Sagen aus Schleswig-Holstein
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Inge von Rantum und der Meermann auf Hörnum

Einst war der Meermann Ekke Nekkepen seines alten Meerweibes Ran überdrüssig geworden und wollte ein schönes junges Menschenfräulein freien. Er ging also auf Hörnum an Land und wanderte in Schiffertracht am Sylter Strand entlang. Gegen Abend begegnete ihm beim Küssetal ein Mädchen, Inge von Rantum geheißen.

Der Alte war gleich verliebt in sie und gebärdete sich wie ein Nachtschwärmer. Auf der Stelle begann er um sie zu freien und sagte ihr schmeichelnde Worte. Die Maid wurde verlegen, es bangte ihr vor dem ungebetenen Freier. Der Nix steckte ihr einen goldenen Ring an den Finger, band ihr eine goldene Kette um den Hals und erklärte: »Nun hab ich dich gebunden, nun bist du meine Braut«. Die Jungfrau weinte und bat ihn, er solle sie frei lassen, doch gab sie ihm seinen goldenen Ring und seine Kette nicht zurück. Da sprach der Meermann zu dem Mädchen:

»Ich mag dich, muß dich haben.
Magst du mich, sollst mich kriegen.
Willst du nicht, kriegst mich doch.
Mittewoch haben wir Gelag.
Doch kannst sagen, wie ich heiß,
Dann bist du frei und meiner los.«

Die Jungfrau gelobte, sie wolle am folgenden Abend Bescheid sagen, daraufhin ließ er sie gehen. Im stillen lachte die Maid bei sich:

»Ich werde es schon erfahren, wie der Freier heißt!« Doch nirgends, wo immer sie auch fragte, kannte man seinen Namen.

Am folgenden Abend ging sie wieder an den Strand und weinte. Bei der Thorsecke auf Hörnum hörte sie im Berg jemanden singen, es war wohl ihres Freiers Stimme:

Heute werd, ich brauen.
Morgen werd, ich Backen.
Übermorgen will ich Hochzeit machen.
Ich heiße Ekke Nekkepen;
Inge von Rantum gehört zur Auserwählten –
Und das weiß niemand als ich!

Als die Jungfrau dies hörte, wurde ihr leichter ums Herz; sie eilte sogleich zum Küssetal, um dort ihren Freier zu erwarten. Nach einer Weile kam er auch; gleich rief sie ihm zu: »Du heißt Ekke Nekkepen, und ich bleibe die Inge von Rantum!« Dann lief die Maid schnell nach Hause samt ihren goldenen Schmucksachen; der Meernix aber hatte das Nachsehen.

Seit diesem Geschehen war der Meermann auf alle Rantumer böse und brachte ihnen Unglück und Schaden, wo er nur konnte. Er ließ seine Frau Salz mahlen; das erzeugte einen solchen Wirbel, daß manches Schiff darin versank. Auch der Lärm des Mahlens übertönte so manchen verzweifelten Hilferuf. Von dem vielen Salzmahlen der Meerfrau, so erzählt die Sage, ist zuletzt auch die ganze, weite See salzig geworden.

 


 


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