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Die Schuhe auf den Stangen.


Ein Schwank nach D. Martin Luther.

Als in der Höll' ein Satanas
Gähnend auf seinem Lehnstuhl saß,
Meint' er, es brächt' ihm wol Gewinn,
Thät' er einmal die Welt durchziehn;
Könnt' Einem den Weg zum Himmel verhegen,
Dem Andern ein Ei in die Wirthschaft legen.
So fuhr er durch das Höllenthor
Zum schönen Sonnenlicht empor.
Und wie er aus der Erd' gestiegen,
Sah' er eine Stadt groß vor sich liegen,
Da ging viel Volks Thor aus Thor ein,
Satanas denkt: ich muß auch hinein!
Streicht sich sein Horn dicht an den Schopf,
Lockt sich darüber den Tituskopf,
Dehnt seine Hosen weit und lang,
Daß niemand den Teufel merkt' am Gang.
Und weil ihn die Höllenglut schwärzlich gemacht,
Gilt er für fremd und wird hoch geacht't.
    Am Thor war eine Kirch zu schaun,
Darein sich drängen Männer und Fraun,
Satanas mischt sich unter die Leut,
Fragt, was das Drängen zur Kirch bedeut'?
Der Kirchner ihm höflich nun vermeld't:
Das bedeut' einen großen Sieg im Feld,
Und weil das Volk dran zweifeln wollen,
Sei das Te Deum anbefohlen.
Der Teufel lacht, tritt näher herbei,
Fühlt vor der Kirch nicht mehr viel Scheu.
Da sieht er Zettel angeschlagen,
Läßt sich auch die Bedeutung sagen,
Und vernimmt, daß Justiz und Polizei
Ueber das Recht noch sehr in Zweifel sei,
Drum dürfe keiner im Recht prakticiren,
Er könne denn Schwarz zu Weiß disputiren;
Und worüber einer zu streiten gedenkt,
Das werd' an die Kirchenthür angehenkt.
Lucifer freut sich über die Worte,
Lehnt sich nun gar an die Kirchenpforte.
Da kommt ein Wagen hergerannt,
Schöngemalt, mit sechs Pferden bespannt.
Wie der ist vor die Kirch gefahren,
Springen herunter Heiducken, Husaren,
Jäger, Lakaien, ein ganzer Hauf,
Reißen den Schlag dienstfertig auf;
Der Küster treibt dar Volk zum Weichen,
Daß der Herr bequem heraus kann steigen,
Der nickt gnädig, läßt sich's gefallen,
bekommt den obersten Platz von Allen.
Satan fragt, wie der Mann genannt?
Hört: es sei ein Finanzer und Lieferant,
Der sich der Kriegesnoth angenommen,
Wegen vieles Verdienstes sechs Orden bekommen.
Satan denkt: darf der in die Kirchen gehn,
Brauch' ich eben nicht hier außen zu stehn;
Geht hinein und siehet nun rings umher
Hinter Männern und Fraun kleine Lucifer,
Die heißen die Hübschen und Jungen sponsiren,
Die Alten und Scheußlichen medisiren
Und winken und zeigens dem Urian,
Was jeder vor köstliche Fänge gethan.
    In Einem Stuhl nur sitzen zwei
Wie Mann und Weib, und kein Teufel dabei.
Satanas schilt seine Leute deswegen,
Will selbst zum Verführten die Hand anlegen,
Kommt als ein Wildfang hergebraust,
Wirft Dukaten und Thaler aus voller Faust,
Giebt Bälle, Bankette dem schönen Weib
Täglich zu Lust und Zeitvertreib.
Bringt ihm das Alles doch wenig Frucht,
Sie bleibt zu Haus in Lieb' und Zucht.
    Den Mann nun wählt er sich zum Ziel,
Läßt ihn schauen das hohe Spiel
Um Volk und Länder, um Leben und Ehr,
Meint, es könn' ihm fehlen nimmermehr;
Doch Jener lieber im Hause blieb,
Bei dem treuen Weiblein, und hatt' es lieb.
    Satanas ärgert sich schwarz darum,
Läuft wie besessen im Feld herum.
Endlich ein altes Weib er fand,
Scheußlich von G'sicht, ganz grau von G'wand,
Und wie er kommt zu ihr heran,
Fragt sie, womit sie dienen kann?
Weil sie nun wieder und wieder fragt,
Satanas seine Noth ihr klagt.
Die Alte spricht: Ist's das allein,
Da mußt du kein rechter Teufel seyn;
Zwei Liebesleute zusammen zu hetzen,
Braucht man sich nicht außer Athem zu setzen,
Heut herzt noch jedes seinen Schatz,
Morgen sind beide wie Hund und Katz.
    Satanas freut sich, wie sie das spricht,
Streichelt der Alten das Hexengesicht,
Küßt Stirn und Backen ihr roth wie Mennig,
Verheißt ihr dazu einen goldnen Pfennig,
Brächt' sie das Liebespaar in Haß.
Die schimpft: du filziger Satanas,
Um so einen Bettel und Kleinigkeit
Ist dir keine Frau zu dienen bereit,
Zwar thu ich's nur mich zu amüsiren,
Doch du sollst nichts dabei profitiren,
Versprich mir ein paar rothe Schuh!
Satanas lacht, und sagt ihr den Handel zu.
    Die Alte nun zum Weiblein geht,
Fragt, wie's um Haus und Wirthschaft steht,
Findet überall, was nichts taugt,
Vermißt viel, was man nothwendig braucht,
Ohn' was zu Rom und zu Pareis
Keine Frau von Welt zu leben weiß.
Die Männer, spricht sie, sind zu genau,
Denken nicht an die Lust der Frau,
Der Eine lebt selbst gern in Saus und Braus
Und die Frau sitzt einsam und hütet das Haus,
Ein Andrer denkt nur wie er spare,
Und die Frau verliert die besten Jahre.
Wie die Alte dem Weiblein den Kopf erhitzt,
Geht sie zum Mann, der in der Arbeit sitzt.
Spricht: ach, ihr armer geplagter Mann,
Wie strengt ihr doch Kopf und Hände an!
Kasteiet sogar den eignen Leib,
Spart euch alles ab für das liebe Weib.
Nun, wenn's die Frau nur recht erkennt,
Zufrieden ist, und nichts verschwendt,
Wie die Weiber es jetzt gar öfters machen,
Brauchen immer die theuersten Sachen,
Putzen sich schönstens für den Galan
Und die Rechnung bezahlt der liebe Mann.
Ich sage das nicht von euch, bewahre!
Eine gute Frau ist aber eine Rare.
    Der Mann mit halbem Ohr erst horcht,
Endlich macht ihn doch die Rede besorgt,
Denkt, er will auf sein Liebchen achten,
Ob sie nach eitlem Prunk wird trachten,
Arbeitet dann noch bis Abends spät,
Und nun vergnügt zur Liebsten geht.
Wie er sie da zum Gruß will herzen,
Mag sie nicht freundlich mit ihm scherzen,
Hängt den Kopf nieder, wie ein Aglei,
Erzählt, das sie unwohl geworden sei.
Die Luft wär' jetzt gar kühl und feucht,
Der Anzug zum Frühjahr etwas zu leicht,
Man trage wol Tücher, groß, wie ein Mantel,
Doch so etwas wär' ein theurer Handel.
Der Mann zu solchen Worten nichts sagt,
Der Abend beiden nicht wohl behagt.
    Am andern Morgen denkt der Mann:
Ich hab' meinem Lieb zu viel gethan.
Ein Weib, das also jung und schön,
Mag sich gern geputzt und bewundert sehn.
So geht er hin, kauft ihr ein Tuch,
Wie man's damals nach der Mode trug,
Heißt's den Burschen tragen zu dem Schneider,
Der soll es packen bei andre Kleider,
Das sein Lieb den Anzug fänd' bereit,
Sich um so mehr darüber freut.
    Die Alte nun schnell zu dem Weiblein lauft,
erzählt, wie der Mann ein Tuch gekauft,
Es hernach der Schneiderstochter geschenkt,
An die er sein Herz in Buhlschaft gehenkt.
Das arme tolle Närrchen glaubt,
Was der alte scheußliche Sack da schnaubt,
Befolgt den Rath, will auf der Gassen
Von einem Gecken sich führen lassen,
Daß der Mann selbst vor Aerger schau,
Wie Gleiches mit Gleichem vergilt die Frau.
    Wie der Mann das sieht, wird er ergrimmt,
Von seinem Lieb zornig Abschied nimmt,
Können sich Beide forthin nicht leiden,
In bittrem Haß von einander scheiden.
    Das alte Weib kommt nun herbei,
Fordert ihre Schuh mit lautem Geschrei,
Da streckt Satan durch das Höllenthor
zwei meilenlange Stangen hervor,
Auf jeder ein Schuh ganz feuerroth,
Und dazu der Alten dies entbot:
Nimm deinen Lohn von den Stangen da,
Doch meiner Hölle komm nicht zu nah!
Du triebst wol selber den Teufel fort,
Verweilt' er mit dir an Einem Ort,
Denn was dem Satanas nicht gelingt,
manch ein scheußliches Weib vollbringt.
    Der ausgedacht hat diesen Schwank,
Dem wissens die guten Frauen Dank,
Denn, wie die Männer hier auf Erden,
Nicht so gut, noch so schlimm als die Geister werden,
So ist's auch eben in der Welt,
Nur umgekehrt, mit den Fraun bestellt:
Die Guten viel besser als Engelein,
Die Bösen ärger als Teufel seyn.



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