Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die drei größten Feste des Islams

 

I

Im Monat Muharram des Jahres 165 fand zu Bagdad in dem Palaste, genannt Alchuld, d. i. die Ewigkeit, die Vermählung des Kronprinzen Harun Alraschid mit seiner Kusine, der Prinzessin Umm Djafar, genannt Zubaide statt. Die Hochzeitsgeschenke der jungen Braut waren von einer Pracht, dergleichen niemals eine fürstliche Braut bekommen hatte, Kästen voll von Edelsteinen und Perlen und Geschmeide allerlei Art, Kronen und Kränze von Gold und Silber, die kostbarsten Möbel und Zimmereinrichtungen, die erlesensten Wohlgerüche und kunstsinnig hergestellte Gewänder. Der Kalif schenkte ihr ein historisches Hofkleid, das einstmals eine omajjadische Prinzessin in Damaskus, die Gemahlin des großen Kalifen Hischäm geschmückt hatte. In dem Kriege, der den Kalifenthron in Damaskus stürzte und denjenigen in Bagdad errichtete, war es als Beutestück in den Kunstschatz der Familie Abbâs gelangt. Es war berühmt durch seine Verzierung mit den größten und schönsten Perlen, die man je gesehen hatte. Ferner trug die junge Braut über Nacken und Brust zwei große Reihen von roten Rubinen, und im Haar sowie an den Händen und in allen Teilen ihrer Gewandung die herrlichsten Perlen.

Zur Hochzeit waren die vornehmsten Personen aus allen Teilen des Reiches eingeladen. Sie wurden reichlich beschenkt, mit silbernen Bechern voll goldener Denare, mit goldenen Bechern voll silberner Dirhems, mit Kristallschalen voll Moschus, Ambra und anderen Parfüms, ferner mit Prachtgewändern aus den kostbarsten Stoffen mit eingewebten Ornamenten aller Art. In der Hochzeitsnacht brannten im Palaste Ambrakerzen auf goldenen Leuchtern. Die Hochzeit kostete dem Kalifen 50 Millionen Dirhems, und außer diesen hatte auch der junge Ehemann Harun aus Eigenem noch hohe Summen zugesteuert.

Die junge Ehefrau hieß eigentlich Amat-Alasïs, d. i. die Dienerin des Allmächtigen, wurde aber Zubaide, d. i. Butterklümpchen genannt. Ihr Großvater, der große Kalif Mansür, hatte sich von ihr, als sie ein kleines Mädchen war, oftmals etwas vortanzen lassen, und da sie fett und rundlich war, sagte er zu ihr: »Du bist mein kleines Butterklümpchen, du bist mein kleines Butterklümpchen.« Und dieser Name ist ihr im Leben und in der Geschichte geblieben. Gegenwärtig erinnert an sie noch ein Turm unter den Ruinen von Bagdad, der als das Grabmal der Zubaide bezeichnet wird.

 

II

In blutigem Bruderkriege hatte Mamûn, Sohn des Harun Alraschid, die Krone erstritten. Während er siegreich in Bagdad einzog, ertrank sein Bruder Emïn auf der Flucht vor ihm in den Fluten des Tigris. Derjenige, der in dieser Zeit alle Schritte des Siegers durch klugen Rat geleitet hatte und späterhin das große Reich für ihn verwaltete und zusammenhielt, sein Großwesir, sein Reichskanzler, war ein Staatsmann persischen Stammes, der Hasan Ibn Sahl genannt wurde. Dies Verhältnis zwischen den beiden Männern fand seinen äußeren Ausdruck darin, daß der Fürst, Kalif Mamûn, die Tochter seines Kanzlers, namens Burân, heiratete.

Die Hochzeit fand statt im Monat Ramadän des Jahres 210. Der Bräutigam hatte für seine Braut ein besonderes Lustschloß am Ufer des Tigris südlich von Bagdad erbauen lassen und mit dem größten Luxus ausgestattet, und dort, in Fam-Alsilch, wurde die Hochzeit gefeiert, zu der zahllose Gäste aus Nah und Fern eingeladen waren. Die gesamten Kosten wurden von dem Kalifen-Witwe, der Gemahlin des Harun Alraschid, von Zubaide, getragen und wurden auf 35–37 Millionen Dirhems geschätzt.

Als der Ehekontrakt geschlossen wurde, schenkte Mamûn seiner Burân einen Brautschatz von hunderttausend Denaren und fünf Millionen Dirhems. In der Hochzeitsnacht erstrahlten all die weiten Räume des Lustschlosses auf dem hohen Tigris-Ufer in Tausenden von Flammen. Im besonderen brannten vor der Braut drei große Ambrakerzen. Als diese aber einen zu starken Rauch verbreiteten, befahl die Kaiserin-Witwe: »Es ist nun genug der Prachtentfaltung. Nehmt die Ambrakerzen weg, und bringt die Wachskerzen her.« Als schließlich der Krönungsmoment der ganzen Feier herankam, als das junge Weib im Kreise der nächsten Blutsverwandten vor ihrem künftigen Gemahl entschleiert wurde, da bereitete er ihr eine ganz seltene Überraschung. Er hatte in dem Brustlatz seines bauschigen Gewandes eine große Anzahl der schönsten großen Perlen verborgen. Diese streute er nun über das Haupt seiner jungen Gemahlin aus, so daß viele in ihrem Haar, ihren Schleiern und Gewändern hängen blieben, während viele andere auf das von Gold strahlende Parkett hinabrollten und sich dort nach allen Seiten ausbreiteten. Freudiges Staunen auf allen Seiten! Da sprach Mamûn zu Burân: »Erweise den Perlen die Ehre, dich ihrer zu bedienen.« Darauf streckte sie ihre Hand aus und nahm sich eine einzige davon, die übrigen wurden den Verwandten überlassen. Der Kalif zitierte in diesem Moment angesichts der auf dem Goldparkett liegenden Perlen einen Vers des großen Dichters Abu Nuwäs, der in einem Weinliede die weißen Bläschen, die im goldenen Wein aufsteigen, beschreibt als wären es

 

»Kleine Perlenkiesel auf einem Parkett
von Gold.«

Frau Burân hat als glückliche Kaiserin ihren Gemahl lange überlebt. Sie wurde 80 Jahre alt und ihr Tod wurde von dem Kalifen jener Zeit Mutamid in warm empfundenen Versen beklagt.

 

III

Der Kalif Mutawakkil ließ für einen seiner noch minderjährigen Söhne, den er zum Thronfolger bestimmt hatte und der später als Kalif den Namen Mutass führte, einen prachtvollen Palast bauen, und hier wurde, als der Prinz sieben Jahre alt geworden, aus Anlaß seiner Beschneidung ein großes Fest gefeiert.

Einer der Wesire wurde mit der Vorbereitung und Leitung des Festes beauftragt. Als dieser nun zunächst für die 100 Ellen lange und 20 Ellen breite Festhalle einen geeigneten Teppich suchte, war ein solcher unter allen Schätzen der Abbasiden nicht aufzutreiben, nach längerem Suchen fand sich aber einer von entsprechenden Maßen in der Kriegsbeute, welche im Vernichtungskampfe gegen ihre Vorgänger im Kalifat, die Omajjaden in Damaskus, erbeutet war, ein wunderbarer Teppich aus schwerer Seide, goldgestickt, mit Rand und Futter versehen, der einstmals dem Kalifen Hischäm Ibn Abdelmelik gehört hatte. Mutawakkil staunte über das Kunstwerk, und als er Teppichhändler kommen ließ und nach seinem Wert befragte, schätzten sie es im Mittel auf 10 000 Denare. Der Teppich wurde in der Halle ausgebreitet und auf der Stirnseite desselben ein Thronsessel aufgestellt. Vor dem Thron wurden in langen Reihen goldene, mit Edelsteinen verzierte Tablette, die mit Ornamenten aus Ambra, Kampfer und anderen kostbaren Substanzen geschmückt waren, aufgestellt.

Eingeladen zu diesem Hoffeste waren die Prinzen des kaiserlichen Hauses, die Hof- und Staatsbeamten, die berühmtesten Gelehrten und Dichter, ferner die hervorragendsten Künstler, Virtuosen, Sänger und Sängerinnen mit ihrer Begleitung.

Das Fest begann am Mittage. Der Kalif und seine Suite nahmen ihre Plätze ein. Dann wurden die geladenen Gäste in den Saal geführt, defilierten vor dem Throne und bekamen von den Hofbeamten ihrem Range gemäß die Plätze angewiesen. Zwischen den Gedecken von je zwei Personen war ein Zwischenraum, in dem die Hofbeamten passierten und Körbe, die zur Hälfte mit Denaren, zur Hälfte mit Dirhems angefüllt waren, aufstellten. Neben den Gästen standen Lakaien, welche sie bedienten, sie aufforderten zu essen und zu trinken und von dem Gelde drei Handvoll, soviel beide Hände faßten, zu nehmen. Im Laufe des Tages nahm nun mancher von dem Gelde, barg es in seinem Brustlatz, ging hinaus, übergab es seinen draußen wartenden Dienern, und kehrte dann auf seinen Platz im Festsaal zurück. Wenn auf diese Weise in den Geldkörben hier und da eine Ebbe entstanden war, erschienen Kammerherren und füllten die nötigen Denare und Dirhems nach. Außerdem verlieh der Kalif allen Anwesenden kostbare Festkleider, und für ihre und ihrer Diener Heimkehr waren Pferde als Geschenke bereitgestellt. In den Höfen des Palastes auf allen Seiten der Festhalle bewegten sich junge Mädchen, bekleidet mit den kostbarsten Gewändern, welche in schönen Körben alle Arten von Früchten, Orangen, syrische Äpfel, ferner Bukette von Narzissen und Veilchen, obwohl alle diese Dinge gerade in jener Jahreszeit sehr rar, sehr schwer zu beschaffen waren, zur Verfügung der Festgäste hielten. Und auch das unterste Hofpersonal, Lakaien, Köche und andere sollten nicht leer ausgehen. Auf Befehl des Kalifen hatte der Festleiter an einer Stelle den Betrag von 20 Millionen Dirhems ausgebreitet. Er führte die Leute heran. Zunächst wagte keiner etwas davon zu nehmen, als dann aber der Festleiter die Hand ausstreckte und einen Dirhem nahm, da stürzten sie alle darüber her und das ganze Gold wurde zur Beute.

Zur weiteren Verherrlichung des Festes schenkte der Prinz 1000 Sklaven die Freiheit und jedem einzelnen 100 Dirhem und drei Gewänder. Die Frau des Kalifen und Mutter des Prinzen hatte Dirhems prägen lassen mit der Aufschrift Segen von Allah zur Beschneidung des Abdallah Allmutass-billah. Eine Million davon wurde geprägt und über das niedere Hofpersonal, Weiße wie Schwarze, verteilt.

Der Kalif gewährte einem berühmten Gelehrten, genannt Jachja Ibn Chäkän, eine besondere Auszeichnung. Jachja war dafür bekannt, daß er niemals Wein trank. Er und sein Sohn Ubaidallah, der damals Wesir war, standen unter den Beamten, als der Kalif auf sie zutrat und zu Ubaidallah sprach: »Nimm einen von diesen Bechern, fülle ihn mit Wein, leg eine Serviette auf deine Schulter und kredenze ihn deinem Vater.« Also geschah es. Der Vater sah seinen Sohn verwundert an, da aber sprach der Kalif: »O Jachja, lehne den Becher nicht ab.« Darauf leerte Jahja den Becher und sprach zum Kalifen: »Groß, o Fürst der Gläubigen, ist deine Gnade gegen mich und mein Geschlecht. Gott möge deiner Majestät viel Segen schenken und uns für alle Zeit deine Gnade erhalten.« Darauf erwiderte der Kalif: »O Jachja, mein Wunsch war nur der, daß man sollte erzählen können, daß dich am Fest der Beschneidung eines Kronprinzen ein Wesir in Gegenwart eines Kalifen bedient habe

Nach dem Feste ließ der Kalif einen seiner Finanzbeamten kommen und befahl ihm die Rechnung über die Kosten der Beschneidungsfeier aufzustellen und ihm einzureichen. Die Rechnung belief sich auf 86 Millionen Dirhems.


 << zurück weiter >>