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Stahlstich

Vorwort.

Dieses Buch schließt die Reihe der Littlepages-Manuscripte, die der Welt übergeben wurden, weil sie einen treuen Bericht über die Opfer an Zeit, Geld und Mühe enthalten, welche beziehungsweise von den Grundherren und den Pächtern auf einem New-Yorker Besitzthum gebracht worden sind. Daran fügt sich eine Schilderung der Art, wie die Gebräuche und Ansichten unter uns wechseln, nebst einer Angabe von einigen der Gründe, welche diese Veränderungen herbeigeführt haben. Der einsichtsvolle Leser wird wahrscheinlich im Stande sein, in diesen Erzählungen den Verlauf jener Neuerungen zu verfolgen, die mit den großen Gesetzen der Moral vorgenommen wurden und in den Interessen des Tages so schroff hervortreten, weil sie die einfachsten Grundsätze, welche Gott dem Menschen als Richtschnur seines Lebens vorgezeichnet hat, unter dem merkwürdigen Vorwande, als beabsichtigten sie eine Begünstigung der Freiheit, zu nichte machen. Auf dieser abwärts führenden Bahn zeigt unser Gemälde einige von den Proben der Gewissenlosigkeit, mit welcher man eine bestimmte Art von Eigenthum behandelt, die vielleicht theilweise von dem halb barbarischen Zustand einer neuen Ansiedelung unzertrennlich ist. Wir verfolgen die Abstufungen des Squatters zum Landbauer, welcher blos die Aufgabe kennt, im Vorübergehen einigen Feldern eine Ernte abzuringen, und endlich zu dem, welcher das Geschäft im Großen betreibt, bis wir schließlich bei dem Antirenter anlangen, welcher in dieser Liste von Freibeutern nicht die niedrigste Stufe einnimmt.

Es wäre eitel, in Abrede ziehen zu wollen, daß das Hauptprinzip, welches dem Antirentismus zu Grunde liegt – wenn anders hier von einem Prinzip die Rede sein kann – in der Anmaßung besteht, für die Interessen und Wünsche der Massen Achtung zu verlangen, selbst wenn darüber die klarsten Rechte Einzelner geopfert werden müssen. Daß dieß keine Freiheit, sondern eine Tyrannei in der allerschlimmsten Form ist, muß jeder rechtlich denkende und rechtlich fühlende Mensch auf den ersten Blick einsehen. Wer in der Geschichte der Vergangenheit bewandert ist und den Einfluß der verschiedenen Klassen kennt, begreift wohl, daß die gebildeten Reichen und Welterfahrenen unwiderstehlich werden, sobald sie ihre Combinations- und Geldmittel vereinigen, um die Politische Bestimmung eines Landes zu leiten; sie sind in der Lage, dieselben Massen, welche nur sich für die wahren Hüter ihrer Freiheit halten, zu ihren servilsten Werkzeugen zu machen. Die wohlbekannte Wahl von 1840 ist ein denkwürdiger Beleg für die Macht einer solchen Kombination, obschon sie meist nur für Parteizwecke zu Stande kam und vielleicht durch die verzweifelten Entwürfe der Zahlungsunfähigen im Lande unterstützt wurde. Nothwendig mußte ihr die Einigkeit unter den Vermöglichen gebrechen, da ihr die Grundlage von Prinzipien fehlte, welche ihr eine Weihe geben konnten, und man sieht in dem ganzen Vorgang wenig mehr, als einen Beweis, wie mächtig selbst in einer sehr zweideutigen Sache Geld und Muße einwirken können, wenn sich's darum handelt, die Massen einer großen Nation dahin zu bringen, daß sie sich zu Werkzeugen ihrer eigenen Unterwerfung hergeben. Kein wohlmeinender amerikanischer Gesetzgeber sollte daher die Thatsache aus dem Gesichte verlieren, daß jeder Eingriff in die Rechte, die er heilig halten sollte, ein Schlag gegen die Freiheit selbst ist, denn diese hat, in einem Land, wie das unserige, keinen so sicheren oder so gewaltigen Bundesgenossen als die Gerechtigkeit.

Der Staat New-York enthält ungefähr 16000 Quadrat-Meilen Landes und umfaßt gegen 27 Millionen Acres. Im Jahre 1783 mochte seine Bevölkerung 200,000 Seelen betragen. Vergleicht man die Bevölkerung mit dem Flächenraum, so braucht man nicht erst zu beweisen, daß der Bauer nicht ganz so abhängig vom Grundbesitzer war, wie der Grundbesitzer von dem Bauer: auch läge hierin eine große Wahrheit, wenn der Staat eine Insel gewesen wäre. Wir wissen übrigens Alle, daß ringsumher viele unter ähnlichen Verhältnissen stehende Gemeinschaften sich befanden, und daß man nichts in solchem Ueberflusse haben konnte, als den Grund und Boden. Die Vorstellungen also, mit denen man sich über Erpressungen und Monopole trägt, müssen unwahr sein, wenn man sie auf die beiderseitigen Interessen jener Zeit in Anwendung bringen will.

Im Jahr 1786-87 hob der Staat New-York, welcher damals die volle Befugniß dazu hatte, alle Fideicommisse auf und brachte auch anderweitig seine Gesetzgebung über Realbesitz in Harmonie mit den Institutionen. Damals bestanden hunderte, vielleicht tausende von Pachtgütern, die seitdem so anrüchig geworden sind. Die Aufmerksamkeit des Staats wandte sich unmittelbar der Hauptsache zu, und Niemand sah darin eine Unverträglichkeit mit den Bestimmungen der Institutionen. Man wußte, daß die Grundbesitzer durch die Freigebigkeit ihrer Zugeständnisse den Bauern zu Bewirtschaftung ihres Bodens angekauft hatten, und daß letzterem damit ein Vortheil zuging. Hätten die Landlords jener Zeit den Versuch gemacht, ihre Grundstücke für ein Jahr oder auch für zehn Jahre abzulassen, so würden sich für eine Wildniß keine Pächter gefunden haben: anders verhält sich aber die Sache, wenn der Eigenthümer des Bodens darein willigte, seine Farmen gegen Bezahlung einer sehr niedrigen Rente wegzugeben; mit Zahlung der letzteren durfte man erst nach sechs- oder achtjährigem Betrieb beginnen, und man hatte zugleich das Abfinden getroffen, daß statt des Geldes das Produkt des Bodens geliefert werden sollte. Man ging damals mit Freuden auf diese Bedingungen ein, und der beste Beweis dafür liegt in der Thatsache, daß dieselben Pächter in der Umgegend nach allen Richtungen hin freies und eigenes Land hätten kaufen können; aber die leichteren Bedingungen des Pachtvertrags waren ihnen lieber. Jetzt sind diese Personen oder ihre Nachkommen reich genug geworden, so daß sie sich mehr um die Beseitigung der Rentenlast, als um die Erhaltung ihres Geldes kümmern, denn in den Rechten der betreffenden Partien hat sich sicherlich nichts geändert.

1789 trat die Constitution der Vereinigten Staaten in Wirksamkeit, und New-York hatte bei Gründung und Abfassung derselben mitgewirkt. Vermöge derselben Constitution begab sich nach gutem Vorbedacht unser Staat der Ermächtigung, die Verträge besagter Pachte anzutasten, und gestattete auch keiner andern Regierung das Recht dazu, im Falle es nicht durch eine Umänderung der Constitution selbst geschah. Eine nothwendige Folge davon ist, daß das Pachtverhältniß im gesetzlichen Sinn mit zu den Institutionen New-Yorks gehört und deßhalb nicht im Widerspruch mit denselben stehen kann. Nicht nur der Geist der Institutionen, sondern auch ihr Buchstabe weist dieß nach. Man muß wohl einen Unterschied machen zwischen dem »Geist der Institutionen« und dem »eigenen Geist«, denn der letztere ist oft nichts weiter, als ein Magen, der sich nicht ersättigen lassen will. Mit demselben Rechte, als sich dieß vom Pachtverhältnisse sagen läßt, könnte man behaupten, das Haussklaven-System vertrage sich nicht mit den Institutionen der Vereinigten Staaten, und mit der gleichen Triftigkeit ließe sich nachweisen, weil A. keine Kameradschaft mit B. halten will, so handelt er gegen den »Geist der Institutionen«, weil die Unabhängigkeitserklärung als Dogma aufstellt, daß alle Menschen gleich geboren seien.

Man hat vorgegeben, die Pachtverträge von langer Dauer trügen die Natur des Feudalwesens an sich. Wir können hierin nichts Wahres finden; aber selbst zugegeben, daß es der Fall wäre, so würde damit nur der Beweis geliefert, daß ein Feudalsystem in solcher Ausdehnung ein Theil der Staats-Institutionen ist – ja und außerdem noch ein Theil, über welchen der Staat selbst sich aller Zuständigkeit begeben hat, etwa diejenige abgerechnet, die er als einer von den achtundzwanzig Staaten besitzt. Was das Feudale in der Sache betrifft, so wird es mir schwer, zu sagen, wo es etwa zu suchen sein müßte. In der einfachen Thatsache der Rentenzahlung gewiß nicht, denn diese ist so allgemein, daß hiedurch das ganze Land feudal würde. Eben so wenig kann der Umstand in Betracht kommen, daß die Rente in natura, wie man's nennt, oder in Arbeit bezahlt werden soll; denn dieß ist ein Vortheil für den Pächter, und es steht ihm ja frei, auch in Geld zu zahlen, da bei Versäumnissen die Gerichte auf letzteres Tilgungsmittel erkennen. Sollten die Pachtverträge wohl deßhalb feudal sein, weil sie für immer fortlaufen? Aber eben dieß ist ja augenscheinlich ein Vortheil für den Pächter, und er wußte denselben bei Eingehung seines Kontrakts recht wohl zu würdigen. Auch gibt es wahrscheinlich nicht einen einzigen Pächter auf Lebensdauer, der nicht bereitwillig ein derartiges Besitzverhältniß gegen einen von jenen verwünschten ewigen Pachten umwandeln würde.

Unter die Abgeschmacktheiten, welche man über das Thema des Feudalismus in Umlauf gesetzt hat, gehört auch die Behauptung, daß das wohlbekannte englische Statut » quia emptores« Entschädigungen für die Veräußerung verbiete, oder daß die quarter sales, fifth sales, sixth sales u. s. w., wie sie in unsern Verträgen vorkommen, schon bei ihrer Einführung im Widerspruch mit den Reichsgesetzen gestanden hatten. Gemeinrechtlich waren in gewissen Fällen von Hörigkeit die Abweichgelder eine Stipulation des Lebensvertrags. Das Statut des quia emptores hob zwar dieß als allgemeinen Grundsatz auf, aber nicht in einer Weise, welche den Partieen verbot, sich auf Verträge von der Natur der quarter sales oder Verkäufe gegen Bürgschaft einzulassen, wenn sie es für passend hielten. Das gemeine Recht weist allen realen Besitz dem ältesten Sohn zu, unser Statut aber theilt ihn, sogar ohne Rücksicht des Geschlechts, unter die nächsten Verwandten. Folgerichtig müßte also, wenn man annehmen wollte, das Gesetz von Edward I. verbiete einen Vertrag unter der Bedingung der quarter sales, dem Statut gemäß ein Vater seinen Grundbesitz auch nicht auf den ältesten Sohn übertragen können. Der Umstand, daß in dem gemeinen Recht eine Bestimmung geändert wird, zieht noch nicht die Unmöglichkeit nach sich, daß man nach der alten Norm eine Uebereinkunft abschließe.

Das Lehensverhältniß zerfiel ursprünglich in zwei große Klassen; es gab nämlich militärische oder ritterschaftliche und After- oder Bauernlehen. Die ersteren wurden im Laufe der Zeit für die Gesellschaft sehr bedrückend. Das Afterlehensystem war gleichfalls doppelter Art – es gab freie Lehensleute und leibeigene Vasallen. Letztere hat man unter uns nie gekannt, während die Stellung der ersteren Aehnlichkeit mit derjenigen hat, welche unser Pachtsystem bietet. Als unter der Regierung Karls II. die ritterschaftlichen Lehen in Freilehen umgewandelt wurden, betrachtete man dieses Zugeständniß als so vortheilhaft für die Freiheit, daß es mit unter die bedeutendsten Maßregeln der Zeit gerechnet wurde, von denen eine die Gewährung der Habeas corpus-Akte war.

Der einzige Zug in unsern Pachtverträgen, welcher einigermaßen an die Leibeigenschaft erinnert, liegt in den »Tagwerken«. Wer aber mit den Gewohnheiten des amerikanischen Lebens vertraut ist, begreift wohl, daß durch sämmtliche nördliche Staaten die Landwirthe allgemein es als einen Vortheil betrachten, wenn sie in dieser Weise ihre Schulden zahlen können; auch läßt ihnen das Gesetz die Wahl, indem es für den Fall einer Nichterfüllung der Zahlung in natura oder in Arbeit auf Entrichtung des Werthes in Geld erkennen läßt. Thatsächlich ist auch stets für die bedungenen Tagwerke eine gewisse stipulirte Summe angenommen worden.

Aber man hat vorgegeben, wenn auch derartige Verträge auf den Fuß der Billigkeit gegründet seien, hätten sie doch immer etwas Verletzendes für den Pächter, und sollten, um den Frieden des Staates zu erhalten, abgeschafft werden. Der Staat aber ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß alle Klassen seine Gesetze achten, und in keinem Stücke erscheint dieß dringender nöthig, als in Erfüllung gesetzlicher Kontrakte. Je größer die Anzahl der Uebertreter ist, um so mehr hat der Staat die Obliegenheit, ihnen mit Entschiedenheit und Nachdruck entgegenzutreten. Wollte man sagen, man solle die Unruhestifter gewähren lassen, so würde dieß mit andern Worten heißen: ein jedes Verbrechen kann sich durch seine Verbreitung Straflosigkeit erwirken; behauptet man aber, »bei unseren Staatseinrichtungen« könne man einem solchen Unfug keinen Einhalt thun, so wird dadurch ein Zugeständniß gegeben, daß die Regierung außer Stande sei, eine der einfachsten und gewöhnlichsten Verpflichtungen einer jeden civilisirten Gesellschaft zu erfüllen. Wäre Letzteres wirklich der Fall, so könnte man nichts sehnlicher wünschen, als daß unsere gegenwärtige Regierungsform je eher je lieber beseitigt werde. Die Ansicht, ein derartiges Uebel durch Zugeständnisse beschwichtigen zu können, ist eben so knabenhaft als unehrlich. Je mehr man einräumt, desto weiter werden die Erpressungen einer nie zu ersättigenden Habgier greifen, und hat man in Ansehung des Pachtverhältnisses durch solche Mittel einige Ruhe gewonnen, so wird im Augenblick wieder ein Bund dastehen, der einen andern Zweck zu erreichen bemüht ist.

Als Lee bei Monmouth zu Washington sagte: »Sir, Eure Truppen werden nicht Stand halten gegen brittische Grenadiere,« soll Letzterer geantwortet haben: »Sir, Ihr habt's noch nicht mit ihnen versucht.« Dieselbe Erwiederung könnte man jenen erbärmlichen Schreiern unserer Republik geben, welche, nur um Stimmen zu erlangen, thun, als glauben sie, die Regierung besitze nicht Kraft genug, um einen so keckstirnigen Versuch zu dämpfen, wie ihn die Antirenters gemacht haben, um eine Aenderung in den Bedingungen ihrer Verträge nach eigener Bequemlichkeit zu erzwingen. Die County Delaware hat auf eigene Faust diese Behauptung mannhaft Lügen gestraft, und der ehrenwerthe Theil der Bewohner zerstreute die Schurken nach den vier Winden, sobald sich eine günstige Gelegenheit bot, gegen sie kräftig aufzutreten. Eine einzige energische Proclamation von Albany, welche »eine Spate auch eine Spate nennen würde« und nicht den verkappten Raub der Antirenter mit einem Firniß überzöge, sondern dem öffentlichen Geist die Grundsätze der Gerechtigkeit an's Herz legte, hätte an sich schon das Uebel im Keim ersticken können. Die Bewohner von New-York in ihrem Allgemeincharakter sind nicht die Schurken, welche der kriechende Knechtssinn augenscheinlich hinter ihnen sucht.

In der denkwürdigen Sitzung von 1846 hat die Assembly von New-York die Renten aus langen Pachtverträgen mit einer Taxe belegt, und dadurch nicht nur dasselbe Eigenthum zweimal besteuert, sondern auch die allerschlimmste Art von Einkommens-Taxe aufgelegt, da sie nur auf wenige Individuen berechnet ist. Dieß ist das »Fingerhut-System« in seiner Gesetzgebung, wie es Mr. Hugh Littlepage nicht unpassend nennt; man versucht indirekt das zu erreichen, was die Constitution nicht unmittelbar durchzuführen gestattet. Mit andern Worten: da der legislative Körper kein direktes Gesetz erlassen kann, welches »die Verbindlichkeit von Kontrakten beeinträchtigt«, setzte er, weil er bei Regulirung des Heimfalls zuständig ist, so weit eine gesetzgebende Versammlung überhaupt etwas zu erwirken vermag, den Beschluß durch, daß nach dem Tod eines Grundbesitzers der Pächter sein Pachtgut in ein hypothekarisches umwandeln und frei und eigen machen könne, sobald er die darauf haftende Schuld getilgt hat.

Uns scheint die erste dieser Maßregeln weit tyrannischer zu sein, als der Versuch Britanniens, seine Kolonien mit Taxen zu belegen, und dieser hat damals die Revolution hervorgerufen. Der Allgemeincharakter ist der gleiche – es handelt sich um eine ungerechte Besteuerung, welche übrigens im gegenwärtigen Falle noch von erschwerenden Umständen begleitet ist – von Umständen, die in der Politik des Mutterlands keine Parallele haben. Die Steuer wird nicht aufgelegt, um dem Staat eine Revenue weiter zu schaffen, denn man bedarf ihrer nicht; sondern es handelt sich bei dieser Taxe blos um eine »Abkappung« der Grundbesitzer ( choke off), wie die gewöhnliche amerikanische Phrase lautet. Auch besteuert man klärlich ein Nichts oder dasselbe Eigenthum zum zweiten Mal. Und alles Dieß geschieht aus keinem andern Grunde, als um drei- oder viertausend Wahlstimmen, die jetzt auf dem Markt sind, auf Unkosten von drei- oder vierhundert zu gewinnen, die, wie man wohl weiß, sich nicht erkaufen lassen. Ungerechtigkeit in den Beweggründen, in den Mitteln und in dem Zwecke! Die Maßregel gereicht der Civilisation zur Schande und ist ein Schimpf für die Freiheit.

Der andere eben erwähnte Beschluß ist eine eben so freche Vermessenheit, und wohl im Stande, jeden Staatsangehörigen von nur gewöhnlicher Gewissenhaftigkeit in Unruhe zu versetzen, wäre der Plan, die Constitution zu betrügen, nicht so ärmlich, daß er eigentlich nur Verachtung hervorrufen kann. Die außerordentliche Ermächtigung wird benützt, weil die Gesetzgebung die Verhältnisse des Heimfalls ordnen kann, obgleich es ihrer Befugniß entrückt ist, »die Verbindlichkeit von Kontrakten zu schwächen!« Hätte das Gesetz unverhohlen ausgesprochen, nach dem Tod eines Grundbesitzers solle jeder Pächter die von ihm bisher bewirtschaftete Farm frei und eigen besitzen, so wäre doch das ensemble des Betrugs bewahrt geblieben, weil die »Heimfall-Verhältnisse« so weit eine Regelung gefunden hätten, daß an die Stelle des einen Erben ein anderer gesetzt worden wäre; aber die Veränderung des Wesens eines Kontrakts im Interesse einer Partie, welche bei der Erbfolge durchaus nicht betheiligt ist, kann nicht so klärlich als eine Veränderung oder Verbesserung des Heimfall-Statuts angesehen werden! Es ist kaum nöthig, zu sagen, daß jeder achtbare amerikanische Gerichtshof, funktionire er nun von Staats- oder Unionswegen, ein solches Gesetz mit der verdienten Schande brandmarken würde.

Aber der schlimmste Zug in diesem Beschluß oder – wie ich besser sage – in dem versuchten Beschluß verdient hier auch noch einige Beleuchtung. Er setzt eine Prämie auf den Mord. Dieses Verbrechen ist bereits von den Antirentern verübt worden, und zwar augenscheinlich in der Absicht, ihren Zweck zu erreichen. Man sagt ihnen damit, so oft ihr einen Grundbesitzer erschießt, – und der Versuch dazu ist schon oft gemacht worden – könnt ihr eure Pachtgüter in freie umwandeln! Die Art der Abschätzung ist gleichfalls so interessant, daß sie eine Bemerkung verdient. Man muß die Schätzung auf Zeugniß hin vornehmen lassen. Die Zeugen sind dann natürlich »die Nachbarn« – und so kann durch das ganze Land Einer für den Andern schwören.

Wir als Demokraten, verwahren uns feierlich gegen solche freche Betrügereien, gegen so handgreifliche Habsucht und Raubgier, die man mit jedem anderen Namen, nur mit ihrem wahren nicht bezeichnet. Hat irgend eine Partie ihre Hand darin, so muß diese der Teufel selbst sein. Das demokratische Bewußtsein ist ein stolzes, edles Gefühl, und es fällt ihm eben so wenig ein, den Armen zu berauben, um den Reichen noch reicher zu machen, als es zu Gunsten des Armen einen Eingriff in die Rechte des Reichen gestattet. Gerechtigkeit ist sein Prinzip – es behandelt alle Menschen gleich und will nicht »die Verbindlichkeit von Kontrakten schwächen«. Die Demokratie ist keine Freundin einer heuchlerischen Gesetzgebung, sondern hat das Rechte im Aug' und wagt es, offen zu handeln. Es ist eine schlimme Verblendung, wenn man glaubt, die ächte Demokratie habe etwas mit Ungerechtigkeit oder Schurkerei gemein.

Ebenfalls kann von keinem Gesichtspunkte aus die Behauptung dem Antirentismus zur Entschuldigung dienen, die Pachtverhältnisse seien unzuträglich. Das Zuträglichste in der Welt ist die Gerechtigkeit. Wäre auch kein anderer Einwurf gegen diese Rentenbewegung aufzubringen, als der, daß sie einen verderblichen Einfluß übe, so sollte dieß allein schon zureichen, um jeden weisen Mann in der Gemeinschaft zum festen Widerstande aufzufordern. Wir haben schon zu viel von dieser Erde gesehen, um uns so leicht überzeugen zu lassen, daß der Bestand großer Pachtgüter, wenn er – wie es bei uns der Fall ist – nicht im Gefolge von politischer Macht auftritt, nachtheilig – ja, daß er nicht entschieden vortheilhaft sei. Der alltägliche Vorwand, er vereitle die Civilisation eines Landes, ist in keiner Weise durch Thatsachen bestätigt. Die civilisirtesten Länder der Erde sind im Besitz dieses Systems, und noch obendrein unter Verhältnissen, gegen die sich manche ernstliche Einwendungen vorbringen lassen – Einwendungen, die übrigens für Amerika keine Geltung haben. Daß eine ärmere Klasse von Bürgern ursprünglich in New-York Ländereien gepachtet, dann aber anderweitig erworben hat, ist wahrscheinlich richtig, und in gleicher Weise läßt sich annehmen, daß die Wirkungen dieser Armuth und sogar des Pachtsystems in der Kindheit eines Landes auf den Gütern nachweisbar sind. Doch dieß heißt die Sache von einem sehr einseitigen Gesichtspunkte auffassen. Die Männer, welche in mittelmäßigen, aber doch gemächlichen Verhältnissen Pächter wurden, hätten sich ohne diesen Ausweg meist auf andern Farmen als Taglöhner und Knechte forthelfen müssen. Dieß ist die Wohlthat des Systems in einem neuen Land und der Ultra-Humanitätsfreund, welcher über das traurige Loos der Pächter ein Geschrei erhebt, sollte nicht vergessen, daß sie, wenn sie sich nicht in eben dieser Lage befänden, vielleicht in einer viel schlimmeren stecken würden.

Es ist in der That ein Beweis mehr von der Unaufrichtigkeit Derer, welche um der aristokratischen Tendenz willen über das Pachtverhältniß Lärm schlagen, daß die Aufhebung desselben notwendig eine zahlreiche Klasse von Ackerbauern in die Reihe der Knechte und Taglöhner zurückwerfen oder sie zur Auswanderung zwingen würde, wie dieß in Neu-England bei so vielen aus derselben Klasse der Fall ist. Thatsächlich stellt sich heraus, daß in einer wohlhabenden Gemeinschaft die Beziehung des Grundherrn zum Pächter und umgekehrt ganz naturgemäß und sehr wohlthätig ist, ja, so ganz im Einklang mit den Bedürfnissen der Menschen steht, daß keine Gesetzgebung es für die Dauer beseitigen kann. Ein Stand der Dinge, welche den Reichen nicht ermuthigt, sein Kapital im Grundbesitz anzulegen, wäre sicherlich nicht wünschenswerth, weil er sein Geld, seine Kenntnisse, seinen liberalen Sinn und seine Muße anderen weniger nützlichen und weniger preiswürdigen Bestrebungen zuwenden müßte, während sonst alles Dieß der Kultur des Bodens zu gut käme.

Wir haben anderswo viel von dem Geist des Antirentismus einer provinzialen Erziehung und provinzialen Gewohnheiten zugeschrieben. Dieser Ausdruck ist Solchen, welche die Beschuldigung am meisten trifft, zum schwersten Stein des Anstoßes und des Aergernisses geworden. Gleichwohl steht unsere Ansicht unverändert. Wir wissen, daß die Entfernung zwischen dem Niagara-Fall und der Massachussets-Linie gute hundert Stunden beträgt und daß man von Sandy Hook bis zum 45. Breitengrade eben so weit hat. Ohne Frage sind in moralischer sowohl, als in physischer Hinsicht viele treffliche Dinge innerhalb dieser Gränzen zu finden; aber wir wissen zufälligerweise aus einer Erfahrung, die sich im Laufe von nun mehr als vierzig Jahren auch auf andere Theile der Welt erstreckt hat, daß man auch außer diesem Banne noch recht viel sehen kann. Wenn »ehrenwerthe Gentlemen« zu Albany das Gegentheil glauben, so müssen sie uns gestatten, daß wir uns in der Annahme nicht beirren lassen, sie stehen allzusehr unter dem Einflusse provinzieller Vorstellungen.

Juni, 1846

 


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