Jules Verne
Reise durch die Sonnenwelt. Erster Band
Jules Verne

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Siebtes Kapitel

In welchem sich Ben-Zouf über einige Vernachlässigung seitens des Generalgouverneurs zu klagen berechtigt glaubt.

Zehn Minuten später lagen der Generalgouverneur und die »Bevölkerung« in tiefem Schlafe, und zwar in einem Raume des Wachthauses, da der Gourbi aus seinen Ruinen noch nicht wieder erstanden war. Den Schlummer des Offiziers störte freilich immer noch ein wenig der Gedanke, daß es ihm trotz Konstatierung so zahlreicher, neuartiger Tatsachen nicht gelingen wollte, deren letzte veranlassende Ursache zu ergründen. Ohne eben gerade Kosmograph zu sein, erinnerte er sich bei einiger Anstrengung seines Gedächtnisses doch gewisser Grundgesetze, die er schon gänzlich vergessen zu haben glaubte. Er überlegte, ob nicht eine plötzliche Veränderung der Neigung der Erdachse zur Ekliptik alle jene Erscheinungen hervorrufen könne. Erklärte eine solche Veränderung aber auch den Ortswechsel der Meere und etwa den der Kardinalpunkte des Horizontes, so konnte sie doch weder eine Verkürzung der Tage, noch eine Verminderung der Schwerkraft auf der Oberfläche der Erdkugel zur Folge haben. Hector Servadac mußte diese Hypothese bald fallenlassen – was ihn nicht wenig wurmte, da er, wie man zu sagen pflegt, mit seinem Latein nun so ziemlich am Ende war. Höchstwahrscheinlich schloß die Reihe der Überraschungen jetzt noch nicht ab, und dann konnte ihn ja eine weitere fremdartige Erscheinung vielleicht auf den rechten Weg führen.

Am nächsten Morgen beschäftigte Ben-Zouf zunächst die Bereitung eines kräftigen Frühstücks. Zum Kuckuck, der Mensch muß sich doch einmal stärken! Und er, er hatte ja Hunger für drei Millionen Algerier. Jetzt oder nie war es an der Zeit, mit einem Dutzend Eiern fertig zu werden, welche die Erdrevolution, die »das Land zerbrach«, doch verschont hatte. Mit einer nicht zu kleinen Schüssel Kuskussu, für deren Zubereitung die Ordonnanz den Meistertitel ehrlich verdiente, versprach das eine köstliche Mahlzeit.

Der Kochofen fand sich ja im Wachthause vor, die Kasserolen glänzten, als kämen sie eben aus des Kupferschmieds Händen, und frisches Wasser stand zur Hand in einem großen Alkazara, dessen poröses Material durch Verdunstung den Inhalt sehr kühl erhält. Durch drei Minuten langes Eintauchen in siedendes Wasser hoffte Ben-Zouf schmackhafte, halbweiche Eier zu gewinnen.

Sofort zündete er also Feuer an und trällerte dazu wie gewöhnlich den Refrain eines Soldatenliedchens:

»Gibt es denn Salz?
Fehlt's nicht an Schmalz?
Fleisch hast du wohl
im Kasseroll?«

Auf- und abgehend beobachtete Kapitän Servadac neugierigen Blickes diese kulinarischen Vorbereitungen. In der Erwartung neuer Erscheinungen, welche ihn seiner Ungewißheit entreißen könnten, achtete er gespannt auf alles, was vor seinen Augen vorging, ob der Ofen wohl seine Schuldigkeit tun, ob die jetzt modifizierte Luft ihm den nötigen Sauerstoff zuführen werde u. dergl.

Ja, der Ofen kam in Gang; mit hörbarem Blasen half Ben-Zouf etwas nach, und bald schlug eine helle Flamme aus den mit Reisig gemischten Kohlen. Hier war also nichts Übernatürliches zu sehen.

Die Kasserolle ward auf das Feuer gesetzt, mit Wasser gefüllt und Ben-Zouf wartete, bis es ins Sieden kam, um die Eier hineinzulegen, die ihm so leicht vorkamen, als wären sie hohl.

Das Gefäß befand sich kaum zwei Minuten im Ofen, als das Wasser schon kochte.

»Alle Teufel, das Feuer macht jetzt aber eine tüchtige Hitze«, rief Ben-Zouf.

»Das Feuer heizt nicht mehr als sonst«, erwiderte Kapitän Servadac nach einigem Nachdenken, »doch das Wasser siedet schneller.«

Er ergriff ein Zentesimal-Thermometer, das noch an der Wand hing, und tauchte es in das wallende Wasser.

Das Instrument zeigte nun sechsundsechzig Grad.

»Recht hübsch!« sagte der Offizier, »jetzt kocht das Wasser schon bei sechsundsechzig Grad statt sonst bei hundert!«

»Und dann, Herr Kapitän?«

»Dann, Ben-Zouf rate ich dir, deine Eier getrost eine Viertelstunde in der Kasserolle zu lassen, und auch dann werden sie kaum gekocht sein.«

»Aber hart?«

»Nein, mein Freund, höchstens dürften sie dann so weit gesotten sein, um unser Brot mit Eierschnittchen belegen zu können.«

Die Ursache dieser Erscheinung lag offenbar in einer Höhenabnahme der Atmosphärenschichten, was auch schon mit der beobachteten Verringerung der Dichtigkeit der Luft übereinstimmte. Hierin täuschte sich Kapitän Servadac nicht. Die Luftsäule über der Erdoberfläche hatte ungefähr um ein Viertel abgenommen, und aus demselben Grunde kochte auch das unter einem geringeren Drucke stehende Wasser schon bei niedrigeren Wärmegraden.

Dieselbe Erscheinung würde sich auf einem etwa 10 000 Meter hohen Berge gezeigt haben, und wäre Kapitän Servadac im Besitze eines Barometers gewesen, so hätte er die Abnahme der Luftschwere nachzuweisen vermocht. Aus eben der Ursache leitete sich ferner bei ihm und Ben-Zouf die Abschwächung der Stimme, die lebhaftere Atmung her, ebenso wie die hohe Spannung in den Blutgefäßen, an welche sie sich schon gewöhnt hatten.

»Und doch«, sagte er zu sich selbst, »ich kann doch unmöglich annehmen, daß unser Aufenthaltsort zu einer solchen Höhe emporgehoben worden wäre, denn dort sieht man ja das Meer, dessen Brandung sich an dem steilen Ufer bricht.«

Trotz Hector Servadacs richtiger Schlußfolgerungen war er doch nicht im Stande, die Ursache jener Phänomene zu erklären. Inde irae.

Infolge des längeren Verweilens im Wasser erschienen die Eier wirklich nahezu gekocht. Dasselbe war mit dem Kuskussu der Fall. Ben-Zouf überzeugte sich sehr bald, daß er seine Küchenverrichtungen in Zukunft einfach eine Stunde früher beginnen müsse, und setzte seinem Herrn die Speisen vor.

Als dieser nun trotz seiner wechselnden Empfindungen mit größtem Appetite aß, begann Ben-Zouf, der jedes Gespräch mit einer unbestimmten Frage einzuleiten liebte:

»Und nun, Herr Kapitän?«

»Nun, Ben-Zouf!« erwiderte der Offizier, nach der ebenso unabänderlichen Gewohnheit seiner Ordonnanz zu antworten.

»Was werden wir nun beginnen?«

»Ei, wir werden warten.«

»Warten? Auf was?«

»Bis jemand uns abholt.«

»Auf dem Seewege?«

»Natürlich, da wir vorläufig auf einer Insel kampieren.«

»Sie meinen also, Herr Kapitän, daß die Kameraden . . .«

»Ich denke, oder vielmehr ich hoffe, daß die Verwüstungen der unerklärlichen Katastrophe auf vereinzelte Punkte der algerischen Küste beschränkt geblieben sind und unsere Kameraden sich demnach wohl und gesund befinden.«

»Ja, freilich, Herr Kapitän, das wollen wir hoffen.«

»Es unterliegt ferner keinem Zweifel, daß der Generalgouverneur infolge dieser Vorgänge gewisse Maßregeln anordnen wird. Er muß z. B. von Algier aus notwendig ein Fahrzeug aussenden, um das jetzige Ufer zu untersuchen, und ich hoffe auch, daß er unser nicht ganz vergessen habe. Hab' also acht auf das Meer, Ben-Zouf, wenn ein Schiff in Sicht kommt, müssen wir ihm Signale geben.«

»Doch wenn sich keines sehen läßt?«

»Dann bauen wir selbst ein solches und fahren zu denen, die nicht zu uns kamen.«

»Recht schön, Herr Kapitän. Sie sind also auch Seemann?«

»Seemann ist man immer, wenn es sein muß«, erwiderte mit unerschütterlicher Ruhe der Stabsoffizier.

Wir wissen nun, warum Ben-Zouf im Laufe der nächsten Tage fast unausgesetzt mit einem Fernrohr vor den Augen den Horizont musterte. Kein Segel erschien aber im Gesichtsfelde seines Glases.

»Verdammter Kabyle!« rief er, »seine Exzellenz der Herr Generalgouverneur scheint uns einigermaßen zu vernachlässigen!«

Am 6. Januar hatte sich die Situation der beiden Insulaner nach keiner Seite geändert. Mit diesem sechsten Januar ist übrigens das wahre Datum, d. h. dasjenige des irdischen Kalenders bezeichnet, bevor die Erdentage noch zwölf Stunden von ihren vierundzwanzig verloren hatten.

Kapitän Servadac zog es nicht ohne Grund, und vorzüglich um klarer zu bleiben, vor, nach der gewohnten Methode zu rechnen. Wenn die Sonne also auch schon zwölfmal über dem Horizonte der Insel auf- und untergegangen war, so zählte er vom 1. Januar um Mitternacht, dem Anfange des bürgerlichen Jahres, doch bis jetzt erst sechs Tage. Es liegt auf der Hand, daß eine Pendeluhr ihm infolge der verminderten Schwerkraft nur falsche Zeit hätte weisen können; eine Federuhr aber unterliegt nicht den Gesetzen der allgemeinen Anziehung und, die Güte der Uhr Hector Servadacs vorausgesetzt, mußte diese trotz der Störung der physikalischen Ordnung aller Dinge dennoch regelmäßig weitergehen. Das war aber unter gegenwärtigen Verhältnissen wirklich der Fall.

»Potz Wetter, Herr Kapitän«, ließ sich da Ben-Zouf, der in der schönen Literatur etwas bewandert war, vernehmen, »mir scheint, Sie spielen hier ganz die Rolle des Robinson und ich die Freitags! Bin ich nicht etwa schon zum Neger geworden?«

»Nein, Ben-Zouf«, sagte Kapitän Servadac, »bis jetzt bist du noch immer hübsch – dunkelweiß.«

»Ein weißer Freitag ist zwar nur ein halber«, versetzte Ben-Zouf, »es ist mir aber doch lieber so!«

Als sich auch am 6. Januar nichts zeigte, beschloß der Kapitän, wie es alle Robinsons zu tun pflegen, die vegetabilischen und animalischen Hilfsquellen seines Landes zu untersuchen.

Die Insel Gourbi – diesen Namen legte man ihr bei – hatte eine Oberfläche von etwa 3000 Quadratkilometer, d. h. von ungefähr 300 000 Hektar. Ochsen, Kühe, Ziegen und Schafe fanden sich in großer Menge, ihre Anzahl konnte jedoch nicht sicher festgestellt werden. Wild gab es in Überfluß, ohne daß man zu befürchten brauchte, daß es entfliehen könnte. An Cerealien fehlte es nicht. Drei Monate später mußte die Korn-, Reis- und Maisernte beginnen. Alles in allem schien die nötige Nahrung für den Gouverneur, die Bevölkerung und die beiden Pferde mehr als gesichert. Selbst wenn die Insel noch weitere Einwohner erhielt, konnte sich kein Mangel fühlbar machen.

Vom 6. bis zum 13. Januar regnete es in Strömen. Fortwährend erschien der Himmel mit dicken Wolken bedeckt, welche trotz der stattfindenden Kondensation nicht merkbar abnahmen. Dazwischen traten einige tüchtige Gewitter auf – eine in dieser Jahreszeit sehr seltene meteorologische Erscheinung. Hector Servadac beobachtete dabei auch sehr bald, daß die Temperatur ganz abnormer Weise in raschem Steigen begriffen war. Welch ein wunderbar frühzeitiger Sommer, der schon im Januar begann! Noch mehr. Jene Temperaturzunahme war nicht nur eine sehr konstante, sondern auch entschieden progressiv, so als ob die Erdkugel sich der Sonne regelmäßig und fortwährend näherte.

Mit der Wärme der Luft stieg gleichzeitig die Intensität des Lichtes, und ohne den dichten Wolkenschleier zwischen dem Himmel und der Insel hätte die Bestrahlung der Sonne die irdischen Gegenstände in ganz ungewohnter Weise hell beleuchten müssen. Zu seinem größten Leidwesen konnte Hector Servadac niemals die Sonne, den Mond, die Sterne oder irgendeinen anderen Punkt des Himmels beobachten, der ihm, wenn jene Nebelmassen sich verzogen, doch eine weitere Aufklärung geben mußte. Ben-Zouf versuchte zwar einige Male, seinen Herrn darüber zu beruhigen, indem er auch ihm jene Resignation empfahl, die ihm bis zur Indifferenz eigen war; er kam damit jedoch so übel an, daß er kein Wort mehr davon zu äußern wagte und sich begnügte, seine Wachdienste zu erfüllen. Trotz Regen, Sturm und Ungewitter bezog er Tag und Nacht seinen Posten auf einem Felsen am Ufer und gönnte sich nur wenige Stunden Schlaf. Aber vergeblich durchirrten seine Augen den leeren Horizont. Welches Schiff übrigens hätte diesem abscheulichen Wetter mit seinen wilden Böen zu widerstehen vermocht? Das Meer wälzte seine Wogen zu einer wahrhaft ungeheuren Höhe und der Orkan heulte dazu mit ganz unvergleichlicher Wut. Selbst in der zweiten Schöpfungsperiode, als die ersten, vorher durch die innere Erdwärme in Dampfform erhaltenen Wasser sintflutartig auf die junge Erde niederstürzten, konnten diese Prozesse sich nicht mit größerer Intensität abspielen.

Am 13. hörte die Sintflut wie durch Zauber plötzlich auf.

In der Nacht vom 13. zum 14. Januar verscheuchten die letzten Ausläufer des Sturmes den Rest der Wolken. Sobald Hector Servadac, der sechs Tage lang in dem Wachthause eingesperrt gewesen war, bemerkte, daß Regen und Wind nachließen, begab er sich ins Freie. Er eilte nach dem Ufer, um auch seine Blicke forschend hinausschweifen zu lassen. Was sollte er nun in den Sternen lesen? Zeigte sich vielleicht jene große, in der Nacht vom 31. Dezember zum 1. Januar gesehene Scheibe einmal wieder? Würde das Geheimnis seiner Bestimmung nun enträtselt werden?

Der Himmel strahlte in schönstem Glanze. Kein Nebel verhüllte die Sternbilder. Das Firmament lag einer ungeheuren Himmelskarte gleich vor ihm ausgebreitet, und da und dort sah man leichte Nebelflecke mit bloßem Auge, die sonst ein Astronom ohne Fernrohr nicht zu entdecken im Stande gewesen wäre.

Die erste Sorge des Offiziers war es, den Polarstern ins Auge zu fassen, denn hierin lag seine größte Stärke.

Er fand ihn, aber sehr tief am Horizonte, und es schien, als stelle jener nicht mehr den Angelpunkt für die Umdrehung des ganzen Sonnensystems dar. Mit anderen Worten, die unendlich verlängerte Erdachse traf nicht mehr den Punkt des Firmamentes, den jener Stern sonst einnahm. Wirklich hatte er schon nach einer Stunde seinen Stand merkbar verändert und neigte sich mehr und mehr dem Horizonte zu, als gehörte er zu einem Sternbilde des Tierkreises. Jetzt galt es, das Gestirn aufzufinden, das etwa an dessen Stelle getreten wäre, also den Punkt, welchen die verlängerte Erdachse nun durchschnitt. Dieser Beobachtung widmete sich Hector Servadac mehrere Stunden lang. Der neue Polarstern mußte ebenso unbeweglich erscheinen wie früher der alte; um ihn allein mußte sich die scheinbar tägliche Revolution des gesamten Sternenheeres vollziehen.

Kapitän Servadac erkannte bald, daß ein dem nördlichen Horizonte sehr nahe stehender Stern diese Bedingung der Unbeweglichkeit erfüllte und allein unter allen übrigen stationär erschien.

Dieser Stern war die Wega in der Leier – derselbe übrigens, der infolge des Fortschreitens der Nachtgleichen in 12 000 Jahren wirklich die Rolle des Polarsternes zu übernehmen bestimmt ist. Da in vierzehn Tagen aber 12 000 Jahre doch unmöglich verflossen waren, so blieb nur die Annahme übrig, daß die Erdachse eine plötzliche Veränderung ihrer Richtung erlitten haben müsse.

»Und nicht die Achsenrichtung allein«, schloß der Kapitän weiter, »ist jetzt eine andere, sondern das Mittelmeer muß auch in die Nähe des Äquators versetzt sein, da jener Stern von hier aus dem Horizonte so nahe zu stehen scheint.«

Er versank in tiefes Sinnen, während seine Blicke vom großen Bären, der jetzt ein Sternbild des Tierkreises darstellte und dessen Schwanz gar nicht mehr zu sehen war, nach jenen neuen Sternen der südlichen Hemisphäre schweiften, die sich zum ersten Male vor seinen Augen erhoben.

Ein Ausruf Ben-Zoufs erinnerte ihn erst wieder an die Erde.

»Der Mond!« rief die Ordonnanz.

»Der Mond!«

»Ja, ja, der Mond!« wiederholte Ben-Zouf, hoch erfreut, den »Begleiter der irdischen Nächte«, wie die Dichter sagen, wiederzusehen.

In der Tat zeigte sich eine Scheibe an der dem jetzt von der Sonne eingenommenen Punkte entgegengesetzten Stelle.

War das der Mond oder einer der kleineren Planeten, der infolge der Annäherung vielleicht nur größer erschien?

Kapitän Servadac wäre sehr in Verlegenheit gewesen, sich hierüber auszusprechen. Er holte ein starkes Fernrohr, dessen er sich bei seinen geodätischen Arbeiten gewöhnlich zu bedienen pflegte, und richtete es nach dem Gestirn.

»Wenn das der Mond ist«, sagte er dann, »so muß er sich beträchtlich von uns entfernt haben. Ich schätze die Distanz bis zu ihm nicht auf Tausende, sondern auf Millionen von Meilen!«

Nach genauer Beobachtung glaubte er behaupten zu können, daß das der Mond nicht sei. Er fand auf der beleuchteten Scheibe nicht jene Abwechslung von Licht und Schatten, welche ihr einige Ähnlichkeit mit einem Menschenantlitz verleihen; nichts von den Ebenen und Bergen des Mondes, noch von dem bekannten Stern von Streifen, die rings um den berühmten Berg Tycho ausstrahlen.

»Nein, nein, das ist nimmermehr der Mond!« erklärte er.

»Ja, warum denn nicht?« fragte Ben-Zouf, der von seiner vermeintlichen Entdeckung nicht so leicht abzubringen war.

»Weil jenes Gestirn daselbst noch einen kleinen Mond, der ihm als Satellit dient, besitzt.«

Wirklich zeigte sich ein kleiner leuchtender Punkt, etwa ähnlich den Satelliten des Jupiter in mittelstarken Teleskopen anzusehen, in dem Gesichtsfelde des Rohres.

»Wenn das der Mond aber nicht ist, was ist's denn dann?« rief Kapitän Servadac und stampfte mit dem Fuße. »Die Venus ist es nicht und Merkur ist es nicht, denn diese haben keine Satelliten. Unzweifelhaft aber handelt es sich hier nur um einen Planeten innerhalb der Bahn der Erde, da er die Sonne bei ihrer scheinbaren Bewegung begleitet.

Zum Teufel, wenn es Venus und Merkur nicht ist, so kann es aber nur der Mond sein, und wenn es der Mond ist, wo, zum Kuckuck, hat er jenen Satelliten hergestohlen?«

 


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