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Das
Heldenlied
von
Herrmann und seinen Kindern
in zwey Gesängen.

Erster Gesang.

 

Sänger.

Im Vorspiele.

Der Bergwind.

Der Thalwind.

 

Im Spiele.

Odin, ein alter Hirte, sonst Herrmann als Herzog genannt.

Herta, seine Frau.

Heymdal

Freya

ihre Kinder.

Ida, eine Hirtinn.

Herrmann, Herzog.

Hauptleute und Krieger seines Heers.

Aslauga, Tochter des Herzog Inkar, zwey Jahre alt.

Heymar, Hofsänger des Herzog Inkar.

 

Im Zwischenspiele.

Der Morgen, ein Jüngling.

Der Abend, eine Jungfrau.

Ein Mädchen.

 

Im Nachspiele.

Der Stammvater Herrmann, der Befreyer der Deutschen.

Thusnelda, seine Frau.

*

Der Schauplatz in einem Felsenthale, hinten von einem See begränzt, in welchen, über eine große Höhle hin, ein Wasserfall sich stürzt, im Vordergrunde auf jeder Seite eine Hütte, die auf der rechten Seite mit einem Kreuze geschmückt.

Vorspiel.

Bergwind, Thalwind.

Bergwind. (Rasch niedersinkend.)

Ueber Schnee und Waldgesause
Bereifend, eisend, niederdringend.
Führt Liebe mich vom blauen Hause
Zu dir ringend.

Immer weilest du im Thale,
Den feindlichen Geschlechtern Athem,
Sieh, wie ich Wolkenwelten mahle,
Wolkensaaten.

Thalwind.

Ueber rothe Wipfel neuer Rosen
Sanftathmend, thauend, treulich wachend,
Gelagert auf den weichen Moosen,
Spielend, lachend,

Meine Flügel voll von Blüthenstaube,
Und tief vertraut der Blumenliebe
Erzeug' ich Düfte mir zum Raube,
Blumentriebe.

Bergwind.

Zu mir streben Adler, Bäume,
Die Erde selbst in Himmelsarmen
Erschließet froh des Brautbetts Räume
Wolkenarmen,

Spinnend grünen Lebensfaden
Vom Eise schmelzend hin zur Blume; –
So hab' ich Frühling euch geladen,
Mir zum Ruhme.

Thalwind.

Liebe flieht die kalte Höhe,
Den Himmel zieht sie nach dem Thale,
Wo Blumenaugen ich umwehe,
Blumen mahle:

Freya kühle ich belauernd,
Ich schmelze Schnee zu frühen Blüthen,
In früher Blüthe schon betrauernd
Ihr Verblühen.

Bergwind.

Fliehe Erdenluft und spiele
Hoch über sie ein reges Sehnen,
Mit Himmelfunkenspiel erziele Menschlich Wähnen.

Herrmann treibe ich im Sturme,
Aus Funken lichtes Flammendehnen,
Aus Götterkühnheit in dem Wurme
Saug' ich Thränen.

Thalwind.

Fliehe, Böser, meine Reiche,
Denn Bosheit strafen Himmelsblitze;
Bedenke, daß der Mensch auch gleiche
Seinem Sitze:

In den Adern blauer Himmel,
Befangne Luft die Erdenrinde,
Verbrennt die Brust den Wolkenhimmel
Böser Winde.

Bergwind.

Blitze aus den engen Wiegen
Der ewig leeren Kinderträume!
Schau Heymdal, Freya Leben lügen,
Todt im Keime.

Fühlen sie die süßen Küsse,
Die ihre Lippen wonnig schließen,
Hin Leben, Lieben; die Genüsse
Sterne schließen.

Thalwind.

Schlaf und Träume wecken Keime,
Die Alles auf zur Sonne heben,
Doch nie vertragen schwache Keime
Sonnenleben.

Sternenschein und Mondenschatten
Empfangen feyerlich die Liebe,
Zum Keim der Kräfte Streit zu gatten,
Neue Triebe!

Bergwind.

Kühles Wehen starrt die Glieder,
Der Muth ist mir im Thau entflossen,
Die ersten Strahlen ziehen nieder,
Auf den Sprossen

Steigt der Morgen von der Höhe:
O Wehe! Meine Flügel schwächer!
Gefangen hier! Erwachen sehe
Ich die Rächer.

(Die Winde verstecken sich.)


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