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Kapitel II.

Es lag eine wunderbare Frühlingsahnung in der Natur. Die Erde war so weich, der Himmel so blau, die Lüfte waren so rein und sonnig; die Spatzen flogen mit lustigem Gezwitscher umher und die Menschen hatten so fröhliche sorglose Gesichter. Eine heiterere Fastnacht konnte es nicht geben; wir Kinder freuten uns ganz unbeschreiblich auf den Montag und Dienstag. Wir brannten vor Neugierde, was wohl diesesmal zum Vorschein kommen würde. An unsern ehemaligen Freund, den einsilbigen mürrischen Uhlan, der gar keine Geschichten mehr wußte, der nur im braunen Lederstuhl saß, um andern den Platz wegzunehmen und zu schlafen, dachten wir in unserm kindlichen Egoismus gar nicht mehr. Wir dachten vielmehr an unsere eigenen Maskeraden und daß die Mutter uns eine Gesellschaft bei Tyrolerwein im Schloßzimmer für den Dienstag versprochen hatte.

O dieser purpurrote Tyrolerwein! Wir stellten uns vor, der König würde gewiß alle Sonntage solchen Tyrolerwein trinken; alle Tage? Nein, das wäre doch gar zu kostbar gewesen.

Der Montag kam und mit ihm kamen die Fahnenschwenker. Wir zählten die Bänder an den Fahnen, wir maßen mit den Augen Länge und Breite, o, sie waren weit kürzer und viel schmäler, nicht mit Goldflitter gestickt und lange nicht so schönfarbig wie voriges Jahr, als unsere Nanny die Fahnenjungfrau vorgestellt hatte, und keine von den dreien war so schön, wie sie selber! So schön wie unsere Mutter und Nanny war überhaupt niemand; dies merkten wir auch an des Vaters himmelblauen Augen, wenn sie auf der Mutter weilten, und der Aidi sah auch so aus, als ob ihm unsere Nanny am besten gefiele.

Dann aber kam der Dienstag. Nein, wir hatten nicht an den armen Uhlan gedacht; aber die Mutter gedachte seiner; sie stellte sich vor, wie zentnerschwer dieser lustige Tag ihm auf Herz und Gewissen fallen müßte; wie er, ehedem der Lustigste, nun einsam und verlassen in seinem Häuschen sitzen würde, und diese Vorstellung tat ihrem lieben Herzen weh. Sie lud also den alten Uhlan ein, am Dienstag Nachmittag zu uns zu kommen, um die Kinder zu hüten und zu unterhalten. Dies mochte er ihr nicht abschlagen, er hätte sich freilich lieber in seiner Hütte, wie die Maus im Loche versteckt. Als die Mutter dieses dem Vater mitteilte, lachte er so recht vergnügt in sich hinein, und fuhr sich dabei über das Kinn. Sie fragte ihn: »Warum lachst Du jetzt, Papa?« Und er antwortete: »O, Du neugierige Frau! Das sag' ich Dir zur Strafe Deiner Neugierde gerade nicht!« – aber er sah sie dabei so seelenvergnügt an, daß gewiß keine ernstlich gemeinte Strafe damit verstanden war. –

Der Uhlan kam in seinem besten Staate, in all' seinen Überresten der militärischen Kleider, denn es war keine geringe Ehre, von der Mutter eingeladen zu sein, nicht ihrer höheren Stellung, sondern ihres persönlichen Ansehens wegen, das sie genoß. Ja, er kam; als jedoch der Maskenzug sich dem Schlosse näherte, als unsere gute, alte Uhr bedächtig die dritte Stunde verkündete und wir die Treppe hinabstürmten, da setzte er sich weit vom Fenster hinweg auf das Sofa und bedeckte sein Gesicht mit den Händen.

Es ging wieder recht lustig zu, aber ohne Wagen und Komödie, nur verschiedentliche Masken schlossen sich dem Pfluge mit dem alten Grauschimmel an, denn es fehlte der Uhlan, in dessen Kopf die ganze frühere Anordnung entstanden war.

Als wir uns nach der Mutter umschauten, konnten wir sie nicht entdecken, und als der Zug sich wieder entfernte, durchschrien wir den Hof nach ihr und fanden sie endlich im großen Zimmer, wo sie mit Hilfe des Uhlans den Kaffeetisch zurecht machte; sie hatte gar nichts von dem ganzen Maskenzug gesehen.

Jetzt begann also unser eigenes Fest und wir saßen im höchsten Stolze um den großen Tisch – alle Nationen und Stände: Türken, Schweizer, Polen, Spanier, Kaminfeger, Bauernmädchen, eine Preziosa neben dem Zigeuner, ein Hanswurst und ein altmodisches Pärchen. Der Uhlan in seinem Kostüme paßte ganz zu uns, und auch die Nanny hatte sich in die alte Gärtnerin verwandelt. Der Vater kam, er stand eine gute Weile, die Hände auf dem Rücken, bei uns und sah vergnügt darein. Dann setzte er sich seitwärts und schaukelte auf seinen Knien das kleine Schwesterlein, welches als Bauernbübchen in echter Kleidung, es waren die schönsten kurzen Lederhöschen aus der Nachbarschaft, einen allerliebsten Kniereiter abgab.

Nun war die erste Abteilung, nämlich das Kaffeetrinken, vorüber und wir begannen unsere lärmenden Spiele durch alle sechs ineinander geöffneten großen Zimmer. Endlich wurde unserer Mutter der Spektakel doch zu arg, wir sahen vor Erhitzung auch wie gesottene Krebse aus und somit machte sie den Vorschlag uns abzukühlen, damit der Tyrolerwein an die Reihe kommen könnte – der Uhlan wisse sicherlich eine schöne Geschichte.

Wir waren es zufrieden und drängten uns um den ehemaligen Freund. Da saß er nun wieder in unserer Mitte; aber er fuhr sich über die Stirne und sagte: »Ja, Kinder, was soll ich Euch denn erzählen? Ihr wißt schon alles.«

»Nein!«, schrie Ernst, – »wir wissen nicht alles. Erzähl' uns, wie der Bader dein Herzbruder wurde.«

»Ja, ja!« schrie der Chor, und jetzt ging uns endlich ein Licht auf, warum der Uhlan sich verändert hatte. Plötzlich waren wir wieder seine Freunde und bezeugten ihm dieses mit Zupfen am Schnauzbart, mit Umarmungen von rückwärts und dergleichen kindlichen Liebkosungen.

Des Uhlans Augen hatten bei Ernst's Vorschlag einen sonderbaren, feuchten Glanz bekommen und dabei lächelte sein Mund, man konnte es trotz des Schnauzbartes sehen, denn sein ganzes Gesicht lächelte mit; dann sagte er: »Meinetwegen, es sei so! – Ja, Kinder, Ihr sollt es wissen, und ich will es Euch erzählen. Aber Ihr müßt mich nachher auch noch gern haben, mich alten donnerschlechtigen Kerl, der nun keinen Herzbruder mehr hat.«

Der Uhlan fuhr sich mit dem dunkelblauen Taschentuche über das Gesicht und zwar über die Augen und begann zu erzählen:

»Ich war von jeher ein lustiger Bursche und daß ich's nur gerad heraussage – etwas leichtsinniger Natur und machte tolle Streiche genug. Nicht, daß ich hätte irgend jemanden etwas zu Leide tun, oder auch nur ärgern wollen, sondern ich führte eben meine lustigen Einfälle aus, an etwas weiteres, oder, was für mich und meine Freunde entstehen könnte, dachte ich keinen Augenblick. Schon in der Schule war ich der Rädelsführer; wenn aber andere auch mittaten, die Brühe trank ich allein aus und sie war bitter genug, bitterer, als manche Medizin, nur mit dem Unterschiede, daß diese bisweilen kuriert, die meinige jedoch nützte nichts.

Wie ihr schon wißt, heiße ich Joseph Anton, aber der heilige Joseph war nur so nebenbei mein Patron, der Schutzpatron war der heilige Antonius von Padua. Meines Vaters Bruder bekam fast zu gleicher Zeit einen Buben, und da er meinte, mein Vater sei etwas grob mit dem heiligen Joseph umgegangen, bestellte er diesen zum Schutzpatronen und ließ meinen Vetter Anton Joseph taufen; mich hieß man Tony und den andern – Seppl – nur im Tauf- und Schulregister wurden unsere ganzen Namen verzeichnet.

Obwohl mir nun Anton besser in die Ohren klingt, als Joseph, so hätt' ich doch gerne mit dem Seppl getauscht, denn der hatte den reichsten Bauern im Oberland, zwischen Kempten und Lindau, einen ehemaligen Kameraden seines Vaters, zum Taufpaten. Er bekam gleich zum Einstand silberne Denkmünzen und alle Jahr ein extra Namenstagspräsent mit der Einladung zur Vakanz; aber die wurde freilich niemals angenommen, weil der Ort zu entfernt lag. Ich dagegen hatte nur einen armen Maurer aus Burgau zum Taufpaten, der konnte mir nichts schenken, versprach jedoch, mich unentgeltlich in die Lehre zu nehmen. So war ich also ein geborener Maurer und das machte ich mir als zehnjähriger Bub zunutz. Ich schrieb nämlich an die Häuser verschiedenen Unsinn, mit dem erstlichen Vorsatz, es später wieder zu übertünchen. Der Seppl war mein Gehilfe; da er aber die Reimlein und Sprüche sich ausdachte, während ich sie niederschrieb und meine Finger mit der Kohle schwärzte, hatte er Zeit, seine Augen zu gebrauchen und bei einer Entdeckung davon zu laufen, während man mich bei der Kalligraphie erwischte und die Noten dafür auf den Rücken schrieb.

»Wart nur, Vetterle, ich tränk Dir's schon ein«, dachte ich mir damals und schrieb mir's hinter die Ohren für spätere Zeiten. Ich hatte noch allerlei hinter die Ohren zu schreiben, weil man jedoch mit seinen Augen es dort nicht überlesen kann und mein Gedächtnis dafür allzu flatterhaft war, vergaß ich's von einem zum andern Male und trieb mit meinem Vetter die gemeinsamen Streiche. Ich will mich nicht schön färben, aber das kann ich sagen, daß ich's nur lustig und leichtsinnig trieb, während der Seppl manche Portion Bosheit hinein mischte.

Dazumal war auch der Heindl ein Bub unsers Alters und ging mit uns in die Schule. Er gehörte zu den absonderlich Braven und Fleißigen; er hatte nichts mit uns gemein, blieb höchstens von weitem stehen, wenn wir irgend etwas Tolles ausführten und lachte mich vergnügt an; mit dem Seppl aber stand er auf keinem so guten Fuße, der hatte ihn schon genug geplagt.

Endlich verstrich die Schulzeit und ich kam zu meinem Paten in die Lehre, der Vetter aber schlug sich zu den Bürstenbindern, es sei ein lustiges Handwerk, sagte er. Mir gefiel das meine über alle Maßen. Es war vergnüglich, so hoch oben zu stehen auf Mauern und Gerüsten, den kleinen Tannenbaum voller Bänder und Zierraten auf den Giebel zu setzen und hinaus zu schauen in's weite Land. Oft dachte ich mir dabei: »Wie schön muß es erst noch weiter drin sein!« und dabei kam mir die Reiselust. Als ich die Lehrzeit hinter mir und noch ein Jahr bei einem tüchtigen Maurermeister gearbeitet hatte, verschaffte ich mir ein Wanderbuch, schnürte den Ranzen und zog hinaus in die weite lustige Welt mit der ersparten Barschaft eines ganzen Jahreslohnes, erst neunzehn Jahre alt.

Anfangs war es mir nicht sonderlich viel um einen Platz zu tun; ich wollte ja vorerst die Welt sehen und deshalb zog ich zuerst in die Hauptstadt. Dort besah ich mir alle Häuser, Paläste und Kirchen und auch ein wenig die Gasthöfe und Wirtshäuser. Bald hatte ich davon genug gesehen; mich zog es hinaus in die weite offene Welt. Von Ferne winkten mir die bläulichen Berge; dahin wanderte ich und stellte meine Betrachtungen an und wie baufällig gegen solch eine Felswand doch unsere Mauern seien. Nebenbei gefielen mir die netten Gebirgshäuser und am allerbesten die Sennhütten. Das Jodeln und Jauchzen war meine Herzenslust; ich wollte gar nicht mehr aus dem Gebirge heraus und durchzog die Gegend von den Salzburger- bis zu den Allgäuer-Alpen. – In all der Zeit hatte ich nicht an die Zukunft gedacht; mein Geld ging zu Ende und ich befand mich noch ziemlich weit von einem Städtchen, wo ich auf Arbeit rechnen durfte.

Als ich die Sache überlegte, kam mir's schwindlicher vor, als jemals auf einem Gerüste oder einer Felswand. Ich nahm meine Reisekarte zur Hand, um den nächsten Weg zu einer Stadt zu suchen. Plötzlich blitzte es durch meinen Kopf. Ich lachte laut und fuhr mit beiden Händen hinter meine Ohren, wo angeschrieben stand, was Vetter Anton Joseph mir schuldig war. Aus seiner Erzählung wußte ich, daß der reiche Taufpate in dieser Gegend wohnte. Ich wußte wie er hieß und alles, was dem Seppl selbst bekannt war, auch daß er seit Jahren nichts mehr hatte von sich hören lassen. Da rief ich frohlockend: »Ich geh zum Taufpaten als Anton Joseph und laß mir's wohl sein; dann zieh ich mit einem hübschen Geschenk ab und der Vetter Bürstenbinder soll Ehre von mir haben. Nein, ist das ein Jux! Heiliger Antonius, nimm mir's nicht übel, daß ich Dich verleugne, und Du, heiliger Joseph, bist mir als Nebenpatron auch etwas schuldig!«

Ich schwang also meinen Wanderstab in der Luft und marschierte dem nicht allzufernen Orte zu, wo Seppl's reicher Pate seinen Bauernhof hatte. Ich hielt es für den besten Spaß und es kam mir keinen Augenblick in den Sinn, daß ich eigentlich einen grundschlechten, mutwilligen Streich ausführte. Gegen den Abend langte ich vor dem Hofe an, schritt ohne Zagen in den Hausgang und blieb mit abgezogener Mütze unter der offenen Tür stehen. In der Wohnstube saßen alle bei der Abendsuppe. Man hielt mich für einen bettelnden Wanderburschen, der Bauer langte schon in seine Tasche, ich aber rief fröhlich: »Grüß Gott, Pate und alle miteinander! Da wär einmal der Joseph!«

Sogleich sprang der Bauer auf, streckte mir die Hand entgegen, drängte mich, das Ränzlein abzulegen und zog mich zur Suppenschüssel, indem er rief: »Iß und trink! Da, der Bierkrug ist noch voll; dann wollen wir erst miteinander Bekanntschaft machen.«

Dies geschah; ich schüttelte der Bäuerin und der netten, sechzehnjährigen Resele die Hand; keines ließ es an Freundlichkeit fehlen, als der Oberknecht, ein junger beurlaubter Soldat, Reiner genannt. Dieser war ein Verwandter des Bauern und schielte mich als Eindringling voller Mißgunst und Eifersucht an, und so oft das Resele später mit mir lachte, fluchte er in seinen Schnauzbart hinein.

Wir führten ein lustiges, pudelnärrisches Leben, denn mir fielen allerlei Schnacken und Schnurren ein und das gefiel allen. Endlich mußte ich doch dergleichen tun, als ob ich wieder weiter wollte. Da nahm mich der Bauer beim Kragen und sagte ganz ernsthaft: »Joseph, ich kann Dich nicht aufhalten, denn arbeiten muß der Mensch. Aber bevor Du weiter gehst, muß ich ein ernsthaftes Wort mit Dir reden. Gefallen hast uns, lachen und schwätzen kannst, wie sieht's aber mit Deinem Handwerk aus?«

Bei dieser Frage schoß mir alles Blut in's Gesicht. Wenn der Bauer weiß, daß der Seppl ein Bürstenbinder ist, was dann? Selbst wenn er mein Wanderbuch nicht zu sehen begehrte, könnte es ihm einfallen, ich sollt an einer seiner alten Bürsten meine Kunstfertigkeit erproben. Zudem ging das Lügen schnurstracks gegen meine Gewohnheit und ich verwünschte in diesem Augenblick meinen Streich. Der Bauer bemerkte sogleich die Röte in meinem Gesicht und sagte: »Holla! Was gibt's, Bub? Warum wirst so blutrot?« -

Ich antwortete schnell und gefaßt:

»Nun, ich will's nur bekennen; Pate, ich schämte mich, daß Ihr mich für unbeständig halten könntet. Vielleicht hat Euch der Vater geschrieben, ich wolle ein Bürstenbinder werden, oder ich sei einer geworden; aber es gereute mich bald und ich wurde ein Maurer.«

Da nickte mir der Bauer wohlgefällig entgegen; ich aber zog keck mein Wanderbuch aus der Tasche, worin auch mein Lehrbrief war und reichte es dem Bauern hin. Der las es ganz von Anfang; sogleich bei meinem Namen hielt er inne und wiederholte »Joseph Anton« und fügte bei: »War der eine Name nicht genug? Wie kommst noch zum Anton?«

Ich antwortete nun mit offenem Gesichte, weil ich nun nicht zu lügen brauchte: »Der Maurermeister, zu dem ich später unentgeldlich in die Lehre kam, hat mich über die Tauf gehoben.« –

»So, so, an meiner statt, weil ich's nicht selber tun konnte, – richtig,« schaltete der Bauer ein, »und da hat man ihm doch die Ehr' antun müssen, Dir auch seinen Namen beizulegen.«

Das war einmal gut hinausgebissen! Ich jubelte inwendig. Der Bauer bemerkte noch weiters: »Es sollt eigentlich von Rechtswegen heißen »Anton Joseph denn der richtige Name gehört zuletzt.«

Da stieg mir der Übermut und ich sagte: »Hier ist's nur verschrieben, im Taufregister heißt es schon: Anton Joseph.«

Der Bauer ging nun zum Wandschrank; dort nestelte er den Geldsack auf und kehrte zu mir zurück. Er sprach: »Joseph, da hast etwas zur Reise und wenn Dich gut aufführst, will ich Dich in meinem Testament bedenken; hab ja nur ein einziges Kind, das Resele, und die gönnt Dir's auch.«

Mit diesem Worte reichte er mir fünf Taler hin, und klopfte mir auf die Schulter.

Dann rief er: »Was gibt's, Reiner?« Denn nun gewahrte er denselben, welcher, seine Pfeife rauchend, unter der Stubentüre stand und alles mit angehört hatte.

Während nun die beiden verabredeten, was im Hof am andern Tag geschehen sollte, gesellte ich mich zum Resele, das die Hühner fütterte und verkündete ihr die Zeit meiner Abreise. Des andern Tags zog ich ab; alle geleiteten mich durch den Hof und luden mich ein, wieder zu kommen und auch zu schreiben, wenn ich eine Unterkunft gefunden hätte.

Das war einmal geglückt! Hoffnungsreich wanderte ich nach Kempten und fand auch dort Arbeit; aber ich hütete mich wohl, dem Bauern zu schreiben. Ich blieb dort achtzehn Monate, dann wurde ich militärpflichtig und einberufen.«

Der Uhlan machte eine Pause; die Mutter benützte dieselbe und sagte zu Nanny, welche lauschend bei Seite gestanden war: »Stell einmal die Gläser her, ich will einschenken. Der arme Uhlan ist ja ganz ausgetrocknet vor lauter Erzählen.« Wir hatten über der Geschichte sogar den Tyrolerwein vergessen; nun aber eilten wir zum Tische und kosteten den herrlichen süßen Trank, ja wir schleckten noch die Lippen ab. Auch dem Uhlan schmeckte es; doch trank er schweigend, seine Geschichte zog ihn ganz ab. Auch wir gruppierten uns wieder um'jhn. »Bst!« rief Ernst bei einem Geräusche; doch wir waren daran nicht Schuld, es kam aus des Vaters Schlafkabinett dicht neben an und die Türe stand offen. Die Mutter blickte hinein und Tony sagte: »Der Vater zieht sich an; er fährt heut Abend auf den Ball nach Burgau. Jetzt aber, Uhlan, erzähl weiter. Wann kommt denn einmal Deine Freundschaft mit dem Bader Heindl?«

Der Uhlan seufzte und erwiderte: »Nur Geduld, Kleiner, jetzt gleich!« und er begann von neuem.


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