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13. Kapitel.
Worin Wallingford einem neuen Unternehmen unbeschränkte finanzielle Unterstützung zusichert.

Das Hotel, das Wallingford aufsuchte, war nur vier Querstraßen vom Bahnhof entfernt, aber er fuhr trotzdem in einem eleganten Wagen hin, neben ihm Herr Klug. Vor dem Hotel angekommen, stieg Wallingford mit der ihm eigenen Grandezza ab, schüttelte dem Deutschen herzhaft die Hand, befahl dem Kutscher nach Klugs Hause weiterzufahren, und bezahlte ihn reichlich. Im Hotel bezog er die besten Zimmer und telephonierte sofort einem Anwalt, dessen Adresse er in seinem Notizbuch vermerkt hatte. Dann machte er es sich in seiner Art bequem. Als der Anwalt eintrat, hatte Wallingford bereits neue Wäsche und einen seidengefütterten Hausrock angezogen und nahm eben, um sich von den Strapazen der Reise zu erholen, einen kleinen Imbiß, Roquefort und Champagner, zu sich. Der Rechtsanwalt war ein beweglicher junger Mann; seine Augen lagen so dicht beieinander, daß er allen Anlaß hatte, der Natur für die Vorsorge dankbar zu sein, mit der sie eine scharfgebogene, mehr als kühne Nase dazwischengesetzt hatte. Er warf, als er sich setzte, einen ziemlich langen Blick auf den Champagner, lehnte aber Wallingfords Einladung, mitzutrinken, standhaft ab.

»Während der Geschäftszeit trinke ich nie«, sagte er, und seine dünnen Lippen verzogen sich zu einem höflich-abwehrenden Lächeln. »Hier und da am Abend, sonst nie.«

»Dann darf ich Ihnen wenigstens eine Zigarre anbieten«, sagte Wallingford. Er wartete, bis der Anwalt sich eine angezündet hatte, und fragte dann:

»Wie liegen die Dinge hier in dieser Stadt? Ist der Stadtsäckel voll, oder sind die ›smarten‹ Leute am Ruder?«

Der junge Mann verstand sofort. Er lachte, und sein Wesen veränderte sich mit einem Male völlig. Mit einem Ruck schob er seinen Stuhl dicht an den Tisch heran und langte nach dem zweiten Glase.

»Hören Sie mal,« rief er aus, »Sie scheinen sich darauf zu verstehen. Die Stadt steckt über die Ohren in Schulden.«

»Dann wird man hier die Kaution einstecken und den Gefangenen freilassen«, sagte Wallingford vor sich hin, schenkte das Champagnerglas mit geübter Hand voll und reichte es seinem Gaste.

»Was wäre Ihnen lieber?« fragte Mr. Maylie, der junge Rechtsanwalt, und zog das Glas zu sich heran.

»Der Gefangene.«

»Dann ist ja allen gedient«, meinte der Anwalt. »Wenn die Behörden die 5000 Dollars Bürgschaft eingesteckt und den Mann freigelassen haben, dann ist die Sache ein für allemal erledigt. Man wird sich dankbar zeigen und die Polizisten auf dem Bahnhof anweisen, aufzupassen, daß der Mann nicht wieder das Stadtgebiet betritt, so daß ihm nichts geschehen kann.«

»So etwas Ähnliches habe ich mir schon gedacht, als ich den Zustand der Straßen sah«, sagte Wallingford. »Mit solchen Leuten kann man vielleicht noch ein Geschäft machen; sie werden mit sich handeln lassen und die Bürgschaft herabsetzen.«

»Glaub' ich nicht«, antwortete der Anwalt. »Ich habe es schon versucht.«

»Haben Sie Bargeld bei sich gehabt, als Sie es versuchten?« fragte der kundige Wallingford. »Nicht? Das ist's eben. ›Cash‹ müssen Sie den Leuten zeigen.« Er zog aus der Brusttasche der Weste ein Bündel Banknoten hervor. »Es ist, Sie wissen es so gut wie ich, ein pures Geschäft, und es lohnt sich schon, ein bißchen zu feilschen. Hier, da haben Sie das Geld. Beeilen Sie sich und kommen Sie mit der ›Ware‹ zurück.«

»Wird gemacht«, sagte der Anwalt, stürzte ein zweites Glas Champagner herunter, nahm das Geld hastig an sich und ging fort. (Zehn gegen eins: er hat bei dem »Geschäft« mit den Behörden eine runde Provision für sich selbst herausgeschlagen.)

Er blieb ungefähr eine Stunde aus. In dieser Zeit war sein vornehmer Klient eifrigst damit beschäftigt, eine Skizze nach der anderen auf das Briefpapier des Hotels zu zeichnen; und jede Skizze sah irgendeinem Teil der pneumatischen Registrierkasse des Herrn Klug auffallend ähnlich. Wallingford bemühte sich augenscheinlich recht angelegentlich um das Problem der möglichst vorteilhaften Verwertung des Klugschen Patents.

Es klopfte. »Herein«, rief Wallingford.

Die Tür öffnete sich, und Wallingford hörte die Stimme Maylies: »Hier ist die Ware.« Damit schob der Anwalt einen großen, stark reduziert aussehenden Mann herein, der – bis auf den ungepflegten Zustand seines schwarzen Schnurrbartes und Haares und den zerknitterten, fleckigen Anzug – eine starke Ähnlichkeit mit einem gewissen, uns schon bekannten Herrn aufwies, der lose herumliegendes Geld geübten Auges aufzulesen und unter die Leute zu bringen verstand – mit »Blackie« Daw!

Wallingford, der in seiner schöpferischen Stimmung Hausrock und Weste abgelegt und die Hemdärmel aufgerollt hatte, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und lachte, bis er sich wie eine Schale Gelee schüttelte.

Mr. Daw, der früher so frohgelaunte, nett gekleidete Mann, schritt düster zu Wallingford, um ihm die Hand zu schütteln, und brach mit einem Male in eine Flut so heftiger Verwünschungen aus, daß Maylie eiligst die Tür schloß. Worauf Wallingford noch lauter lachte, bis ihm die Tränen die Wangen herabflossen. Schließlich deutete er auf einen eisgefüllten Champagnerkübel, der für diesen Augenblick bereitgestellt war. Daw stürzte sich auf diesen Trostspender, Maylie aber, diskret lächelnd, ging zum Geschäftlichen über.

»Ich habe ihn für 4000 Herausbekommen«, teilte er Wallingford mit. Er legte eine Fünfhundert-Dollar-Note auf den Tisch und zählte die restlichen 500 in Hundert-Dollar-Noten auf, eine immer langsamer als die andere. Als er nur noch zwei in der Hand hatte, nahm Wallingford die 800 Dollars an sich und steckte sie in die Tasche.

»Damit werden wir wohl quitt sein«, sagte er.

»Gewiß, danke sehr. Wenn ich sonst etwas – –«

»Nein. Augenblicklich nicht.«

»Schön. Dann guten Tag.« Maylie warf einen begehrlichen Blick auf die hochstieligen Champagnergläser, aber Daw hatte die Flasche ganz für sich in Anspruch genommen. Der Anwalt drückte sich hinaus, und die Tür fiel hinter ihm scharf ins Schloß. Er sah aus wie eine Klinge, die in das Heft zurückschnappt.

Daw hatte inzwischen drei Gläser Champagner heruntergestürzt, ohne den Wein erst lange zu probieren oder die Flasche hinzustellen. Jetzt goß er ein Glas für Wallingford ein.

»Lach' du nur!« rief er empört aus. »Hol' dich der Teufel mit deinem Lachen! Ich seh' wahrscheinlich wie ein Witzblatt aus, aber mir ist gar nicht witzig zumute. Stell' dir nur einmal vor, J. Rufus! Vier lange Tage in einer gottverfluchten Zementgruft, genau siebzehn Eisenstäbe vorm Fenster! Ich habe sie zwanzig Stunden im Tag gezählt. Siebzehn!«

Er blickte schaudernd hinab auf seinen zerknüllten, fleckigen Anzug. Plötzlich begann er, ihn Stück für Stück vom Leib zu reißen, Rock, Weste und Beinkleid, und warf ihn auf einen Stuhl. Dann lief er, grotesk hager in seiner hüllenlosen Gestalt, ans Telephon und ließ einen Raseur und einen Hoteldiener kommen.

»Gib mir eine von diesen Hundert-Dollar-Noten, schnell!« rief er aus. »Ich will wieder einmal Geld in meiner Hand fühlen.«

Wallingford reichte ihm eine der knisternden Noten. »Kopf hoch, Blackie!« mahnte er. »Sieh' mal, wie ruhig ich bin. Steck' dir eine an!«

Daw griff hastig nach der dargereichten Zigarre; aber er war noch zu aufgeregt, um sich zu setzen, und storchte wie eine weiße Riesenzange in seinen Unterkleidern im Zimmer auf und ab.

»Ich habe bemerkt, daß du jede sieben Fuß umkehrst«, sagte Wallingford grinsend. »Deine Zelle ist somit offenbar sieben Fuß groß gewesen. Du hast bei alledem noch Glück gehabt, Blackie. Hier in diesen Gefilden nennt man dein Treiben ›Schwindel‹, und ich wundere mich nur, daß sie dich nicht gehängt haben. In dieser Gegend besteht der größte Teil der Bevölkerung aus Landonkeln, und fast jeder von ihnen ist auf irgendeine ›Goldmine‹ im Mond oder so etwas Ähnliches mindestens einmal in seinem Leben bös hereingefallen. Und wenn zwölf dieser geschorenen Lämmer einmal die glückliche Gelegenheit haben, einen Industrieritter wie dich am Kragen zu packen, wenn sie auf der Geschworenenbank sitzen, so begnügen sie sich selten mit einem milderen Spruch als ›Mord im ersten Grade‹.«

Daw fluchte bloß. Die Ereignisse der letzten vier Tage hatten ihn geistig und körperlich so heruntergebracht, daß er kein Wort zu seiner Entschuldigung hervorbringen konnte.

Wieder klopfte es. Im Hinblick auf sein Déshabillé verschwand der hagere Daw im Nebenzimmer; da es aber bloß der bestellte Hoteldiener war, kam er wieder heraus und reichte ihm seinen Anzug. »Reinigen und plätten«, befahl er. »In einer Stunde will ich ihn wieder haben. Diesen Hunderter wechseln Sie mir in Münze, mit der man umgehen kann.« Und als der Diener fort war: »Jetzt ist mir wieder wohler. Ich habe wieder einem etwas befehlen können, und der eine muß gehorchen.«

Wallingford holte aus dem Schrank einen Bademantel heraus, in den Daw sich zwei- bis dreimal einwickeln konnte, und fuhr in seiner Strafpredigt fort.

»Zu schlimm, daß du dein Geschäft noch immer nicht verstehst, Blackie«, sagte er, noch immer belustigt. »Ich denke, ich kaufe dir noch einen Acker Arizonasand und gründe eine Gesellschaft mit dir, nur um dir zu zeigen, wie ihre Aktien gefahrlos auf gesetzlichem Wege verkauft werden können.«

Zum ersten Male verzog sich Daws Gesicht zu einem Grinsen. Dann nahm er eine dramatische Pose an und rief theatralisch aus:

»Wer ist jener Mann, der schnaubend die Straße entlang läuft? Ich bin's! Siehst du, wie meine Rockschöße flattern, wie ich jenen Hügel hinaufkeuche? Siehst du mein bleiches Antlitz, siehst du, wie ich mich umdrehe, um zu sehen, ob die Häscher noch immer hinter mir her sind?« Er wollte in diesem Ton fortfahren, aber die vier Tage »Zementgruft« hatten seinen Witz eingetrocknet. Erst als der gereinigte Anzug, die frisch geputzten Schuhe und das glatt rasierte Gesicht wieder den alten Daw ein wenig hergestellt, ihm das geistliche Aussehen wiedergegeben hatten, fand er wenigstens teilweise seinen früheren Humor wieder und damit seinen Appetit. Er tat dem Lunch, den Wallingford in seinem Zimmer decken ließ, alle Ehre an.

»Nun mach' dir's bequem, Blackie«, sagte Wallingford. »Du möchtest dich wohl bei Tageslicht nicht auf der Straße blicken lassen, he?«

»Ne, nicht gern.«

»Dann vertreibe dir die Zeit hier bei mir, so gut du kannst. Mich mußt du allerdings entschuldigen. Ich habe zu tun, wie du siehst.« Er deutete auf die Zeichnungen. »Ich gedenke für die nächste Zeit den Sitz meiner Tätigkeit hierher in diese Stadt zu verlegen.«

»Tu's nicht!« mahnte sein Freund. »Diese Stadt hier ist mit giftigen Dünsten geschwängert. Und an jedem Dollar ist ein Zettel mit dem Namen des Eigentümers befestigt. Wenn du einen anrührst, so untersuchen sie deinen Fingerabdruck und stecken dich ein.«

» Mich nicht! Mein streng gesetzmäßiges Vorgehen wird den Leuten sowohl Respekt wie Bewunderung einflößen.« Damit ging er wieder an seine Arbeit.

Daw, der mit dem Nachtzuge abzureisen gedachte, vertrieb sich die Langeweile, so gut er konnte; schlief, las Zeitungen, rauchte, aß und trank. Wallingford kümmerte sich nicht um ihn. Er zeichnete unablässig auf dem kleinen Schreibtisch. Ehe die Bar des Hotels geschlossen wurde, ging Wallingford hinab und knüpfte mit dem weißgeschürzten Kellner nähere Bekanntschaft an. Von ihm entlieh er eine noch nicht gebrauchte Registrierkasse, die für besondere Gelegenheiten, für Tage mit starker Kundschaft, politische Kongresse und dergleichen, reserviert wurde. Er nahm den Apparat auf sein Zimmer, wo er ihn sorgfältig studierte und mit seinen Zeichnungen verglich.

Am nächsten Vormittag fuhr er zu Karl Klug, dessen saubere Werkstatt außerhalb des Weichbildes der Stadt lag. Eine kleine Gruppe umstand mit lebhaftem Interesse den pneumatischen Apparat Klugs. Auf einer Bank lag das Patent – ein wirkliches, von der Regierung der Vereinigten Staaten ausgestelltes Patent mit Band und Siegel.

»Ganz – ganz verschieden von den vierhundertzwölf Patenten, in jedem Bestandteil verschieden!« hatte Klug, etwa zehn Minuten vor der Ankunft Wallingfords, den Zuhörern auseinandergesetzt.

»So–o–o!« machte der dicke Otto Schmidt, der Gemüsegärtner. Er drückte mit großem, erdbraunem Finger erst auf die 1-Dollar-, dann auf die 45-Cents-Taste. »Und was kostet es, so eine Maschine herzustellen?«

»Nicht ganz 25 Dollars«, erklärte Klug. »Und die ›Amerikanische Registrierkassen-Gesellschaft‹ verkauft ihre für 200 bis 300 Dollars. Diese hier können wir für 100 Dollars verkaufen; und wenn wir gute Geschäfte machen, so muß sie uns aufkaufen, wenn sie nicht will, daß wir ihnen das ganze Geschäft wegnehmen.«

»So ist es«, stimmte Henry Vogel, der magere, knochige Tischler, bei. »Aufkaufen müssen sie uns, und das wird uns viel Geld einbringen.«

»So ist es«, bekräftigte auch Klug, und alle drei lachten. Der Gedanke, einem großen Monopol Tausende und Tausende aus den Händen reißen zu können, stimmte sie offenbar heiter.

»Es ist unbedingt ein gutes Geschäft«, fuhr Klug fort. »Als ich den Apparat dem Mr. Wallingford zeigte, von dem ich euch erzählt habe, sagte er gleich, daß er mitmachen wolle. Er ist einer von den Geldleuten des Ostens, und die sind alle smarte Leute.«

In einer Ecke saß Jens Jensen. Hundert kluge Falten hatten die Jahre in sein Gesicht gegraben, das von einem struppigen Bart von einem Ohr zum anderen eingerahmt war. Er war Karls nächster Nachbar und hatte das Patent immer wieder von oben bis unten durchstudiert. Er hatte bisher geschwiegen.

»Torheit!« sagte er jetzt. »Der Mann ist vielleicht ein Betrüger; aber so oder so, wenn in der Sache Geld steckt, so sollten wir's für uns behalten und nicht hergelaufenen Leuten zustecken.«

Der dicke Otto Schmitt drückte jetzt die 2-Dollar-Taste nieder. Der Zettel mit dem Aufdruck »2 Dollars« kam heraus, die Schublade ging auf und eine kleine Glocke ertönte. Es war großartig.

»Das sage ich auch«, erklärte Otto. Sein breites Gesicht sah hart aus wie Granit, seine Backenknochen standen weit hervor und waren mit einer bläulichen Haut überzogen.

Die vier Männer standen jetzt in der Nähe des Fensters und lauschten dem Geräusch eines heranrollenden Wagens. Es war der Wagen, in dem Wallingford saß. Das Gefährt sah aus, als hätte es eben die Fabrik verlassen. Das Holzwerk war glänzend poliert wie das eines Pianos, die Fenster aus geschliffenem Glas. Der Kutscher sprang dienstfertig herunter und öffnete den Schlag, und der stattliche Wallingford stieg aus. Er war äußerst vornehm anzusehen in seinem neuen braunkarrierten Anzug, seinem braunen Filzhut, braunen Schuhen, braunseidenen Strümpfen und den braunen Handschuhen, die aus der Rocktasche hervorsahen. Alle Schattierungen der Farbe waren stilvoll zueinander abgepaßt.

»Das ist er«, sagte Karl.

»Hab' mir's gleich gedacht«, erklärte Jensen. »Er ist ein Betrüger.«

Wallingford begrüßte die Männer mit nicht zu überbietender Höflichkeit und Freundlichkeit. Er schüttelte jedem herzlich die Hand und lächelte bei jeder Begrüßung; es sah aus, als ob ihm nichts in seinem Leben solches Vergnügen bereitet hätte, wie die Bekanntschaft dieser Herren.

»Das ist wirklich eine schöne kleine Werkstatt, Mr. Klug«, sagte er und blickte mit der Miene angenehmer Überraschung um sich. »Hier können wir genug Apparate anschaffen, um der ›Amerikanischen Registrierkassen-Gesellschaft‹ einen gesunden Schrecken einzujagen. Meine Herren, ich kann nur sagen: wenn sonst niemand Lust hat, sich an der glänzenden Erfindung Mr. Klugs zu beteiligen, ich bin durchaus bereit, ihm mit jedem Kapital, das er braucht, beizuspringen.«

Es war dies ein außerordentlich großmütiges Anerbieten, um so mehr, als die 600 Dollars, die er bei sich hatte, alles Kapital war, über das er verfügte. Es muß aber der Gerechtigkeit halber gesagt werden, daß er viel Geld erwartete, und zwar bald. Die Aussichten waren gut. –

Die vier betrachteten ihn noch einmal; 25 000 Dollars, 50 000 Dollars, 100 000 Dollars – es war klar, daß dieser Herr jeden Betrag in kürzester Zeit herbeischaffen konnte.

»Nein!« rief Jens Jensen – gerade er – laut aus. Er gab damit der Meinung aller übrigen Ausdruck. »Wir machen alle mit, Sie, wir und noch einer.«

»Noch zwei«, verbesserte Karl. »Dr. Feldmeyer und Emil Kessler.«

Otto Schmidt schüttelte zweifelnd den Kopf.

»Emil ist der Baugesellschaft Geld schuldig«, bemerkte er.

»Emil macht mit«, wiederholte Karl Klug fest. »Er ist ein Freund von mir. Ich leihe ihm das Geld, und er wird es mir zurückzahlen, wenn die ›Amerikanische‹ uns aufkauft.«

Wallingford blickte zum Fenster hinaus auf den polierten Mietwagen und lächelte. Mit solchen Geschäftsleuten würde er leicht fertig werden.

»Wann machen wir also unsern Gesellschaftsvertrag?« fragte er.

»Morgen!« beeilte sich Jensen zu antworten. »Wir alle legen Geld ein, so viel wir wollen oder können, und sind entsprechend am Gewinn beteiligt.«

Jens, der ihn, kaum daß er ihn gesehen, als einen »Betrüger« abgetan hatte, hielt sich jetzt ganz dicht bei ihm und blickte ihn immer wieder mit seinen freundlichsten Augen an. Ein herzlicher Händedruck des Millionärs hatte ihn ganz umgewandelt.

»Karl,« rief er diesem zu, »du mußt Mr. Wallingford in deinen Keller führen.«

»Wir gehen alle mit«, sagte der dicke Otto Schmitt, und alle lachten, Karl am lautesten.

»Kommt«, sagte er.

Gleich neben der Werkstatt lag Klugs Ziegelhaus mitten in einem Garten, der peinlich sauber gehalten war. Jeder einzelne Baum war bis genau zur gleichen Höhe weiß angestrichen, alles glänzte in musterhafter Ordnung. Die Gartenwege, gleichfalls aus Ziegelsteinen, waren blendend rein gescheuert, und rechts und links von ihnen sproßte samtgrünes Gras. Überall blühten Blumen, und Wein rankte sich um die Holzgitter vor der Tür und um die ganze Hausfront. Im Küchengärtchen waren alle Arten Gemüse in hübschen Reihen und Beeten gepflanzt. Die fünf Männer setzten sich im Vorderzimmer des Erdgeschosses auf hölzernen Bänken dicht nebeneinander. Jens Jensen beeilte sich, auf den Sitz Mr. Wallingfords einen Bogen reines Zeitungspapier zu breiten. Karl verschwand nach unten und kam nach einigen Minuten mit einem großen Kruge und fünf Gläsern, alle von verschiedener Form und Größe, wieder zum Vorschein. Aus dem Kruge schenkte er seinen Gästen seinen besten selbstgezogenen Wein, und die kleine Gesellschaft verbrachte eine heitere halbe Stunde. Mr. Wallingford, als Ehrengast, war der Mittelpunkt der Unterhaltung.

»Sie müssen heute abend in die Kirche kommen«, bat Jens Jensen. »Wir werden etwas auslosen Ein namentlich in kleineren amerikanischen Städten, aber auch unter der kleinbürgerlichen Bevölkerung der Großstädte sehr beliebter Teil eines jeden Unterhaltungsprogramms. Der Kirchenbesuch ist drüben, wie bekannt, häufig mit sehr weltlichen Unterhaltungen verbunden., und Dr. Feldmeyer wird auch dabei sein. Er ist ein sehr feiner Herr. Er wird sich freuen, Ihre Bekanntschaft zu machen. Es wird auch genug zu essen und zu trinken geben. Sie können die Kirche von hier aus sehen.« Er deutete mit dem Finger auf ihren hohen Turm.

Wallingford schüttelte ihm kräftig die Hand. »Ich komme bestimmt«, sagte er begeistert.

Als er sich verabschiedete, fragte Karl Klug:

»Was haltet ihr von ihm?«

»Er ist ein sehr feiner Herr«, sagte Jens, und keiner widersprach.


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