Achim von Arnim
Armut, Reichtum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores
Achim von Arnim

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Zwölftes Kapitel

Versöhnung. Lorenz, der Edelknabe und Rosalie, die Kammerjungfer

Der Graf erwachte beim ersten Morgenschimmer. Alles ruhte noch im Schlosse, doch hörte er allerlei Stimmen auf dem Hofe; leise schlich er sich ans Fenster und horchte durch die sacht geöffnete Fensterspalte. Er sah Dolores im Fenster, so reizend, so wunderbar reizend, wie sie im Morgenschein ganz eigentümlich rot schimmerte; sie sprach mit einem armen Edelknaben, der seit einiger Zeit zur feineren Aufwartung der Gräfin vom Grafen angenommen worden, und mit ihrem ältern Kammerfräulein Rosalie; und bald erklärte es sich, daß die Gräfin beider Liebschaft belauscht habe, während jene ihr Bad bereitet hatten; erst schalt sie ein wenig ihre Sorglosigkeit und fragte sie, wovon sie leben wollten; dann ohne ihre Antwort abzuwarten, warf sie einen Geldbeutel ihnen zu, befahl ihnen gleich am Tage ihre Hochzeit zu machen, und seufzte zu ihnen mit einer schönen Träne: Seid glücklicher als ich! Dieser Ausruf der schönen Frau durchschnitt des Grafen Herz. Warum war sie nicht glücklich, sie vermißte ihn; einige Stunden Trennung von ihm machten sie unglücklich. Nein, er hielt sich nicht, er eilte in das Zimmer seiner Frau und statt ihr zu verzeihen, bat er sie tausendmal um Verzeihung. Sie war nicht eigentlich böse, nicht hart, nicht grausam und ihre Versöhnung war so leicht, so schön, daß beide den ganzen Tag nicht von einander lassen wollten, wie an ihrem ersten Vermählungstage. Doch sie mußten sich trennen, um Bestellungen zum Feste der beiden jungen Leute zu machen; der Graf nahm alle Verantwortung wegen des versäumten dreimaligen Aufgebots auf sich; er sendete drei seiner Kutschen in die nächste Landstadt, wo ein Paar Dutzend adlicher Fräuleins in einem protestantischen Stifte versammelt waren; er war gewiß, daß ein Dutzend kommen würde, und versprach sich im voraus vielen Scherz von ihrem altjüngferlichen Wesen. Dann ließ er den Hof dielen und mit Blumengewinden behängen und ordnete ein kleines Spiel an, wozu er die Worte und Musik mit der ihm eignen Leichtigkeit gab.


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