auf des Thales Flur geboren,
War sie den Hirten unbekannt;
Apollo, der sie auserkoren,
Hatt' sie zur Wonne hergesandt.

Sie weilte in Minervas Hallen,
Die sich zur Freundin sie gewählt;
Die Göttin hörte mit Gefallen
Ihr Saitenspiel, das neu beseelt.

Und wer, von ihrem Glanz umfloßen,
Sich der gepriesnen Nähe freut,
Dem winkt, wo holde Blumen sprossen,
Des Glückes Tempel, ihr geweiht.

Ein Hüttchen unter Lorbeerzweigen,
Bekränzt von zartem Myrtengrün,
Um die sich Rosen duftend neigen,
Bewohnet froh die Pilgerin.

Der Einsamkeit geweihte Stille
Zieht sie dem Weltgetümmel vor,
Aus Floras blumenreicher Fülle
Begeistert hebt sie sich empor.

Da dringen ihrer Leier Töne
In alle Herzen wunderbar,
Und es entfaltet sich das Schöne
An ihrem heiligen Altar.

O Mädchen! einer ew'gen Wonne
Ist sich der Selige bewußt,
Dem je gelächelt deine Sonne,
Der je geruht an deiner Brust.

Du nahst dich aus der Sterne Räumen,
Geschmückt mit sanfter Harmonie.
In deinen Himmel sich zu träumen,
O seelenvolle Poesie,

Das schafft ein Eden schon hienieden;
Wir wandeln in des Frühlings Schein;
Und sucht der Leidende den Frieden,
Er findet ihn in deinem Hain.

Das Mitleid.

Es schwebt eine Göttin in himmlischem Glanz
Dem Dulder so tröstend zur Seite;
Den schmückt sie mit lieblichem, rosigem Kranz,
Der je ihrer Milde sich freute.

Es wandeln an ihrer belebenden Hand
Die fühlenden Seelen so gerne,
Sie nahet sich ihnen aus besserem Land,
Gleich einem erfreulichen Sterne.

Und wo auf verödeter Flur sie erscheint,
Da blühen ihr Rosen zu Füßen:
Das Auge, das Thränen des Kummers geweint,
Wird heiter die Holde begrüßen.

Schnell eilet der niederen Hütte sie zu,
Das menschliche Elend zu stillen;
Wohlthätig will sie mit erhabener Ruh
Die traurenden Herzen erfüllen.

Und wenn an dem Lager der Kranken sie weilt,
Wo trostlos der Leidende schmachtet,
Und wenn sie mit stärkendem Balsam ihn heilt,
Daß nimmer die Schmerzen er achtet;

Dann preißt er den Schöpfer, es hebt sich die Brust,
Voll heiliger Rührung, zum Himmel,
Und mit der erhöhten, beseligten Lust
Entflieht er dem Erdengetümmel.

O! was auch hienieden das Leben oft trübt,
Nichts kenn ich, das sie nicht versüßet,
Wer zeiget ein Glück mir, das sie uns nicht gibt,
Und Wonne, die ihr nicht entfließet.

Denn nicht nur, wenn uns ihre Theilnahm entzückt,
Sind immer wir glücklich zu nennen;
Auch dann, wenn mit höheren Reizen geschmückt,
Wir nie ihre Würde verkennen.

Wenn von ihrem freundlichen Licht wir umstrahlt
Die Freuden des Wohlthuns empfinden;
Wenn Liebe auf unseren Schritten sich malt
Und segnende Kränze wir winden;

Dann fühlen wir ganz, was die Göttin vermag:
Wir heißen sie Mitleid und Milde.
Den edleren Seelen glänzt heiterer Tag
Aus ihrem verklärten Gefilde.

Tugend.

Mild lacht die Tugend unserm Geist entgegen,
Durch sie genießen wir des Himmels Segen,
Und selbst des Kummers trübe Stunde weicht,
Wenn sie uns ihre holde Rose reicht.
Mit Macht umstrahlt uns ihr verklärter Schimmer:
Wer Tugend liebt, dem blüht die Freude immer.

Sie ist die Mutter reiner edler Seelen,
Die sie mit Freuden zur Gefährtin wählen;
Steil ist der Weg, den uns die Holde führt,
Doch glücklich der, den ihre Hand berührt.
Sie schützt ihn, wenn auch Stürme sich erheben;
Fest steht ihr Tempel, nie wird er erbeben.

Wenn von dem Weltgetümmel hingerissen,
Wir oft die stillen Geistesfreuden missen,
Gewährt uns Tugend ein erhabners Glück,
Sie führt den Menschen in sich selbst zurück,
Ihr Engel lacht, wenn ihm Gefahren winken,
Er lernt durch sie den Kelch der Wehmut trinken.

O! laßt uns nach der wahren Weisheit streben!
Nur sie erfreut das kummervolle Leben:
Die Todesstunde schreckt den Weisen nicht,
Er hofft auf Gott und fürchtet kein Gericht;
Sein Leiden trägt er voll von reiner Liebe,
Auch wenn ihm keine beßre Hoffnung bliebe.

Selbst Religion, die hochgeweihte Blume,
Blüht ewig nur in ihrem Heiligthume;
Durch sie nur wird erkannt der wahre Christ,
Dem ihre Quelle immer labend ist.
O nein, die Tugend ist kein leerer Name:
In edlen Seelen keimt des Guten Saame.

Zufriedenheit.

Ein stiller Engel lächelt uns milde:
Wer unter seinen Fittichen ruht,
O! der erblickt nur Sternengefilde,
Toben auch Stürme mit Wuth.

Wenn trübe Wolken über uns schweben,
Und jede rauschende Freude schweigt;
Dann wohnet im Herzen ein sel'ges Leben,
Das nur der Engel uns zeigt.

Wie heißt nun der Schutzgeist reiner Seelen?
Zufriedenheit, Schöpf'rin süßer Ruh!
Sie tröstet, wenn Erdenfreuden fehlen,
Und lispelt uns Segen zu.

Doch nicht in jedem menschlichen Busen
Entfaltet der innre Friede sich;
Er blüht im Schatten heiliger Musen,
Und kennt, o Tugend, nur dich!

Umstrahlet von deinem himmlischen Lichte
Muß erst die fühlende Seele sein;
Dann winkt die Freundin mit heiterm Gesichte!
Ihr Blick schon flößt Wonne ein.

O möchte die Holde stets uns lachen,
Selbst dann, wenn der Tod die Fackel senkt!
Wir dürfen froh zum Leben erwachen,
Wenn sie zum Ziele uns lenkt.

Die Würde des Menschen.

Gefühlvoll weih' ich eine meiner Stunden,
Erhabne Würde, dir!
Stets hältst du segnend unser Haupt umwunden,
Hell strahlt dein Blick auch mir.
Entzückt denk' ich die unnennbare Wonne:
Ich bin ein Mensch, mich wärmt des Lebens Sonne!

Vernunft durchdringt mit ihrem reinen Feuer
Den Busen göttlich mild,
Und in mir wohnt, bedeckt mit einem Schleier,
Des Schöpfers Ebenbild.
Noch eingeschlossen in des Leibes Höhle,
Weilt zwar hienieden sehnend meine Seele.

Doch leise tönen eines Engels Worte:
O Mensch, verzage nicht!
Einst öffnet Gott für dich des Himmels Pforte:
Erfülle deine Pflicht!
So ruft der Engel: O! gehorcht ihm gerne;
Denn ewig bleibt das wahre Ziel nicht ferne.

Darin besteht des Menschen hohe Würde,
Daß ihn ein Geist belebt,
Der einst, befreit auch von der schwersten Bürde,
Getrost dem Staub entschwebt.
Wer könnte fühlos Gottes Huld verkennen?
Wer ungerührt den Schöpfer Vater nennen?

O! wenn wir oft mit zarter Wärme denken,
Zu was uns Gott erschuf;
Dann wird in unsre Brust ein Stern sich senken,
Dann tont der leise Ruf:
Dem Erdentande wirst du einst entsteigen,
Und himmlisch wird dein hoher Werth sich zeigen.

Das wahre Glück des Lebens.

Wo finden wir das wahre Glück des Lebens?
In eitler Lust und Freude dieser Welt?
Da sucht man es, und doch so oft vergebens,
Weil es im Stillen seine Wohnung hält.
Im Herzen nur, das schwachen Tand verlacht,
Blüht diese Blume mit erhabner Pracht.

Ja! ganz entfernt vom lärmenden Getöse,
Lebt man so froh und fühlt ein stilles Glück!
Im Weltgetümmel schlummert nur das Böse,
Es drängt der Tugend hohen Reiz zurück:
Man wähnt sich glücklich, doch die Zukunft zeigt,
Daß nur zu bald des Wahnes Licht sich neigt.

Ist's eine Kunst, das Mittel zu erringen,
Wodurch man sich so froh und glücklich macht?
Kann nicht der Mensch mit Stärke sich bezwingen,
Da doch Vernunft an seiner Seite wacht?
Sie flüstert leis der schwachen Seele zu:
Schwing dich empor, dann fühlst du Himmelsruh!

Wo strahlet nun ein wahres Glück hienieden?
Liegt nicht in uns des Lebens frohe Lust?
Tief in der Seele blüht der reinste Frieden:
O lebt' er doch in jedes Menschen Brust!
Dann fühlen alle, daß kein leerer Wahn
Das höhre Licht in uns verdunkeln kann.

Das Glück der Freundschaft.

Freundschaft darf empfindungsvollen Seelen
Niemals in des Lebens Stürmen fehlen;
Nur wenn uns ihr holder Engel lacht,
Schwindet jeder sorgenvolle Kummer;
Sie nur reißt uns aus des Geistes Schlummer,
Der zur Tugend neugestärkt erwacht.

Ganz vom Weltgetümmel losgebunden
Sind der Freundschaft wonnevolle Stunden:
Still und heiter strahlet unser Glück.
Wer an ihrer Hand durchs Leben wandelt,
Den entflammt sie, daß er edel handelt;
Ruhig blickt er in sein Herz zurück.

Doch wem blühen ihre süßen Freuden?
Wen erquickt sie auch im größten Leiden?
Den, der ihren Werth in jeder Zeit erkennt.
Nicht den falschen, lasterhaften Seelen,
Die aus Eigennutz sich Freunde wählen,
Blüht die Blume, die man Freundschaft nennt.

Nur wenn Gleichgestimmte sich verbinden,
Die der Tugend hohen Werth empfinden,
Lächelt mild die holde Trösterin.
Sie vereinigt durch ihr Band das Wahre,
Denn an ihrem heiligen Altare
Fordert sie den unbefleckten Sinn.

Darin liegt das höchste Glück des Lebens.
Ach so viele suchen es vergebens!
Ohne Tugend blüht auch Freundschaft nicht.
O mit welcher unbegränzten Milde
Führt sie uns in göttliche Gefilde!
Selbst des Kummers Nacht erhellt ihr Licht!

Das Wiedersehn.

Sagt, was gleicht des Wiedersehens Stunde?
Lindert sie nicht jeden bangen Schmerz,
Heilt der Trennung tiefgeschlagne Wunde,
Und erfreut das schwer betrübte Herz?

Wer beschreibt des Augenblickes Wonne?
Wer umfaßt des Wiedersehens Lust?
Es erwärmt gleich einem Strahl der Sonne,
Und belebet selbst die kalte Brust.

Wer durchdringt der Zukunft dichten Schleier?
Trennt das Schicksal nicht die Freundschaft oft?
Doch des Frohsinns angenehme Leier
Tönt ihr, wenn sie Wiedersehen hofft.

Eltern trennt es oft von ihren Kindern,
Grausam schnell raubt sie des Todes Hand.
Der Gedanke kann den Schmerz nur lindern:
Wiedersehen winkt im beßern Land.

Reine Wonne fühlen wir auf Erden,
Wenn ein holder Engel uns vereint;
Wie viel größer muß sie jenseits werden,
Wo der Trennung Stunde nie erscheint?

Sagt mir nun, was gleicht der süßen Freude,
Die beim Wiedersehen uns durchglüht?
Froh erscheint es im bescheidnen Kleide,
Gleich dem Veilchen, das im Stillen blüht.

Die Erinnerung.

Erquickend verklärst du, o Holde,
Die fühlende, menschliche Brust!
Du strahlst wie die Sonne im Golde,
Dein Anblick bringt göttliche Lust!
Und wenn uns die Hoffnung auch bricht,
Bleibst du uns, so beben wir nicht.

Du führst uns in Edens Gefilde,
Reichst manchmal auch Wermuth uns dar;
Allein bald versüßest du milde,
Was einst uns am bittersten war,
Du lenkest den traurenden Blick
In Fluren der Jugend zurück.

Wir wallen im kindlichen Haine;
Du schenkst uns mit lieblicher Hand
Das Blümchen, entfernet vom Scheine,
Im einfachen blauen Gewand:
Vergißmeinnicht! flüsterest du
Im Sommer des Lebens uns zu.

Der Freundschaft geheiligtem Bunde
Wirst immer zur Seite du stehn,
Und nahet die traurende Stunde,
Durch dich winkt erneuertes Sehn;
Sind liebende Seelen sich fern,
So glänzet dein himmlischer Stern.

Wohl bringst du oft drückende Leiden;
Von Dornen sind Rosen nicht leer:
Doch immer auch blühen uns Freuden,
Es grünen Cypressen umher,
Und aus der Vergangenheit Schooß
Fällt öfters ein trauriges Loos.

Du zeigst uns im strahlenden Lichte,
Was edel in Handlungen war;
Doch deine gerechten Gerichte
Erschüttern der Frevelnden Schaar,
Ein reines Bewußtsein entzückt,
So oft uns dein Engel beglückt.

O möchte getröstet uns immer
Dein seliges Nahen erfreun!
Du lohnest mit freundlichem Schimmer,
Wenn wir uns mit Liebe dir weihn.
Dein Zweck ist gut; bringst du auch Schmerz,
Du bildest im Stillen das Herz.

Der Mensch muß dein Heiligthum meiden,
Wenn einst er die Tugend verlor;
Zur Seite dir blühet bescheiden
Die Lilie der Unschuld empor.
O nie soll dein Bild uns entfliehn,
Wenn Stürme vorüber auch ziehn!

Es lächle erhaben in Sorgen!
Und gibt uns Fortuna den Kuß,
So lehre dein freundlicher Morgen
Den edlen und stillen Genuß!
Du schaffest das Leben uns neu;
O bleib uns Erinnerung treu!

Trennung und Wiedersehn, Freundschaft und Erinnerung.

Das Wiedersehen:

Durch dich fließen heiße Wehmuthsthränen,
Du zerstörst der Freundschaft Seligkeit!
Wo ich mühsam, was sich liebt, verbunden,
Ach! da nahen deine bangen Stunden:
Wenn ein Herz der Freude sich geweiht,
So zerstörst du seine Seligkeit.

Die Trennung:

Schwester, tadle nicht mein strenges Walten,
Mir verdankst du doch die reinste Lust.
Ohne mich umstrahlte deine Sonne
Keine Seele und des Himmels Wonne
Lebte nicht in der entzückten Brust;
Mir verdankst du doch die reinste Lust.

Das Wiedersehen:

Aber warum mußt du da erscheinen,
Wo noch Rosen kurz zuvor geblüht?
Warum trennst du Wesen, die sich lieben,
Suchst den Himmel ihres Glücks zu trüben,
Das vor deinem Anblick schnell entflieht,
Wenn auch Rosen kurz zuvor geblüht?

Die Trennung:

Weißt du nicht: es ist der Schmuck der Rose,
Daß von Dornen sie umgeben steh'?
Darum soll durch mich im Erdenleben
Mit der Freude sich der Schmerz erheben,
Daß er prüfend ihr zur Seite geh'
Und von Dornen sie umgeben steh'.

Die Freundschaft:

Streitet länger nicht; ihr seid mir beide
Gute Engel einer beßern Welt.
Ohne Trennung gibt's kein Wiederfinden;
Laßt vereint uns Blumenkränze winden!
Bleibt mir immer liebreich zugesellt,
Gute Engel einer beßern Welt.

Die Erinnerung:

Nehmt auch mich in eure traute Mitte;
Schwesterlich bin ich euch zugethan.
Muß ich nicht beim Freundschafsbund verweilen,
Und der Trennung tiefe Wunde heilen?
Wiederfinden glänzt auf meiner Bahn,
Schwesterlich bleib ich euch zugethan.

Alle:

Segen bringend spenden wir auf Erden
Menschenwohl und Weh mit sanfter Hand.
Freundschaft führt durch lachende Gefilde,
Trennung bringt des Wiedersehens Milde,
Und wir leiten in ihr Vaterland
Gute Menschen stets an sanfter Hand.

Die Hoffnung.

O Hoffnung, wenn dein Engel uns umschwebet,
Und seinen Balsam in die Herzen gießt;
Dann fühlen wir, daß etwas in uns lebet,
Aus dem die Quelle jeder Freude fließt.

Was ist es, das in schwermuthsvollen Stunden
Dem schwachen Geiste Trost und Leben bringt?
Mit hoher Wonne hab ich's oft empfunden,
Daß Hoffnung nur den düstern Gram bezwingt.

Entreißt der Tod uns theure, liebe Seelen,
Was für ein Trost wird dann zur Seite stehn?
Wir fühlen tief, daß sie auf Erden fehlen;
Doch Hoffnung ruft: Du wirst sie wiedersehn!

Der Eltern Zuversicht in bangen Tagen
Kann einzig diese holde Göttin sein:
Ein dichter Schleier birgt der Zukunft Plagen,
Wenn unsre Seelen sich der Hoffnung weihn.

Religion.

Was träufelt Balsam in die Herzen,
Und führt uns mild vor Gottes Thron?
Was lindert selbst die tiefsten Schmerzen?
Das alles kann nur Religion!
Sie lächelt Trost und innre Ruh
Der tiefgebeugten Seele zu.

Trost fühlt der schwache Greis am Stabe,
Dem ihre holde Sonne scheint;
Trost fühlt der Vater, der am Grabe
Das Schicksal seines Kinds beweint.
Nur Religion verdrängt den Schmerz,
Gießt Wonne in das Vaterherz.

Sie ist es, die in unsern Seelen
Das Sterben nach der Tugend weckt.
Wenn wie zur Führerin sie wählen,
Dann wird des Lasters Wuth geschreckt.
Sie flößt uns Nächstenliebe ein,
Und lehrt den Werth, ein Mensch zu sein.

Und o mit welcher reinen Güte
Lacht sie beim letzten Athemzug!
Ihr Engel spendet dem Gemüthe
Am Sterbebett noch Trost genug!
Durch sie strahlt uns der Hoffnung Licht;
Sie ruft: Der Geist verweset nicht!

Ja, wenn der Mensch hienieden immer
An ihrem Mutterbusen ruht;
Dann fühlt, umstrahlt von ihrem Schimmer,
Er nicht des Kummers heiße Gluth,
Er spricht: Ich kenne Religion,
Sie ist mein Trost, mein Erdenlohn.

Das Gebet.

Auf der Andacht Götterschwingen
Will empor die Seele dringen,
Mit der Sehnsucht hoher Lust
Eilt sie an des Vaters Brust,
Und ein ahnungsvolles Hoffen
Zeigt ihr schon den Himmel offen.

Frei, von Fesseln losgebunden,
Fühlt sie sich der Welt entschwunden,
Wenn in heilendem Gebet
Sie vor ihrem Schöpfer steht,
Und, von Edens Glanz umgeben,
Engel ihr zur Seite schweben.

Des Erlösers Lichtgebilde
Naht sich ihr, voll sanfter Milde,
Seine Stimme tröstend spricht:
Ewig traurest du ja nicht!
Du wirst aus des Kerkers Hallen
Ernst empor zum Vater wallen.

Betend liegt der Christ im Staube,
Und sein Herz durchglüht der Glaube:
Drüben, am Vollendungsthron,
Winket dir die Siegerkron!
Jeder Schmerz muß da verstummen,
Wo nur blühn der Andacht Blumen.

Seligkeit mit süßem Frieden
Strahlt dem Pilger schon hienieden,
Welcher, seinem Gott vereint,
Schuldlos, rein vor ihm erscheint;
Der mit kindlichem Vertrauen
Darf zum guten Vater schauen.

O! wer in der Stürme Toben
Nie gekannt den Trost von Oben,
Wer die Wonne nicht genießt,
Die nur dem Gebet entfließt,
Der blickt auf des Schöpfers Güte
Nie mit freudigem Gemüthe.

Auf der Liebe Götterschwingen
Muß empor die Seele dringen;
Denn des Lebens reine Lust
Wohnt nur an des Vaters Brust,
Der uns Segen hier bereitet,
Und zur wahren Heimath leitet.

Die zwei Gebote der Liebe.

Zwei hohe Gebote, die Christus gelehrt,
Von fühlenden Menschen so innig verehrt,
Enthalten des Himmels reine Gesetze
Und bringen uns unvergängliche Schätze;
Weil jede Tugend, mit ihnen vereint,
Verklärt in strahlendem Schimmer erscheint.

Christ! liebe den Vater, den Schöpfer der Welt,
Der Alles durch Liebe regiert und erhält!
Wer soll nicht preisen des Ewigen Güte
Mit allen Kräften, aus vollem Gemüthe?
Dem göttlichen Munde des Heilands entfließt,
Was schon Natur in den Busen uns gießt.

Allmächtig, mit hoher, beseligter Lust,
Hebt Liebe zum Schöpfer des Lebens die Brust.
In Allem nur seine Weisheit erkennen,
Mit schuldlosem Herzen ihn Vater nennen,
Und, kindlich glaubend, vertrauen auf ihn,
Das ist des Gebotes freundlicher Sinn.

Allein, wer den Bruder, den Nächsten nicht liebt,
Und freudig die beiden Gebote nicht übt,
Dem zeigt sich nie im erhabenen Glanze
Das fest vereinigte, herrliche Ganze:
Denn wer seinen Bruder nicht lieben kann,
Schließt nimmer sich kindlich dem Vater an.

Wenn unsere Seele zum Schöpfer sich schwingt,
Das heilige Opfer der Liebe ihm bringt;
Wie kann, statt innig dem Feind zu vergeben,
Im Innern des Haßes Flamme noch leben?
Verzeih' und vergiß die Rache, o Christ!
Spricht Gott, der die reinste Liebe nur ist.

Und wer will zerreißen das himmlische Band,
Geknüpft von des Vaters allmächtiger Hand,
Das sanft um unsere Seelen sich windet,
Und menschliche Herzen ewig verbindet?
Den Bruder belebt auch, freundlich und mild,
Wie mich, der Gottheit geheiligtes Bild.

So tönt es in uns mit vernehmlichem Laut;
Und wer dieser göttlichen Stimme vertraut,
Der wird, durchdrungen von Engelsgefühlen,
Den Jammer der leidenden Brüder stillen;
Und jeder eigene Kummer entflieht,
Wenn glücklich er nur den Nächsten auch sieht.

Mit schonender Liebe dem Feinde verzeihn,
Die Bahn des Bedrängten mit Rosen bestreun,
Und ihn, wie höhere Geister, umschweben,
O! das bringt Wonne dem stürmischen Leben!
Wer Gott und den Brüdern liebend sich naht,
Dem reifet schon hier die reichlichste Saat.

Glaube, Liebe, Hoffnung.

Drei heilige Flammen durchglühen das Herz,
Sie bringen uns Freude und Leben,
Ihr liebliches Leuchten kann bitterem Schmerz
Die mildeste Süßigkeit geben.
Sie leiten uns freundlich zum ferneren Ziel,
Wohnt nur in der Seele ein zartes Gefühl.

Allmächtig entsteiget die göttliche Kraft
Dem Alles belebenden Glauben.
Er ist es, der selige Wonne uns schafft;
Ach, möge denselben nichts rauben!
Wer kindlich und fest nur dem Schöpfer vertraut,
O! der hat wohl immer auf Felsen gebaut.

Bewahren wir sorgsam in unsrer Brust
Ein stilles und gläubiges Sehnen;
Dann fehlt es uns niemals an höherer Lust.
Und fließen auch quälende Thränen,
Wir wandeln dann heiter dem Kummer selbst zu,
Der Engel des Glaubens bringt bleibende Ruh.

Und wagt es der Zweifler mit frevlendem Muth
Sein inneres Glück zu zerstören,
Verbannt er gefühllos die heilige Gluth,
Des Glaubens erleuchtende Lehren,
Daß jenseits unsterbliches Leben ihm winkt,
Und nur seine Hülle zur Erde versinkt;

So halte doch fest sich das klare Gemüth
An Gottes unendlicher Liebe,
Die mächtig den gläubigen Busen durchglüht.
Wenn nichts uns hienieden mehr bliebe,
So weichen doch Leiden und Sorgen zurück,
Senkt sie nur auf uns den erwärmenden Blick.

O! himmlisch und rein ist der Liebe Gewalt!
Wir danken soviel ihrem Segen,
Es schwebt vor der Seele die sanfte Gestalt
Auf einsamen, blühenden Wegen;
Sie winkt uns erhaben; wer folgt ihr nicht gern?
Sie führt ja zum einzig beglückenden Stern.

Es duften auf ihrer gepriesenen Flur
Die Tugenden alle im Glanze;
Nur edleren Seelen gibt Mutter Natur
Die zarte stets grünende Pflanze.
Wer kindlich den Vater, den Bruder warm liebt,
O, der hat auch freudig das Gute geübt!

Zwar trennt oft das Schicksal, was Liebe vereint,
Doch keinem Gesetz muß sie weichen;
Und wenn auch die Fackel des Todes erscheint,
Ihr Antlitz wird niemals erbleichen.
Es schmückt sie die Krone der Unsterblichkeit,
In Gottes Arm droht ihr kein Wechsel der Zeit.

Und über ihr wandelt ein tröstendes Licht:
Die Hoffnung gießt mild ihren Schimmer
In liebende Herzen; wenn Trennung sie bricht,
Die Holde verläßt uns doch nimmer.
Zieht glühende Sehnsucht zu Gott uns empor,
So strahlt deine Sonne, o Hoffnung! hervor.

Geheimnißvoll, leise ertönt uns dein Ruf:
Von Zweifeln befreit sei der Glaube!
Und rein sei die Liebe zu Gott, der euch schuf!
Sein Odem giebt Leben dem Staube;
Es schwingt sich das geistige Wesen durch ihn
Zum höchsten Genuße der Seligkeit hin.

O steht ihr, drei Freunde, doch immer uns bei!
Und sinkt der umstürmete Nachen,
So lehrt uns, wie schön diese Wahrheit doch sei:
Ein Gott ist die Stütze der Schwachen:
Ihn glauben, ihn lieben und auf ihn vertraun,
Heißt Edens Gefilde hienieden noch schaun.

Unsterblichkeit.

O welche Wonne naht sich edlen Seelen
Bei dem Gedanken der Unsterblichkeit,
Nur er darf nie in trüben Stunden fehlen,
Denn durch ihn fühlt das Herz Zufriedenheit.
Vertrau' auf Gott! so tönt ein innrer Ruf,
Der deinen Geist für Ewigkeiten schuf.

Des Schöpfers Ebenbild wird nie verwesen,
Der Leib nur kehrt in seinen Staub zurück;
Allein die Seele hat sich Gott erlesen,
Ihr wartet Seligkeit und reines Glück.
Sie ist es, die vor keinem Leiden bebt,
Wenn sie am Busen wahrer Tugend lebt.

Sie denkt in uns! Wer wagt es zu behaupten,
Daß kein erhabnes Wesen uns beglückt?
Wenn Menschen nie an Gottes Allmacht glaubten,
Und wenn Vernunft nie ihren Pfad geschmückt,
Dann steigt in ihnen der Gedanke auf,
Er, welcher hemmt der Tugend Götterlauf.

Was wäre doch der schwache Mensch hienieden?
Ein Körper, den nichts Geistiges belebt,
Fühlt nie der Religion erhabnen Frieden,
Kennt keine Hoffnung, die zu Gott erhebt.
Der edle Heide fühlt es, wie der Christ,
Daß Religion des Geistes Stütze ist.

O laßt uns nie den süßen Trost verkennen,
Daß Gottes Bild in unserm Busen wohnt!
Mag dann das Schicksal theure Seelen trennen;
Es lebt ein Gott, der Tugendhafte lohnt.
Der Tod entfesselt den gebundnen Geist,
Der seinen Schöpfer jenseits ewig preist.

Nichts lehrt so bald den bangsten Schmerz vergessen,
Als wenn der Mensch die hohe Wonne denkt:
Auf meinem Grabe blühen einst Cypressen,
Doch Immortellen hat mir Gott geschenkt.
Wie er, so soll sein Bild unsterblich sein,
Und sich der Würde eines Menschen freun!

Vollendung.

Sehnsuchtsvoll, mit nie gefühlter Wonne,
Schwingt mein Geist in höhre Welten sich,
Er zerreißt der Zukunft dichten Schleier,
Ahnung winkt, es tönt der Hoffnung Leier,
Alles segnet, o Vollendung, dich!

Freudig will auch ich mein Lob dir bringen,
Wenn mich bald dein Mutterarm umschließt,
Wenn vertrocknen heiße Wehmuthsthränen,
Und das immer rege, stille Sehnen
In die reinste Wonne sich ergießt.

Wenn, o Wahrheit, einst in deine Hallen
Selig die entzückte Seele eilt:
Dann, was längst sie ahnend hier empfunden,
Blüht ihr jenseits, wo sie losgebunden
An dem Busen der Vollendung weilt.

Ach! so laß mich doch ein Glück genießen,
Das sich oft im schönsten Glanz mir zeigt:
Möchte bald mich deine Hand berühren,
Und auf jene lichten Höhen führen,
Die im Glauben schon mein Geist ersteigt?

Nur wenn ich das Ziel errungen haße
Im verklärten Glanz der Ewigkeit,
Dann wirst du mir deine Palme schenken!
Froh will ich im Kummer an dich denken;
Du bringst ewig mir Zufriedenheit!

Ja, sie wohnt in deinen Rosenhallen,
Wo kein Leiden mehr das Herz bewegt
Wo es, frei von allen Erdenqualen,
In des Wiedersehens goldnen Strahlen
Nur für Gottes Vatergüte schlägt.

Gott.

Es ist ein Gott, das sagt mir meine Seele,
Wenn sie sich betend zu dem Schöpfer schwingt;
Es ist ein Gott! so ruft der Vögel Kehle,
Die mit Gesang den Frühlingshain durchdringt.

Wie könnte sich der Mensch von selbst erheben?
Wer schuf den Geist, der nie in Staub zerfällt?
Des Schöpfers Athem gibt der Hülle Leben,
Er stellte uns auf diese schöne Welt.

Wer schuf den Mond? wer schuf das Heer der Sterne?
Wer läßt die Sonne auf und niedergehn?
Hier ruft Natur mir leise aus der Ferne:
Da kannst du wieder Gottes Güte sehn!

Zwar seh' ich keinen Stern am Himmel leuchten:
Das, was Entzücken in die Herzen gießt.
Muß oft mit Thränen meine Wangen feuchten,
Weil dunkle Nacht mir Gottes Schöpfung schließt

Doch fühl ich es in meinem ganzen Wesen,
Dass über mir ein guter Vater lebt:
In meiner Seele selbst kann ich es lesen!
Daß seine Huld mich jeden Tag umschwebt

Laut rufet alles, daß es wiederhallet:
Es ist ein Gott! erkennt und liebet ihn!
Zu seines Namens hoher Ehre wallet
Den rauhen Pfad zur sanften Tugend hin!

Vertrauen auf Gott

Vertraue, meine Seele,
In jeder Zeit auf Gott!
Er ist es, wenn ich fehle,
Er ist's in jeder Noth,
Der meinen Geist erhebet,
Das Herz mit Kraft belebet,
Wenn auch Gefahr mir droht.

Mit milder Vatergüte
Dämpft er der Leiden Gluth,
Wenn nur in dem Gemüthe
Ein fester Glaube ruht;
O! dann sind wir hienieden
Von jedem Gram geschieden;
Vertrauen gibt uns Muth

Nur diese sanfte Quelle
Flößt Kraft zum Dulden ein:
Wie kann des Schicksals Welle
Dem Menschen furchtbar sein?
Wenn ihn Vertrauen leitet,
Und Segen ihm bereitet,
Dann schreckt ihn keine Pein.

Voll reiner Kindesliebe
Blickt er zu Gott empor:
Ihm weiht er seine Triebe,
Ihm leiht er gern das Ohr.
Beim Kummer fühlt er Wonne;
Denn des Vertrauens Sonne
Dringt aus der Nacht hervor.

O holdes Licht! dein Schimmer
Belebt das schwache Herz;
Umstrahle uns doch immer
In wehmuthvollem Schmerz.
Dann blicken wir bei Freuden,
Wie bei den größten Leiden,
Vertrauend himmelwärts.

Die Güte Gottes.

Des Schöpfers Huld umstrahlt uns immer
In der Natur,
Und in des Mondes hellem Schimmer
Liegt Gottes Spur.

Die Pflanze dringt durch seine Güte
Mit Macht hervor:
Durch ihn entwickelt sich die Blüthe
Und wächst empor.

Trost fühlt durch ihn des Menschen Seele,
Wenn Gram sie beugt,
Und betend sie aus ihrer Höhle
Zum Himmel steigt.

Dem Sünder blüht bei ihm Erbarmen:
Wenn Reu nur spricht,
Dann glänzt aus seinen Vaterarmen
Des Mitleids Licht.

Selbst Jesus mußte einst empfinden,
Was kämpfen heißt;
Drum trägt er liebvoll unsre Sünden,
Und stärkt den Geist.

Nein! Gottes Huld hat keine Gränzen;
In dunkler Nacht,
Und dort, wo Sterne uns umkränzen,
Strahlt seine Macht.

Es stärkt uns seine Vatergüte:
Erhabne Ruh
Fließt jedem traurenden Gemüthe
Vom Himmel zu.

Die Vorsehung.

Allwissend wohnt ein unsichtbares Wesen
Im Sternenhimmel, in des Mondes Glanz,
Das väterlich an seiner Hand uns führet,
Und alles mit erhabner Huld regieret.

Vom Menschen bis zum zarten Wurm im Staube
Erstreckt sich seine Liebe segnungsvoll:
Ein guter Gott, vor deßen sanftem Walten
Sich tausend Blüthen wunderbar entfalten!

Ein großer Gott, vor dem Myriaden knieen,
Den Völker preisen in der Dunkelheit!
Ein reiner Geist, der in die Brust sich senket!
Zur Liebe selbst die rohen Herzen lenket!

Ein König, dem erbarmungsvolle Milde
Zum Zepter über Erd' und Himmel dient;
Der, heilig selbst, den Sünder nie vernichtet,
Wenn Menschenschwachheit hart den Bruder richtet!

Der Schöpfer und Erhalter aller Dinge,
Den unsre Seele freudig Vater nennt;
Vor dem mit Ehrfurcht sich der Engel neiget,
Auf dessen Wink der Stürme Wüthen schweiget?

Ein solcher Gott durchschaut das Buch der Zeiten,
Herrscht mächtig über lange Ewigkeit,
Bestimmt mit weiser Vorsicht unsre Lage,
Hält stark und gütig des Geschickes Waage.

Wer wird nicht froh sich seiner Huld vertrauen?
Die Zukunft bleibt dem Menschenblick verhüllt,
Nur Gottes Auge steht der Vorhang offen,
Und uns durchglüht ein ewig süßes Hoffen.

Vorsehung! liebend hast du uns verborgen,
Was oft das kalte Schicksal aufbewahrt;
Die Gegenwart nur hält uns fest gebunden,
Zeigt sie auch frohe oder trübe Stunden.

Noch eh' wir sind kennst du den Gang des Lebens?
und wandeln wir auf wechselvoller Bahn;
Dem Ungefähr verdanken wir nicht Freuden;
Kein blinder Zufall bringt uns bange Leiden.

O schöner Trost! o himmlischer Gedanke!
Ein guter Vater waltet über uns.
Ihm danken wir's, wenn Freudenthränen stießen,
Den bittern Kelch wird er nur uns versüßen.

Und nimmer, nimmer dürfen wir verzagen,
Wenn Gram und Kummer unsre Seele beugt:
Sie eilet in des Glaubens Blumenauen,
Und spricht: Dir, Vater, will ich mich vertrauen!

Sehnsucht nach Licht.

Du schönes Licht, das alles rings erhellt,
Dem alle Blicke freudig sich erschließen,
Mit Harfenton will ich dich fromm begrüßen,
Wenn auch kein Strahl in meine Augen fällt.

Die Blume hebt ihr Aug zu dir empor,
In bunter Pracht erglänzen rings die Auen:
Du schönes Licht, ich kann dich nimmer schauen,
Da sich mein Blick in ew'ge Nacht verlor.

In Nacht gehüllt, soll sich am Sonnenschein,
Am Abendglanz, am blauen Himmelsbogen,
Wie an des heitern Feuers goldnen Wogen,
Am Sternenchor mein Auge nie erfreun!

Soll nimmer ich den Schmelz der Blumen sehn?
Die Freunde nicht, die Schöpfer schöner Freuden?
Soll nie der Blick am Grün der Saat sich weiden?
Umsonst! umsonst! Vergebens ist mein Flehn.

O Kerkernacht! die hier mein Aug umschließt,
Nicht Menschenkraft löst deine Zaubersiegel;
Nur dann zerbricht des Schicksals Demantriegel,
Wenn mir der Tod die Wange bleich geküßt.

Dort, wo sich jede Nebelwolke bricht,
Im ew'gen Osten, an des Lichtes Quelle,
Da wird das Auge, da die Seele helle.
Wie sehn' ich mich empor, empor zum Licht!

Sehnsucht nach Oben.

Hin in jene fernen Räume
Möchte meine Seele fliehn;
Dort nur weilen meine Träume,
Und zu ihnen möcht' ich ziehn!

Dort nur wird gestillt mein Sehnen;
Wo des guten Vaters Hand
Liebend trocknet alle Thränen,
Dort ist mein gelobtes Land.

Wo kein irrdisches Verlangen
Meinen Busen mehr erfüllt,
Wo, vom düstern Weh verhangen,
Nacht nicht mehr mein Aug umhüllt.

Ach! in jenen goldnen Hallen
Wohnt allein mein stilles Glück:
Wo verklärte Geister wallen,
Bleibt der Erde Wunsch zurück.

Alle Stürme müßen schwelgen
Und entfliehen muß der Schmerz,
Kein Geschick kann dort uns beugen,
Frei von Sorgen schlägt das Herz.

Haß und Zwietracht stehen ferne;
Und die Liebe immer blüht,
Ewig glänzen ihre Sterne,
Stillerfreuend das Gemüth.

Und sie gibt den schönen Frieden,
Den die Welt nicht bieten kann;
Blühen kann er nicht hienieden,
Er gehört dem Himmel an.

O! in jene fernen Räume
Führe bald mich, Gotteshand,
Dort nur weilen meine Träume;
Hier ist nicht mein Vaterland!

Grabschrift für mich.

Hier lieg' ich glücklich, hab' die Ruh gefunden
Die mir hienieden ach! so oft entschwunden.
O gönnt mir sie und weinet keine Thrönen;
Der gute Vater stillte nur mein Sehnen!

Abschied.

Lebt wohl, ihr Theuren! meine Leier ruht
Zufrieden, wenn die anspruchlosen Saiten
Durch ihren Klang zuweilen euch erfreuten.
Was ich so oft in tiefer Brust empfand,
Was Blumen mit um meine Schlafe wand,
Mit dem nur kann im Lied ich euch begrüßen,
Und stille Lust in euren Busen gießen.

Verwandte Seelen, die ihr mich versteht,
Euch wagt' ich diese Blümlein darzureichen,
Wenn sie auch nicht der stolzen Rose gleichen,
Die sich die Kunst zum Liebling auserkor.
Nur dunkle Veilchen blühten mir empor;
Ich pflückte sie; nie strebten sie zu glänzen,
Sie schimmern nicht in buntgeschmückten Kränzen.

Es sollten meine Lieder einsam blühn,
Nie wollt' ich sie der Menge übergeben,
Sie sollten nur zum Schöpfer mich erheben;
Ich danke sie der väterlichen Macht,
Die oft durch sie erhellte meine Nacht.
Mild strahlet auch auf rauhen Lebenswegen
Vom Himmel uns ein froher Stern entgegen.

Nehmt meinen Dank! Auch ihr habt mich entzückt
Ihr menschenfreundlich liebevollen Herzen,
Die Balsam goßen auf der Brüder Schmerzen,
Schaut nicht genau auf der Gesänge Werth;
Wenn höher ihr des Wohlthuns Freuden ehrt.
Dann klingen euch der süssen Töne viele,
Ob kunstlos auch aus meinem Saitenspiele.


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