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Gegenstück zu Bürgers Lied:
Herr Bacchus ist ein braver Mann u. s. w.

Herr Bacchus ist ein schlechter Mann,
Ein schmutz'ger, grober Bengel,
Und Herr Apoll, der Leiermann,
Ist gegen ihn ein Engel.

Zwar weiß der Saufbold auf dem Faß
Gar mächtig sich zu brüsten,
Und thut, als wenn von seinem Naß
Wir alle leben müßten.

Allein guckt man ins Faß hinein,
Auf dem der Prahler reitet,
So ist's nur saurer Apfelwein,
Mit Hefen zubereitet.

Doch sitzt er d'rauf, wie angepicht,
Mit immer vollem Glase,
Dickwanstig, Bausback' im Gesicht,
Rubinen auf der Nase.

Und wird der Tummler ihm zu klein,
So legt er, wie von Sinnen,
Sich unter'n Schlauch, und läßt den Wein
Sich in die Gurgel rinnen.

Bei Tische lärmt und schreit und singt
Herr Bacchus, wie von Sinnen,
Und läßt wohl gar oft, was er trinkt,
Vor allen Leuten rinnen.

Im Rausch zertrümmert und zerpufft
Er Schüssel, Glas und Teller,
D'rum schmiß man auch den groben Schuft
Zu Kutschern in den Keller.

Nur pflegt er jetzt noch dann und wann
In Klöster zu gerathen,
Und spielt, mit Seide angethan,
Den trunkenen Prälaten.

Vor Zeiten lief er gar ohn' Hemd
Herum auf allen Straßen,
Und ließ die Mädchen unverschämt
Erröthen und erblassen.

Dabei ist er nach altem Brauch
Ein Grobian von Sitten,
D'rum war er bei den Mädchen auch
Von je so schlecht gelitten.

Dagegen weiß gar wundersüß
Apoll zu karessiren,
Ist artig, und läßt überdies
Sich alle Tag frisiren.

Auf den Toiletten, auf dem Ball,
Bei Spiel und Assembleen,
Bei Serenaden – überall
Ist er recht gern gesehen.

Er reicht die Papilloten dar
Bei Schönen, die sich putzen,
Und die erlauben ihm sogar
Die Freiheit – sie zu dutzen.

Da mag Herr Bacchus immerhin
Die großen Brüder schelten,
Apollo hat es mehr Gewinn,
Bei Mädchen was zu gelten.

Dafür ist er auch ganz gemacht,
Den Schönen zu gefallen:
Geht Chapeau bas, tanzt, singt und lacht,
Und kos't und scherzt mit allen.

Den neusten Schnitt wählt sich der Mann
Zu jedem seiner Kleider,
Und ist – wer säh' ihm so was an?
Dabei sein eigner Schneider.

Die lust'gen Mädchen amüsirt
Er wie ein Wiener Herrchen,
Bei Spröden seufzt, bei Sanften girrt,
Bei Trägen singt er Märchen.

Die Damen alle lieben ihn,
Und rufen – wie besessen –
O hätt' er nur auch Haar um's Kinn,
Er wär' ein Mann zum Fressen!

*


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