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Beitrag zu den Leichengedichten
auf den Tod Maria Theresias.

Du liebe Zeit!
Was Kopf hat, brütet,
Und kreißt und schüttet
Heraus, und schreit
In Vers und Prosa
Laut und sub rosa
Gar manches Ach
Der Fürstin nach,
Die das Hofiren
Und Parentiren
Nicht brauchet. Fragt
Die sel'ge Theure,
Was die euch sagt:
»So viel Geleire
Ist nicht Natur:
Ein Thränchen nur
Zur Dankesgab'
An meinem Grab,
Bei leisem Stöhnen
Geweint, ist mehr,
Als so ein Meer
Gedruckter Thränen.«
Bleibt immer stumm!
Der Fürstin Ruhm
Wird ohne Preisen
An euch sich weisen.

Wenn ihr in Ruhe
Eu'r Tischchen deckt.
Mit keinem Schuhe
Im Schlamme steckt,
Wenn euern Waisen
Nicht Hungersnoth,
Und euern Reisen
Kein Räuber droht,
Wenn um sein Brod
Der Fleiß nicht bettelt,
Und euer Geld
Kein Mönch verzettelt
Aus eurer Welt,
Wenn Ehr' und Gunst
Den Künstler lohnet,
Und nicht mehr Kunst
Bei Armuth wohnet:
Wenn rein die Luft,
Kein Leichenduft
Aus nahen Grüften,
Euch zu vergiften,
Die Lunge hebt;
Wenn ihr gesünder,
Und länger lebt;
Wenn eure Kinder
Kein Schuster lehrt,
Und kein's, von Riemen
Gebläut, mit Striemen
Nach Hause kehrt!
Wenn in den Schulen
Nicht Worte mehr
In Schlaf sie lullen:
Kein Schulfuchs mehr
Im Lehrsaal poltert,
Und Jungen da
Mit Barbara
Celarent foltert;
Wenn eure Knaben
Erst Bärte haben,
Die Mägdelein
Erst klüger sein,
Und denken müssen,
Eh' ihr sie könnt,
Von euch getrennt,
In's Kloster schließen;
Wenn euern Kindern
Nicht Waisennoth
Und Habsucht droht,
Und Filze nicht
Ihr Erbe plündern;
Wenn vor Gericht
Die Unschuld nicht
Aus Foltern heulet,
Und dann dem Tod
Aus dem Schaffot
Entgegen eilet;
Indeß, geheilet,
Der Bösewicht
Von stärkern Zehnen
Der Folter lacht,
Und neuer Thränen
Sich schuldig macht.

Wenn sie euch Sprossen
Und Enkel gab.
Die auf ihr Grab
Ihr Thränchen gossen;
Wenn diese Zweige
Euch manche Reiche
Verbrüderten,
Die, euch zu schirmen,
Wenn Feinde stürmen.
Als Mauern, stehn;
Und wenn sie den,
Den Sohn sie hieß –
Ihr bestes Erbe -
Euch hinterließ,
Damit kein Sprößchen,
Das sie gesä't,
Für euch gesä't,
Im Keime sterbe;
Wenn er die Sprößchen
Zu Bäumen zieht,
An deren Blüth'
Und Früchten sich
Einst dankbarlich
Noch eure Knaben
Und Enkel laben;
Sprießt all' die Fülle
Des Guten euch
In Josephs Reich,
So nehmt's in Stille,
Genießt es frei.
Und seht dabei,
Mit Dank im Blicke,
Aus die zurücke,
Die dieses Feld
Mit reichem Samen
Für euch bestellt,
Und dies erhält
Theresiens Namen
Viel länger als
Das Deklamiren
Und Parentiren
Aus vollem Hals,
Und all' die Blättchen
Der Herr'n Poetchen,
Die heut man liest,
Und – dann vergißt.
Ein schlecht Gedicht
Vermehrt die Summe
Von ihrem Ruhme
Wahrhaftig nicht;
Ihr büßt den euern
Dabei nur ein:
Drum stellt das Leiern
Bei Zeiten ein,
Und laßt es lieber
Dem Dichter über;
Der wird von ihr
Die Nachwelt lehren.
Wollt ihr sie ehren,
So danket ihr;
Das könnt ihr alle.
In diesem Falle
Ist Dank euch Pflicht –
Das Leiern nicht!

*


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