Anonymus
Der wunderbare Hund
Anonymus

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Die XV. Klasse

Beschreibt verschiedene Herrn des Hundes, wie es ihm in kurzer Zeit bei denen ergangen und warum er so bald wieder davongelaufen ist.

Nach meinem guten Pfarr-Herrn kam ich in einen Gast-Hof und wurde Ziemeck genannt.

Der Gastwirt hatte mich zwar lieb wegen meiner Künste, denn er bekam manchen Gast deswegen mehr als sonst; allein es kam von ungefähr ein Advokat in das Wirts-Haus, da eben mein Herr, der Wirt, seine Kurzweil mit mir trieb; dieses gefiel dem Advokaten trefflich wohl; und weil er sich so sehr in mich verliebt hatte, fragte er den Wirt, ob ich ihm feil sei? Worauf mein Herr zur Antwort gab: »Um Geld ist alles feil.«

Sie sind also miteinander wegen meiner in einen Akkord geraten, und es hat der Advokat meinem Herrn vier Reichstaler für mich ausgezahlt.

Nach diesem nahm mich der Advokat mit nach Hause, und nachdem mein neuer Herr unterschiedliche Exerzitien mit mir vorgenommen und erst recht erfahren und gesehen hatte, was in mir stecken tut, so gedachte er eine große Ehre mit mir bei seinem Vater einzulegen, welcher ein Doctor Medicinae war, und verschenkte mich an denselben, welcher eine große Freude deswegen hat von sich spüren lassen; und obzwar mir dieser Herr trefflich wohl anstand, so konnte ich doch nicht lange bei ihm verbleiben, denn ich wurde von einem Soldaten mit Hinterlist meinem Herrn gestohlen, und dieser nannte mich Wart.

Weil mich aber dieser mein Herr gar zu sehr hungern ließ, fing ich zu bellen an, es half aber nichts, sondern hieß immer: »Wart, wart.«

Ich stellte mich bald auf beide hinteren Beine und wartete meinem Herrn auf, allein es hieß wieder: »Wart.«

Da mich aber mein Herr einmal anstatt der Mahlzeit sehr übel traktierte, und der Name Wart mir auch nicht gar wohl gefiel, so lief ich davon.

Wart, wart, rief mein Herr so gerne,
Von dem frühen Morgen an;
Wart, wart, bis die hellen Sterne,
Standen an dem Himmels-Plan;

Wart, wart bei der Mahlzeits-Stunde,
Hieß es bei ihm allzeit dort;
Essen will doch auch ein Hunde,
Darum lief ich zeitig fort.

Was ist mir der Name wert,
Wenn ich soll dabei verderben?
Auch noch sein dabei alert,
Endlich müßt ich Hungers sterben.

Dieser Nam' geht mir nicht ein,
Ich will lieber Faß-an heißen.
Wo man frißt und saufet Wein
Will ich alsobald hinreisen.

Als ich nun von diesem Herrn weggelaufen war, kam ich unterwegs zu einem Fuhrmann, da dachte ich, mit diesem will ich fortwandern, denn diese Leute kehren gemeiniglich in guten Wirts-Häusern ein, wo es wacker zu essen und zu trinken gibt, ich lief zu ihm hin und stellte mich gegen ihn ziemlich freundlich an, der mich auch wohl aufnahm.

Als ich nun eine Zeitlang mit ihm neben dem Wagen herlief, gab er mir einen Namen und hieß mich Murzin, nahm zugleich einen Strick und band mich unter seinen Wagen, welches mir sehr übel gefiel; denn ich mußte mit dem Wagen bald durch ein Wasser, bald durch dicken Morast, bald durch ein Gesträuch und bald durch steinige Felsen durchmarschieren.

Ich dachte öfters bei mir: ›Es hat mich wohl der Kuckuck zu diesem Fuhrmann geschlagen‹, und durfte mich doch nicht einmal recht rühren, indem ich gefangen und angebunden war; auch der Fuhrmann mit seiner Peitsche immer neben dem Wagen herging und manches Mal ungeheuer auf die Pferde zu fluchen und zu peitschen anfing, daß ich immer in Furcht gestanden bin, als käme die Peitsche auch über meinen Buckel; deshalb verlangte es mich nur, einmal in das Quartier zu kommen.

Da wir nun auf den Abend in das Quartier kamen und die Pferde abgespannt waren, kam endlich mein Fuhrmann wieder vom Stall zurück, löste mich vom Wagen ab und führte mich am Strick mit ihm in die Stube hinein, hielt mich aber immerzu am Strick, bis er sich am Tisch niedergesetzt hatte.

Als sich nun mein Herr zur Ruhe begab, legte ich mich unter seinem Tisch auch nieder, so ließ er endlich den Strick aus der Hand los, gab mir ein Stück Brot, vermeinend, daß ich nunmehr bei ihm verbleiben würde.

Ich aß das Brot bald hinein, weil ich auf dieser Reise sehr hungrig geworden.

Als ich nun so lag, fielen mir allerhand Gedanken ein; endlich kam ich auf den Gedanken, daß mich mein Fuhrmann bald wieder nehmen und an den Wagen binden würde, um dabei die Nacht hindurch einen Wächter abzugeben, und alsdann werde ich den anderen Morgen wiederum mit fortmarschieren müssen.

Dieser Einfall schreckte mich so sehr, daß ich nicht mehr lange unter meinem Tisch liegenblieb, sondern ganz sachte hervorschlich, die Gelegenheit abwartete, bis jemand die Stuben-Tür aufmachte, und also mitsamt dem Strick den völligen Reißaus nahm und davonmarschierte.

 

Da ich nun sah, daß es mir je länger, je elender ging, trug ich Verlangen, um zu erfahren, wie es mit meinem Weibe stehen möchte; deshalb machte ich mich unterwegs zu zwei Handwerks-Burschen, die zwar rechte Vagabunden waren und nicht zu arbeiten gedachten, in der Hoffnung, sie würden diesen Weg laufen, welcher mich zu meinem Weib führen täte.

Weil ich aber nach langem Mitlaufen von ihnen hörte und vernahm, daß sie nach Deutschland wollten, blieb ich zurück und marschierte eine andere Straße fort; auf dieser kam ich zu zwei Land-Bettlern, mit welchen ich endlich an einen Ort kam, da ich meinen Herrn, bei dem ich Schösser gewesen bin, antraf.

Zu demselben verhielt ich mich freundlich und wurde auch von ihm willig angenommen.

Wie froh ich gewesen bin, daß ich wieder jemanden Bekanntes angetroffen habe, ist nicht zu beschreiben.

Es ging mir auch trefflich wohl bei ihm, und ich habe viel Neues allda gehört und erfahren, welches mir merklich zu meinem Besten gedient hat, ja, ich hatte sogar das Glück, daß ich auch endlich erfuhr, auf welche Art und Weise ich zu meiner menschlichen Gestalt wieder kommen konnte.

Ich bin wieder angelangt,
In mein liebes Vaterland;
Darum dank' ich meinem Gott,
Der mir half aus aller Not.

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