Anonymus
Der wunderbare Hund
Anonymus

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die XIV. Klasse

Zeigt an, wie Parthenius zu einem Pfarr-Herrn gekommen, Fidel genannt und endlich mit siedendem Wasser verjagt und vertrieben worden ist.

Als ich nun etliche Stunden gelaufen war, kam ich endlich in ein Dorf zu einem Pfarr-Herrn, welcher mich gleich Fidelis genannt hat.

Dieser war ein frommer und gottseliger Mann.

Alle Morgen betete er eine Stunde, danach studierte er bis zur Mittags-Mahlzeit.

Nach Tisch hielt er wieder eine Betstunde, und nach derselben gebrauchte er sich einiger Ergötzlichkeit, entweder mit Lesung einiger Historien, oder mit guten Freunden, die ihn bisweilen besuchten: Und da mußte ich oftmals meine Künste zeigen und sehen lassen; denn dieser mein Herr war mir viel holder als der Prior in obgedachtem Kloster.

Abends, wenn er sich schlafen legen wollte, betete er wieder eine Stunde.

Er hatte drei Lädlein, in welche er sein Einkommen legte, was mir erst gar fremd vorkam.

Ich merkte aber mit der Zeit, daß er alle seine Einnahme, die gewiß nicht gering war, in drei gleiche Teile abteilte und jeden Teil in eines von den drei Lädlein legte.

Eines davon enthielt das Geld, das für seine Haushaltung bestimmt war.

Aus dem anderen Lädlein nahm er die Unkosten, die aufgingen, wenn ihn jemand Fremdes besuchte.

Von dem Geld des dritten Lädleins tat er den armen Leuten viel Gutes, und zwar den Haus-Armen mehr als den Landstörzern, von denen er auch keinen unbegabt von sich ließ.

Ich habe gesehen, daß er arme Bauern zu sich hat fordern lassen und ihnen Geld zu leihen anerboten hat, und zwar mit dieser Bedingung: Sofern sie keine Predigt versäumten oder mutwilligerweise davon ausblieben, sollte ihnen das Geld geschenkt sein, in Ausbleibung dessen aber sollten sie ihn bezahlen.

Einem andern lieh er 20 Taler, sagte, weil er gehört hatte, daß er sich sehr an das Fluchen sollte gewöhnt haben, so wolle er ihm 20 Taler schenken, jedoch mit dieser Bedingung: Sooft er fluchen würde, solle er ihm allezeit einen Taler wieder zu bezahlen schuldig sein.

Einem andern gab er 10 Taler, und zwar auf solche Art und Weise, daß er keinen Armen unbegabt von seinem Hause sollte gehen lassen.

Alle armen Schul-Kinder unterhielt er mit Büchern, Tinte und Papier.

Sonst aber war er geduldig und vertrug das Unrecht, so ihm selbst angetan war, gar leicht.

Er war leutselig, und wußte doch gegen halsstarrige Sünder einen ziemlichen Ernst zu gebrauchen.

Er war mäßig im Essen und Trinken, und ließ es doch im Fall, daß fremde Gäste zu ihm kamen, an nichts fehlen.

Er war keusch und züchtig in Worten und Gebärden, und gebrauchte bei gewissen Leuten artige Schwänke, die man aber billiger Apophthegmata und scharfsinnige Reden nennen möchte als kurzweilige Streiche.

Er war nicht leichtgläubig, sondern wenn jemand angegeben wurde, erkundigte er sich der Sachen sehr genau, eh' er jemand deswegen zur Rede setzte. Befand es sich, daß der Angegebene unschuldig war, so bekam der Delator einen guten Filz. Daher sich wenige Postträger, Fuchsschwänzer und Schmarotzer, die aus anderer Leute Ungemach einigen Nutzen suchen, bei ihm einfanden.

In Summa, er war ein solcher Geistlicher, den man mit Recht vielen andern zum Exempel hätte vorstellen können.

 

Was mich anbelangt, hätte ich diesen Herrn nimmermehr verlassen wollen, wenn mich nicht endlich die Köchin vertrieben und auf folgende Weise verfolgt hätte.

Die Köchin buhlte mit dem Knecht, und weil ich gewahr wurde, daß der Knecht alle Nacht in der Köchin Kammer schlich und sich etliche Stunden darin aufhielt, besorgte ich mich, die Sache möchte endlich zu meines Herrn größtem Schimpf ausbrechen. Daher gedachte ich, solches meinem Herrn, wo möglich, kund zu machen.

Als nun der Knecht wieder zur Köchin eingeschlichen war, kam ich vor meines Herrn Tür und fing jämmerlich an zu bellen, also daß mein Herr endlich aufstand, was mein ungewöhnliches Bellen bedeutete.

Sobald er hinauskam, lief ich bellend auf der Köchin Kammer zu. Der Herr folgte mir mit einem Licht auf dem Fuß nach.

Als aber die Köchin merkte, daß der Herr vorhanden war, kam das schlaue Raben-Aas herausgelaufen und sagte: »Ach Herr, es muß ein Dieb im Hause sein, ich habe gehört, daß jemand drunten die Tür aufgemacht hat.«

Der gute und sorgfältige Herr ist begierig zu sehen, was es wäre, lief in seine Studier-Stube, nahm sein Haus-Gewehr, und ungeachtet meines Bellens und Verharrens, lief er in das Haus hinunter, den vermeinten Dieb aufzusuchen und ihm eines zu versetzen.

Indessen hatte der Knecht Zeit, sich aus der Köchin Kammer zu machen, welcher denn auch hinunter in den Hof kam und alles aussuchen half.

 

Von der Zeit an waren mir die Köchin und der Knecht spinnen-feind, und wenn sie mich in Abwesenheit des Herrn haben konnten, prügelten sie mich sehr derb ab.

Ja, sie, die Köchin, verfolgte mich denn endlich gar mit siedendem Wasser, wo sie nur konnte, und wenn ich' einmal nicht gewahr geworden wäre, so hätte sie mir einen großen Topf siedend heißes Wasser über den ganzen Leib geschüttet und mich damit jämmerlich und elendiglich verbrannt und verbrüht.

Als ich nun sah, daß die Verfolgung so grausam war, so hab' ich kein Maul mehr aufgetan, obschon ich wiederum den Knecht zu der Magd in das Bett habe schleichen hören; allein das Maul zu halten, war zu spät, denn die Feindschaft der Köchin wurde immer größer, daß ich endlich gar gezwungen wurde, meinen guten Herrn zu verlassen und mit Schmerzen davonzulaufen.

Leg dich nicht in Liebes-Sachen,
Man mag küssen oder lachen;
Gib da kein' Verräter ab,
Sonst verfolgt man dich ins Grab.

 << zurück weiter >>