Lena Christ
Lausdirndlgeschichten
Lena Christ

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

In der Spinnstuben

Im Winter gehn die Weiberleut bei uns zum Spinnen. Halt zu der Freundschaft, in die Brechstuben, sagt man.

Da geht es lustig zu.

Bei meiner Großmutter ist auch Brechstuben gewesen.

Da ist es nicht zugegangen.

Aber es ist doch lustig gewesen.

Da ist die Huberwirtsmarie mit dem Spinnradl und mit dem Schusterpauli zu uns gekommen. Und die Marie hat sich auf das Kanapee gesetzt, und der Pauli hat sich auch hingesetzt.

Dann ist es angegangen.

Die Spinnradln haben geschnurrt, und der Großvater hat Spähne geschnitzt, und ich bin unter dem Kanapee gelegen.

Da hab ich gesehen, daß dem Schusterpauli sein Stiefel die ganze Zeit auf der Huberwirtsmarie ihrem Hausschuh umeinandergetreten ist.

14 Da hab ich mich umgeschaut.

Neben dem Kanapee unter dem Ofen steht die Schachtel mit den Zuckerschnüren.

Der Pauli hat grad zu der Marie gesagt: »Also, Marei, was is's nachher?«

Da hat die Marie gelacht, und der Stiefel hat wieder furchtbar auf dem Hausschuh herumgetan.

Jetzt ist es gegangen, und ich hab fünfmal geknüpft.

Dann bin ich hinaus.

Die Großmutter hat grade gefragt: »Wia is na' dös, Marie, derf's dei Vater aa wissn z'wegn an Pauli?«

»Jaja, der woaß's a so scho,« hat die Marie gesagt.

Auf einmal bin ich wieder in die Stuben und hab geschrien: »Großmuatter, der Huaberwirt kimmt!«

»Mariand Joseph! G'feit is's!« hat da die Marie geschrien und ist auf und hat in die Kuchel wollen, und der Pauli ist in die Höh und hat in die Kammer wollen.

Aber es ist nicht mehr gegangen.

Das Spinnradl ist am Boden gelegen und war kaput, und die Marie ist mit dem Ellenbogen in das Speibtrücherl und der Pauli mit der Nasen ans Tischeck.

15 Da hat die Großmutter gesagt: »Was ferchst di denn a so, Marie? I hab g'moant, dein Vatern is's recht z'wegn an Pauli?«

Da sind sie nicht mehr in die Brechstuben gekommen.

* * *

Jetzt war nur noch die alte Sailerin bei uns.

Von der hat man gesagt: sie ist eine Hex.

Die hat alles gewußt:

Daß die Schmiedin zum Advikaten ist z'wegn dem Bachmaurer, weil er ihr in' Roa' einig'ackert hat, und daß die Wagnerlies z' Münka drin schon wieder ein Kind hat, und daß sich bei der Schwaigerin von Balkham schon wieder was angemeldt hätt; es wird leicht jetzt der andre Sohn auch noch sterben an dieser Sucht.

»Was hat eahna denn eigentli g'fehlt?« hat die Großmutter gefragt.

»Was werd eahna g'fehlt habn! Den alten Schwaiger hat am Sunnta' 's Paralyß troffa, daß er no die nämli Nacht g'storbn is. Und wia er den zwoatn Tag so daliegt, da hat er auf amal d' Händ falln lassn und hat's Totenliacht abig'schlagn. Die oan ham g'moant, er is wieder lebendi; aber i hab's glei g'wißt, der holt si oans nachi, da hat sie ebbs o'g'meldt. – Richti: 16 am Freita' bringa s' an Anderl hoam als a Toter. Der Dokta sagt: 's Paralyß. No und gestern z' Mittag fallt mittn drin der große Spiagl oba vo der Mauer, und wia der Michel nachschaugt, siecht er, daß der Nagel ganz g'recht sitzt und der Spiaglschraufa aa. – Also hat si wieder ebbs o'g'meldt!«

Wie die Großmutter an dem Tag auf d' Nacht ins Bett hat wollen, hätt sie bald auch 's Paralyß getroffen.

In der Schlafstuben sind alle Heiligen samt dem Wandherrgott am Boden gelegen, und die Wiege vom Bapistei ist leer gewesen, und die Blumenstöck sind alle in der Großmutter ihrem Bett gestanden.

Im Kleiderkasten hat es furchtbar gepumpert und gepfiffen, und der Bapistei ist im Backtrog unterm Tisch gelegen und hat gewimmert.

Da hat die Großmutter das Kreuz gemacht und hat die Sterbkerzen angezündet und hat gesagt: »Gott steh mir bei! D' Soalerin is do a Hex!«

Da hat der Großvater den Kleiderkasten aufgemacht und hat die Katz heraus und den Bapistei wieder in die Wiegen und hat geschmunzelt und gesagt: »Muatter, i glaab, du muaßt 's Haus ausräuchern. Dö Hex steckt no in der Kammer herin.«

 


 << zurück weiter >>