Otto Julius Bierbaum
Studenten-Beichten
Otto Julius Bierbaum

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5.

Denke Dir, mein lieber, lustiger Theologe: Jeanette macht Verse! Ja, wirklich Verse, »Reimverse«! Eben kam Loni mit dem »Waschwag'l« an meinem Fenster vorbeirasaunt, Loni unsre Grußbotin, die nebenbei die »feine Wasch« ausfährt und sehr stolz ist, daß sich darunter sogar die Nachtjacken einer Gräfin und dito hochderselben Unterhosen befinden; und diese selbe Loni warf mir im Vorübersausen folgenden Jeanettengruß ins Fenster (genau in Jeanetten-Schreibung):

        Gschtanzl.

Un di' mag i' busseln
Un di' mag i' gehrn
Du bist mir der Liawer
Von all die scheene Herrn.

Du hast liawe Aigerln
Und gschmach bist fei recht
Und Du hast a guats Herzerl,
Aber an Schnurrbart hast fei net!

Na, guck mal die Bosheit an! Als Nachschrift: »Du hast mir a Versl verschproch'n a!« (Was übrigens die Rechtschreibung anbelangt, muß ich erklären, daß Jeanette auf meinen Wunsch so schreibt, wie sie spricht. Oh, sie kann Hochdeutsch sehr schön schreiben!)

Wenn Loni zurückkommt, werd' ich ihr folgendes »Versl« überreichen:

          Jeanettens Lied.

Keinen Leutnant will ich haben
Zum Herzallerliebsten mein,
Mein Liebster muß ein Studio,
Ein Studio muß es sein.

Ein'n Krauskopf muß er haben,
Eine rote Schmarre drein:
Mein Liebster muß ein Studio,
Ein Studio muß es sein.

Auf den Locken eine Mütze
Von dunkelrotem Schein,
Mein Liebster muß ein Studio
Ein Studio muß es sein.

Brav trinken muß er können
Braun Bier und hellen Wein,
Mein Liebster muß ein Studio,
Ein Studio muß es sein.

Ein Schnurrbart muß ihm wehen
Von den roten Lippen sein,
Mein Liebster muß ein Studio,
Ein Studio muß es sein.

Der Schnurrbart in der letzten Strophe ist natürlich Tendenzpoesie. –

Aber ist es nicht herrlich, so ein lieb' Mädel zu haben? Donnerwetter, ich muß Dir sagen: es giebt nichts Besseres, und paß auf, Junge: wenn ich ein gutes Examen mache, so ist bloß Jeanette schuld daran. Sie macht mich lustig, lustig zu allen Dingen, sogar zu juristischen. Ja, ich bin förmlich fleißig, alter Schwartenschwenker! Ich arbeite! Und alleweil fidel dabei! Daher geht mir denn auch alles lustig ein. Dinge habe ich in letzter Zeit kapiert, sag' ich Dir, Dinge, von denen ich es nie für möglich gehalten hätte, daß ich sie je intus bekäme.

Weißt Du, darin liegt's, was auch schon stud. jur. Wolfgang Goethe gesagt hat: Nicht bloß liebeln leis mit Augen, – Sondern fest uns anzusaugen – An geliebten Lippen. –

Wahrlich, wahrlich, ich sage Dir: so ist's. Gott, wenn ich an die allerlei Schweinereien denke, mit denen sich so viele »akademische Bürger« herum und in den Sumpf quälen! Pfui Teufel!

Jetzt muß ich aber sehen, daß ich die Loni nicht verpasse.

Fidel bis zur Erschlaffung

Dein Colline.

 


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