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Zweites Capitel.
Erste Reise um die Erde

Magellan, seine Anfänge, Verdrießlichkeiten und Wechsel der Nationalität. – Vorbereitungen zur Reise. – Rio de Janeiro. – Die Bai St. Julien. – Widersetzlichkeiten eines Theiles des Geschwaders. – Schreckliche Bestrafung der Schuldigen. – Die Magellan-Straße. – Die Patagonier. – Der Pacifische Ocean. – Die Ladronen. – Zebu und die Philippinen. – Magellan's Tod. – Borneo. – Die Molukken und ihre Erzeugnisse. – Trennung der »Trinidad« und der »Victoria«. – Rückkehr nach Europa um das Cap der Guten Hoffnung. – Die letzten Unfälle.

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Noch immer war die ungeheure Ausdehnung des von Columbus entdeckten Continentes nicht bekannt. Beharrlich suchte man noch längs der Küsten Amerikas, das der allgemeinen Annahme nach mehrere große Inseln bildete, nach dem Sunde, der auf kürzestem Wege in den Pacifischen Ocean und nach den begehrten Gewürzinseln, der Quelle von Spaniens Reichthümern, führen sollte. Während Cortereal und Cabot sich im Atlantischen Ocean um die Lösung dieses Räthsels bemühten, Cortez bis zum Golfe von Californien hinauf-, Pizarro längs der Küste Perus hinabsegelte und Valdivia Chili eroberte, gelang die Auffindung des gesuchten Seeweges Fernand de Magellan, einem im Dienste Spaniens stehenden Portugiesen.

Fernand de Magellan ward als Sohn eines Ritters der Cota e Armas in Porto, Lissabon, Villa de Sabrossa oder in Villa de Figueiro, es ist unbestimmt wo, auch weiß man nicht, an welchem Tage, sicher jedoch gegen Ende des 15. Jahrhunderts geboren. Er wuchs im Hause des Königs Johann II. auf und erhielt hier eine auf der Höhe jener Zeit stehende Ausbildung. Nach eingehendem Studium der Mathematik und Schifffahrtskunde – denn damals herrschte in Portugal ein unwiderstehlicher Drang zu maritimen Entdeckungen – betrat Magellan sehr frühzeitig die Seemanns-Carrière und schiffte sich 1505 mit Almeida, der nach Indien ging, ein. Er wohnte der Plünderung Quiloas und allen Vorkommnissen jener Reise bei. Im folgenden Jahre begleitete er Vaz Pereira nach Sofala; später, nach der Rückkehr zur Malabarküste, sehen wir ihn unter Albuquerque an der Einnahme von Malacca theilnehmen, wo er ebenso viel Umsicht als persönliche Tapferkeit an den Tag legte. Dann betheiligte er sich an den Expeditionen, welche Albuquerque gegen 1510 zur Aufsuchung der berühmten Gewürzinseln unter dem Commando Antonio de Abreu's und Francisco Serrão's ausschickte, welche Banda, Amboine, Ternate und Tidor entdeckten. Inzwischen war Magellan an den 600 Meilen von Malacca entfernten malayischen (d. s. polynesischen) Inseln gelandet und empfing hier sehr eingehende Berichte über den Archipel der Molukken, wodurch in seinem Kopfe der erste Gedanke zu einer Reise erweckt wurde, die er später ausführen sollte.

Nach Portugal heimgekehrt, erhielt er, nicht ohne Schwierigkeiten, die Erlaubniß, die Archive der Krone einzusehen, aus denen ihm bald Gewißheit darüber ward, daß die Molukken auf derjenigen Halbkugel lägen, welche durch die von den Königen Spaniens und Portugals in Tordesillas angenommene und 1494 durch Papst Alexander VI. bestätigte, sog. Demarcations-Bulle Spanien zugesprochen war.

Zufolge dieser Vereinbarung, welche noch zu so erbitterten Kämpfen Anlaß geben sollte, gehörte Spanien alles Land bis dreihundertsiebzig Meilen westlich vom Meridian der Inseln des Grünen Vorgebirges, das östlich von diesem gelegene aber Portugal an.

Magellan war viel zu thatenlustig, um lange Zeit müßig bleiben zu können. Er nahm also Kriegsdienste in Afrika, wo er bei Azamor, einer Stadt Marokkos, eine scheinbar leichte Kniewunde erhielt, in Folge der er jedoch, weil sie einen größeren Nerven verletzt hatte, sein Leben lang hinkte und bald nach Portugal zurückkehren mußte. Stolz und sich der Ueberlegenheit bewußt, die ihm seine theoretischen und praktischen Kenntnisse, sowie seine bisher geleisteten Dienste gegenüber dem Schwarm der Höflinge sicherten, mußte Magellan nur desto lebhafter die Anschuldigung bedauern, die ihm seitens des Königs Emanuel widerfuhr, in Folge gewisser Klagen der Bewohner von Azamor über die portugiesischen Officiere. Emanuel's Vorurtheil vergrößerte sich bald zur wirklichen Abneigung. Diese äußerte sich durch die schimpfliche Behauptung, Magellan stelle sich, um widerlichen Anschuldigungen aus dem Wege zu gehen, nur so, als litte er noch von einer Wunde, welche doch längst ohne Nachwehen geheilt sei. Eine solche Schmach drückte zu schwer auf das leicht verletzbare Ehrgefühl Magellan's; sie trieb ihn zu dem letzten schweren Entschlusse, der übrigens der Größe der erlittenen Beleidigung die Wage hielt. Um Niemand darüber in Ungewißheit zu lassen, ließ er durch einen authentischen Act bekräftigen, daß er auf seine Rechte als portugiesischer Bürger verzichte und sich in Spanien eine neue Heimat suche. Er veröffentlichte damit, so feierlich wie das eben möglich war, daß er von der Krone Castilien als Unterthan betrachtet zu sein wünsche, der er in alle Zukunft seine Dienste und sein ganzes Leben widmen wollte. Gewiß ein schwerer Entschluß, den doch Keiner zu tadeln wagte, und den, nach dem Zeugnisse Barros' und Faria y Susa's, selbst die rigorosesten Geschichtsschreiber jener Zeit entschuldigt haben.

Zugleich mit ihm verließ ein anderer, an kosmographischen Kenntnissen reicher Mann, der Licenciat Ruy Faleiro, der ebenfalls beim König Emanuel in Ungnade gefallen war, Lissabon in Begleitung seines Bruders Francisco und eines Kaufmannes, Namens Christovam de Haro. Jener hatte mit Magellan einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen, nach den Molukken auf einem neuen Wege zu gehen, der nicht weiter bezeichnet wurde und zunächst Magellan's Geheimniß blieb. Sofort nach ihrem Eintreffen in Spanien (1517) unterbreiteten die beiden Gesellschafter ihr Project Karl V., der es im Principe billigte. Nun handelte es sich aber, was ja immer ein mißlicher Punkt ist, um die Mittel zur Ausführung. Glücklicher Weise fand Magellan in Juan de Aranda, dem Geschäftsführer der Handelskammer, einen enthusiastischen Bewunderer seiner Theorien, der ihm versprach, allen seinen Einfluß aufzubieten, um das Unternehmen durchzuführen. Er wandte sich deshalb an den Großkanzler, Cardinal und Erzbischof von Burgos, Fonseca mit Namen. Diesem setzte er mit so großer Gewandtheit die Vortheile auseinander, welche Spanien von der Entdeckung eines direct in das Centrum der Gewürzländer führenden Weges haben müsse, und schilderte dabei den ungeheuren Nachtheil für den Handel Portugals, daß es am 22. März 1518 zu einer betreffenden Convention kam. Der Kaiser trat auch für die Kosten der Ausrüstung ein, wogegen ihm der größte Theil des Ertrages der Expedition zugesichert wurde.

Bevor er in See gehen konnte, hatte Magellan freilich noch mancherlei Hindernisse zu besiegen. Diese bestanden zunächst in den Einwendungen des portugiesischen Gesandten, Alvaro da Costa, der, als er die Erfolglosigkeit seines Widerspruches erkannte, nach Faria y Susa selbst nicht vor dem Versuche zurückgeschreckt sein soll, Magellan durch Meuchelmord aus dem Wege schaffen zu lassen. Ferner begegnete er dem Unwillen der Beamten an der Casa de contratacion in Sevilla, welche eifersüchtig waren, die Leitung einer so wichtigen Expedition in die Hände eines Ausländers gelegt zu sehen und deren kleinlicher Neid obendrein durch die jüngste, Magellan und Ruy Faleiro zu Theil gewordene Gunstbezeugung erregt worden war, als der König jene zu Commandeuren des Ordens des heiligen Jakob ernannte. Karl V. hatte indeß einmal seine Zustimmung durch einen öffentlichen Act ertheilt, diese konnte also nicht widerrufen werden. Noch einmal versuchte man auf seinen Entschluß bestimmend einzuwirken, indem im November 1518 durch portugiesisches Gold ein Volksaufstand angezettelt wurde, der unter dem Vorwande zum Ausbruch kam, daß Magellan, als er eines seiner Schiffe auf das Land gesetzt, um es ausbessern und anstreichen zu lassen, dasselbe mit dem portugiesischen Wappen geschmückt habe. Auch dieser letzte Versuch scheiterte jedoch höchst kläglich, und drei königliche Ordonnanzen vom 30. März, 6. und 30. April bestimmten die nothwendigen Mannschaften und ernannten den Stab der Flottille; ein letztes Handschreiben endlich, datirt aus Barcelona vom 26. Juli 1519, übertrug das einheitliche Commando der Expedition an Magellan.

Was inzwischen mit Ruy Faleiro vorgegangen war, das ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Wenn, er bis jetzt mit Magellan, dem freilich der erste Entwurf des ganzen Planes angehörte, immer gleichmäßig behandelt und bedacht worden war, so sah er sich doch völlig von dem Commando der Expedition ausgeschlossen, und zwar in Folge von Meinungsverschiedenheiten. deren Ursache nicht in die Oeffentlichkeit gedrungen ist. Seine ohnehin erschütterte Gesundheit erhielt durch diesen Schimpf einen harten Schlag, und dazu wurde der arme, halb geistesgestörte Ruy Faleiro nach seiner Rückkehr nach Portugal und zu seiner Familie verhaftet und konnte nur auf die nachdrückliche Verwendung Karl's V. hin wieder auf freien Fuß kommen.

Nach seinem der Krone Castiliens geleisteten Lehenseide schwuren ihm auch seine Officiere und Matrosen Anhänglichkeit und Treue, und er segelte nun, am 10. August 1519, aus dem Hafen von San Lucar de Barrameda ab.

Bevor wir zur Erzählung des nun folgenden merkwürdigen Zuges übergehen, mögen hier einige Worte über den Mann Platz finden, dem wir den ausführlichsten Bericht über diese Reise verdanken. Francisco Antonio Pigafetta, geboren in Vicenza aus vornehmer Familie im Jahre 1491, gehörte zu dem Gefolge des Gesandten Francesco Chioricalco, den Leo X. an Karl V. nach Barcelona abschickte. Jedenfalls wurde seine Aufmerksamkeit erregt durch das Aufsehen, welches die Vorbereitungen zu Magellan's Reise in Spanien erweckten, und er erhielt wirklich Erlaubniß, an jener theilzunehmen. Dieser Freiwillige war übrigens eine sehr werthvolle Erwerbung, denn er erwies sich unter allen Verhältnissen als ebenso getreuer und scharfsichtiger Beobachter wie als anhänglicher, tapferer Gefährte. Im Gefechte bei Zebu an Magellan's Seite verwundet, konnte er der Einladung an dem Gastmahle nicht folgen, während dessen eine so große Anzahl seiner Genossen den Tod finden sollte. Was seinen Bericht betrifft, so ist dieser, abgesehen von einigen Uebertreibungen im Geschmacke jener Zeit, ein recht verläßlicher, so daß die meisten von ihm herrührenden Beschreibungen durch die Reisenden und die gelehrten Forscher der Neuzeit, unter denen Alcide de Orbigny besonders hervorgehoben zu werden verdient, nur allseitig bestätigt werden konnten.

Nach seiner Rückkehr nach San-Lucar am 6. September 1522 legte der Lombarde, wie man ihn an Bord der »Victoria« nannte, gleich nach Einlösung seines Gelübdes, der »Nuesta Señora de la Victoria« barfüßig seinen Dank darzubringen, Karl V. in Valladolid das vollständige Tagebuch der Reise vor. Später verfaßte er in Italien auf Grund jenes Originales, sowie vieler ergänzender Anmerkungen auf Veranlassung Papst Clemens' VII. und des Großmeisters des Malteserordens, Villiers' de l'Isle Adam, einen ausführlichen Reisebericht, von dem er einige gleichlautende Copien mehreren hervorragenden Persönlichkeiten, darunter auch Louise von Savoyen, der Mutter Franz' I., zugehen ließ. Da Letztere aber, nach Harisse, dem gelehrten Herausgeber der Bibliotheca americana vetustissima, das von Pigafetta geschriebene Patois, eine Mischung aus der italienischen, venetianischen und spanischen Sprache, nicht verstand, so beauftragte sie einen gewissen Jacques Antoine Fabre, jenen Bericht in's Französische zu übersetzen. Statt einer treuen Uebersetzung lieferte Fabre freilich nur eine Art Abriß. Einige Kritiker vertreten übrigens die Anschauung, daß das Original des Reiseberichtes überhaupt schon in französischer Sprache abgefaßt gewesen sei, und begründen dieselbe mit dem Vorhandensein dreier französischer Handschriften aus dem 16. Jahrhundert, welche beträchtliche Abweichungen aufweisen, und von denen zwei in der Pariser National-Bibliothek aufbewahrt werden.

Pigafetta starb zu Vicenza gegen 1534, in einem Hause der Mondstraße daselbst, das noch im Jahre 1800 zu sehen war und die bekannte Inschrift trug: »Keine Rose ohne Dornen!«

Wir halten uns im Nachfolgenden nicht ausschließlich an den Bericht Pigafetta's, sondern haben ihn mit dem Maximilian's des Siebenbürgen, eines Geheimschreibers Karl V., deren italienische Uebersetzung sich in der werthvollen Sammlung Ramusio's vorfindet, verglichen.

Magellan's Flotte bestand aus der »Trinidad« von 120 Tonnen, auf der die Flagge des Befehlshabers der Expedition aufgezogen war; der »Sante Antonio«, gleichfalls von 120 Tonnen, unter Führung Juan's de Carthagena als zweitem Officier und mit Magellan »verbundene Person«, wie das königliche Handschreiben lautete; ferner aus der »Conception« von 90 Tonnen, Commandant Caspar de Quesada; der berühmten »Victoria« von 85 Tonnen, Commandant Luis de Mendoza, und endlich der »Santiago«, Commandant Joao Serrão, woraus die Spanier Serrano gemacht haben.

Vier unter diesen Kapitänen und alle Steuermänner waren Portugiesen. Barbosa und Gomez auf der »Trinidad«, Luis Alfonso de Goes und Vasco Gallego auf der »Victoria«, Serrão, Joao Lopes de Carvalho auf der »Conception«, Joao Rodriguez de Monfrapil auf der »Sant Antonio« und Joao Serrão auf der »Santiago« nebst fünfundzwanzig Matrosen bildeten eine Anzahl von 33 Portugiesen unter der Gesammtheit von 237 Mann, deren Namen erhalten geblieben und unter welchen auch, noch andere Nationen vertreten sind.

Von den oben namentlich aufgeführten Officieren bemerken wir, daß Duarte Barbosa der Schwager Magellan's war, und daß Estavam Gomes, der, später von Karl V. zur Aufsuchung der nordwestlichen Durchfahrt ausgeschickt, im Jahre 1524 längs der Küsten Amerikas von Florida aus bis Rhode-Island und vielleicht bis zum Cap Cod hinauf segelte, schon am 6. Mai 1521 nach Sevilla zurückkehrte, sich an dieser denkwürdigen Fahrt also nicht bis zum Ende betheiligte.

Die Expedition, zu der man alle Hilfsmittel aufbot, welche die Schifffahrtskunst jener Zeit nur besaß, war in jeder Hinsicht so vollkommen als möglich ausgerüstet. Gleich nach der Abfahrt händigte Magellan seinen Steuerleuten und Kapitänen die letzten Instructionen ein nebst den festgesetzten Signalen zur Sicherung der Gleichzeitigkeit aller Manöver und zur Verhinderung einer möglichen Trennung von einander.

Am Montag den 10. August 1519 des Morgens lichtete die Flotte die Anker und fuhr den Guadalquivir hinab bis San Lucar de Barrameda, dem Hafen von Sevilla, wo der Proviantvorrath noch vermehrt wurde. Erst am 20. September stach sie wirklich in See. Sechs Tage später ankerte sie im Archipel der Canarien vor Teneriffa, um Wasser und Holz einzunehmen. Schon beim Verlassen dieser Inselgruppe traten zwischen Magellan und Juan Carthagena die ersten Spuren, von Uneinigkeit zu Tage, welche der Expedition so ungemein nachtheilig werden sollte. Juan verlangte nämlich von dem Chef-Commandeur über den einzuschlagenden Kurs vorher unterrichtet zu werden, was Magellan rundweg mit der Erklärung verweigerte, daß er seinen Untergebenen keine Rechenschaft zu geben schuldig sei.

Nachdem man zwischen den Inseln des Grünen Vorgebirges und Afrika vorüberbekommen, segelte man nahe Sierra Leone hin, wo theils Gegenwinde, theils vollständige Windstillen die Flotte zwanzig Tage lang aufhielten.

Während dessen ereignete sich ein sehr peinlicher Vorfall. Bei Gelegenheit einer an Bord des Admiralschiffes stattfindenden Berathung nämlich kam es zu sehr lebhaftem Wortwechsel, und da Juan de Carthagena, der den General-Kapitän überhaupt mit einer gewissen Mißachtung behandelte, diesem sehr laut und anmaßend antwortete, sah sich Magellan genöthigt, ihn in den »Bock« spannen zu lassen. Es ist das ein aus zwei übereinander liegenden Hölzern bestehender Apparat mit Oeffnungen, durch welche die Füße des zu bestrafenden Matrosen gesteckt und gefesselt werden. Gegen diese, für einen hohen Officier doch gar zu entehrende Strafe erhoben die übrigen Kapitäne bei Magellan Einspruch und setzten es auch durch, daß Carthagena einfach unter der Bewachung eines anderen Befehlshabers gefangen gehalten wurde.

Auf die Windstillen folgten nun Regengüsse mit plötzlichen Windstößen und wirklichen Stürmen, welche die Fahrzeuge zum Beilegen zwangen. Während dieser Unwetter beobachteten die Seefahrer wiederholt eine, ihrer Ursache nach bis dahin unbekannte Erscheinung, welche man als ein Zeichen des besonderen himmlischen Schutzes auffaßte, und die heute noch mit dem Namen »St. Elmsfeuer« bezeichnet wird. Nach Ueberschreitung der Linie – ein Moment, der zu jener Zeit nicht wie in späterer Zeit durch die wunderliche Meerestaufe gefeiert wurde – steuerte man auf Brasilien zu, wo die Flotte am 13. December 1519 in dem herrlichen, heute unter dem Namen Rio-Janeiro bekannten Hafen Santa Lucia vor Anker ging. Es war das übrigens nicht, wie man lange Zeit geglaubt hat, zum ersten Male, daß Europäer diese Bai erblickten. Schon 1511 geschieht ihrer unter dem Namen Cabo-Frio Erwähnung. Vier Jahre vor Magellan's Ankunft hatte sie Pedro Lopez besucht, auch kamen seit Anfang des 16. Jahrhunderts wahrscheinlich zu wiederholten Malen Schiffer aus Dieppe hierher, welche von ihren Vorfahren, den Normannen, die Vorliebe für abenteuerliche Seefahrten geerbt hatten und fast überall auf Erden Niederlassungen oder Handelscomptoirs errichteten.

Hier versorgte sich die spanische Expedition sehr billig mit kleinen Spiegeln, Bändern, Scheeren, Schellen und Angelhaken nebst einer Menge Lebensmitteln, unter denen Pigafetta Ananasfrüchte, Zuckerrohr, Pataten, Hühner und Fleisch vom »Anta« (wahrscheinlich Tapir) aufzählt.

Die Beobachtungen, welche derselbe Bericht über die Sitten und Gebräuche der Einwohner mittheilt, sind so merkwürdig, daß sie hier Erwähnung verdienen: »Die Brasilianer sind keine Christen, heißt es darin, besitzen aber auch keine Götzenbilder, sondern beten eigentlich gar nichts an; der natürliche Instinct ist ihr einziges Gesetz«. Es ist das ein interessanter Ausspruch, ein eigenthümliches Geständniß seitens eines sehr zum Aberglauben geneigten Italieners aus dem 16. Jahrhundert, und beweist wiederum, daß die Idee der Gottheit keineswegs eine allgemein angeborne ist, wie es gewisse Theologen behaupten.

»Diese Eingebornen werden sehr alt, gehen gewöhnlich ganz nackt und schlafen auf Baumwollnetzen, d. h. in Hängematten, die mit den Enden an Pfählen befestigt werden. Ihre »Canoas« genannten Boote sind aus einem einzigen Baumstamme ausgehöhlt und fassen bis vierzig Mann. Sie sind gelegentlich auch Menschenfresser, verzehren aber nur die im Kampfe gefallenen Feinde. Ihre Staatskleidung besteht aus einer Art Weste von Papageienfedern, welche in der Weise mit einander verbunden sind, daß die größten Federn aus den Flügeln und dem Schwanze um die Hüften eine Art Gürtel bilden, was ihnen ein höchst sonderbares und lächerliches Ansehen verleiht.« Wir erwähnten schon, daß der Federmantel am Pacifischen Ocean bei den Peruanern in Gebrauch war; es ist gewiß merkwürdig, ihn auch hier bei den Brasilianern wiederzufinden. In den ethnographischen Museen begegnet man jetzt übrigens gewöhnlich einigen Exemplaren dieses eigenartigen Schmuckes. Hierin bestand jedoch nicht der einzige Putz dieser Wilden; sie steckten sich nämlich durch die dreimal durchbohrte Unterlippe kleine steinerne Cylinder, eine Mode, der auch die oceanischen Völkerschaften huldigen und die mit dem bei uns gebräuchlichen Tragen von Ohrringen in naher Beziehung steht. Jene Völker sind übrigens sehr leichtgläubig und gutmüthig. Pigafetta bemerkt auch, daß es wohl keine Schwierigkeit gehabt hätte, sie zum Christenthume zu bekehren, denn sie wohnten schweigend und mit einer gewissen Andacht jeder am Strande gelesenen Messe bei, eine Beobachtung, welche auch Alvarez Cabral schon gemacht hatte.

Nach einem Aufenthalte von dreizehn Tagen setzte das Geschwader seinen Weg längs der Küste nach Süden hin fort und gelangte, unter 30° 40' südlicher Breite, nach einem Lande, aus dem ein großer Süßwasserstrom hervorbrach. Das war der La Plata. Die Eingebornen Churruas zeigten beim Anblick der Schiffe eine solche Furcht, daß sie mit ihrer werthvollsten Habe eiligst in das Innere entflohen, so daß es unmöglich war, mit ihnen in Verbindung zu treten. In dieser Gegend war es, wo Juan Diaz de Solis, vier Jahre vorher, von einem Stamme der Churruas ermordet wurde, der mit jenem schrecklichen Instrumente bewaffnet war, dessen sich die »Gauchos« der Argentinischen Republik noch heute bedienen, nämlich den »Bolas«, d. s. metallene Kugeln, die an den Enden eines langen Lederriemens, des sog. »Lasso« befestigt sind.

Ein wenig unterhalb der Mündung des La Plata, den man früher für einen nach dem Pacifischen Oceane führenden Meeresarm ansah, ankerte die Flotte im Hafen Desiré. Hier versorgte man sich mit einer für die Besatzung aller fünf Schiffe hinreichenden Menge Proviant an Pinguins, einer Geflügelart, welche nicht eben die leckerste Speise bildet. Endlich machte man unter 49° 30' in einem Hafen Halt, wo Magellan zu überwintern beschloß und der den Namen der St. Julien-Bai erhielt.

Seit zwei Monaten schon weilten die Spanier an dieser Stelle, als sie eines Tages einen Mann bemerkten, der ihnen von wahrhaft riesiger Größe erschien. Bei ihrem Anblick begann er zu tanzen und zu singen, während er sich Erde auf, das Haupt streute. Es war ein Patagonier, der sich ohne Widerstand nach den Schiffen führen ließ. Ueber Alles, was ihn umgab, zeigte er das größte Erstaunen, doch nichts verwunderte ihn so sehr, wie ein großer Stahlspiegel, den man ihm vorhielt. »Der Riese, der von diesem Möbel nicht die geringste Ahnung hatte und sein Gesicht höchst wahrscheinlich zum ersten Male sah, wich davor so entsetzt zurück, daß er vier unserer Leute, die hinter ihm standen, zu Boden riß.« Reich beschenkt, brachte man ihn wieder an's Land, wo der ihm widerfahrene wohlwollende Empfang achtzehn seiner Landsleute – dreizehn Männer und fünf Frauen – veranlaßte, auch einmal an Bord zu gehen. Groß von Gestalt, mit breitem, bis auf einen mehr gelblichen Ring um die Augen, fast kupferrothem Gesicht, die Haare künstlich gebleicht, waren sie mit ungeheuren Pelzmänteln bekleidet und trugen jene großen Lederschuhe, nach denen sie den Namen Großfüße oder Patagonier bekamen. Immerhin war ihre Größe nicht eine so außergewöhnliche, wie sie unserem naiven Gewährsmanne erschien, denn sie variirt etwa zwischen 1,72 bis 1,92 Meter, was freilich die mittlere Größe der Europäer etwas übertrifft. Als Waffen führten sie einen kurzen, sehr festen Bogen und Pfeile von Rosenholz mit einem scharfen Kiesel an der Spitze.

Um zwei jener Wilden, die er mit nach Europa nehmen wollte, zurück zu behalten, bediente sich der Kapitän einer List, die wir heute zwar als häßlich bezeichnen würden, aber im 16. Jahrhundert nicht auffällig erschien, da man überall Neger und Indianer nur als eine Art Thiere zu betrachten pflegte. Er bot den Beiden nämlich reichliche Geschenke an, und als er sie darüber höchst erfreut sah, brachte er auch noch Eisenringe, von der Art, wie sie für zu fesselnde Verbrecher gebraucht werden, herbei. Da sie das Eisen über Alles hochschätzten, wollten sie diese zwar gern mitnehmen, doch hatten sie die Hände nicht mehr frei. Man schlug also vor, ihnen dieselben an den Beinen zu befestigen, worauf sie ohne Mißtrauen eingingen. Die Matrosen schlossen sodann die Ringe, so daß die Wilden sich plötzlich gefesselt sahen. Nichts vermag aber eine Vorstellung von ihrer Wuth zu geben, als sie dieses, eher Wilden als civilisirten Menschen zuzutrauende Verfahren wahrnahmen. Vergebens versuchte man auch noch mehrerer habhaft zu werden, und bei dieser Hetzjagd wurde einer der Spanier von einem vergifteten Pfeile verletzt, der ihn fast augenblicklich tödtete. Als unerschrockene Jäger betreiben diese Völkerschaften sehr begierig die Verfolgung der Guanaquis und anderen Wildes, denn sie sind so gefräßig, daß, »was für zwanzig Matrosen zur Sättigung hinreichen würde, nur für sieben oder acht der Ihrigen genügt«.

Magellan ordnete nun, in der Voraussicht eines sich länger hinziehenden Aufenthaltes und in der Erkenntnis, daß das Land nur spärliche Hilfsmittel darbot, die vorsichtige Eintheilung der Nahrung an, wobei die Leute nur bestimmte Rationen erhielten, um den Frühling abwarten zu können, ohne geradezu Noth zu leiden, und dann nach wildreicherer Gegend weiter zu ziehen.

Unzufrieden mit der Unfruchtbarkeit der Umgebung, der langen Dauer und der Strenge des Winters, begannen die Spanier schon zu murren. Dieses Land schien sich, wie sie sagten, bis zum Südpole hin zu erstrecken und eine Meerenge in demselben nirgends vorhanden zu sein; schon waren Einzelne der harten Strapazen erlegen; mit einem Worte, sie hielten es für die höchste Zeit, wieder nach Spanien umzukehren, wenn der Commandant hier nicht seine gesammte Mannschaft umkommen sehen wollte.

Magellan, entschlossen zu sterben, oder sein Unternehmen zu Ende zu führen, antwortete, ihm habe der Kaiser die einzuhaltende Route vorgeschrieben, von der er weder abweichen dürfe noch wolle, und daß er demnach geraden Weges weiter segeln werde, bis er entweder das Ende dieses Landes oder eine dasselbe durchschneidende Meerenge gefunden habe. Wenn die Mannschaften an Nahrungsmitteln etwas Mangel leide, so stehe es ihnen ja frei, zu fischen und zu jagen so viel sie wollten. Magellan glaubte, eine so bestimmte Erklärung werde die Unzufriedenen zum Schweigen bringen und ihm nichts mehr von Entbehrungen zu Ohren kommen, welche ihn übrigens nicht weniger strafen als seine Leute.

Wie bitter täuschte er sich hierin! Einige Kapitäne, Juan de Carthagena voran, hatten nämlich offenbar ein Interesse daran, eine Emeute ausbrechen zu sehen.

Sie fingen also an, den Haß der Spanier gegen die Portugiesen auf's Neue zu schüren. Der zu letzteren gehörige General-Kapitän sollte sich, ihrer Behauptung nach, niemals ehrlich dem Banner Spaniens angeschlossen haben. Nur um in sein Vaterland zurückkehren zu dürfen und sein früheres Unrecht vergessen zu machen, wolle er irgend eine Heldenthat ausführen und für Portugal könne es ja nichts Günstigeres geben als den Untergang dieser schönen Flotte. Statt sie nach dem Archipel der Molukken zu bringen, den er wegen seines üppigen Reichthumes so laut gepriesen habe, wolle er sie nur in die Regionen des ewigen Eises und Schnees verschleppen, wo er ihren Untergang schon herbeizuführen wissen würde; mit Hilfe der auf dem Geschwader dienenden Portugiesen werde er dann mit den Schiffen, deren er sich bemächtigen könne, nach seiner Heimat zurücksegeln.

Derartige Gerüchte und Beschuldigungen verbreiteten die Anhänger Juan's de Carthagena, Luis' de Mendoza und Gaspars de Quesada unter den Matrosen, da berief Magellan am Palmsonntag dem 1. April 1520 Kapitäne, Officiere und Steuerleute zur Anhörung der Messe und zu einem nachfolgenden gemeinsamen Mittagsmahle auf sein Schiff. Alvaro de La Mesquita, ein Vetter des General-Kapitäns, und Antonio de Coca folgten nebst ihren Officieren dieser Einladung; Mendoza und Quesada, sowie natürlich auch Juan de Carthagena, der Gefangene des Letztgenannten, erschienen jedoch nicht. In der folgenden Nacht bestiegen sie mit dreißig Mann von der »Conception« die »Sant Antonio«, um sich La Mesquita's zu bemächtigen. Der Steuermann Eliorraga empfing bei der Vertheidigung seines Kapitäns vier Dolchstiche in den Arm. Dabei rief Quesada: »Ihr werdet sehen, daß dieser Narr uns noch den ganzen Handel verderben wird!« Die drei Schiffe »Conception«, »Sant Antonio« und »Santiago« fielen den Aufrührern, die unter den Mannschaften verschiedene Helfershelfer hatten, ohne Schwierigkeit in die Hände. Trotz dieses ersten Erfolges wagten die drei Kapitäne doch keinen direkten Angriff auf den General-Kapitän, sondern unterbreiteten ihm nur ihre Vermittlungsvorschläge. Magellan gab zur Antwort, sie möchten an Bord der »Trinidad« kommen, um sich mit ihm zu verständigen, eine Einladung, welche jene rundweg abschlugen. Da ihn nun keine weiteren Rücksichten banden, ließ Magellan das Boot mit den Ueberbringern der letzten Antwort zunächst festhalten, wählte aus seiner Mannschaft sechs handfeste, entschlossene Leute und sandte sie an Bord der »Victoria« unter Führung des Alguacil Espinosa. Dieser übergab Mendoza noch einen Brief Magellan's, der ihm bedeutete, sich an Bord der »Trinidad« zu verfügen, und da der Empfänger spöttisch lächelte, stieß er ihm seinen Dolch in den Hals, während ihm ein Matrose mit dem Jagdmesser über den Kopf schlug. Inzwischen legte noch ein anderes, von fünfzehn Bewaffneten besetztes Boot an der »Victoria« an, und diese bemächtigten sich des Schiffes jetzt ohne Schwierigkeit, da die verblüfften Matrosen gegenüber diesen schnell durchgeführten Maßregeln sich gar nicht zu widersetzen wagten. Am nächsten Tage, dem 3. April, wurden auch die beiden anderen Rebellen-Schiffe, wenn auch nicht ohne Blutvergießen, wiedererobert. Mendoza's Leichnam ward geviertheilt, während ein Profoß das ihn brandmarkende Urtheil mit lauter Stimme verlas. Drei Tage darauf wurde Quesada enthauptet und durch seinen eigenen Diener in Stücke geschnitten, der sich zu diesem traurigen Geschäfte hergab, um sich das eigene Leben zu retten. Carthagena entging wegen des hohen Ranges, den ihm das königliche Handschreiben bei dieser Expedition zutheilte, zwar der verdienten Todesstrafe, wurde aber, ebenso wie der Kaplan Gomez de la Reina, am Strande ausgesetzt, wo ihn Estevam Gomez einige Monate später wieder aufnahm. Vierzig der Auflehnung beschuldigte Matrosen erhielten die erbetene Verzeihung nur, weil man ihrer Dienstleistung nothwendig bedurfte. Nach diesen strengen Bestrafungen durfte Magellan wohl voraussetzen, daß der Geist der Meuterei ein- für allemal unterdrückt sei.

Als die Temperatur milder wurde, lichtete man die Anker; das Geschwader ging am 24. August in See, folgte immer der Küste und durchforschte sorgfältig jede Einbiegung derselben, um die so beharrlich gesuchte Meerenge zu entdecken. Auf der Höhe des Caps St. Croix ging eines der Schiffe, die »Santiago«, bei einer heftigen Böe aus Osten auf den Uferfelsen zu Grunde. Glücklicher Weise vermochte man die Mannschaften und Ladung zu retten, ohne zu erwähnen, daß es gelang, auch die Takelage und Apparate des gescheiterten Schiffes auf den vier übrigen zu bergen.

Endlich, am 2l. Oktober nach Pigafetta's, am 27. November nach Maximilians des Siebenbürgen Angabe, drang die Flotte in die enge Oeffnung eines Golfes ein, von dessen Hintergrunde aus sich eine enge Wasserstraße fortsetzte, die, wie man sich bald überzeugte, nach dem »Südmeere« führte. Man nannte jene zuerst die Meerenge der Elftausend Jungfrauen, weil der betreffende Tag diesen geheiligt war. Auf jeder Seite der Meerenge stiegen hohe schneebedeckte Uferberge empor, auf welchen man, vorzüglich an der linken Seite, zahlreiche Feuer wahrnahm, ohne daß es möglich wurde, mit den Eingebornen in Verbindung zu treten. Pigafetta's und Maximilian's des Siebenbürgen Einzelbeschreibungen der topographischen Anordnung und der Hydrographie der Meerenge sind sehr unklar, und da wir auf diese Fragen gelegentlich der Expedition Bougainville's zurückkommen, halten wir uns jetzt dabei nicht weiter auf. Nach einer Fahrt von zweiundzwanzig Tagen durch eine Reihe enger Sunde und Meeresarme, von einer bis vier Meilen Breite, die sich in der Länge von vierhundertvierzig Meilen fortsetzte und die den Namen der Magellan-Straße erhalten hat, schaukelte die Flotte wieder auf dem unendlichen, bergetiefen Meere.

Groß war die Freude, als man das Ziel so vieler und so beharrlicher Anstrengungen erreicht sah. Für die Zukunft lag nun die Bahn offen und die kühne Voraussetzung Magellan's hatte ihre Bestätigung gefunden.

Die Reise Magellan's durch den weiten Ocean, in dem er während drei Monaten nicht einen Sturm erlebte, hat kaum ihres Gleichen; aus eben jenem Grunde nannte er ihn auch den »Pacifischen« (friedlichen) Ocean. Die Entbehrungen freilich, welche die Schiffsbesatzungen während dieses langen Zeitraumes zu erdulden hatten, waren recht hart. Der Zwieback bestand nur noch aus einem mit Würmen untermengten Staube und das verdorbene Wasser verbreitete einen unausstehlichen Geruch. Um nicht Hungers zu sterben, mußte man Mäuse und Baumrinde verzehren und alles Leder kauen, das sich nur vorfand. Wie zu vermuthen, wurde die Mannschaft durch den Scorbut decimirt. Neunzehn Leute starben und gegen dreißig litten wenigstens sehr lange Zeit an den heftigsten Schmerzen in den Armen und Beinen. Nachdem man endlich 4000 Meilen durchmessen in einem Oceane, wo man so viele stark bevölkerte Inselgruppen entdecken sollte, traf das Geschwader auf zwei verlassene und unfruchtbare Inseln, die deshalb den Namen der »Unglücklichen Inseln« erhielten, deren Lage aber so widersprechend angegeben wird, daß es unmöglich ist, sie wieder zu erkennen.

Unter 12° nördlicher Breite und 146° der Länge (östlich von Greenwich) entdeckten die Seefahrer am Mittwoch den 6. März bald nacheinander drei Inseln, bei denen sie gern gerastet hätten, um Erfrischungen und Lebensmittel einzunehmen; die an Bord gekommenen Eingebornen aber stahlen daselbst, ohne daß man es verhindern konnte, so Vieles, daß man auf jene Absicht verzichten mußte. Jene fanden sogar Mittel und Wege, sich eine Schaluppe anzueignen. Magellan, den eine solche Frechheit empörte, ging darauf mit vierzig Bewaffneten an's Land, zerstörte durch Feuer eine Anzahl Hütten und Boote und tödtete sieben Männer. Diese Insulaner besaßen weder einen Häuptling oder König, noch kannten sie irgend eine Religion. Den Kopf mit einer Art Hut aus Palmenblättern bedeckt, trugen sie Bart und Haare sehr lang, so daß letztere bis zum Gürtel herabreichten. Im Allgemeinen von Olivenfarbe, glaubten sie sich zu verschönern, indem sie die Zähne abwechselnd roth und schwarz färbten, während ihr Körper, offenbar zum Schutz gegen die Sonnenstrahlen, mit Cocosöl eingesalbt war. Ihre eigenthümlich gebauten Boote trugen ein sehr großes Mattensegel, das jene leicht hätte zum Kentern bringen müssen, wenn man nicht bedacht gewesen wäre, ihnen durch ein langes, wiederum mittelst zweier Querstangen verbundenes und durch diese an das Boot selbst befestigtes Holz, den sogenannten »Balancier«, weit mehr Stabilität zu verleihen. Trotz ihrer Gewerbthätigkeit besaßen die Bewohner dieser Inseln doch einen so ausgesprochenen Hang zum Stehlen, daß ihr Land davon den Namen die Ladronen-(Räuber-) Inseln bekam.

Am 16. März beobachtete man, dreihundert Meilen von den Ladronen, ein hochaufsteigendes Land, das bald als Insel erkannt wurde und heute den Namen Samar führt. Magellan beschloß, seiner erschöpften Mannschaft hier etwas Ruhe zu gewähren und ließ am Lande zwei Zelte für die Kranken errichten. Die Eingebornen brachten hier sehr bald Cocosnüsse und Fische herbei. Zum Austausch bot man ihnen dafür Spiegel, Kämme, Schellen und ähnliche Kleinigkeiten an. Ein vor allen anderen schätzenswerther Baum, die Cocospalme, lieferte den Einwohnern allein Brod, Wein, Oel und Essig, ohne zu erwähnen, daß sie aus gewissen Theilen desselben ihre Bekleidung gewinnen, nebst dem nöthigen Holze zum Bau und zur Bedachung ihrer Hütten.

Die Eingebornen befreundeten sich bald mit den Spaniern und erzählten ihnen, daß ihre Inselgruppe Gewürznäglein, Zimmet, Pfeffer, Muscatnüsse, Ingwer und Macisnüsse hervorbringe, und daß man sogar Gold finde. Magellan gab dem Archipel den Namen St. Lazare, der später nach Philipp von Oesterreich, dem Sohne Karl's V., zu dem der Philippinen umgewandelt wurde.

Dieser Archipel besteht aus sehr vielen Inseln, die zwischen 5° 32' und 19° 38' nördlicher Breite, sowie 114° 56' und 123° 43' östlicher Länge von Paris verstreut liegen. Die wichtigsten derselben sind: Luzon, Mindaro, Leyte, Ceylon de Pigafetta, Samar, Panay, Negros, Zebu, Bohol, Palauan und Mindanao.

Nachdem sie sich einigermaßen erholt, gingen die Spanier wieder in See, um den Archipel näher kennen zu lernen. Sie besuchten nach und nach die Inseln Cenalo, Huinaugan Ibusson und Abarien, sowie eine Insel mit Namen Massava, deren König Colambu sich verständlich machen konnte durch einen aus Sumatra gebürtigen Sklaven, den Magellan früher aus Indien mit nach Europa gebracht hatte, und der bei seiner Kenntniß des Malayischen oft die besten Dienste leistete. Mit sechs oder sieben der Ersten seines Volkes kam der König an Bord. Er brachte dem General-Kapitän verschiedene Geschenke mit, für die er eine türkische Weste aus rothem und gelbem Tuche und eine scharlachfarbene Mütze erhielt, während man die Leute seines Gefolges durch kleine Spiegel und Taschenmesser erfreute. Dabei zeigte man ihnen alle Feuerwaffen und schoß in ihrer Gegenwart mehrere Kanonen ab, worüber sie gewaltig erschraken. »Ferner ließ Magellan, sagt Pigafetta, Einen von uns volle Rüstung anlegen und gab drei Mann Befehl, diesen mit Degenhieben und Dolchstößen anzugreifen, um dem Könige zu zeigen, daß nichts einen in dieser Weise geschützten Mann zu verwunden im Stande sei, was jenen höchlichst verwunderte. Er wendete sich auch an den Dolmetscher und sagte dem Kapitän, daß ja ein solcher Krieger gegen hundert andere kämpfen könne. – Gewiß, erwiderte der Kommandant durch seinen Sklaven, und jedes der drei Schiffe besitzt zweihundert Mann, welche in dieser Weise ausgerüstet und bewaffnet sind.« Erstaunt über Alles, was er gesehen, nahm der König von dem Kapitän mit der Bitte Abschied, ihm zwei der Seinigen mitzugeben, um diesen die Insel etwas näher zu zeigen. Pigafetta ward hierzu erwählt und hatte den ihm zu Theil gewordenen Empfang nur zu loben. Der König sagte ihm. »daß man auf seiner Insel Stücke Gold so groß wie Nüsse und selbst wie Eier mit Erde vermischt finde, welch' letztere man durch ein Sieb reibe, um jene auszuscheiden, und daß alle seine Gefäße und selbst die Zierrathen seines Hauses aus demselben Metalle beständen. Er war nach Landessitte, sehr sauber gekleidet und wirklich der schönste Mann, den ich unter jenen Völkern gefunden habe. Seine langen Haare fielen ihm auf die Schultern herab; ein seidener Schleier bedeckte seinen Kopf und an den Ohren trug er zwei Ringe. Vom Gürtel bis zu den Knien war er mit einem baumwollenen, seidengestickten Stoffe bekleidet. Auf jedem Zahne trug er drei Goldplättchen, so daß es aussah, als hätte er alle Zähne mittelst dieses Metalles verbunden. Er war mit Storax und Benzoë parfümirt, und seine Haut gemalt, im Grunde aber olivenfarbig«.

Am Auferstehungstage ging man an's Land, um eine Messe abzuhalten, nachdem am Strande aus Segeln und Baumästen eine Art kleiner Kirche errichtet worden war. Auch ein Altar zierte dieselbe, und während der ganzen Dauer der religiösen Ceremonie hörte der König nebst vielem herzugeströmten Volke stillschweigend zu und ahmte die Bewegungen der Spanier nach. Dann wurde auf einem Hügel in der Nähe unter großen Feierlichkeiten ein Kreuz errichtet und man lichtete die Anker, um nach Zebu zu segeln, was für die Verproviantirung der Schiffe und für den Handel geeigneter erschien. Hier langte man am Sonntag den 7. April an. Magellan schickte sofort einen seiner Officiere in Begleitung des Dolmetschers als Gesandten an's Land und zu dem Könige von Zebu. Der Gesandte erklärte, daß der Chef des Geschwaders unter dem Befehle des mächtigsten Königs der Erde stehe. Das Ziel ihrer Reise seien die Molukken, und der Wunsch, ihm einen Besuch abzustatten und gegen den Austausch verschiedener Waaren einige Erfrischungen zu erhalten, das seien die Gründe, welche sie veranlaßten, an einem Lande zu verweilen, wohin sie als Freunde kämen.

»Sie sollen mir willkommen sein, antwortete der König, doch wenn sie Handel treiben wollen, müssen sie auch eine Steuer entrichten, der alle in meinem Hafen einlaufenden Schiffe unterworfen sind, wie es vor kaum vier Tagen eine Tjonke von Siam gethan hat, welche hierherkam, um Gold und Sklaven aufzukaufen, und wie das noch ein maurischer Kaufmann bezeugen wird, der in der Stadt zurückgeblieben ist.« Der Spanier erwiderte, sein Herr sei ein zu großer König, um sich derartigen Forderungen zu fügen. Sie wären mit friedlichen Absichten gekommen, wenn man aber mit ihnen Händel suche, so werde man sehen, mit wem man zu thun habe. Der König von Zebu, den der maurische Kaufmann von der Macht Derjenigen, mit denen er unterhandelte und die er für Portugiesen hielt, aufgeklärt hatte, ließ sich endlich bewegen, von seinen Forderungen abzustehen. Noch mehr, der König von Massava, der den Spaniern sozusagen als Lootse gedient hatte, wußte seinen Nebenherrscher so umzustimmen, daß jene für die Insel ein ausschließliches Handelsprivilegium erhielten und ein feierlicher Freundschaftsbund zwischen dem König von Zebu und Magellan abgeschlossen wurde, den man mit Blut, das sich beide Parteien aus dem Arme entnahmen, besiegelte.

Sogleich wurden nun Lebensmittel herbeigeschafft und es entwickelten sich recht freundliche Verhältnisse. Der Neffe des Königs stattete Magellan einen Besuch auf dessen Schiffe ab. Dieser benutzte die Gelegenheit, ihm die wunderbare Geschichte der Erschaffung der Welt und die Erlösung der Menschheit durch Christum zu erzählen, und redete ihm zu, mit seinem Volke das Christenthum anzunehmen. Niemand widersetzte sich, und am 14. April erhielten der König von Zebu, der von Massava, der maurische Kaufmann und fünfhundert Männer nebst ebenso vielen Frauen, die heilige Taufe. Was aber nur eine Art Modesache war, da man ja nicht sagen konnte, daß die Eingebornen die Religion kannten, der sie sich zuwandten, oder daß sie von deren Wahrheit überzeugt waren, das wurde zur wahrhaften Wuth nach einer durch Magellan vollbrachten Heilung. Als dieser nämlich vernahm, daß der Vater des Königs seit zwei Jahren krank liege und jeden Augenblick sterben könne, versicherte der General-Kapitän, daß er, wenn er sich taufen lasse und die Eingebornen ihre Götzenbilder verbrennen würden, wieder gesunden solle. »Er fügte hinzu, daß er von seinen Worten selbst so überzeugt gewesen sei, berichtet Pigafetta – und es empfiehlt sich bei derlei Gegenständen die Autoren textgetreu zu citiren – daß er seinen Kopf zum Pfande setze, wenn sein Versprechen nicht auf der Stelle in Erfüllung ginge. Wir bildeten nun mit allem möglichen Pompe eine Procession von dem Platze aus, wo wir uns befanden, und zogen vor das Haus des Kranken, den wir allerdings in so traurigem Zustande antrafen, daß er weder reden noch sich bewegen konnte. Wir tauften ihn mit zweien seiner Frauen und zehn Töchtern. Der Kapitän fragte ihn sogleich nach der Ceremonie, wie er sich befinde, und er antwortete auch, daß er sich durch die Gnade des Herrn wohler fühle. Wir Alle waren Zeugen dieses Wunders; vorzüglich der Kapitän lobte laut die Güte Gottes. Er reichte dem Fürsten ein stärkendes Getränk und sandte ihm davon alle Tage zu, bis er wieder ganz hergestellt war. Am fünften Tage fühlte sich der Kranke gänzlich geheilt und verließ sein Lager. Seine erste Sorge war, in Gegenwart des Königs und des ganzen Volkes ein Götzenbild zu verbrennen, dem er besondere Ehrfurcht gezollt hatte und das einige alte Frauen in seinem Hause sorgsam bewachten. Auch ließ er einige Tempel am Strande des Meeres niederreißen, wo das Volk sofort zusammenlief, um das den alten Gottheiten geweihte Fleisch zu verzehren. Jedermann stimmte diesen Maßnahmen bei und man nahm sich allgemein vor, alle Götzenbilder zu vernichten, sogar die im Hause des Königs, was unter dem fortwährenden Rufe: »Es lebe Castilien!« ausgeführt wurde.«

Nahe der Insel Zebu liegt eine andere Insel, Natan mit Namen, welche zwei Häuptlinge hatte; der eine erkannte die Autorität der Spanier unbedingt an, der andere widersetzte sich dem nach Kräften, und so beschloß Magellan, ihn dazu zu zwingen. Am 26. April, eines Freitags, fuhren drei Schaluppen mit sechzig Mann in Kürassen, Sturmhauben und mit Musketen bewaffnet, nebst etwa dreißig Balangais, auf denen der König von Zebu, sein Schwiegersohn und eine Menge Krieger Platz nahmen, nach Natan ab. Die Spanier warteten den Tag ab und sprangen dann, neunundvierzig an der Zahl, in's Wasser, denn die Schaluppen konnten wegen Felsen und Untiefen nicht am Ufer selbst anlegen. Hier traten ihnen mehr als eintausendfünfhundert Eingeborne entgegen. Diese warfen sich in drei Abtheilungen sogleich auf jene und griffen sie von vorn und von den Seiten her an. Die Musketiere und Bogenschützen schossen von fern auf die Krieger, ohne denselben viel Schaden zu thun, da sie durch Schilde gedeckt waren. Mit Steinwürfen, Pfeilen, Wurfspießen und Lanzen bestürmt, setzten die Spanier einige Hütten in Brand, um die Eingebornen dadurch abzuziehen und zu erschrecken. Durch den Anblick der Feuersbrunst verdoppelte sich aber nur deren Wuth und sie bedrängten die Spanier von allen Seiten, so daß diese die größte Mühe hatten, ihnen nur zu widerstehen, als ein unseliger Zufall den Ausgang des Gefechtes entschied. Die Eingebornen bemerkten nämlich sehr bald, daß alle Schläge, die sie nach dem Körper ihrer Feinde führten, diese wegen des Panzers, den sie trugen, nicht im mindesten verletzten. Sie änderten also ihre Angriffsweise und schossen alle Pfeile und Wurfspieße nach dem unteren Theile der Spanier ab, wo diese unbedeckt waren. Auch Magellan wurde von einem vergifteten Pfeile im Schenkel getroffen, so daß er den Rückzug befahl, der zwar zuerst in voller Ordnung vor sich ging, bald aber in eine so wilde Flucht ausartete, daß sieben bis acht Spanier allein an der Küste zurückblieben. Mit größter Noth wichen diese kämpfend nach den Schaluppen hin zurück. Schon standen sie bis an die Kniee im Wasser, als sich mehrere Insulaner gleichzeitig auf den auch am Arme verwundeten Magellan stürzten, dem es jetzt unmöglich war, den Degen zu ziehen, und ihm einen so gewaltigen Schlag an das Bein versetzten, daß er sofort in's Wasser zurücksank, wo sie ihm bald den Garaus machten. Seine letzten Getreuen, unter ihnen Pigafetta, wurden zwar Alle angegriffen, entkamen aber glücklich nach den Booten. So starb der berühmte Magellan am 27. April 1521. »Ihn schmückten alle Tugenden, sagt Pigafetta; selbst im größten Unglück zeigte er unerschütterlichen Gleichmuth. Draußen auf dem Meere ertrug er eher noch mehr Entbehrungen als seine Leute. Mehr als irgend ein Anderer bewandert in der Kenntniß der nautischen Karten, beherrschte er die Schifffahrtskunde vollständig, wovon er durch seine Reise um die Welt, die Keiner vorher gewagt hatte, den glänzendsten Beweis lieferte.«

Diese Leichenrede Pigafetta's mag zwar etwas übertrieben sein, enthält jedoch gewiß viel Wahres. Magellan besaß eine Beharrlichkeit, einen kecken Muth ohne Gleichen, der ihn befähigte, mit Verachtung der Furcht seiner Begleiter, sich nach Gegenden zu wagen, in denen der abergläubische Zeitgeist die phantastischesten Gefahren witterte. Um jene Meerenge am Ende der langen Küste, die mit Recht seinen Namen trägt, zu entdecken, mußte ihm ein besonderer Schatz nautischer Kenntnisse zu Gebote stehen. Es bedurfte der unausgesetzten strengsten Aufmerksamkeit, um in dem unbekannten Wasser und ohne verläßliche Instrumente einem Unfalle zu entgehen. Wenn eines seiner Schiffe verloren ging, so ist dafür nur der Stolz und der widerspenstige Geist des betreffenden Kapitäns verantwortlich zu machen, nicht etwa die Unerfahrenheit oder ein Mangel an Vorsicht seitens des Generals. Wir sagen gern mit seinem enthusiastischen Bibliographen: »Der Ruhm Magellan's wird seinen Tod in Ewigkeit überdauern!«

Duarte Barbosa, der Schwager Magellan's, und Juan Serrano wurden nun zu Anführern der Spanier erwählt, die noch manch' anderes Unglück erleben sollten.

Der Sklave, der bis dahin als Dolmetscher gedient hatte, war bei dem Gefechte am Arme leicht verletzt worden. Seit dem Tode seines Herrn hielt er sich beiseite, er verweigerte den Spaniern jeden weiteren Dienst und blieb auf seiner Matte ausgestreckt liegen. Nach einigen etwas lebhaften Vorstellungen Barbosa's, der ihm zu verstehen gab, daß er durch den Tod Magellan's seine Freiheit keineswegs wiedererlangt habe, war er plötzlich verschwunden. Er wußte zu dem jüngst getauften Könige zu gelangen und ihn zu bereden, daß, wenn er die Spanier in eine Falle zu locken und umzubringen im Stande sei, er sich auch in den Besitz ihrer Provisionen und Handelswaaren setzen könne. Barbosa, Serrano und siebenundzwanzig Spanier wurden zu einer feierlichen Zusammenkunft eingeladen, um die für den Kaiser bestimmten Geschenke entgegenzunehmen, bei einem Festmahle aber unerwartet überfallen und Alle ermordet. Serrano allein ward gefesselt an's Ufer des Meeres geführt. Dort flehte er seine Gefährten an, ihn loszukaufen, da er sonst hingemordet würde. Jean Carvalho und die Uebrigen aber, welche eine allgemeine Empörung fürchteten und voraussetzten, daß sie bei den Verhandlungen von einer zahlreichen Flotte angegriffen werden könnten, der sie keinen Widerstand entgegenzusetzen im Stande wären, hörten nicht auf die Bitte des unglücklichen Serrano. Sie gingen vielmehr unter Segel und erreichten bald die nicht weit entfernte Insel Bohol.

In der Erkenntniß, daß ihre Anzahl jetzt zu gering sei, um drei Schiffe zu bedienen, verbrannten die Spanier die »Conception«, nachdem sie alles Werthvolle von derselben auf die übrigen Fahrzeuge vertheilt hatten. Dann kamen sie nahe der Insel Panilongon vorüber und rasteten vor dem zu Mindanao gehörigen Butuan, einer prächtigen Insel mit vielen Häfen, fischreichen Flüssen, von der Luzon, die umfangreichste des Archipels, in nordöstlicher Richtung liegt. Weiterhin ankerten sie vor Paloan, wo sie zu ihrer Verproviantirung Schweine, Hühner, Bananen verschiedener Sorten, Cocosnüsse, Zuckerrohr und Reis vorfanden. Hier war für sie, wie Pigafetta sich ausdrückt, das gelobte Land. Unter den erwähnenswerthen Dingen führt der italienische Reisende vorzüglich die Hähne an, welche sich die Eingebornen für ihre Hahnenkämpfe hielten, eine Volksbelustigung, die, nach so vielen Jahren, nach heute im Archipel der Philippinen gebräuchlich ist. Von Paloan aus gelangten die Spanier nach der Insel Borneo, dem Brennpunkte der malayischen Civilisation. Von jetzt ab haben sie es überhaupt nicht mehr mit Naturvölkern auf der niedrigsten Entwicklungsstufe zu thun, sondern mit reichen Volksstämmen, die sie mit einer gewissen Prachtentfaltung empfangen. Die Art und Weise, wie sie hier z. B. der Rajah aufnahm, ist zu merkwürdig, um sie ganz übergehen zu können. Am Landungsplatze fanden sie zwei mit Seide bedeckte Elefanten, die sie nach dem Hause des Gouverneurs der Stadt trugen, während zwölf Männer ihre für den Rajah bestimmten Geschenke nachbrachten. Von dem Hause des Gouverneurs aus, wo sie erst der Ruhe pflegten, waren alle Straßen bis zum Palaste des Herrschers mit wohlbewaffneten Leuten besetzt. Nachdem sie von den Elefanten herabgestiegen, führte man sie in einen von Hofbedienten gefüllten Saal. Von dem einen Ende desselben ging man in einen kleineren, mit Goldstoffen geschmückten Salon, in welchem dreihundert mit Dolchen Wohlbewaffnete als Leibwache des Königs standen. Von hier aus konnten sie durch eine weitere Thür endlich den König an einem Tische sitzen sehen, in Gesellschaft eines kleinen, Betel kauenden Kindes. Hinter ihm hielten sich einige seiner Frauen auf.

Die Etikette erforderte, daß ihr Gesuch durch den Mund dreier, in immer höherem Grade stehender Beamten ging, bevor es mittelst eines in der Mauer angebrachten Sprachrohres einem Oberofficier mitgetheilt wurde, der es dem Könige vorzulegen hatte. Darauf kam es zu einem sehr förmlichen Austausch von Geschenken, bis die spanischen Gesandten endlich mit demselben Ceremoniel wie bei der Ankunft nach ihren Schiffen zurückgeleitet wurden. Die Hauptstadt ist im Meere selbst auf Pfählen erbaut; bei der Fluthzeit durchfahren die Lebensmittel-Verkäuferinnen die Straßen auf Barken. Am 29. Juli umringten über hundert Piroguen die beiden Schiffe, während auch mehrere bewaffnete Tjonken die Anker lichteten und sich denselben näherten. Da die Spanier verrätherischer Weise angegriffen zu werden fürchteten, kamen sie jenen zuvor und feuerten eine Artilleriesalve auf die Piroguen ab, durch welche sehr Viele umkamen. Der König beeilte sich, das hier obwaltende unselige Mißverständniß aufzuklären, indem er ihnen sagen ließ, daß die Flotte nicht gegen sie aufgeboten werde, sondern gegen die Heiden, mit denen die Muselmänner täglich zu kämpfen hätten.

Die Insel Borneo erzeugt Arak, d. i. durch Gährung des Reises gewonnener Alkohol, Kampher, Zimmet, Ingwer, Orangen, Citronen, Zuckerrohr, Melonen, neben Rettigen, Zwiebeln u. dergl. Als Tauschartikel dienen Kupfer, Quecksilber, Zinnober, Glas, Wollenstoffe und Leinwand, vorzüglich aber Eisen und Augengläser, nebst Porzellan und Diamanten, die man zuweilen in sehr großen und höchst kostbaren Exemplaren findet. Einheimische Thiere sind Elefanten, Pferde, Büffel, Schweine, Ziegen und Hühnervögel. Die gebräuchliche Münze besteht aus Bronze und die des Aufreihens wegen durchbohrten Stücke werden Sapekos genannt.

Nach ihrer Abfahrt von Borneo suchten die Seefahrer eine geeignete Oertlichkeit zur Ausbesserung der Schiffe, welche derselben sehr bedürftig sein mochten, denn sie nahm nicht weniger als zweiundvierzig Tage in Anspruch. »Das Merkwürdigste, was ich auf jener Insel fand, erzählt Pigafetta, waren Bäume, deren herabfallende Blätter belebt erschienen. Diese Blätter gleichen denen des Maulberbaumes, nur sind sie ein wenig kürzer; ihr Blattstiel ist kurz und spitzig und an beiden Seiten desselben haben sie je zwei Füße. Berührt man sie, so laufen sie davon, geben aber beim Zerdrücken kein Blut von sich. Ich bewahrte eines derselben neun Tage lang in einer Schachtel auf; wenn ich den Deckel lüftete, spazierte das Blatt in der Schachtel umher; ich glaube, daß dieselben von der Luft leben.« Diese merkwürdigen Geschöpfe sind heutzutage näher bekannt und werden als »Gespenstheuschrecken« oder »Wandelnde Blätter« bezeichnet. Ihre graubraune Färbung begünstigt eine Verwechslung derselben mit abgestorbenen Blättern, deren Form sie besitzen.

Von jetzt aber verlegte sich die Expedition, die bei Lebzeiten Magellan's immer ihren wissenschaftlichen Charakter bewahrt hatte, mehr und mehr auf gewöhnliche Seeräuberei. So brachte man wiederholt unterwegs getroffene Tjonken in seine Gewalt und erpreßte von deren Besatzung namhafte Lösegelder.

Weiter segelte man durch den Archipel der Sulu-Inseln, dem Schlupfwinkel malayischer Piraten, der erst in neuerer Zeit (1851) unter spanische Oberherrschaft kam, dann nach dem schon früher besuchten Mindanao, denn es war bekannt, daß die so sehnsüchtig gesuchten Molukken sich in mehr oder weniger unmittelbarer Nachbarschaft befinden mußten. Nachdem sie eine Menge Inseln gesehen, deren namentliche Aufzählung für uns zwecklos erscheinen würde, entdeckten die Spanier am Mittwoch dem 6. November den Archipel, über den die Portugiesen so schreckenerregende Fabeln verbreitet hatten, und gingen zwei Tage später in Tidor an's Land. Das eigentliche Ziel ihrer Reise war hiermit erreicht.

Der König kam den Spaniern entgegen und ließ sie in seiner Pirogue Platz nehmen. »Er saß unter einem seidenen Sonnenschirme, der ihn vollständig bedeckte. Vor ihm standen einer seiner Söhne mit dem königlichen Scepter in der Hand, zwei Männer, jeder mit einem goldenen Gefäße mit Wasser zum Waschen der Hände und zwei mit goldenen Beteldosen.« Darauf ersuchten die Spanier jenen, auf die Schiffe zu kommen, wo man ihm mit aller Ehrerbietung begegnete; gleichzeitig machte man ihm und den Leuten seines Gefolges viele Geschenke, die jenen sehr werthvoll erschienen. »Dieser König ist Maure, d. h. Araber, versichert Pigafetta; er mag gegen fünfundvierzig Jahre zählen und zeichnet sich durch einen wohlgestalteten Körper und ansprechende Gesichtszüge aus. Seine Kleidung bestand aus einem sehr feinen, an den Aermeln goldgestickten Hemd; vom Gürtel bis zu den Füßen umschloß ihn eine lose faltige Hülle; ein seidener Schleier – jedenfalls der Turban – bedeckte seinen Kopf und um jenen rankte sich noch eine Blumenguirlande. Sein Name lautet Rajah-Sultan-Manzor.«

Am folgenden Tage erklärte Manzor bei einer langen Zusammenkunft mit den Spaniern seine Absicht, sich selbst sammt den Inseln Tidor und Termate unter den Schutz des Königs von Spanien zu stellen.

Wir geben hier nach Pigafetta, dessen Bericht wir Schritt für Schritt nach der Bearbeitung Ed. Charton's, der jene mit werthvollen Anmerkungen vermehrte, folgen, einige Einzelheiten über den Archipel der Molukken.

Diesen Archipel bilden eigentlich die Inseln Gilolo, Ternate, Tidor, Mormay, Batchian und Misal, doch hat man unter dem allgemeinen Namen Molukken auch häufig die Inselgruppe von Banda und Amboine verstanden. In der Vorzeit durch wiederholte vulkanische Störungen erschüttert, umschließt dieser Archipel eine große Anzahl feuerspeiender Berge, welche entweder erloschen oder doch seit einer langen Reihe von Jahren unthätig sind. Die Luft ist brennend heiß und würde so gut wie unathembar sein, wenn die Atmosphäre nicht durch häufige Regengüsse etwas erfrischt würde. An Naturproducten sind die Inseln ausnehmend reich. In erster Reihe verdient hier Erwähnung die Sagopalme, deren Mark, der Sago, im Verein mit der Yamswurzel die Brodfrucht des ganzen malayischen Archipels darstellt. Gleich nach dem Fällen des Baumes entnimmt man ihm das Mark, welches dann grob gemahlen und durch ein Sieb getrieben, zuletzt aber zu kleinen Kuchen geformt wird; dazu der Seidenbaum, der Nelken- und Gewürznäglein-, der Muskat-, Kampher- und Pfefferbaum und überhaupt alle Gewürzbäume, und Früchte der Tropenzone.

Die Wälder des Archipels enthalten kostbare Holzarten, wie den Ebenholz-, Eiseneichen- und Teakholzbaum, deren letzterer sich durch Festigkeit seines Holzes auszeichnet, das man zu allen Luxusbauwerken anwendet; ferner den Calilaban-Lorbeer, der ein sehr gesuchtes ätherisches Oel liefert. Hausthiere gab es zu jener Zeit auf den Molukken nur wenige, unter den wilden aber die merkwürdigsten Arten, z. B. den Babirussa (Hornschwein), einen gewaltigen Eber mit gebogenen Hauern; das Opossum, eine Art Beutelthier, das unser Eichhörnchen an Größe etwas übertrifft; das Gliederthier, eine Art Gürtelthier, das den Aufenthalt in dichten dunklen Wäldern liebt, wo es sich von Blättern und Früchten ernährt; ferner den Tarsier, eine Art indisches Kaninchen, ein kleines, sehr graziöses unschuldiges Thierchen mit röthlichem Fell, das an Größe kaum einer Ratte gleichkommt, an Körperbildung aber merkwürdiger Weise an den Affen erinnert. Unter den Vögeln nennen wir die Papageien und Cacadus, die Paradiesvögel, von welchen man glaubte, daß sie keine Füße hätten, Taucherenten und Casuare, die an Größe fast die Strauße erreichen.

Seit langer Zeit schon war ein Portugiese Namens de Lorosa auf den Molukken ansäßig; die Spanier ließen ihm ein Schreiben zugehen in der Hoffnung, daß er sein Vaterland verrathen und sich Spanien anschließen werde. Sie erhielten von ihm die merkwürdigsten Nachrichten von den Expeditionen, die der König von Portugal nach dem Cap der Guten Hoffnung, dem Rio de la Plata und bis zu den Molukken entsendet haben sollte; gewisse Umstände erwiesen jedoch mit Sicherheit, daß diese letzteren gar nicht stattgefunden haben konnten. Er selbst befand sich in diesem Archipel seit sechzehn Jahren, und die seit zehn Jahren hier wohnenden anderen Portugiesen bewahrten darüber das strengste Geheimniß. Als er die Vorbereitung zur Abreise seitens der Spanier sah, begab sich Lorosa mit seiner Frau und seinen Habseligkeiten an Bord, um nach Europa zurückzukehren. Am 12. November wurden alle zum Tauschhandel bestimmten Waaren ausgeschifft, welche zum größten Theil von den vier Tjonken herrührten, deren man sich in Borneo bemächtigt hatte. Gewiß machten die Spanier ein vortheilhaftes Geschäft, doch nicht in dem Umfange, wie das wohl möglich gewesen wäre, wenn sie ihre Rückkehr nach Spanien nicht gar zu sehr übereilt hätten. Von Gilola und Bachian kamen ebenfalls Boote herbei, um mit ihnen zu handeln, und wenige Tage später erhielten sie vom Könige von Tidor eine beträchtliche Sendung Gewürznäglein. Der König lud sie dabei auch zu einem Festmahle ein, das er, wie er sagte, zu veranstalten gewohnt sei, wenn ein Schiff oder eine Tjonke die ersten Gewürznäglein verlud. Die Spanier erinnerten sich jedoch zu gut, was ihnen auf den Philippinen widerfahren war, und schlugen unter vielen Entschuldigungen an den König die Einladung aus. Gleich nach der Einnahme der vollen Fracht gingen sie unter Segel.

Kaum trieb die »Trinidad« auf dem Meere, als man bemerkte, daß sie ein bedeutendes Leck habe, so daß man sich beeilen mußte, Tidor wieder zu erreichen. Da selbst die gewandten Taucher, welche der König den Spaniern zur Verfügung stellte, dasselbe nicht aufzufinden vermochten, sah man sich gezwungen, das Schiff theilweise zu entladen, um die Reparatur vornehmen zu können. Die Besatzung der »Victoria« wollte auf ihre Gefährten nicht so lange warten, und da es ziemlich auf der Hand lag, daß die »Trinidad« niemals werde nach Spanien wieder zurücksegeln können, beschlossen die Befehlshaber, sie solle nur Darien zu erreichen suchen, wo ihre werthvolle Ladung gelöscht und über die Landenge geschafft werden sollte, um im Atlantischen Ocean auf einem anderen Schiffe untergebracht zu werden. Das unglückliche Fahrzeug und nicht minder seine Insassen sollten aber auch das nicht auszuführen im Stande sein. Geführt von dem Alguazil Gonzalo Gomez de Espinosa, der Juan de Carvalho als Steuermann hatte, mußte die »Trinidad« ihrer Seeuntüchtigkeit wegen bald nach der Abfahrt von Tidor schon bei Termate, in dem Hafen von Talagomi wieder vor Anker gehen, wo die aus siebzehn Mann bestehende Mannschaft von den Portugiesen sofort gefangen gesetzt wurde. Auf Espinosa's Beschwerden antwortete man mit der Drohung, ihn an der ersten besten Raae aufzuknüpfen, und zuletzt ward der arme Alguazil, den man erst nach Cochin brachte, nach Portugal geschickt und schmachtete dort in Gesellschaft zweier Spanier, den letzten Uebriggebliebenen von der Mannschaft der »Trinidad«, sieben Monate lang in dem Gefängniß von Limoeiro.

Was die »Victoria« betrifft, so verließ diese, reich beladen, Tidor unter dem Commando Juan Sebastians del Cano, der, nachdem er auf einem Schiffe Magellan's einfacher Steuermann gewesen war, am 27. April 1521 die Führung der »Conception« übernahm und Juan Lopez de Carvalho folgte, als diesem seiner Unfähigkeit wegen das Commando abgenommen worden war. Seine Mannschaft bestand aus dreiundfünfzig Europäern und dreizehn Indianern; vierundfünfzig Europäer blieben damals in Tidor auf der »Trinidad« zurück.

Nachdem sie zwischen den Inseln Caivan, Laigoma, Sigo, Giofi, Cafi, Laboan, Toliman, Bachian, Mata und Batutiga hingesegelt war, ließ die »Victoria« die letztere im Westen liegen, steuerte nach Westsüdwest und verweilte während der Nacht bei der Insel Sula oder Xula. Zehn Meilen von hier ankerten die Spanier vor Buru, Bougainville's Boëro, wo sie frischen Proviant faßten. Fünfunddreißig Meilen weiter hielten sie dann in Banda an, wo man Macis- und Muscatnüsse findet; ferner in Solor, einem Hafenplatze für den Handel mit weißem Sandelholz. Hier rasteten sie vierzehn Tage behufs Ausbesserung ihres Schiffes, das mehrfache Beschädigungen erlitten hatte, und versorgten sich mit reichlichen Mengen von Wachs und Pfeffer; später ankerten sie bei Timor, wo sie sich nur dadurch neue Lebensmittel verschaffen konnten, daß sie einen mit seinem Sohne an Bord gekommenen Häuptling eines Dorfes daselbst zurückbehielten. Nach dieser Insel kamen viele Tjonken von Luzon und »Praos« aus Malakka und Java, welche hier mit Sandelholz und Pfeffer ziemlich umfänglichen Handel trieben. Auf der weiteren Fahrt berührten die Spanier Java, wo zu jener Zeit, wie es scheint, die »Sutties« schon gebräuchlich waren, welche man auch heutzutage in Indien noch wiederfindet.

Unter den Erzählungen, welche Pigafetta, ohne selbst recht daran zu glauben, einflicht, ist eine besonders wunderbar. Sie handelt von einem riesigen Vogel, dem Epyornis, von dem man noch im Jahre 1850 auf Madagaskar Knochen und ungeheuer große Eier gefunden hat. Es beweist das, wie vorsichtig man damit sein muß, eine Menge jener uns fabelhaft erscheinender Legenden ohne Weiteres in das Bereich erfundener Wunder zu verweisen, da ihr Kern nicht selten etwas Wahres enthält.

»Im Norden von Groß-Java, berichtet Pigafetta, giebt es am chinesischen Golfe einen gewaltigen Baum, Campanganghi nannte man ihn, wo sich gewisse Vögel, die Garulas, aufhalten, welche so groß und so stark find, daß sie einen Büffel und selbst einen Elefanten aufheben und ihn fliegend nach einem Theile des Baumes bringen, der als Puzathaer bezeichnet wird.« Diese Legende erhält sich bei den Persern und Arabern seit dem neunten Jahrhundert und jener Vogel spielt in den Erzählungen der Letzteren unter dem Namen »Rock« eine sehr hervorragende Rolle. Es darf also gar nicht allzu sehr auffallen, wenn Pigafetta bei den Malayen einer ähnlichen Tradition begegnete.

Von Groß-Java aus umschiffte die »Victoria« die Halbinsel Malakka, welche von dem großen Albuquerque schon seit zehn Jahren unterworfen war. In deren Nähe befand sich Siam und Cambodje, sowie Chiempa, wo der Rhabarber heimisch ist. Diese Substanz findet man auf folgende Art und Weise: »Eine Gesellschaft von zwanzig bis fünfundzwanzig Mann begiebt sich in den Wald und verbringt die Nacht auf Bäumen, um sich gegen die Löwen – man erinnere sich, daß es hier gar keine Löwen giebt – und andere wilde Thiere zu sichern und gleichzeitig den Duft vom Rhabarber besser wahrzunehmen, den der Wind mit sich führt. Gegen Morgen gehen die Leute nach der Richtung hin, von der der Geruch herkam, und suchen da nach Rhabarber, bis sie denselben auffinden. Der Rhabarber ist das vermoderte Holz eines großen Baumes, dessen Geruch von der Fäulniß selbst herrührt; der werthvollste Theil des Baumes ist die Wurzel, doch hat der Stamm, den man »Calama« nennt, die nämlichen medicinischen Eigenschaften.«

Dieses Pröbchen beweist, daß wir für unsere botanischen Kenntnisse bei Pigafetta eine Erweiterung nicht suchen dürfen; wir liefen zu ernstlich Gefahr, die Märchen für Wahrheit zu nehmen, die ihm ein Maure, bei dem jener seine Erkundigungen einzog, erzählte. So schildert der lombardische Reisende mit größtem Ernste die phantastischsten Einzelheiten von China und verfällt in die schwersten Irrthümer, welche dagegen sein Zeitgenosse Duarte Barbosa glücklich vermieden hat. Durch diesen Letzteren wissen wir auch, daß der Handel mit »Anfian«, d. i. Opium, schon zu jener Zeit blühte.

Als die »Victoria« die Gegend von Malakka verlassen, trug Sebastian del Cano dafür Sorge, die Küste von Zanguebar zu meiden, wo die Portugiesen schon seit Anfang des Jahrhunderts ansäßig waren. Er segelte vielmehr bis zum 42. Grad südlicher Breite über das hohe Meer, mußte aber gegenüber dem Cap in Folge unaufhörlicher West- und Nordwestwinde, die mit einem furchtbaren Sturm endeten, fast neun Wochen lang hin und her laviren. Von Seite des Kapitäns gehörte hierzu ebensoviel Ausdauer als Muth und Lust, dieses Unternehmen zu Ende zu führen. Das Schiff hatte mehrere schadhafte Stellen und viele Matrosen verlangten in Mozambique anzulegen, da die Besatzung, nachdem das ungesalzene Fleisch vollständig verdorben war, nur noch Reis und Wasser zum Essen und Trinken besaß. Am 6. Mai endlich wurde das Cap der Stürme umschifft und man konnte nun wohl auf einen glücklichen Ausgang der Reise rechnen. Dennoch sollten die Seefahrer noch mancherlei Schwierigkeiten zu bekämpfen haben. Binnen zwei Monaten starben einundzwanzig Mann, fast ebensoviel Europäer als Indianer, in Folge der Entbehrungen, und wäre das Schiff nicht am 9. Juli in Santiago am Grünen Vorgebirge vor Anker gegangen, so wären wohl Alle Hungers gestorben. Da dieser Archipel den Portugiesen gehörte, gab man hier an, von Amerika zu kommen, und verheimlichte sorgsam den von Magellan entdeckten Weg. Einer der Matrosen beging jedoch die Unklugheit, auszusprechen, die »Victoria« sei das einzige Schiff von dem Geschwader Magellan's, das nach Europa zurückkehre. Darauf hin verhafteten die Portugiesen sofort die Mannschaft einer Schaluppe und machten sich sogar schon fertig, das spanische Schiff anzugreifen. Del Cano aber überwachte jeden Augenblick die Bewegungen der Portugiesen. Da er nun aus gewissen Anzeichen den Verdacht schöpfte, daß jene sich der »Victoria« bemächtigen wollten, ging er eiligst unter Segel und ließ dreizehn von seinen Leuten in den Händen der Portugiesen zurück. Maximilian der Siebenbürge legt dieser Landung an den Inseln des Grünen Vorgebirges ein anderes Motiv zu Grunde, als Pigafetta. Er behauptet, daß die durch lange Entbehrungen erschöpften Matrosen, welche dabei noch fortwährend an den Pumpen arbeiten mußten, den Kapitän bestimmt hätten, vor Anker zu gehen, um einige Sklaven einzukaufen, welche hierbei behilflich sein sollten. Da es ihnen hierzu an Geld fehlte, hätten die Spanier in Gewürzen bezahlt, wodurch den Portugiesen die Augen geöffnet worden wären.

»Um zu erfahren, ob unsere Tagebücher in Ordnung geführt worden seien, erzählt Pigafetta, fragten wir am Lande nach, welchen Wochentag man habe. Die Antwort lautete, es sei Donnerstag, was uns nicht wenig verwunderte, da wir erst bei dem Mittwoch waren. Wir konnten nicht glauben, uns um einen Tag getäuscht zu haben; mein Erstaunen war vielleicht noch größer als das der Anderen, da ich mein Tagebuch immer in größter Ordnung gehalten und ohne Unterbrechung alle Wochentage und Monatsdaten eingetragen hatte. Bald sahen wir denn auch ein, daß hier kein Rechenfehler die Schuld trug, denn da wir immer dem Laufe der Sonne folgend von Osten nach Westen gesegelt und jetzt nach demselben Punkt zurückgekehrt waren, mußten wir ja gegenüber Denjenigen, die an ein und demselben Punkte blieben, vierundzwanzig Stunden gewonnen haben; es bedarf ja nur einiges Nachdenkens, um das einzusehen.«

Sebastian del Cano suchte nun schnell die Küste Spaniens zu erreichen und lief am 5. September mit einer fast durchwegs kranken Besatzung von siebzehn Mann in San-Lucar de Barrameda ein. Zwei Tage später ging er am Molo von Sevilla vor Anker, womit die erste vollständige Reise um die Erde zu Ende geführt war.

Gleich nach der Ankunft begab sich Sebastian del Cano nach Valladolid, wo sich der Hof eben aufhielt, und fand dort bei Karl V. einen der glücklichen Ueberwindung so unendlicher Schwierigkeiten entsprechenden Empfang. Man wies dem kühnen Seemann eine jährliche Pension von fünfhundert Ducaten an und gab ihm die Erlaubniß, eine Erdkugel im Wappen zu führen mit der Devise: Primus circumdedisti me. Die kostbare Last der »Victoria« veranlaßt den Kaiser, eine zweite Flotte nach den Molukken zu senden. Den Oberbefehl über diese erhielt Sebastian del Cano jedoch nicht, sondern ein gewisser Garcia de Loaisa, der keinen anderen Titel als seinen großen Namen besaß. Die Flotte hatte jedoch kaum die Magellan-Straße erreicht, als del Cano nach dem Tode des Ober-Commandanten doch den Oberbefehl übernehmen mußte, den er indeß auch nur ganz kurze Zeit führte, weil ihn schon sechs Tage später der Tod ereilte.

Die berühmt gewordene »Victoria« ward sehr lange Zeit im Hafen von Sevilla aufbewahrt, ging aber trotz aller darauf verwendeten Sorgfalt doch endlich in Stücke.


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