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Portrait: Ludwig Frahm

Ludwig Frahm

Geboren am 25. Juli 1856 in Timmerhorn/Stormarn; gestorben am 1. Juni 1936 im Hamburger Stadtteil Poppenbüttel.

Das einzige Kind eines Landwirts war Lehrer an mehreren Schulen in Holstein, zuletzt in Poppenbüttel bei Hamburg. Er sammelte Sagen, Gedichte und Erzählungen seiner Heimat und schrieb überwiegend niederdeutsche Humoresken und Gedichte.

Pingsten

Dat grötste Fest in Hamborg is natürlich de »Dom«. Awer denn kümmt Pingsten.

En Schoster, de man en lüttes Geschäft un en lütten Laden harr, hett mi mal vertellt, dat he an den Dag vör Pingsten för veerteinhunnert Mark an Schoh un Steweln verköfft harr. Genögt dat?

Pingsten möt de Hambörger rut un en Utflug in de Ümgegend maken. Dat Wort »scheun greun buten't Dammdor« liggt denn jeden up de Tung'.

Twüschen min Geschichten dörft also en Pingstgeschicht nich fehlen, un dat mutt ja förmlich so'n Normalgeschicht warrn. –

De Familie Soltwedel bestünn' ut söben Köpp, Herr Soltwedel, Klempnermeister, Fru Soltwedel, de Swiegermudder Fru Schurbohm un denn veer Kinner. Hermann, Dora, Olga un Gustav. Hermann deen all bi de Sößunsöbentiger, Dora weer Verköperin in en grotes Geschäft, Olga weer to Hus un stütt ehr Mudder, un Gustav weer erst twölv Jahr old un güng' noch to Schol.

As Ostern vörbi weer, würr all an Pingsten dacht. Fru Soldwedel weer dree Dag in de Week ünnerwegs, üm so bilütten alles intoköpen. To Pingsten müß ja de ganze Familie nie inkleedt un upstovt sien, un dat is keen Kleenigkeit.

Toerst weern se sik darin eenig, se wulln de Pingsttur gemeinschaftlich maken. Se wüssen blot nich wohen. De Landkort von Hamborg un Ümgegend leeg stännig up den Disch un kreeg von Daag to Daag ümmer mehr Fettplackens un Öllerteekens. Wo een gern hen wull, weet de annere all west un fünn' dat en langwieliges Nest.

Se weern all neeg daran, von dree Örter eenen uttolosen. Da keem Herr Soltwedel an den drütten Dag vör Pingsten mit dat Machtwort to Hus: »Ik kann mit'n besten Willen nich mit ju gahn. Süh mal, ik bün nu enmal in den Gesangverein »Ibykus«, un kann mi nich utsluten. Uns' Vereinsweert Jakob hett för rieklich söbenhunnert Mark bi mi maken laten. He nimmt mi dat öwel un driggt mi dat seeker nah, wenn ik nich mit in de Karr hau.«

Dat weer je jammerschad, säden all' de annern Familienmitglieder; awer de meisten dachen, dat weer ok beter, wenn jeder güng', wo he Lust hen harr.

 

De Klock weer noch keen acht, da weer de Gesangverein »Ibykus« all up de Landstrat nah Wellingsbüttel. In de Kutsch, de vöran föhr, leeg in de een Eck de Weert mit tweehunnertunveertig Pund. Em schräg gegenöwer in de annere Eck mök sik de Präses breet. He stünn' em an Gewicht wenig nah. In de annern beiden Ecken seeten de Gesangleiter Klingel un uns' Soltwedel as Schatzmeister.

Denn keem de Bannerdräger mit sin beiden Kameraden, denn achtein Sängers, denn en grote Brick mit de Damen un toletz veer Mann mit den Schinken.

Den Schinken drögen se up en Brett. Up jede Eck von dat Brett stünn' as Eckpieler en brune Kruk mit Gedrünk.

Dat weer doch en würdigen Affsluß.

Klock neegen weern se bet nah de Poppenbüttler Slüs' kamen. Dar müssen se Statschon maken un Fröhstück eeten. An den Sandweg, de von Sasel kümmt, läden se sik, as se ehr dree Leeder tom Besten geben harrn, in Gras un Heid dal.

Junge, wat smeck dat. Twee von de brunen Kruken weern darbi lerrig worrn un würrn, as sik dat hört, an en Steenhupen tweismeten. De ganze Verein keem bilütten in Stimmung, un as se sik öwer en gemeinschaftliches Leed nich eenig würrn, füng' jeder up sin egen Fust. Darbi wurrn se wedder hungrig. As awer de Schinken tom tweetenmal ansneden warrn schull, da weer he verswunn' un nich wedder uptodrieven. Dree Vereinsmitglieder stellen sik ok nich wedder in.

Dat weer argerlich un gev dat Teeken tom Upbruch.

Klock dree weern se glücklich bet nah Rodenbek kamen. Dar weer dat so vull, dat se kum Kaffee kriegen kunn'. In dat Holt verkrömeln sik wedder welk, un blot de Olen bleeven standhaft bi de Fahn.

Nah en Stunns Tied keemen söß Mann wedder. Se keemen mit lange Gesichter, un en Buer weer bi ehr, de föhr dat Wort un dat schien nich fründlich to sien.

De Sak weer de, se harrn blot beten Grieper un Verstek in sin' Roggen speelt, un nu schulln se tein Daler betahln. Wenn se dat godwillig däden, denn wull he de Polizeibehörde nich erst mit dissen Fall ok noch belästigen.

Se beraden sik noch lang'. Awer de Buer puch up sin Recht un störr all mit den eeken Handstock up de Eer, dat he to sin Geld keem. Herr Soltwedel müß also in den Vereinsbüdel stiegen un de tein Daler spring'n laten; denn de Anstifters säden, dat keem nich up ehr egen Kapp, dat harrn se von Vereinswegen to de Ünnerholung von de Damen dahn.

Dat schull egentlich noch wieder, ganz bet nah Wohldörp gahn. As se awer so recht sluerohrig in't Holt stünn', hörn se dat in'n Westen rummeln, un as een von de Maten in't Frie löp, keem he mit de Botschop wedder, de düsterblaue Bank keek all öwer dat Trilluper Herrnhus röwer.

So hölln se dat för't Beste, to Hus to föhrn un to marschiern. Günt up de Strat hör man noch ümmer: »Nach der Heimat geht es wieder.«

 

Aus: »Minschen bi Hamborg rüm«
Erschienen 1919

 

 


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