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Der Glockenturm der Heimat

Tauchst du wieder empor vor dem inneren Blicke,
Kirchturm mit dem weithin ragenden Helme,
altes Wahrzeichen über der alten Stadt?
Ach, du sahest zu bei fröhlichem Spiele,
sandtest den Gruß deiner Morgen- und Abendglocken
in des Gartens eingehegtes Geviert.
Doch dröhnte es ernster aus deiner Kuppel und Krone,
wehte wohl eine erste dämmernde Ahnung
von den Gewalten des Schicksals ins kindliche Herz.
Du aber standest und standst; dir zu Füßen die Häuser,
schwärzlich bemalt und geziert mit Bild und Figur,
Laubengängen daran mit hallenden Steinen.
Gras wuchs zwischen den Pflasterritzen des Marktes
und der Brunnen schnäbelte klares Wasser
unermüdlich in den steinernen Trog.
Dass du noch da bist! Dass sich immer dein Umriss
hebt wie einst in die Bläue und Trübe des Tags.
Menschen kamen und gingen in ewigem Lauf,
du aber dauerst. Du hältst mit gleicher Gebärde
Haupt und Gedanken empor in heiliges Land;
läutest Ankunft und Abschied, Morgen und Abend
und die Säumerglocke zum Einbruch der Nacht.
Läutest auch mir in der Ferne den Gruß aus der Heimat,
der nie vergessnen. Und so grüß ich dich wieder,
grauen Turm mit dem grauen, geschwungenen Helme,
Kindheitsgenossen, Mahner und Führer von einst,
wünschend, du mögest starkem, erprobtem Geschlechte
Wahrzeichen sein, Mahner und Führer wie mir.


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