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Zweiter Aufzug

Bad Kieferthal.

Links das Kurhaus, zugleich Gasthaus zum goldenen Tannzapfen, auf einer Terrasse, davor der Garten mit Bänken, Tischen, Lauben etc. Auf dem Tisch in der Laube (Mitte) Zeitungen, Fidibus – und Aschbecher; links im Vordergrund ein Tisch mit Stühlen. Rechts bleibt der Raum für die Promenade frei, die sich durch eine um das Kurhaus laufende Allee von jungen Bäumen, Ruheplätzchen, Wegweisern etc. kenntlich macht. Im Vordergrunde rechts die Quelle mit zierlicher Brunneneinfassung von Stein. Im Hintergrunde Dorf und bewaldete Hügel.

Erster Auftritt

Am Tisch links Arthur und Ella beim Frühstück. Der Kellner Peter Schnips geht ab und zu. Am Tisch in der Laube Kaufmann Blanknagel, Zeitungen lesend (Schlafrock und Pfeife). Auf der Promenade hin und her Badegäste, die ihren Becher an der Quelle füllen und auf- und abgehen.

Arthur. Schmeckt's?

Ella. Vortrefflich.

Arthur. Heda, Kellner!

Peter (immer sehr eilig und dienstfertig). Zu Befehl, Herr.

Arthur. Ganz soldatisch in dieser soldatischen Zeit. Haben Sie gedient?

Peter. Zu Befehl.

Arthur. Wo?

Peter. Bei einer Marketenderin. Ich habe den ganzen Feldzug mitgemacht.

Ella. Und nicht einmal das eiserne Kreuz mitgebracht?

Arthur. Vielleicht am Sonntagsrock.

Peter. So mancher hätt's nicht bekommen, wenn ich ihn nicht vorher zur Aktion gestärkt hätte.

Arthur. Ja – ja! Stilles Verdienst wird selten belohnt. – Noch ein halbes Dutzend Kiebitzeier!

Peter. Zu Befehl, Herr!

Ella. Haben Sie auch Forellen?

Peter. Bedaure unendlich –

Arthur. Also noch einmal Kiebitzeier und eine halbe Champagner. Legen Sie frisches Eis zu. Aber flink.

Peter (räumt das Kühlfaß ab). Zu Befehl, Herr. (Ab ins Haus.)

Ella. Wie gefällt dir nun Kieferthal?

Arthur. Nicht besser und schlechter, als zwanzig andere kleine Badeorte, die wir bisher nicht der Beachtung wert gehalten haben.

Ella. Weil wir blasierte Reisende waren. Das kleine Abenteuer hat mich ganz aufgefrischt. Sage selbst: haben wir auf der ganzen Reise schon ein Frühstück mit solchem Appetit eingenommen?

Arthur. Dann wollen wir nur schnell wieder in den Wald und uns müde laufen. Vielleicht ist uns der Himmel günstig und schickt uns wieder ein hübsches Donnerwetterchen.

Ella. An dem gestrigen kann's genug sein.

Arthur (zu Blanknagel). Lebt sich's auf die Dauer angenehm hier im Bade?

Blanknagel (von der Zeitung aufsehend). Ja, wissen Sie, das kommt so auf die Umstände an. Mein Hausarzt in Sulzingen behauptet, daß hier für meinen verhärteten Rheumatismus wenig zu holen sei. Aber es ist mir so wegen meines Geschäftes bequem; ich behalte meinen jungen Mann gleichsam immer unter Augen. Täglich Briefe, das Stadtblättchen, Kurszettel – man ist wie zu Hause. Es war ein recht guter Gedanke von Dr. Rathgeber, daß er uns hier das Bad einrichtete.

Arthur. Also wohl junge Anlage?

Blanknagel. Jüngste Kapitalanlage des Doktors. Was Sie hier sehen, gehört so ziemlich ihm allein. Eine Kleinigkeit hab ich selbst drin stecken. Rentiert sich vielleicht nach einigen Jahren, wenn der neue Fürst etwas für die Sache tut.

Ella. Auch einen Fürsten haben Sie hier?

Blanknagel. Kieferthal gehört zur Herrschaft Sulzingen – ehemals reichsunmittelbar, aber noch immer ganz ansehnlich. Die Residenz ist in der Nähe; man ist sehr abhängig vom Hofe. Jetzt freilich ist's ganz unsicher –

Ein kleines Mädchen (bietet Blumen an).

Ella. Ah! Die wundervollen Rosen! Hier, mein Kind, ich nehme dir den ganzen Vorrat ab. Lieber Arthur, gib der Kleinen etwas.

Arthur (sucht in seinen Taschen). Ob sich noch einige verschlagene Groschen finden sollten? Nicht – nichts – nichts!

Ella (ganz mit den Rosen beschäftigt). Das Mädchen wartet.

Arthur (zuckt die Achseln). Du weißt ja, unser Kleingeld –

Ella. Pedant! (Nimmt ein kleines seidenes Tuch vom Halse.) Da, nimm dieses Tüchelchen zum Andenken; es hat reichlich den sechsfachen Wert, so prächtig auch deine Rosen duften. Putze dich aus.

(Das Mädchen küßt ihr die Hand und geht ab, nachdem sie auch Blanknagel den Korb vorgehalten, der sie aber mit einer mürrischen Handbewegung abweist.)

Arthur. Wenn du noch weiter mit unserer Garderobe so verschwenderisch umgehst, Kind, werden wir uns bald als Venus von Milo und Apoll von Belvedere sehen lassen können. Vergiß nicht, daß unsere Koffer unterwegs nach Schmettwitz sind.

Ella. Ach! Im Sommer – !

Peter Schnips ( kommt zurück).

Arthur. Da kommt unser Ritter von der Serviette mit den Kiebitzeiern.

Ella. Sie sind vortrefflich.

Arthur (gießt Champagner ein). Auf fröhliche Abenteuer!

Ella. Der Wein steigt mir in den Kopf; es wird zu viel. –

Arthur. Es geht ja erst los. – (Zum Kellner.) Wie heißen Sie, junger Mann?

Peter. Peter Schnips, zu Befehl.

Arthur. Peter Schnips, ein vielversprechender Name. Bester Peter Schnips, wenn ich Fürst von Kieferthal wäre, wollt' ich einen neuen Orden stiften – Messer und Gabel gekreuzt am kibitzeifarbigen Bande, und Sie sollten davon den Großcordon erhalten.

Peter. Ah! Zu viel Ehre. (Er legt ein großes Buch vor, das er unter dem Arme trägt.) Wollen die Herrschaften gütigst hier ihre Namen eintragen?

Ella. Was ist das?

Peter. Die Badeliste von Kieferthal, gnädige Frau.

Arthur. Wir reisen noch heute wieder ab.

Peter. O, das ist schade. Aber es tut sich doch gut, wenn die Liste recht lang ist.

Ella (blättert im Buche). Eine hochansehnliche Gesellschaft.

Arthur. Die uns also wird entbehren können.

Ella. Da ist auch unser Geheimer Schnepf nebst Frau Gemahlin und Fräulein Tochter. Du solltest uns doch verewigen, Arthur, denn vor Weltuntergang wird dieser dickleibige Band schwerlich gefüllt sein.

Arthur. Vergiß nicht unser Inkognito –

Peter (aufhorchend, bei Seite). Inkognito? Das ist was Extrafeines. Kommt auf Rechnung.

Arthur und Ella (lesen während des Folgenden im Buche).

Zweiter Auftritt

Die Vorigen. Auf der Promenade Frau Schnepf und Rosette, jede einen Becher in der Hand.

Frau Schnepf (nach links schielend). Ich sage Ihnen, meine Verehrteste, viel ist das nicht. Man hat vergebens auf die Equipage gewartet, und nicht einmal ein bescheidener Reisekoffer ist mit der Post angekommen.

Rosette. Und dazu dieses freie Benehmen – diese passierte Toilette! Den guten Sitten unseres stillen Kieferthals droht Gefahr.

Frau Schnepf. Sehen Sie nicht so auffällig hinüber; die Gute könnte sich einbilden, daß wir über sie sprechen. (Schöpft und trinkt.)

Rosette. Herr Blanknagel ist so vertieft in seine Zeitungen, daß er uns nicht einmal einen guten Morgen schenkt. (Schöpft.) Das war also der dritte Becher.

Frau Schnepf. Erlauben Sie, es war erst der zweite.

Rosette. Sie irren, Beste, der dritte.

Frau Schnepf. Ich sage, der zweite. Und wenn ich sage: der zweite, so ist es, als ob mein Mann selbst es gesagt hätte.

Rosette. Besinnen Sie sich doch, beim zweiten trafen wir ja –

Frau Schnepf. Das war beim ersten.

Rosette. Beim zweiten.

Frau Schnepf. Beim ersten. (Sie gehen, eifrig streitend und zugleich trinkend, nach dem Hintergründe, wo ihnen Dr. Rathgeber begegnet und mit ihnen spricht.)

Dritter Auftritt

Die Vorigen. Dr. Rathgeber von der Promenade her.

Arthur (die Streitenden beobachtend). »Holder Friede! Weile, weile lange über dieser Stadt.« (Zu Ella.) Bist du fertig?

Ella. Ich kann die ganze Badeliste auswendig mit allen Geheimen und Geheimsten nebst Familie.

Arthur (schlägt das Buch zu). Da, nehmen Sie Ihr Buch zurück, guter Peter Schnips; wir verzichten auf die Ehre.

Peter. Aber der Ordnung wegen – und der Herr Polizeiverwalter verlangt – – (geheimnisvoll). Er hat nach Hofe zu berichten.

Arthur. Um so mehr; wir sind durchaus unhöflich.

Peter. Wenn wir aber die Rechnung ausschreiben sollen – das Hotel zum goldenen Tannenzapfen muß doch wissen –

Arthur. Herrn p. p. Hochwohlgeboren nebst Frau Gemahlin. Beruhigen Sie Ihr Gewissen, Herr Geheimer Oberkellner.

Peter (das Buch nehmend, bei Seite). Wunderliche Leute. Noch nicht vorgekommen, so lange ich im goldenen Tannenzapfen serviere. Muß doch dem Herrn Badekommissarius ein Wörtchen im Vertrauen – hm! hm! Kommt auf Rechnung. (Ab.)

Dr. Rathgeber (tritt zu Blanknagel). Guten Morgen, Herr Blanknagel.

Blanknagel. Guten Morgen, lieber Doktor.

Dr. Rathgeber. Wie geht's? Wie geht's?

Blanknagel. Keinen Appetit, sonst passabel.

Dr. Rathgeber. Gewiß wieder Diätfehler. Was haben Sie zu Kaffee gegessen?

Blanknagel. Eine unschuldige Semmel.

Dr. Rathgeber. Doch mindestens zwölf Stunden alt?

Blanknagel. Ich weiß nicht.

Dr. Rathgeber. Ja, sehen Sie, da steckt's. Frische Semmel, das reine Gift. Diät – Diät! Wie oft soll man das einprägen? Besuche Sie mittags. Um Himmels willen kein Fett auf der Suppe. Und lassen Sie das Briefschreiben. Beim Brunnen arbeiten – ein Schritt vorwärts, zwei zurück.

Blanknagel. Aber das Geschäft –

Dr. Rathgeber (als ob er jetzt erst Arthur und Ella bemerkte). Ah! Meine Verehrtesten. Darf man fragen, wie Sie nach dem gestrigen unfreiwilligen Bade geschlafen haben?

Ella. Sehr gut. Das Hotel hat die beste Einrichtung.

Dr. Rathgeber. Nicht wahr? Süperb! Alles nach meinen speziellen Angaben. (Ergreift einen Stuhl aus der Laube und setzt sich). Sie werden sich doch längere Zeit bei uns aufhalten?

Arthur. Schwerlich.

Dr. Rathgeber. Das Bad ist wirklich zu empfehlen! Und wenn Ihnen das Hotel zu geräuschvoll sein sollte – ich habe in einem meiner Häuser noch ein reizendes Logis frei. Aussicht in den Mordgrund, ziviler Preis –

Ella. Gegen welche Krankheiten findet man hier Heilung?

Dr. Rathgeber. Eigentlich gegen alle. Insbesondere gegen Katharre aller Art, Rachen – Laryngial –Brust –Katharre, Verschleimungen, Migräne, Congestionen, Schwindel –

Arthur. Schwindel? Dann kann es Ihnen heutzutage an Patienten nicht fehlen.

Dr. Rathgeber. Hi, hi, hü – Rheumatismen, Asthma, Herzbeklemmungen, Palpitationen –

Ella. Nicht auch Nervenkrankheiten?

Dr. Rathgeber. Neurosen – ganz unser Feld. Wir machen die wunderbarsten Kuren. Es ist statistisch festgestellt, daß die Bewohner von Kieferthal durchschnittlich drei Jahre länger leben, als die Leute in der Stadt. Kann daher nur raten, sich hier ganz niederzulassen, wenn man sein Leben lieb hat.

Ella. Das ist ja erstaunlich.

Dr. Rathgeber. Keineswegs. (Steht wieder auf und tritt hinter den Stuhl). Bedenken Sie: klimatischer Kurort! In erster Reihe dieses brillante Luftbad, das man übrigens ganz umsonst hat. Atmen Sie einmal kräftig auf. So! (Er zieht die Luft mit weitgeöffnetem Munde ein.) Nun? Das ist Luft! Dieses Aroma von Fichtenharz –

Arthur. Man muß hier mit der Zeit förmlich innerlich ausgepicht werden.

Dr. Rathgeber. Hi, hi, hi! Es ist etwas daran. Dann die Fichtennadelbäder, die Moorbäder von jeder beliebigen Stärke, die Duschen, die Quelle – eine wunderbare Quelle!

Arthur. Sicher bereits analysiert.

Dr. Rathgeber. Versteht sich. Sind Sie Chemiker?

Arthur. Ein wenig.

Dr. Rathgeber. Da finden Sie in unserer Quelle vertreten: kohlensaures Natrum, borsaures Natrum, phosphorsaures Natrum – kohlensaures Eisenoxydum, schwefelsaure Magnesia –

Ella. Ach! Der Brunnen muß ja entsetzlich sauer werden!

Dr. Rathgeber. Zum Glück nicht den Patienten. Glaubersalz, Kohlensäure – fixe und freie – Lithion, Null Komma Null Null Null Eins Sieben – Spuren von Jod und Brom – (sehr wichtig) bemerken Sie: Spuren von Jod und Brom.

Arthur. Sehr merkwürdig.

Dr. Rathgeber. Temperatur plus zehn Grad. Was sagen Sie? Bekommen Sie Lust?

Ella. Wir sind aber durchaus nicht krank.

Dr. Rathgeber. Verzeihen Sie, das ist eine sehr gewagte Behauptung, meine Gnädigste. Kein Mensch kann wissen, was ihm eigentlich fehlt und welcher Krankheitsstoff in ihm steckt, um nach Jahren oder Monaten, oft schon nach Tagen und Stunden den ganzen Organismus anzustecken. Man sollte vorsichtiger sein und ein Präservativ brauchen.

Ella. Wir sind aber wirklich ganz gesund.

Dr. Rathgeber. Dann wohl Ihnen! Aber um so mehr haben Sie Veranlassung, unseren trefflichen Brunnen zu brauchen, um sich dieses höchste Gut des Menschen, seine Gesundheit, kräftig zu konservieren. Haben Sie die Broschüre gelesen, die ich Ihnen gestern überreichte?

Ella. Ach! Sie ist gänzlich aufgeweicht, bester Herr Doktor.

Dr. Rathgeber (zieht andere Exemplare vor). Hier sofort ein Ersatz –

Arthur. Bemühen Sie sich nicht. Wir sind augenblicklich – nicht bemittelt genug, um uns den Luxus eines Badeaufenthalts gestatten zu dürfen.

Dr. Rathgeber (setzt den Stuhl wieder in die Laube). O, Sie scherzen. Aber gut – Sie wollen nicht. Nehmen Sie dieses Schriftchen immerhin für heilbedürftige Freunde. Pension gut und billig.

Arthur (bei Seite). Der Mensch wird lästig. (Laut.) Gibt es hier eine Sehenswürdigkeit in der Nähe, die nicht mehr als eine halbe Stunde kostet?

Dr. Rathgeber. Hm – hm! Da ist der Schloßberg mit Ruine – ich begleite Sie!

Arthur. Um Himmels willen! Ihre Patienten dürfen nicht geschädigt werden. Komm, Ella! Eine kleine Motion kann nach diesem trefflichen Frühstück nicht schaden. (Zu ihr bei Seite.) Wir müssen uns von dieser Klette freimachen.

Ella (sehr wichtig). Stehen Esel unten am Schloßberge?

Dr. Rathgeber (verdutzt). Nein, meine Gnädigste; erst im nächsten Jahre wollten wir –

Ella. Gelobtes Land, das keine Esel hat! Ich bin bereit, mir für diese Ruine mein geschwächtes Schuhwerk gänzlich zu ruinieren. Deinen Arm, Männchen. (Arthur und Ella ab.)

Dr. Rathgeber (ihnen betrübt nachsehend). Schade, schade! Wäre für Kieferthal recht pikant geworden. Daß das kein richtiges Ehepaar auf Reisen ist, darüber kann kein Zweifel sein. Ein wenig Demimonde – das fehlt uns gerade noch. Die Weiber sind schon ganz aufgeregt. Läßt sich vielleicht doch noch halten. – Ah! Der Postbote mit den neuen Zeitungen.

Vierter Auftritt

Der Postbote bringt Zeitungen und legt sie auf den Tisch in der Laube. Dr. Rathgeber und Blanknagel fallen sofort darüber her. Von der Promenade Schnepf mit einem Becher. Bald darauf auch Busch. Frau Schnepf, Rosette und Bertha auf der Promenade ab und zu.

Schnepf. Guten Morgen, meine Herren.

Dr. Rathgeber (nickt und liest weiter, ohne aufzusehen). Wie geschlafen, Herr Geheimer Rath?

Blanknagel (wirft die Zeitungen in dem Augenblick fort, in dem Schnepf sich zu ihm setzt und steht auf).

Schnepf. Wollen Sie schon fort?

Blanknagel. Notwendige Geschäftsbriefe. (Bei Seite.) Der Mensch hat's auf mich abgesehen mit seinen Geschichten.

Schnepf (hält ihn am Arm). Aber so bleiben Sie doch. Da ist mir in der Nacht eingefallen, daß ich Ihnen gestern doch von dem Büroapplikanten Munkelsteiner –

Blanknagel (reißt sich los). Dieser Munkelsteiner kann einen umbringen! (Ab.)

Schnepf. Sehr richtig. – Ein trefflicher Mann, aber entsetzlich beschränkt und einseitig. Was nicht in sein Fach schlägt, interessiert ihn nicht.

Dr. Rathgeber (in die Zeitung vertieft). Hm – hm –! (Rückt weiter.)

Schnepf. Habe ich Ihnen schon die Geschichte erzählt, Doktor?

Dr. Rathgeber. Hm – hm!

Schnepf (rückt ihm nach). Vor einem Jahre also –

Busch (tritt zu).

Dr. Rathgeber. Neueste Neuigkeiten, Herr Badekommissarius. (Gibt ihm das Blatt.)

Schnepf. Erlauben Sie – ich spreche.

Dr. Rathgeber. Sie werden sprachlos werden vor Verwunderung, wenn Sie von diesem kleinen Artikel Notiz nehmen.

Busch. Höchst verwunderlich.

Schnepf. Was gibt's denn?

Dr. Rathgeber (nimmt wieder das Blatt und liest). »Prinz Egon Sternheim, dem sehr unerwartet die reiche Herrschaft Sulzingen zugefallen, ist plötzlich von hier verschwunden. Unsere Primadonna, mit der er bekanntlich in sehr intimem Verhältnis stand, scheint ihm nachgereist zu sein. Jedenfalls ist sie kontraktbrüchig geworden und zu derselben Zeit auf- und davongegangen. Wahrscheinlich wird das edle Paar sich an einem verabredeten Ort treffen, um zunächst die Residenz Sulzingen, vielleicht inkognito, zu beglücken. Wir gratulieren den vielgeliebten Untertanen.«

Schnepf (hat mit offenem Munde zugehört). Das sind wir.

Dr. Rathgeber. Das sind wir. Zum Glück nur mediatisiert.

Busch. So zu sagen. – Die Kränkung für die verehrte Fürstin Witwe –! Sie bleibt keine Stunde.

Schnepf. Drauf ist's abgesehen. O tempora, o mores!

Dr. Rathgeber. Wird eine lustige Wirtschaft werden. Kieferthal kommt nicht zu kurz dabei. (Reibt sich die Hände.) Wenn sich ein Spielbänkchen durchsetzen ließe –!

Schnepf. Eine tüchtige Büroordnung wäre ersprießlicher.

Busch. Hab' ich's nicht gleich gesagt, meine Herren, daß wir schweren Zeiten entgegengehen? In meiner Stellung namentlich – man kennt den jungen Fürsten nicht einmal; ich habe mich vergeblich bemüht, sein Bild aufzutreiben. Wer weiß, was für Dummheiten man ganz unwissentlich macht?

Schnepf. Höchst bedenklich!

(Die Damen erscheinen auf der Promenade; die Herren flüstern unter einander, gehen während des Folgenden langsam nach dem Hause zu, winken nach einer Weile dem Kellner, lassen sich Schnäpschen herausbringen und trinken sie aus.)

Frau Schnepf. Aber du bist ja ganz echauffiert, Bertha! Ich glaube gar, du bist wieder durch das Dorf gelaufen. Wann wirst du dir doch ein gesetztes Wesen angewöhnen?

Bertha. Verzeih, Mamachen, aber diesmal war's wirklich nicht meine Schuld. Ha – ha – ha! Ich muß noch immer lachen, wenn ich an den köstlichen Spaß denke.

Rosette. Was ist Ihnen denn so Spaßhaftes begegnet? Bertha. Ein furchtbar komischer Mensch! Ha – ha – ha – ha! Frau Schnepf. Erzähle vernünftig oder ich werde böse. Bertha. Also ganz vernünftig. Ich war schon früh mit einem Buche auf den Andreasberg gegangen, um die Morgenfrische zu genießen, und lag da unter den Bäumen, nicht weit von der Stelle, wo der Weg ins Tal hinabführt. Da höre ich plötzlich Einen wie versessen »Hoiho!« rufen – Aha, denke ich, der sucht ein Echo. Es bleibt aber Alles still! Wie er nun zum zwanzigsten Mal probiert, kommt mich die Lust an, zu antworten ...

Frau Schnepf. Bertha –! (Zugleich.)

Rosette. Fräulein –!

Bertha. Ja, ich weiß selbst nicht, wie es geschah. Er ruft noch einmal –

Frau Schnepf. Er? Wer?

Bertha. Ich kenne ihn ja doch nicht – : der furchtbar komische Mensch. – Ich antworte wieder. Das scheint ihm doch verdächtig. Er wendet sich nach der Richtung, aus der die Antwort kommt und geht auf meinen Platz zu. Ich eiligst fort und vergesse mein Buch – über den Weg hinab und jenseits in den Wald hinein. Er ruft wieder »hoiaho« und dann »Schmettwitz.« Ich antworte aus derselben Tonart ihm im Rücken. Es dauert nicht lange, so höre ich ihn sich durch das Gebüsch arbeiten auf mich zu. Aber ich kenne die Pfade besser, husche fort und stehe schon wieder unterhalb des Andreasberges, als er von neuem sein liebliches Gebrüll ertönten läßt. So necke ich ihn eine halbe Stunde durch die Schluchten, bis Kieferthal hinunter. Da an den letzten Bäumen –

Frau Schnepf. Ich will nicht fürchten, daß er das große Kind gesehen hat!

Bertha. Ich weiß nicht, Mama. Aber ich sah ihn ganz deutlich, wie er keuchend und schweißtriefend an mir Vorüberschoß. Leider wandte er sich noch einmal zurück –

Frau Schnepf. Da haben wir's!

Rosette. Sehr unbedacht, mein Fräulein.

Bertha. Konnte ich denn dafür? Da stand ich nun und gab mir die größte Mühe, ein ernstes Gesicht zu zeigen. Das gelang auch vortrefflich. Er wagte nicht, mich anzusprechen, zog den Hut und ging ganz verdutzt weiter.

Frau Schnepf. Da kannst du Leichtsinn von Glück sagen.

Bertha. Nicht wahr, Mama? (Bei Seite.) Wenn er nur nicht mein Buch in der Hand gehabt hätte!

Schnepf (winkt seiner Frau). Clotilde!

Frau Schnepf. Nun? Bemühe dich zu mir.

Schnepf (zeigt eine Zeitung). Eine sehr merkwürdige Neuigkeit.

Rosette. Was gibt's denn?

(Die Damen treten zu den Herren.)

Busch. Fürst Egon Sternheim –

Frau Schnepf und Rosette (eifrig). Ach! Etwas von ihm?

Busch. Ist mit einer Opernsängerin –

Schnepf (auf Bertha hindeutend).S –st! Das Kind –!

Frau Schnepf. Bertha darf nicht hören?

Rosette (tritt näher heran). Gewiß etwas Unsittliches. Also mit einer Opern –?

Schnepf. S –st! Ganz leise.

Dr. Rathgeber. Wir können ja auf der Promenade –

Rosette (faßt den Doktor unter). Ganz ungestört –

Frau Schnepf. Also was ist's mit dem Fürsten?

Schnepf (reicht ihr den Arm). Halte Bertha zurück.

Frau Schnepf. Liebe Bertha, setze dich hier und erhole dich ein Weilchen. Du bist erhitzt und es ist Zug auf der Promenade.

Busch. Also hören Sie, meine Damen – (Alle ab bis auf Bertha.)

Bertha. Was haben Sie nur? Alle fort? Mir schon recht. Ich wollte, sie ließen mich immer allein; ich würde mich schon zu amüsieren wissen. (Setzt sich in die Laube.)

Fünfter Auftritt

Bertha. Vom Hause her Kurt und Peter.

Kurt (ein Buch in der Hand). Also, Herr und Frau von Schmettwitz

sind hier nicht eingetroffen? Peter. Nein, mein Herr. Kurt. Ist das gewiß?

Peter. Wenn ich's sage! Höre den Namen zum ersten Mal. Kurt. Gibt's hier noch ein anderes Gasthaus?

Peter. Nein, mein Herr; der goldene Tannzapfen ist im Stande, den extravagantesten Anforderungen zu entsprechen.

Kurt. Das ist zu arg! Keine Spur von ihnen, und man ist doch hier nicht in Afrika oder Australien. (Sieht Bertha.) Ah! Die junge Dame!

Bertha. Da ist er, und mein Buch hat er in der Hand.

Kurt (zu Peter). Wer ist die junge Dame?

Peter. Nicht Frau von Schmettwitz.

Kurt. Sondern?

Peter. Fräulein Bertha Schnepf, einzige Tochter des Herrn Geheimen Registrator Schnepf aus Sulzingen – man tituliert ihn aber Geheimer Rath.

Kurt. Badegäste?

Peter. Sehr!

Kurt (bei Seite). Ein allerliebstes Mädchen und sicher der neckende Kobold. Ich wag's anzubinden. (Zu Peter.) Geht eine Post von hier?

Peter. Zu Befehl! In zehn Minuten nach Sulzingen.

Kurt. Besorgen Sie mir einen Platz.

Peter. Zu Befehl! (Ab.)

Bertha. Er nähert sich verdächtig. – Es geschieht ihnen ganz recht; warum lassen sie mich auch allein!

Kurt. Entschuldigen Sie, mein Fräulein, wenn ich unbekannter Weise –

Bertha (versucht ernst zu bleiben, es gelingt ihr aber nicht; sie wendet sich ab und kichert in ihr Tuch.)

Kurt. Worüber lachen Sie?

Bertha. Ich lache nicht. (Versteckt wieder das Gesicht ins Tuch.)

Kurt. Gestatten Sie die Frage, ob dieses vielleicht ihr Buch ist, das ich auf der Höhe fand.

Bertha (eifrig). Nein, nein – durchaus nicht.

Kurt. Es könnte ja oben vergessen sein.

Bertha. Nein, nein – so vergeßlich bin ich nicht. Wie können Sie glauben –?

Kurt. Dann gehört das Buch vielleicht einer Freundin oder Bekannten, mein Fräulein, und Sie werden's unterzubringen wissen.

Bertha. Was ist's denn?

Kurt. Paul Heyse's »moralische Novellen.«

Bertha. So? Und weshalb glauben Sie denn, daß gerade eine Dame sie gelesen und vergessen haben muß?

Kurt. Ich möchte noch dazu wetten: eine sehr junge Dame.

Bertha. Warum – warum?

Kurt. Weil die gefährliche Vorrede zu diesen moralischen Novellen sorgsam verklebt ist.

Bertha (eifrig und ärgerlich). Ach! Das hat die Mama auf den Rat des verschrobenen Fräulein Hasenklein getan. Aber ich hatte die Vorrede heimlich schon vorher gelesen das, kann ich versichern – (altklug) und ich stimme durchaus mit den Ansichten des Verfassers überein.

Kurt. Also gehört Ihnen doch wohl das Buch?

Bertha (bei Seite). Da hab' ich mich schön verplaudert. (Laut.) Nein, mein Herr, das laß ich nicht gelten. Meinetwegen kann die Vorrede verklebt bleiben bis an den jüngsten Tag – ich bin nicht neugierig.

Kurt (legt das Buch auf den Tisch). So deponiere ich denn hier das Buch für den unbekannten Eigentümer.

Bertha. Und ich sage Ihnen namens desselben besten Dank für die Mühe, es vom Andreasberg bis Kieferthal zu tragen, obgleich es oben unter der Linde recht gut aufgehoben war.

Kurt. Wie wissen Sie denn, daß es auf dem Andreasberg unter der Linde lag?

Bertha. Nein! Was Sie aber auch neugierig sind. Und da schilt man nun uns Frauen wegen dieses häßlichen Fehlers. Wissen Sie übrigens auch, daß Sie mir noch gar nicht vorgestellt sind und daß ich also gar keine Befugnis habe, mit Ihnen zu sprechen?

Kurt. Ach! Das ist ja schlimm. Gestatten Sie, daß ich das Versäumte schnell gut mache, indem ich meinen eigenen Herold spiele. (Vorstellend.) Herr Kurt von Hageln, Fräulein – hm – hm – Ihr Name, mein Fräulein?

Bertha. Ich glaubte, Sie hätten ihn schon beim Kellner erkundet.

Kurt. Ganz richtig. Aber wenn man ganz Auge ist –

Bertha. Keine Entschuldigung. Es steht fest, daß Sie mich in drei Minuten gründlich vergessen haben.

Kurt. Ihren Namen!

Bertha. Ganz recht. Was sollten Sie wohl sonst behalten haben?

Kurt. Hm – die Stimme zum Beispiel.

Bertha. Wie?

Kurt. Das ist hier ein sehr merkwürdiges Echo unter dem Andreasberge-

Bertha. So?

Kurt. Wissen Sie gar nichts davon?

Bertha. Nicht das mindeste. Sie müssen es entdeckt haben.

Kurt. Ein höchst merkwürdiges Echo. Einmal rief ich »Schmettwitz«, und es antwortete ganz vernehmlich »ist nicht hier.«

Bertha. Ah!

Kurt. Seitdem glaub' ich nun steif und fest an Kobolde und Waldgeister in diesem heilkräftigen Winkel Erde.

Bertha. Daran tun Sie sehr wohl. Sollten Sie es für möglich halten, daß in unserer unschuldigen Quelle ein Brunnengeist steckt?

Kurt. Ist sie so unschuldig?

Bertha. Das reinste Wasser! Aber Dr. Rathgeber behauptet es und steht mit ihm auf du und du. Der Brunnengeist tut Wunder.

Kurt. Schade, daß ich nicht hierbleiben und auch einmal seine Bekanntschaft machen kann.

Bertha. Warum können Sie denn nicht hier bleiben?

Kurt. Weil ich die traurige Aufgabe habe, ein Ehepaar zu suchen, das vor langer Weile spurlos verschwunden ist.

Bertha. Ihr Schmettwitz?

Kurt. Freilich. Wo sie nur ohne Geld – (Posthorn draußen.) Da bläst schon der Postillon.

Peter (kommt eilig zurück). Hier Ihr Billet, Herr! Beeilen Sie sich.

Kurt (gibt ihm Geld). Ich wünschte jetzt fast, ich käme zu spät. (Bei Seite.) Ein reizendes Kind. (Posthorn draußen).

Peter. Er wird schon ungeduldig. Kurt. Mein Fräulein –

Bertha. Haben Sie an das Echo noch etwas zu bestellen?

Kurt. Daß ich's mein Leben lang nicht vergessen werde, und daß ich – (Posthorn.)

Peter. Er fährt wahrhaftig ab. Kurt (verwirrt). Ja, wo geht man denn am nächsten?

Bertha (bricht auf). Ich mache zufällig denselben Weg und erlaube Ihnen, mir nachzukommen. Kurt (ihr nach). Wenn Sie mich nur nicht verirren, wie das Echo.

Bertha (bei Seite). Nun wünscht' ich, sie träfen uns zusammen auf der Promenade. (Laut.) Schnell, schnell! (Ab. Kurt folgt ihr.)

Peter. Der Postillon wird auf sein Trinkgeld warten.

Sechster Auftritt

Peter. Egon (vom Hause).

Egon (wirft sich auf einen Stuhl in der Laube). Also dies ist das berühmte Homburg in der Tiefe.

Peter. Entschuldigen Sie, mein Herr, der Ort heißt Kieferthal.

Egon. Wird gespielt?

Peter. Sehr!

Egon. Hoch?

Peter. Nein, parterre im Saal steht das Klavier.

Egon. Du ahnungsloser Engel du! – Die Speisekarte!

Peter. Zu Befehl! (Gibt ihm die Karte.)

Egon. Da ist ja Alles ausgestrichen bis auf die unvermeidlichen Koteletts –?

Peter. Die sind aber auch delikat.

Egon. Wagen wir's also zum zwanzigsten Mal. Eine Flasche Wein dazu!

Siebenter Auftritt

Die Vorigen. Arthur und Ella (von links).

Peter (ihnen entgegen und präsentiert ein Blatt Papier). Zu Befehl – Die Rechnung, gnädiger Herr.

Arthur. Gut!

Egon. Da sind sie. Hübsch – sehr hübsch! Kellner!

Peter (zurück). Mein Herr –?

Egon. Nun wird man doch den Namen der Waldnixe erfahren. (Zum Kellner.) Wer ist das?

Peter (zuckt die Achseln). Inkognito. (Ab.)

Egon. So – so! (Nimmt eine Zeitung und beobachtet.)

Ella. Ich kann gar nicht geirrt haben: im Postwagen saß Kurt. Er hätte uns bemerken müssen, wenn er nicht ganz in die junge Dame vertieft gewesen wäre, die eben fortging.

Arthur. Fräulein Schnepf, wenn ich nicht irre. Nun, wenn er von hier abreist, ohne uns gefunden zu haben, sind wir vor ihm sicher.

Ella. Der arme Mensch! Glaubt vielleicht gar, daß uns ein Unglück passiert sei.

Arthur. Würde er dann so eifrig nach hübschen Mädchen ausgucken?

Ella. Findest du Fräulein Bertha Schnepf hübsch?

Arthur. Nu – u – u – n – !

Ella. Was die Männer nicht alles hübsch finden! Ein rundes Gesicht, frische Farben, blanke Augen, und man muß sich vorsehen.

Arthur. Die vergrämte Echo schildert man so allerdings nicht. – Hier unsre Rechnung.

Ella (sieht hinein). Billig genug. Wir sind auf unserer Reise selten so gut abgekommen.

Arthur. Willst du bezahlen?

Ella. Ich?

Arthur. Ja, daß ich selbst mein Kleingeld über Bord geworfen habe, um uns für die Reiseromantik würdig vorzubereiten, weißt du doch.

Ella. Es fällt mir jetzt erst wieder ein. Aber was fangen wir nun an?

Arthur. Ja, was fangen wir nun an?

Ella. Die Rechnung muß doch bezahlt werden.

Arthur. Bitte

Ella (unwillig). Ach! – Die Wirtin wird uns den kleinen Betrag kreditieren.

Arthur. Namenlosen Reisenden, die nicht einmal Handgepäck aufweisen können? Und der Betrag ist nicht so klein; wir haben uns nichts abgehen lassen.

Ella. Hm – hm – hm –! Das ist ärgerlich.

Egon (über das Blatt schielend). Eine reizende Erscheinung. Heut bei Tage kann ich erst schätzen, was ich gestern eingefangen hatte. – Die Rechnung kommt ihnen bedenklich vor.

Ella. Können wir denn nicht etwas in Pfand lassen?

Arthur. Vielleicht dein Kleid und meinen Rock.

Ella (ablehnend). Ah!

Arthur. Weißt du, Kind, das ist ein prächtiger Gedanke. Wenn wir so in halber Toilette über die Landstraße weiter ziehen, kann es uns an den köstlichsten Abenteuern nicht fehlen.

Ella. Du bist närrisch. Was sollten wir denn anfangen, wenn uns abends eine zweite Rechnung präsentiert wird?

Arthur. Ja dann – – die Weste herunter.

Ella. Du willst mich ärgern.

Arthur. Hab ich's nicht gesagt? Ein Schritt vom Wege – !

Ella. Um Himmels willen! Nur keine pedantische Nutzanwendung. Du verdirbst mir damit das ganze Vergnügen.

Arthur (zuckt die Achseln). Dort kommt unser Freund Kellner. Willst du's bei ihm versuchen? Peter (kommt zurück. Arthur und Ella sprechen mit ihm).

Egon. Bei den Inkognitos ist etwas nicht richtig. – Ein feines geistiges Gesichtchen und ein paar Augen voll Weltluft – ah! Das wäre ein Motiv, wieder in die verliebte Torheit zurückzufallen, der wir schon glauben, für alle Zeit Lebewohl gesagt zu haben. Mein Kleinmut soll beschämt werden. Kaum den Fuß in meine langweilige Herrschaft gesetzt und gleich wieder die beste Unterhaltung! Was sie nur verhandeln?

Peter. Aber ich bitte Sie, meine Herrschaften, das kann ich ja der Madame gar nicht sagen. Wir lassen hier keinen fort, der nicht seine Zeche bezahlt hat.

Egon. Bezahlt –! Aha! Geldverlegenheiten.

Ella. Es soll Ihrer Madame ja nicht ein Heller entgehen; nur eine Woche soll sie warten.

Peter. Und dann sind Sie, mit Verlaub zu sagen, über alle Berge, und wir haben das Nachpfeifen.

Ella. Pfui! Das ist grob!

Peter. Ja, wenn man fein behandelt sein will, muß man auch fein Geld haben.

Arthur. Da hört auch in Kieferthal die Idylle auf.

Ella. Man kann ja doch seine Barschaft verlieren.

Peter. Und sich dann nicht einmal in die Badeliste eintragen. Wir merken.

Arthur. Keine Unverschämtheiten, lieber Freund. Sprechen Sie mit Ihrer Wirtin.

Peter. Das will ich. Und der Herr Badekommissarius und Polizeiverwalter ist ja auch noch in der Nähe. (Ab.)

Ella. Das muß man sich sagen lassen.

Arthur. Wenn man nicht bezahlen kann. Ein gefülltes Portemonnaie ist doch eine schöne Erfindung.

Ella. Und wir haben Kurt mit der Reisekasse wieder abfahren lassen.

Arthur. Der Spaß wäre ja aus gewesen, wenn wir ihn angehalten hätten. Was nun?

Ella. Ja, was nun? Auf Nachsicht ist kaum zu rechnen.

Arthur. Man muß nachdenken, ob man nicht irgend etwas gelernt hat und kann, womit sich auf der Stelle Geld verdienen ließe.

Ella. Geld verdienen – wir?

Arthur. Und auf noble Weise natürlich.

Ella. Es ist ja lächerlich.

Arthur. Du bist lange Jahre in der besten Pension gewesen und hast in allen Wissenschaften und freien Künsten die vorzüglichsten Lehrer gehabt. Da wird man doch wohl nach den Zinsen des Kapitals fragen dürfen.

Ella. O, Unterricht könnte ich geben gleich der firmsten Gouvernante.

Arthur. Dafür ist schon durch Fräulein Hasenklein gesorgt.

Ella. Was also? Zeige nun einmal, daß du einen anschlägigen Kopf hast.

Arthur. Also denn: wunderschön. Um so besser. Ich begleite leidlich auf dem Klavier –

Ella. Mein Himmel! Du willst doch nicht gar ein Konzert geben?

Arthur. Allerdings! Die leichteste Art, schnell ein Stück Geld zusammen zu bringen, und Kieferthal wäre gerade der passende Ort, so etwas zu riskieren.

Ella. Daraus wird nichts! Ich – und gegen Entree singen! Das geht über den Spaß. Nein, nein! Etwas anderes. Daraus wird nichts.

Arthur. Wie du willst, wir haben ja ein höchst einfaches Mittel, dieser kleinen Verlegenheit ein Ende zu machen.

Ella. Nun?

Arthur. Wir nennen unsern Namen, logieren uns hier fest ein, telegraphieren nach Hause, lassen uns eine Geldanweisung auf Ehren-Blanknagel senden und – kehren wieder auf die bequeme und langweilige Heerstraße zurück.

Ella. Mit dem beschämenden Bekenntnis, nicht einmal drei Tage lang in der Freiheit ausgehalten zu haben. Das wär's gerade, was du wünschtest! Noch bei unserer goldenen Hochzeit bekäme ich's zu hören, daß ich einmal eine rechte Närrin gewesen. Nein! Den Triumph sollst du denn doch nicht feiern. Wir haben uns das Wort gegeben, drei Tage lang vom Wege abzugehen, wohin wir auch kommen sollten, und dabei muß es bleiben.

Arthur. Ich bin ja durchaus einverstanden. Wenn du dich aber zu dem Konzert nicht bestimmen lassen willst –

Ella. Meinst du denn wirklich, daß ich's mit meiner Stimme wagen könnte?

Arthur. Ich darf nicht daran zweifeln.

Ella. Es hat denn doch seinen Reiz.

Arthur. Aha!

Ella (lebhafter). Künstlerinnen sind mir immer sehr beneidenswert erschienen. Wie der Vogel leicht von Zweig zu Zweig ... Aber nein! Man hat doch Rücksichten zu nehmen.

Arthur. Findest du?

Ella (eifrig). Freilich kennt uns Niemand, und ich habe sogar italienische und spanische Arien singen gelernt.

Arthur. Prächtig. Zum Beispiel: Signora Carina – Mister Ulimann.

Ella (sehr munter). Ha, ha, ha – köstlich! Gastreise durch Deutschland – Konzert in dem weltberühmten Kieferthal.

Egon. Konzert? Also reisende Virtuosen. Um so interessanter.

Peter (kommt zurück). Wie ich gesagt habe, meine Herrschaften, nicht anders. Es ist bisher im goldenen Tannzapfen nicht Mode gewesen, daß Jemand Kiebitzeier ißt und Champagner trinkt und hinterher –

Arthur (laut). Ereifern Sie sich nicht, Herr Geheimer Oberkellner in diesem allergeheimsten Bade. Wir haben unsere Dispositionen geändert. Allerdings war's unsere Absicht, direkt von Mailand nach Berlin zu reisen; da aber zufällig ein Sturm uns abgeworfen und ohne Gepäck an diese unwirtliche Küste getrieben hat, so wollen wir das Völkchen der Phäaken eines ganz unverhofften Genusses teilhaftig machen – natürlich gegen klingende Münze.

Egon. Richtig.

Peter. Hier ist kein solches Völkchen, Herr, und klingende Münze wollen wir selbst sehen, und wenn Sie uns Winkelzüge machen –

Ella. Questo cammeriere è un po' troppo sfacciato!

Arthur. Verzeihen Sie ihm, Signora, er weiß nicht, was er tut.

Peter. Signora? Also doch was Apartes?

Arthur. Signora Carina – Primadonna der großen Oper zu Mailand, auf Kunstreisen in Deutschland und den benachbarten Ländern –

Ella. Du lügst gut!

Arthur (fortfahrend). – will dieses erbärmliche Nest mit einem Gruße ihrer Kunst beehren. Ihre himmlische Stimme, von den ersten Meistern ausgebildet –

Ella. Aber ich bitte dich –!

Arthur (bei Seite). Wenn wir nicht unverschämte Preise nehmen, machen wir nichts. (Laut.) Kieferthal wird Baden-Baden, Homburg, Wiesbaden, Ems, Kissingen und wie die lieben Schwestern alle heißen, durch dieses unerhörte Ereignis so zum Neid reizen, daß dort sämtliche Quellen gallenbitter werden und die Gäste hierher flüchten.

Peter. Ja, Sie machen mich ganz dumm.

Arthur. Ist das möglich?

Egon (sich rasch erhebend). Ich halte mich nicht länger zurück. (Hinzutretend.) Gestatten Sie, meine Herrschaften, daß ich gleichsam den Dolmetscher spiele und die hohe Sprache der Künstlerwelt, die ich für schweres Geld studiert habe, diesem simplen Menschen in sein geliebtes Deutsch übertrage.

Arthur. Sehr gütig, mein Herr! Haben wir nicht schon gestern im Walde – ?

Egon. Uns zärtlich umarmt – allerdings.

Ella. Ha – ha – ha!

Egon. Signora Carina – wenn ich recht verstanden habe –

Ella (verneigt sich).

Egon. Wünscht also in Kieferthal ein Konzert zu geben, wird den Saal nebst Flügel zur Verfügung erhalten, ermächtigt Sie, so viel Stühle in Reih' und Glied zu stellen, als eine sofort in Umlauf zu setzende Subskriptionsliste Unterschriften aufweist, tritt der Wirtin vom goldenen Tannzapfen für Saalmiete und Beleuchtung ein Viertel der Einnahme ab und wird diese unbedeutende Rechnung berichtigen, sobald es ihr gefallen wird, ihre Aufmerksamkeit dergleichen Lappalien zuzuwenden. Habe ich Sie richtig verstanden, meine Gnädigste?

Ella. Vollkommen (Bei Seite.) Er versteht mehr davon, als ich selbst. (Zu Arthur.) Ein liebenswürdiger Kavalier.

Egon. Also schnell die nötigen Vorbereitungen! Benachrichtigen Sie die Wirtin vom goldenen Tannzapfen, ziehen Sie die Honoratioren ins Geheimnis, besorgen Sie einige Bogen Papier zu Listen, numerieren Sie die Stühle –

Peter. Aber –

Egon. Ich garantiere Ihnen ein Trinkgeld, der Primadonna der großen Oper zu Mailand in Kieferthal würdig. Fliegen Sie!

Peter. Aber –

Egon. Das heilige Kreuzdonnerwetter soll Ihnen zeitlebens in die Beine fahren, wenn Sie noch abern. Packen Sie sich!

Peter (verschüchtert). Zu Befehl! (Bei Seite.) Der muß ein Offizier in Zivil sein – wahrscheinlich auf Freikarte für deutsche Bäder. (Ab.)

Arthur. Gut abgetrumpft. Dürfen wir nun vielleicht auch das Vergnügen haben zu erfahren, wem wir diese liebenswürdige und erfolgreiche Intervention verdanken?

Egon. Wem – ? Einem Manne, der sich stets den Verkehr mit der Kunst und ihren Jüngern zur Gewissenssache gemacht hat und der sich nicht wenig freuen würde, einer so schönen und talentvollen jungen Dame reelle Dienste leisten zu können.

Ella. Mein Herr –

Arthur. Ihren Namen, wenn ich bitten darf.

Egon (bei Seite). Was sag' ich gleich? Ach, ein Gedanke! Das kommt wie gerufen.

Ella (zu ihrem Manne). Er scheint doch sehr ungeniert.

Egon (lachend). Mein Name ist italienischen Ohren nicht leicht faßlich. Man häuft in unserm barbarischen Norden die Konsonanten unausstehlich. Erlauben Sie – (er zieht das Taschentuch vor, das er vom Hirten erhalten hat, und sucht eine Visitenkarte vor) – daß ich fürs Auge –

Ella (überrascht, stößt ihren Mann an). Arthur –!

Arthur (ebenso verwundert, aber schnell gefaßt). Still, laß ihn doch –

Egon (suchend). Erlauben Sie – daß ich – aha! Daß ich Ihnen meine Visitenkarte präsentiere. (Tut's.) Arthur von Schmettwitz.

Ella. Das ist denn doch –!

Egon. Eigentlich polizeiwidrig, Schmettwitz zu heißen. Aber es ist eine Erbschaft, die man nicht ausschlagen kann, und übrigens – der Name macht nicht den Mann.

Ella. Sie heißen Arthur von Schmettwitz und dies ist Ihre Karte?

Egon. So wahr Sie erste Sängerin der großen Oper zu Mailand sind.

Ella (leise zu ihrem Mann). Deine eigene –

Artur. St! (Laut.) Es freut mich sehr, die Bekanntschaft eines Mannes zu machen, für den ich schon seit langer Zeit nicht wenig eingenommen bin.

Ella (bei Seite). Das glaub' ich.

Egon. Sehr verbunden.

Arthur. Meine Frau –

Egon. Ihre Frau?

Arthur. Ich schmeichle mir.

Egon (bei Seite). Man kennt das.

Arthur. Meine Frau würde Ihnen gewiß sehr dankbar sein, Herr Baron, wenn Sie die Subskriptionsliste mit Ihrem Namen einführen wollten, der trotz der gehäuften Konsonanten den besten Klang hat.

Ella (ängstlich zu Arthur). Was für Verbindlichkeiten –

Egon. Das ist das Wenigste, meine Gnädigste. Ich belege allein zehn Plätze. (Blättert in der Brieftasche.) Geld spielt bei den Schmettwitz gar keine Rolle.

Ella (zu Arthur). Ob er auch deine Geldbörse gefunden hat?

Egon. Ich bin in Arrangements dieser Art nicht unbewandert; verfügen Sie nach Gefallen über mich. (Bei Seite.) Das Weibchen ist merkwürdig schüchtern für eine Primadonna. (Laut.) Haben Sie schon ein Programm entworfen?

Arthur. Nicht im mindesten. Der Gedanke, hier zu konzertieren, schoß uns nur eben durch den Kopf. Wir haben unsern ganzen Notenvorrat unterwegs nach Berlin und werden uns nun um einen Ersatz bemühen müssen.

Egon. Nichts leichter als das. Ich wette darauf, daß wir im Saal auf dem Klavier Noten in Menge finden. Wenn Sie erlauben, will ich Ihnen bei der Auswahl behilflich sein.

Ella. Sehr gütig. Vielleicht ermitteln wir einige bekannte Stücke –

Egon. Unzweifelhaft die bekanntesten. Gnadenarie – (Geht hinüber.)

Ella. Vortrefflich.

Egon. Müllerlieder –

Ella. Meine Lieblinge.

Egon (ihr ganz nahe). Vielleicht etwas Offenbach.

Ella. Ach nein.

Egon. Das hat man überall gern. Sollten Sie nicht die schöne Helena gespielt haben? Oder Eurydike –?

Ella. Mein Herr –!

Arthur. Sie vergessen: Primadonna –

Egon. Der großen Oper zu Mailand. Ha, ha, ha – freilich! Prüfen wir zugleich die Stimmung des Instruments. (Reicht ihr den Arm.) Darf ich bitten?

Ella (zögernd). Arthur –?

Arthur. Geniere dich nicht. Eine Künstlerin hat höhere Rücksichten zu nehmen.

Egon (führt Ella ab).

Arthur (ihnen nach). Nur so weiter! (Ab ins Haus.)

Achter Auftritt

Busch und Dr. Rathgeber aus dem Hause, begegnen den dahin Abgehenden und sehen ihnen neugierig nach. Später von Zeit zu Zeit Klavierspiel innen.

Dr. Rathgeber. Also auf ein Konzert kommt's heraus. Dachte doch gleich, daß wir's nicht mit gewöhnlichen Badegästen zu tun hätten. Sehr gut! Wenn man in den Zeitungen lesen wird, Signora Carina habe in Kieferthal ein Konzert gegeben – das lenkt die Aufmerksamkeit hierher. Wir kommen in Aufnahme, werden Mode – (reibt vergnügt die Hände) unsere Aktien steigen.

Busch. Hm – hm – sonderbar.

Dr. Rathgeber. Was finden Sie daran wieder sonderbar, bester Herr Kommissarius? Kieferthal ist in der Tat ein Ort, der durch Klima –

Busch (nimmt die Zeitung auf). Versteht sich, versteht sich. Aber diese Zeitungsnachricht – es trifft sonderbar zusammen.

Dr. Rathgeber. Was trifft sonderbar zusammen? Ich bitte Sie, äußern Sie sich deutlicher.

Busch. Natürlich bloßer Zufall.

Dr. Rathgeber. Was? Was?

Busch. Der junge Fürst hat ein Verhältnis mit einer Sängerin – er verschwindet, sie verschwindet – man vermutet, daß sie sich inkognito nach Sulzingen begeben werden –

Dr. Rathgeber. Ah –!

Busch. Und in Kieferthal, eine Meile von Sulzingen, treffen inkognito ein Herr und eine Dame ein –

Dr. Rathgeber. Und die Dame ist eine Opernsängerin und den Herrn kennen wir nicht. Sehr auffallend.

Busch. Ein merkwürdiger Zufall. Nun, dem beabsichtigten Konzert steht nichts entgegen. (Ab nach der Promenade.)

Dr. Rathgeber. Wenn das doch mehr als ein Zufall wäre –! Hm –

Neunter Auftritt

Dr. Rathgeber. Schnepf.

Schnepf. Warum so nachdenklich, Doktor? Haben Sie in Ihrer Quelle einen neuen Stoff entdeckt? Ist's mit dem Konzert richtig?

Dr. Rathgeber. Es scheint so. Und raten Sie einmal, wer uns das Konzert gibt?

Schnepf. Nun? Eine Sängerin von der Oper zu Mailand.

Dr. Rathgeber. Pah! Sie spricht das reinste Deutsch.

Schnepf. Nun?

Dr. Rathgeber. Natürlich bloße Vermutung, aber lohnt doch, drüber nachzudenken. (Zeigt auf das Zeitungsblatt.) Hm? Verstehen Sie?

Schnepf. Was – der Fürst?

Dr. Rathgeber. Die Geliebte des Fürsten – spurlos verschwunden – inkognito – hm?

Schnepf. Herr du meines Lebens! Es fährt mir gleich in die Knie!

Dr. Rathgeber. Bloße Vermutung natürlich. Sprechen Sie kein Wort davon. Adieu! (Ab.)

Schnepf. So bleiben Sie doch noch. Eine so wichtige Neuigkeit muß man doch – Er ist fort, der Windicus. Was Vermutung? Da ist Zusammenhang – Plan – Absicht. O tempora, o mores!

Zehnter Auftritt

Schnepf. Frau Schnepf und Bertha.

Frau Schnepf. Du bist ja so aufgeregt – was fehlt dir?

Schnepf. Gott sei Dank, daß du kommst, Clotilde. Ach, diese frivole Welt! Wer hätte noch vor sechs Monaten so etwas für möglich gehalten?

Frau Schnepf. Was denn?

Schnepf. Es ist begründete Vermutung – nein! Es ist die größte Wahrscheinlichkeit –

Frau Schnepf. So sprich doch!

Schnepf. Bertha –! (Er sagt seiner Frau etwas ins Ohr.)

Bertha. Ich soll wieder nicht hören. Alle besten Geschichten halten sie geheim. Dafür sollen sie auch nicht wissen, wen ich zur Post begleitet habe, und wenn sie vor Neugierde drei Nächte nicht schlafen können!

Frau Schnepf. Das ist ja unerhört. Also der junge Fürst –

Schnepf (zischelt ihr wieder ins Ohr).

Elfter Auftritt

Die Vorigen. Rosette.

Frau Schnepf. Was man nicht erlebt!

Schnepf. Hübsch vorsichtig! Meine Stellung –

Frau Schnepf. Ach, bestes Fräulein, eine Neuigkeit – (Spricht leise mit ihr.)

Schnepf. Begleite mich, Bertha.

Bertha. Papa –!

Schnepf. Ich will es! – (Zu seiner Frau.) Um Himmels willen, vorsichtig! (Ab mit Bertha.)

Rosette. Darüber kann ja gar kein Zweifel sein. Ihr Riechfläschchen! (Sinkt auf einen Stuhl.)

Frau Schnepf. Ich will sogleich nach der Brunnenstraße und der Frau Geheimen Acciserätin Mitteilung machen. Ach! Das wir ein interessantes Konzert. (Ab nach rechts und karomboliert dabei mit Busch.)

Zwölfter Auftritt

Rosette. Busch

Rosette (springt auf und ihm entgegen). Wissen Sie denn schon von dem Konzert, Herr Badekommissarius?

Busch. Allerdings! Ich komme deshalb nochmals zurück, um zu fragen, ob man nicht vielleicht gut tut, die Frau Fürstin Witwe zu avertieren?

Rosette. Unzweifelhaft! Es ist ja ein Skandal –!

Busch. Was?

Rosette (verschämt). Mein Himmel, die Geliebte des Fürsten –

Busch. Was wissen Sie davon?

Rosette. Zuverlässige Nachrichten. Sie ist ja hier als Signora Carina –

Busch. Meine Vermutung.

Rosette. Mit dem jungen Fürsten, der selbst inkognito –

Busch. Ist es denn richtig?

Rosette. Über allen Zweifel hinaus.

Busch. Ja, wenn Sie's versichern –!

Rosette. Welche Welt!

Busch. Berichten wir sofort nach Hofe unter Beifügung dieses Zeitungsblattes: Prinz Egon von Sternheim ist in Kieferthal eingetroffen!


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