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[Geschichtlicher Überblick]

Dänemarks Reichskanzler Jacob Ulfeldt, der kluge Rathgeber des jungen Königs Christian's IV., hatte unter seinen elf Söhnen einen, Corfitz mit Namen, der sich durch seine Geistesgaben, aber auch durch unruhiges Wesen vor den anderen hervorthat. Uebermüthig und unternehmend, wie er war, verübte er, kaum zwölf Jahre alt, die gefährlichsten Streiche und neckte die Bürger Copenhagens auf empfindliche Weise. Trotz strenger Zucht vermochte der alte Ulfeldt nicht ihn zu bändigen, schickte ihn daher, früher als es sonst wol geschehen wäre, unter Aufsicht eines ernsten Mannes in das Ausland, indem er hoffte, durch Reisen und strenge Leitung ihm gesetzteres Wesen beizubringen. Doch diese Hoffnung schlug fehl, denn Corfitz ließ sich die Herrschaft dieses Mannes nicht gefallen, behandelte ihn rücksichtslos und gab ihm zuletzt, nachdem er mehrere Jahre in Deutschland, Italien und Frankreich mit ihm umhergezogen war, in Paris seinen Abschied. Diesen Vorfall meldete der mißhandelte Zuchtmeister nach Dänemark dem Reichskanzler, der im ersten Aufwallen des Unmuths befahl, den ungerathenen Sohn seinem Schicksal zu überlassen, denn er wolle nichts mehr von ihm wissen. Das kam dem jungen Ulfeldt ganz erwünscht. Er benutzte die erlangte Freiheit und begab sich nach Deutschland zu dem Grafen von Oldenburg, der ihn in kurzer Zeit seiner persönlichen Liebenswürdigkeit und seines lebhaften Geistes wegen liebgewann.

Am Hofe zu Oldenburg hielt er sich drei Jahre lang auf und fand dort, obwol er die Studien nicht vernachlässigte, Zeit genug zu allerhand Abenteuern, die ihm wol geheime Zuneigung der Frauen, aber auch die Eifersucht und Feindschaft vieler Männer erwarben, da er sie durch persönliche Anmuth und glänzende Erscheinung in den Schatten stellte. Obgleich er selbst nicht ohne Schuld war, pflegte er die kleinste Verletzung nicht ungestraft zu lassen und kam vor beständigen Händeln kaum zur Ruhe. Unter solchen Umständen begann ihn der Aufenthalt an diesem Hofe schließlich zu langweilen, und da zu der Zeit König Christian IV. sein Heer nach Deutschland warf, den protestantischen Fürsten im Kriege gegen den Kaiser beizustehen, bat er den Grafen von Oldenburg um eine Empfehlung an den dänischen Artillerie-General Fuchs und nahm Dienste im dänischen Heer.

So leicht und locker er früher zu Oldenburg gewesen war, so umsichtig und tapfer zeigte er sich nun im Kampfe gegen die Kaiserlichen, und da ihm bei seinen Unternehmungen Glück nicht fehlte, stieg sein Ruf von Tag zu Tag, und er mit ihm von Rang zu Rang. Als jedoch König Christian im Jahre 1629 zu Lübeck Frieden schloß, nahm Corfitz, der jeder nennenswerthen Verwundung entgangen war, seinen Abschied und begab sich nach Italien.

Zu Padua lernte er einen venetianischen Edlen Namens Cremonini kennen, der an seinem lebhaften Geiste Wohlgefallen fand und ihn von der Fülle seiner Kenntnisse Nutzen ziehen ließ. Unter Leitung dieses Mannes gab er sich ausschließlich ernsten Studien hin, die er in Rom und später in Wien zu ergänzen suchte. In letzterer Stadt erregte er die Aufmerksamkeit eines französischen Diplomaten, der ihn an sich zu fesseln wußte und da dieser bald darauf als Gesandter nach Copenhagen gehen sollte, willigte der junge Ulfeldt in seine Aufforderung, ihn dorthin zu begleiten; hoch erfreut, nach langer Abwesenheit sein Vaterland und die Seinigen wiederzusehen.

Indessen hatte er den Unmuth seines Vaters, der ein strenger und nicht leicht zu besänftigender Mann war, immer noch zu fürchten, hielt es daher für klug, vorderhand sich nicht zu erkennen zu geben, was ihm um so leichter fiel, als er gerade in den Jahren seiner jugendlichen Entwickelung fern gewesen war, und überdies der Krieg, das Reisen und das ernste Studium seiner äußeren Erscheinung einen anderen Ausdruck gegeben hatte. Wie konnte es dem alten Herrn auch einfallen, daß dieser ernste junge Mann, der durch auserlesene Kenntnisse und scharfes Urtheil die Aufmerksamkeit der erfahrenen Männer am königlichen Hofe erregte, sein Ausbund von Sohn sei, obwol der Name, den Corfitz sich beigelegt hatte, dem seinigen nicht unähnlich war. Indessen ließ der Gesandte Frankreichs, welcher Corfitz in seine Angelegenheiten vollkommen eingeweiht hatte, ihn den Verhandlungen beiwohnen, die er mit dem alten Ulfeldt pflog, wie er denn auch bei den glänzenden Gastmählern, die dieser vornehme Mann zu geben pflegte, durch Anmuth und heiteren Witz alle Welt erfreute. Der Reichskanzler gewann immer mehr Theilnahme für den jungen Mann, und eines Tages nahm er ihn nach Beendigung der Geschäfte bei Seite und fragte ihn im vertraulichen Gespräch nach seinem Herkommen. Corfitz benutzte diese Gelegenheit und eröffnete ihm, daß er sein Sohn sei, der vor zehn Jahren auf Anklage seines Zuchtmeisters von ihm verstoßen ward, und daß es ihn erfreuen würde, wenn er ihn in Gnaden wieder aufnehmen möchte. Der alte Herr war, so wird erzählt, wie vom Donner gerührt. Lange Zeit sah er seinem Sohn, den er für immer verschollen wähnte, in's Angesicht und prüfte seine Züge; dann weinte der strenge Mann vor Freude und schloß ihn zärtlich an seine Brust. Dieses Ereigniß machte in Copenhagen großes Aufsehen. Der König nahm den wärmsten Antheil daran und verdoppelte seine Gunst, die er bereits dem jungen Ulfeldt in hohem Maße zugewendet hatte. Mit der Aufforderung, in seine Dienste zu treten, verlieh er ihm eine passende Stellung und eröffnete seinen Fähigkeiten ein Gebiet, auf welchem er bald die hoffnungsvollen jungen Edelleute am Hofe, Hannibal Sehsted, Jörgen de Brahe, Hendrik Rantzau, Hans Lindenow, Otto Krag und Andere überflügelte, die später eine nicht unbedeutende Rolle in der Geschichte des Nordens spielten.

Dänemark stand damals auf dem Gipfel seines Wohlstandes. Der Handel und die ausgebreitete Schifffahrt blühten, und während in Deutschland durch den langjährigen Krieg Alles darniederlag, hatte der Gewerbfleiß in Dänemark sich durch die unablässige Sorge des guten und für seine Zeit überaus kenntnißreichen Königs gehoben. Zahlreiche Colonien brachten dem Mutterlande beträchtliche Reichthümer, so daß die Behäbigkeit im Lande eine große war. Der königliche Hof zu Copenhagen war zu der Zeit wol der glänzendste in Europa. Da der König sich stets jovial und umgänglich zeigte, waren die Hofleute es auch und ergötzten sich auf alle mögliche Weise. In der Hauptstadt, sowie auf dem prächtigen Schloß Frederiksborg, nahm es kein Ende an Turnieren und Ringreiten, und in den herrlichen Buchenwäldern Seelands wurden glänzende Jagden abgehalten. Ogerius, der sich im Gefolge des französischen Gesandten Comte d'Avaux befand, als dieser im Jahre 1634 zu der Hochzeit des Kronprinzen Christian und der sächsischen Prinzessin Magdalena Sybilla nach Copenhagen reiste, weiß nicht genug von der Pracht des Hofes zu erzählen und lobt vornehmlich des dänischen Adels Kenntnisse und Höflichkeit. Namentlich ist er voll Lobeserhebungen über die drei Brüder Lars, Knud und Corfitz Ulfeldt, von welchen er den letzteren als ein Wunder an geistiger Begabung rühmt. Was aber besonders den Hof anziehend machte, das waren die dänischen Frauen in ihrer blonden Schönheit, vor allen anderen des Königs anmuthige Töchter.

Christian IV. hatte sich im Jahre 1597 mit der brandenburgischen Prinzessin Anna Catharina vermählt, die ihm vier Prinzen und zwei Prinzessinnen schenkte. Sie starb im Jahre 1612, und da die Thronfolge gesichert schien, beschloß der König, eine ebenbürtige Ehe nicht wieder einzugehen, sondern vermählte sich 1615 zur linken Hand mit Kirsten Munk, einer Dame aus altem dänischen Geschlecht, welche den Titel einer Gräfin von Schleswig-Holstein führte, der auch auf ihre und des Königs Kinder überging. Ihrer Kinder waren dreizehn an der Zahl. Unter ihnen war Leonora Christina der Liebling des Königs; schön und geistvoll, wie sie war, bildete sie den Mittelpunkt eines heiteren, glänzenden Kreises. Der König hatte sie sorgfältig erziehen lassen; sie verstand fast alle Sprachen des Abendlandes, liebte Musik und Dichtkunst, hatte ungemein viel natürlichen Verstand und große Anmuth des Geistes.

Die vornehmen jungen Männer am Hofe waren bemüht, ihre Augen auf sich zu ziehen; am eifrigsten waren ein Fürst von Sachsen, Franz Albert, der vergebens um sie freite, und Hannibal Sehsted, einer der ehrgeizigsten Jünglinge am Hofe. Indessen war eine stille Neigung zwischen Leonoren und dem jungen Corfitz Ulfeldt aufgeblüht; und obgleich die Beiden ihr Geheimniß zu bewahren suchten, blieb es doch nicht unbekannt, und keiner war mißvergnügter über seine Zurücksetzung als Hannibal Sehsted. Sein Unmuth steigerte sich durch mancherlei Vorfälle bis zum höchsten Grad. Bedeutende Dienste, welche Ulfeldt dem Lande geleistet hatte, erwarben ihm immer größeres Ansehen und er ward in kurzer Zeit nächst König Christian der volksthümlichste Mann im Reich. Der König gab ihm einen hohen Rang und ernannte ihn zum Statthalter von Copenhagen. Ueber alles dies war Hannibal Sehsted im höchsten Grade erbittert, namentlich da Leonora Christina in seiner Gegenwart mit Lobeserhebungen über Ulfeldt nicht zurückhielt. Was diesem aber ihre dankbare Verehrung vollständig gewann, war eine Handlung, die sonst von Höflingen wol selten zu erwarten ist.

Eine Kammerjungfer der Gemalin des Königs, Wibeke mit Namen, hatte sich bei diesem einzuschmeicheln gewußt und wollte sich in seiner Gunst festsetzen. Zu dem Zweck sprengte sie aus, seine jüngste Tochter Dorothea Elisabeth habe einen anderen Vater als ihn, und es gelang ihr, Argwohn in ihm zu wecken und zur verzehrenden Flamme anzufachen. Frau Kirsten fiel in Ungnade, und der Proceß ward ihr gemacht. Weder die Thränen seiner Lieblingstochter Leonora noch die der anderen Kinder hatten den König von diesem Schritt abhalten können. Er war ergrimmt, und alle Höflinge wandten der unglücklichen Frau den Rücken, um dem Zorn des Königs zu schmeicheln.

Corfitz Ulfeldt war tief empört von dieser Angelegenheit und übernahm, theils weil er der edlen Frau herzlich ergeben war, theils um die Anderen seine geistige Ueberlegenheit fühlen zu lassen, Allen zum Trotz ihre Vertheidigung. Dieser kühne Schritt ward ihm damals als frevelhafter Uebermuth ausgelegt, da er gewissermaßen gegen den König in die Schranken trat. Viel mehr Aergerniß erregte jedoch das Benehmen Hannibal Sehsted's, der als öffentlicher Anwalt gegen Frau Kirsten die Anklage führte und viel Gehässigkeit durchblicken ließ. Der Reichsrath hatte sich zur Schlußverhandlung im Garten des Schlosses Rosenborg zu Copenhagen versammelt; dort waren auch der König und alle königlichen Kinder erschienen. Sehsted entwickelte die Anklage mit solcher Wohlredenheit, daß Alle von Frau Kirsten's Schuld überzeugt waren. Danach aber trat Ulfeldt mit der ganzen Vornehmheit seiner jugendlichen Erscheinung auf und hielt eine Vertheidigungsrede mit hinreißender Beredtsamkeit, indem er gleichzeitig die Gehässigkeit der Anklage in klares Licht stellte. Als er geendet, brach der ganze Senat in Beifall aus, und Frau Kirsten ward von aller Schuld freigesprochen. Hannibal Sehsted aber, der gehofft hatte, Ulfeldt bei dieser Gelegenheit zu stürzen und sich an Leonoren zu rächen, war über diesen Ausgang so erbittert, daß er später seinen Rivalen auf offenem Markte vor dem Rathhause angriff. Beide zogen den Degen und gingen einander scharf auf die Klinge, wobei Sehsted den Kürzeren zog. Auf Frau Kirsten aber hatte diese ganze Angelegenheit einen so schmerzlichen Eindruck gemacht, daß sie sich vom Hofe zurückzog und auf ihr Gut Boller begab, wo sie bis an ihr Lebensende verblieb, denn die Versöhnung zwischen ihr und dem König, die schließlich stattfinden sollte, ward durch den Tod des letzteren vereitelt.

Wie sehr das ritterliche Verhalten Ulfeldt's die Neigung Leonorens für ihn erhöhte, mag man sich wol denken. Auch der König, weit entfernt, ihm zu grollen, wendete, zum großen Verdruß Sehsted's, in noch reichlicherem Maße als zuvor ihm seine Gunst zu. Er gewann immer mehr Macht und Einfluß, und schließlich führte der König, der längst eine Verbindung zwischen ihm und Leonora Christinen gewünscht hatte, sie ihm als Ehegattin zu. Die Hochzeit der Beiden war von ungemeiner Pracht, wie denn erzählt wird, daß der Aufwand dabei dem der Hochzeit des Kronprinzen Christian mit der sächsischen Prinzessin Magdalena Sybilla kaum nachstand.

Unter allen Würden in Dänemark die höchste war zu jener Zeit die des Reichshofmeisters. Er nahm fast die Stellung eines Vicekönigs ein, hatte so gut wie unumschränkte Gewalt, denn alle Fäden der inneren und äußeren Angelegenheiten des Staates waren in seiner Hand vereinigt. In dieser Stellung machte Corfitz Ulfeldt seine bedeutende Persönlichkeit geltend. Als Marschall des damals in Dänemark so mächtigen Adels besaß er außerdem eine nicht geringe Unabhängigkeit selbst dem Könige gegenüber. Sein beträchtliches Einkommen, dazu sein großes ererbtes und erheirathetes Vermögen, seine zahlreichen, mit Kenntnissen begabten Brüder, deren Haupt er war, und seine Eigenschaft als Schwiegersohn des Königs verliehen ihm eine Macht, wie sie vor ihm kein Reichshofmeister in Dänemark besessen hatte. Er regierte, als Christian IV. alt wurde, thatsächlich dieses Land. Seine umfassenden Pläne zur Festigung der Machtstellung Dänemarks im Norden ließen in ihm ein staatsmännisches Genie erkennen, das seiner Zeit weit vorauseilte, übrigens bei dem hochbegabten König volles Verständniß fand.

In seinem hohen Alter hatte Christian IV. noch einen Krieg mit Schweden zu bestehen. Ohne Kriegserklärung fiel das schwedische Heer Ende 1643 in Holstein ein, und nahm, von Herzog Friedrich von Gottorp begünstigt, die ganze Halbinsel in Besitz, ehe noch Dänemark gerüstet war. König Christian, obwol schon 67 Jahre alt, war rastlos thätig, Heer und Flotte in Kriegsstand zu setzen, griff am 1. Juli 1644 mit dreißig Schiffen die schwedische Flotte, welche fast doppelt so stark war, bei Fehmarn an und schlug sie in einer heftigen Schlacht, die dreimal unterbrochen und wieder aufgenommen ward. Der König führte selbst das Commando eines der Schiffe; an seiner Seite focht Ebbe Ulfeldt. Beide hatten schon mehrere Wunden erhalten, worauf schließlich eine Kugel aus dem Mast einen Splitter riß, der dem König das rechte Auge und mehrere Zähne ausschlug und viele Leute tödtete. Doch ließ er sich nicht dadurch entmuthigen; er verband sich selbst das Auge und setzte den Kampf bis in die Nacht fort. Seine Dänen stritten wie die Löwen. Er selbst trug dreiundzwanzig Wunden davon. In derselben Schlacht fielen Knud Ulfeldt und Eiler Ulfeldt; der letztere hielt noch im Tode das Schwert so fest umklammert, daß man es nur mit schwerer Mühe ihm aus der Hand winden konnte. Die feindliche Flotte mußte sich schließlich in die Kieler Bucht zurückziehen. Der weitere Erfolg dieses Krieges war indessen für Dänemark nicht günstig. Die Kaiserlichen, welche unter Gallas Dänemark zu Hilfe eilten, richteten nichts aus, und nur der Beredtsamkeit des gewandten Reichshofmeisters Corfitz Ulfeldt war es zu danken, daß in dem Frieden, den dieser mit Oxenstjerna zu Brömsebro abschloß, Dänemark, wenn auch nicht unter günstigen, so doch halbwegs annehmbaren Bedingungen davonkam.

Im Jahre 1646 ging Ulfeldt in Begleitung seiner Gemalin als Botschafter nach Frankreich und den Niederlanden, um mit diesen Staaten, nachdem Dänemark aus dem freundschaftlichen Verhältnisse zu dem Kaiser, sowie zu Spanien und England wenig Vortheil gezogen hatte, Verträge abzuschließen. Neben der Beredtsamkeit des gewandten Mannes soll der günstige Abschluß dieser Verträge zum großen Theil Leonora Christinen zu danken sein, die durch ihren Geist und ihre ungewöhnlichen Kenntnisse den französischen Hof in Erstaunen setzte und namentlich den Cardinal Mazarin für sich einnahm. Nicht anders ging es in Holland, wo Ulfeldt durch die Pracht seines Auftretens, sowie durch seinen Reichthum Alles überraschte. Die vornehme Gesellschaft im Haag zeigte sich von der Liebenswürdigkeit der Gräfin Leonore so entzückt und die Generalstaaten waren von Ulfeldt's Gewandtheit in Geschäftssachen und von den Vortheilen, die er ihnen versprach, so eingenommen, daß sie ihn mit Ehren überhäuften und vollkommen auf seine Absichten eingingen. Es wird sogar erzählt, daß sie seinen Sohn Leo, der während des Aufenthaltes im Haag zur Welt kam, durchaus adoptiren wollten und verlangten, daß er Leo Belgicus genannt werde. Mit Ruhm und Ehrengeschenken überhäuft, kehrte das glänzende junge Paar nach Copenhagen zurück.

Die Pracht des Ulfeldt'schen Hauses war eine außerordentliche und erregte bei den fremden Gesandten bewunderndes Staunen. Viel wird erzählt von Ulfeldt's schönem Palast in Copenhagen und von seinen Schlössern, welche, umgeben von heiteren Buchenwaldungen und anmuthigen Gärten, Seeland und Fühnen schmückten. Man rühmt die Kunstwerke und die auserlesenen Büchersammlungen, die er von seinem Freunde, dem gelehrten und geistvollen Dr. Otto Sperling, anlegen ließ. Das Hausgeräth war überaus reich und von einer Feinheit des Geschmacks, die sonst zu jener Zeit im Norden ungewöhnlich war, aber in Copenhagen an dem kunstsinnigen König einen sorgsamen Förderer gefunden hatte. Der schönste Schmuck des Hauses aber war die blonde Königstochter, Ulfeldt's glückliche Gattin, die er über Alles liebte. Sie war damals in der That die glänzendste Erscheinung am königlichen Hofe. Verehrt von ihrem Vater, dem edlen König Christian, vermählt mit dem vornehmsten Manne im Reich, von den Frauen um ihre Schönheit, von den Männern um den Reichthum ihrer Kenntnisse beneidet, blieb sie anspruchslos und gewann durch ihr leutseliges Wesen die Herzen aller besseren Menschen. Wie Ulfeldt mit den Gelehrten Deutschlands, Hollands, Frankreichs und Italiens in stetem Verkehr stand und durch sein Wissen weit über die Grenzen Dänemarks hinaus sich berühmt machte, so öffnete seine geistvolle Gemalin den bedeutenden Männern des Landes mit gewinnender Gastfreundlichkeit ihr Haus und erfreute sie durch ihren angenehmen Umgangston, durch ihre Kenntnisse und den eleganten Humor, der ihr eigen war, in bezaubernder Anmuth.

Je höher Ulfeldt in Ansehen stand, desto eifriger waren seine Feinde bemüht, die Grundfesten seiner Stellung zu lockern. Der vornehmste dieser Feinde blieb Hannibal Sehsted. Obwol dessen Arglist durch den Umstand, daß er des Königs Tochter Christiana zur Gemalin erhalten hatte, also Ulfeldt's Schwager geworden war, sich öffentlich Anstands halber nicht zeigte, dauerte sie doch insgeheim ungeschwächt fort. Jedoch war Ulfeldt ihm nicht allein an geistigen Eigenschaften überlegen, sondern eben auch durch seine Stellung als Reichshofmeister, vermöge welcher er in Copenhagen blieb, wo er durch Einfluß auf den Adel seinen Anhang vermehrte, während Sehsted nicht leicht nach der Hauptstadt kommen konnte, da er Statthalter von Norwegen war, zu welcher hohen Würde Ulfeldt ihn erhoben hatte, um den gefährlichen Rivalen vom Hofe fernzuhalten.

Corfitz Ulfeldt befaß einen starken Willen, der oft in Eigensinn ausartete. Als Marschall des mächtigen Adels und im Bewußtsein geistiger Ueberlegenheit wußte er seine Absichten überall durchzusetzen, was ihm theils durch Beredtsamkeit, oder wenn es nicht anders ging, durch die Drohung, sich von den Staatsgeschäften zurückziehen zu wollen, gelang. Hannibal Sehsted suchte dafür durch besondere Willfährigkeit gegen das königliche Haus ihm die Wage zu halten, wobei gewisse Eigenschaften, in welchen er Ulfeldt übertraf, ihm zu Statten kamen, denn dieser war wol ein größerer Staatsmann, jener dagegen ein gewandterer Höfling. Während Ulfeldt größere Fähigkeiten besaß, wußte der Andere die seinen besser auszubeuten.

Der große König Christian IV. starb im Anfang des Jahres 1648, nachdem er sein Land fast sechszig Jahre in wahrhaft väterlicher Weise regiert hatte. Unablässig war dieser kenntnißreiche und geistvolle Mann bemüht gewesen, die Wohlfahrt und den Reichthum seiner Länder zu heben, Handel und Schifffahrt, Gewerbfleiß und alle schönen Künste aufzumuntern, kluge Gesetze zu geben und den öffentlichen Unterricht zu fördern. Unter keinem König wurden in Dänemark so viele Gebäude zu gemeinem Nutzen aufgeführt wie unter ihm, er ließ ganze Stadttheile in Copenhagen aufbauen, gründete Städte, unter ihnen Glückstadt in Holstein und Norwegens Hauptstadt Christiania, dazu Colonien in fernen Welttheilen, und unternahm mehrfache Expeditionen nach Grönland. Obwol dieser König während seiner Regierung drei große Kriege führte, nämlich mit Carl und Gustav Adolph von Schweden, mit dem Kaiser und mit der Königin Christine, und in rastloser Thätigkeit für sein Reich sorgte, fand er doch Zeit, sich um die kleinsten Dinge seines Hauses zu kümmern; er gab Anordnungen über Küche und Keller, über haushälterische Behandlung der Kleider seiner Kinder, unterwies Schuster und Schneider. Während er selbst sehr unterrichtet war und beständig seine Kenntnisse zu mehren suchte, war er sorgsam auf die Erziehung seiner Kinder bedacht, half ihnen in ihrer frühen Jugend bei ihren Arbeiten. Die fremden Gesandten setzte er in Erstaunen durch genaue Kenntniß der Zustände ihrer Länder und Höfe, die Feldherren durch scharfes Urtheil in Kriegssachen. Dabei war er von einnehmendem Aeußern und jovial im Umgang. Sein Name lebt noch jetzt in dankbarer Erinnerung bei allen Dänen.

Sein ältester Sohn Christian war 1608 von den Ständen zu seinem Nachfolger erwählt worden, starb jedoch kurz vor ihm in Sachsen auf einer Reise nach Carlsbad. Die Thronfolge war daher beim Ableben Christian's IV. noch nicht entschieden, da der Reichsrath, welcher dem Adel noch größere Macht zuwenden wollte, als dieser schon besaß, Miene machte, dem nächstältesten Prinzen, Friedrich, Wahl und Huldigung zu versagen, falls er nicht durch Handfeste zu weitgehenden Zugeständnissen sich verpflichtete. Dänemark war damals bekanntlich ein Wahlreich, und die Thronfolge regelte sich nur durch das Herkommen, nach welchem die Krone von den Ständen gemeiniglich dem ältesten Prinzen übertragen wurde. Indeß hätten sie es auch nicht so halten und vermöge ihres Wahlrechts die Krone einem Anderen übertragen können. Daß dies nicht stattfand, geschah aus dem Grunde, weil das Königreich Norwegen und das Herzogthum Holstein erblich waren, und zu befürchten stand, daß wenn die Stände in Dänemark einen fremden Prinzen zum König wählten, nicht allein Norwegen und Holstein vom Gesammtstaat abgelöst würden, sondern auch Dänemark Gefahr lief, unter die Herrschaft der Fürsten zu gerathen, denen diese Länder zufielen.

Nach dem Tode Christian's IV. traten diese Gesichtspunkte zunächst in den Hintergrund, denn dem Adel, der, wie erwähnt, seit jeher in Dänemark mächtig gewesen war und in dem letzten Jahrzehnt der Regierung des alternden Königs diesem noch mehr Privilegien abgedrungen hatte, kam es zunächst darauf an, dem Prinzen Friedrich als Entgelt für seine Wahl noch bei weitem größere Rechte abzutrotzen. Dazu schien jetzt der Zeitpunkt um so günstiger, als an der Spitze des Adels ein Mann stand, der durch seine ungewöhnliche Thatkraft, seinen überlegenen Verstand und seinen großen Anhang solches durchzusetzen versprach. Dieser Mann war Corfitz Ulfeldt. Er regierte nach dem Tode Christian's IV., wenn auch nicht dem Namen nach, so doch thatsächlich als Interimskönig in Dänemark und Norwegen, und man sagt ihm nach, daß er, der eine Königstochter zur Gemalin hatte, damals selber nach der Königswürde strebte. Wie weit dieses begründet, ist nie recht klar geworden, indessen machte er wirklich Anstalten, die auf dieses Ziel hindeuteten; so wurde ddo. 18. April 1648 auf seine Veranlassung ein Decret, nach welchem Frau Kirsten Munk's Kinder als ebenbürtige Königskinder anerkannt werden sollten, von den vornehmsten Reichsräthen, Frederik Reedtz, Anders Bille, Jörgen de Brahe, Malthe Juel und Anderen unterschrieben, vom Reichsrath gutgeheißen und später veröffentlicht. Durch dieses Decret war die Möglichkeit des Uebergehens der Krone auf eines der Kinder Kirsten Munk's oder einen ihrer Schwiegersöhne gegeben. Zu erwähnen ist übrigens, daß der Herzog von Holstein-Gottorp, der selber nach der dänischen Königskrone strebte, dem Grafen Ulfeldt die Insel Fühnen anbot, falls er ihm zum Throne verhelfe; alsdann sollte eine doppelte Verbindung zwischen den Holstein-Gottorp'schen und den Ulfeldt'schen Kindern geschlossen werden. Doch Ulfeldt lehnte dies ab und war auch denen entgegen, deren Stimmen der Herzog bereits gewonnen hatte. Diese Umstände oder vielmehr die Gerüchte davon förderten jedoch gerade am meisten die Wahl des Prinzen Friedrich, denn Ulfeldt's steigende Macht hatte die Zahl seiner Widersacher vermehrt; die Eifersüchtigen suchten ihm entgegen zu arbeiten, was am besten geschehen konnte, wenn sie sich auf Seite des Prinzen stellten, so daß dieser einen großen Theil der einflußreichen Männer für sich gewann.

Als nun Ulfeldt erkannte, daß man ihn bei dem Prinzen Friedrich zu verdächtigen suchte und dessen Anhang sich mehrte, beeilte er sich, öffentlich für ihn einzutreten, förderte seine Wahl und übergab ihm in feierlicher Weise die Regierung, die er seit König Christian's Tode in seiner Hand gehabt hatte, und huldigte ihm zuerst. Vor der Wahl hatte Friedrich die von Ulfeldt verfaßte und ihm vorgelegte Handfeste unterschrieben, welche, aus 55 Punkten bestehend, die Vorrechte des Adels auf das höchste hinaufschraubte und die Regierungsform zu einer fast aristokratischen machte. Darauf geschah die Huldigung am 6. Juli 1648, welcher die Krönung am 23. November folgte, nachdem der König sich zuvor nach Norwegen begeben hatte, um auch hier die Huldigung entgegenzunehmen. Bei dieser Gelegenheit sparte der Statthalter Hannibal Sehsted keine Kosten, die feierliche Handlung durch große Pracht zu heben, und setzte seine ganze Gewandtheit ein, sich bei dem neuen König beliebt zu machen und gegen Ulfeldt seine Ränke auszuspielen. Indessen nützte ihm dies zu der Zeit nicht viel, denn dieser stand im Beginn der Regierung Friedrich's III. fester als je zuvor. Sein Reichthum war ein enormer, die Pracht seiner Haushaltung kam der königlichen fast gleich, und seine geistvolle Gemalin Leonora Christina hatte damals in Copenhagen nicht viel weniger Ansehen als die Königin, was diese ihr nie vergessen konnte.

Die Königin Sophia Amalia, eine geborene Prinzessin von Braunschweig, mit welcher Friedrich III. sich als Prinz 1643 vermählt hatte, war ein ebenso schönes und begabtes, wie gewaltthätiges Weib. So gütig und wohlwollend sie sich gegen ihre Anhänger erwies, so ausdauernd zeigte sie sich in der Verfolgung derjenigen, die es mit ihr verdorben hatten. Ihre Rachgierde kannte keine Grenzen. Sie haßte Kirsten Munk's Kinder und Schwiegersöhne, vor Allen Corfitz Ulfeldt und dessen Gemalin: diese, weil sie an Schönheit, an Geist und edlen Eigenschaften des Gemüths sie übertraf, jenen, weil er neben dem Könige so große Macht besaß und danach angethan schien, die königliche Gewalt noch mehr zu schwächen. Sie ließ denn auch kein Mittel unversucht, zwischen Ulfeldt und seiner großen Familie einerseits und dem niederen Adel anderseits Zwietracht zu stiften und den letzteren gegen ihn aufzureizen.

Eine passende Gelegenheit hiezu bot die Abwesenheit Ulfeldt's von Dänemark während einer Reise im Jahre 1649, die er nach Holland unternahm, um mit den Staaten einen Tractat bezüglich des Sundzolls und ein neues Freundschaftsbündniß zu schließen. Daß der Reichshofmeister selber diese Sendung übernahm, geschah, weil die Angelegenheit eine schwierige war und man der Botschaft einen möglichst wichtigen und durch Vornehmheit schmeichelhaften Anstrich geben wollte, um Holland, welches in Folge einer Erhöhung des Sundzolls und anderer Mißliebigkeiten auf die Seite Schwedens sich geneigt hatte, wieder als Freund zu gewinnen. Zur Durchführung dieser Aufgabe war keiner mehr geeignet als Ulfeldt selber, da er der vornehmste Mann des Reiches war und von seiner früheren Gesandtschaft her bei den Holländern noch in großem Ansehen stand.

Bald nach seiner Ankunft im Haag hatte er die einflußreichsten Personen auf seine Seite gebracht, indem er ihren Neigungen schmeichelte, die Glückseligkeit freier Republiken herausstrich, auch nicht vergaß, seine und des dänischen Adels Unabhängigkeit von der königlichen Gewalt in das passende Licht zu stellen. Dazu brachte er viel Geld und dänische Ritterorden unter die Leute, um diejenigen zu gewinnen, bei welchen gute Worte nicht verfangen wollten. Genug, bald hatte er ein vorzügliches Schutz- und Trutzbündniß zwischen Holland und Dänemark zu Stande gebracht, welches dem letzteren später großen Vortheil eintrug. Außerdem verpflichteten sich die Holländer, für die freie Passage durch den Sund jährlich 150.000 Rdlr. zu bezahlen. Dieser Tractat wird als Meisterstück Ulfeldt's bezeichnet, obwol keiner zunächst damit zufrieden war: Schweden nicht, weil Holland auf Seite Dänemarks gezogen war; Holland nicht, weil einige Städte, namentlich Rotterdam sich beklagten, daß ihnen durch die genannte Pauschsumme Abbruch geschehe, da sie weniger Schiffe nach der Ostsee schickten, als andere holländische Städte. Die Hansestädte, besonders Lübeck, waren unzufrieden, weil die Holländer vortheilhaftere Zugeständnisse erhalten hatten als sie; und das königliche Haus in Dänemark kam auch zu kurz, denn für die jährlich zu erlegende Summe sollten die holländischen Schiffe von Untersuchung und die durchgeführten Waaren von weiterem Zoll frei sein, wodurch die Einkünfte des königlichen Hauses sich verminderten. Dieses letztere ward dem Grafen Ulfeldt dahin ausgelegt, daß er auf solche Weise das Königshaus noch mehr zu schwächen beabsichtigte. Zudem verfehlten die Königin und ihr Anhang nicht, seine Aussprüche, die er im Haag über die Unabhängigkeit des dänischen Adels gegenüber der Königsgewalt gethan, gegen ihn im feindlichen Sinne auszunützen. Nach seiner Rückkehr wurde er in Copenhagen mit Murren empfangen, worüber er so erzürnt war, daß er sechs Monate lang sich vom Hofe fernhielt.

Als nun die königliche Partei einen großen Theil des niederen Adels gewonnen hatte, indem sie ihm die Macht, welche Frau Kirsten Munk's Kinder und Schwiegersöhne besaßen, verdächtig machte, und auch Ulfeldt's Widersacher dem König sich anschlossen, suchte Sophia Amalia, welche kein Mittel zur Genugthuung ihrer Abneigung scheute, gegen Ulfeldt einen Hauptschlag zu führen.

Zu der Zeit stand nämlich ein Officier, mit Namen Jörgen Walter, der sich durch erfolgreiche Vertheidigung der Festung Rendsburg gegen die Schweden im Jahre 1645 Verdienste erworben hatte, in besonderer Gunst. Er wußte sich einen Anschein von Biederkeit zu geben, war jedoch, wenn es ihm nützlich schien, der Unwahrheit nicht abhold und ließ sich von der Königin zu Ränken benutzen, um sich bei ihr beliebt zu machen, und in diesem Fall, um an Ulfeldt wegen irgend einer Kränkung Vergeltung zu üben. Dieser Obrist Walter hatte eine Geliebte Namens Dina Winhöver, ein schönes, aber leichtfertiges und verwegenes Weib, das an Ränken und Zwischenträgereien Gefallen fand.

An einem der letzten Tage des Decembers 1650 kam Walter zu dem König in's Schloß und meldete ihm, daß Dina, welche im Hause Ulfeldt's nicht unbekannt sei, sich habe verlauten lassen, dieser wolle den König durch Gift auf die Seite schaffen. Sie habe nämlich eines Morgens bei dem Reichshofmeister im Bette gelegen, der sie unter der Decke verbarg, da seine Gemalin hereinkam. Diese habe ein Fläschchen in der Hand gehalten, und beide hätten mit einander davon geredet, wie sie den König vergiften wollten; führte auch die Worte an, wie der Reichshofmeister gesagt habe: das Gift sei zu stark, Se. Majestät möchten davon bersten. Nein, habe die Gräfin erwidert, er werde davon als in einem sanften Schlummer von dannen fahren.

Einige Tage nach dieser seltsamen Meldung ward Dina vor den König geführt und bestätigte dort ihre Aussage, indem sie sich anheischig machte, mit Hilfe nachgeahmter Schlüssel das Gift, welches von Dr. Otto Sperling bereitet sei, zur Stelle zu bringen. Sie suchte auch durch Angabe vieler Nebenumstände glauben zu machen, daß sie im Ulfeldt'schen Hause vertraut sei, und sagte schließlich, der Reichshofmeister sei Vater eines Kindes, das sie demnächst zur Welt bringen werde. Er habe ihr auch schriftlich versprochen, für ihre und des Kindes Zukunft Sorge zu tragen. Die Schrift befinde sich in Verwahrung des Magisters Simon Hennings, der damals Prediger an der deutschen Kirche zu Copenhagen und im Hause des Reichshofmeisters gar wol gelitten war. Alle diese Aussagen wurden indessen vorderhand geheim gehalten.

Zu gleicher Zeit brachte sie, um sich im Hause Ulfeldt's nützlich zu machen und dort leichter verkehren zu können, der Gemalin des Reichshofmeisters die Nachricht, man beabsichtige einen Angriff auf dessen Leben, und Walter sei Mitwisser in diesem Anschlag. So verwegen und wenig zusammenhängend Dina's Berichte waren, erregten sie doch unter den damaligen Umständen nicht geringe Bewegung. Flemming Ulfeldt, des Reichshofmeisters Bruder, und Björn Ulfeldt, sein Vetter, brachten die letztere Meldung Dina's vor den König, welcher dem Reichshofmeister Edelleute und Trabanten zur Bewachung anbot, die Ulfeldt jedoch ablehnte. Diese Ablehnung ward bei Hofe als Mißtrauen aufgefaßt und übel gedeutet. Gleich darauf meldete Walter dem Könige, Dina sei zu ihm gekommen und habe ihre Bestürzung über Flemming und Björn Ulfeldt's Anzeige zu erkennen gegeben. Es fand sich auch, daß sie an demselben Abend in Mannskleidern bei Dr. Sperling gewesen war mit der Bitte, er möge beim Reichshofmeister durchsetzen, daß ihr Name nicht genannt werde. Alles dieses, die Aussage Dina's, man wolle den König vergiften, der angebliche Anschlag auf Ulfeldt und sein Haus und ihre Verpflichtung, nach beiden Seiten für ihre Angaben Beweise zu liefern, brachten eine heillose Verwirrung hervor, zumal man die Sache gegenseitig geheim hielt. Hinter all' diesem steckte die Königin Sophia Amalia, doch mißlang ihre Absicht in der Hauptsache, denn sie hatte sich zur Durchführung derselben neben dem unbesonnenen Walter einer Person bedient, die wol dreist in ihren Ränken war, doch nicht geschickt genug, sie durchzuführen.

Dina ward im April 1651 verhaftet und in den Blauen Thurm des Schlosses gesetzt. Man verständigte Ulfeldt von den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen, und dieser erkannte sofort, woher der Wind wehte; forderte eine strenge Untersuchung, welche der König auch sogleich anordnete. Allein da die Sache von Wichtigkeit war, insoferne sie des Königs eigene Person anging, ersuchte dieser den Reichshofmeister, ohne seine Erlaubniß nicht außer Landes zu reisen. Diese Zumuthung verdroß Ulfeldt, und da er sie als eine Beschränkung seiner Freiheit als Adelsmann auslegte, beschwerte er sich darüber beim Reichsrath, welcher indessen dem Könige Recht gab und geltend machte, daß, wenn Ulfeldt sich bei den fraglichen Verhältnissen aus der Stadt verfüge, solches Anlaß zu mißliebigen Gerüchten geben möchte.

In dem darauf folgenden Proceß blieb Dina anfänglich bei ihrer ersten Aussage bezüglich des Attentats gegen den König, verwickelte sich jedoch bald in solche Widersprüche, daß man sich genöthigt sah, mit der peinlichen Frage gegen sie vorzugehen. Sie gestand denn endlich, daß es unwahr sei, was sie angegeben, sowol bezüglich des Giftes wie der Vaterschaft, bekannte, daß sie mit dem Reichshofmeister nicht früher als vor Gericht gesprochen habe, und beschwerte sich über Walter als ihren Verführer zu Allem. Dieses Geständniß bestätigte sie in der Urgicht, und wurde sie in Folge dessen geköpft und ihr Haupt auf eine Stange gesteckt. Walter aber ward Landes verwiesen mit Bedrohung des Lebens im Falle seiner Rückkehr. Damit endigte dieser Proceß, der das ganze Land in Aufruhr gebracht hatte und Anlaß zu den folgenden Ereignissen gab.

Wie stets von einer Verläumdung etwas haften bleibt, so geschah es auch hier; der König war von seinem Argwohn nicht ganz befreit. Dazu kam, daß Dina am Tage vor der Hinrichtung ihr Geständniß geschwächt hatte, indem sie in Gegenwart des Schloßvogts, Joachim Waltpurger, ausgesagt haben soll, sie sei nur aus Furcht vor fernerer Marter von ihrer ursprünglichen Aussage abgegangen. Außerdem hatte dieser Schloßvogt, der übrigens nach Allem, was man über ihn weiß, böswillig und Ulfeldt feindlich gesinnt war, ein Zeugniß ausgestellt, das um so schwerwiegender schien, als es sich auf eine angebliche Aussage Dina's in deren letztem Augenblick bezog. Dasselbe lautet folgendermaßen:

Ick untenbenandter bekenne mit meiner eigenen Hand, daß ich, uff Befehl meiner hohen Obrigkeit, hab lassen justificiren Dina. Gleich wie sie hette ihr Vater vnser außgebetet und ich sie daruff dem Scharffrichter überantwortet, indem daß sie will hingehen zu dem Sande, da stehet des Herrn Reichshoffmeisters Diener, mit Nahmen Kjeld; da sagte Dina und hub zwey Finger in die Höhe: Dein Herr und Magister Simon, die soll ich verklagen für Gottes strengem Gericht. Geschehen uff dem Schloßplatz bey der Richtstätte, den 11. Julii 1651.

Jochim Waltpurger, Schloßvogt.

Dieses Zeugniß erregte damals großes Aufsehen, und die Königin Sophia Amalia, auf deren Veranstaltung es wahrscheinlich war ausgestellt worden, wußte es so auszunützen, daß die Sache kaum zur Ruhe kommen konnte. Corfitz Ulfeldt war der Angelegenheit überdrüssig; er war tief verstimmt. Ueberdies erkannte er, daß die Eifersucht zwischen dem königlichen Hause und dem niedern Adel einerseits und Frau Kirsten Munk's Kindern und Schwiegersöhnen anderseits täglich zunahm.

Zu allerhand Unannehmlichkeiten braucht manchmal nur noch eine, wenn auch scheinbar unbedeutende, hinzuzukommen, um einen sonst an Ueberlegung gewöhnten Mann zu einem raschen Schritt zu verleiten. Die Königin, welche keine Gelegenheit versäumte, ihren Groll gegen Ulfeldt's Gemalin auszulassen, hatte das Verbot erwirkt, daß diese nicht mehr mit ihrem Wagen direct in's Schloß fahren solle, wozu sie, wie die andern Kinder Christian's IV. das Recht hatte. Ulfeldt gab darüber dem König seinen Unwillen zu erkennen, ließ auch merken, daß ihm die Urheber all dieser Ränke nicht unbekannt seien und daß er solche Nichtswürdigkeiten nicht wolle sich gefallen lassen. Dazu kam, und dies war natürlich die Hauptsache, daß seine Führung der äußeren Angelegenheiten des Staates bei Friedrich III. nicht allein wenig Verständniß fand, sondern derselben auch von der königlichen Partei alle möglichen Schwierigkeiten in den Weg gelegt wurden. Er sah eine neue Macht neben sich in der Regierung erstehen und einen Einfluß gewinnen, der seine staatsmännischen Pläne durchkreuzte und sie zu zerstören drohte. Die Regierung Friedrich's III. schien ihm für Dänemark verderblich. Daß er aber im Ueberdruß sich plötzlich entschloß, sein Amt dem Könige vor die Füße zu werfen und ihm als offener Widersacher entgegenzutreten, dazu gaben wol die Verläumdungen und Nergeleien, die von der Königin Sophia Amalia und ihrem Anhang ausgingen, sowie namentlich die seiner Gemalin zugefügte Beleidigung den letzten Anstoß.

Am 14. Juli ging er, ohne den König zuvor davon zu benachrichtigen, mit seiner Gemalin und den ältesten Kindern an Bord eines seiner Schiffe, das auf der Rhede lag, und segelte nach Holland. In Folge dessen ward er seiner Würden entsetzt, seine Güter auf Seeland wurden mit Beschlag belegt und seine und seiner Söhne Lehen Anderen gegeben. Dieses erbitterte ihn noch mehr, und da er sich in Holland nicht sicher genug fühlte, begab er sich auf sein Schloß Barth in Pommern und nach einigem Aufenthalt daselbst nach Stockholm, wo er sammt seiner Gemalin von der Königin Christine mit warmer Freundlichkeit empfangen wurde. Die geistvolle Königin war froh, den für Schweden so gefährlichen Staatsmann mit seinem Könige zerfallen und Zuflucht bei ihr suchen zu sehen. Sie räumte ihnen einen Flügel ihres Schlosses ein, wo Leonora Christina eine Niederkunft, die damals zu erwarten war, vollbringen konnte. Darauf erließ sie am 13. September 1651 an alle ihre Behörden einen offenen Brief, in welchem sie Ulfeldt in ihren königlichen Schutz nahm und ihm freies Geleite und beliebigen Aufenthalt in allen schwedischen Landen gewährte.

Als dem dänischen Gesandten in Stockholm dies zu Ohren kam, erinnerte er die Königin in einem Schreiben an das freundschaftliche Verhältniß zwischen Dänemark und Schweden, sowie an die Folgen einer solchen Protection, berichtete auch über die Angelegenheit nach Copenhagen, und es entspann sich ein Wechsel von Noten, in welchem dänischerseits der Graf Ulfeldt schwerer Vergehen geziehen wurde. Königin Christine blieb jedoch dabei, alle Zumuthungen Dänemarks ablehnend zu beantworten.

Mit Ulfeldt fiel die ganze Partei, deren Haupt er gewesen war. Verwandte Schicksale hatten die alte Feindschaft zwischen ihm und Hannibal Sehsted – denn gegen diesen wurden kaum geringere Ränke geschmiedet – zwar nicht aufgehoben, doch zu einem Stillstand gebracht. Als Vicekönig von Norwegen hatte er fast unumschränkt, aber zu anerkannt großem Nutzen des Landes regiert, allein das große Vermögen, welches er in dieser Stellung erworben hatte, lieferte nun den Anlaß, ihn zur Rechenschaft zu ziehen wegen der Gelder, die er in dem letzten Krieg zum Unterhalt des Heeres bekommen hatte, sowie wegen der in Norwegen von ihm erhobenen Steuern. Sehsted erkannte die drohende Gefahr und suchte alle Mittel und Wege, ihr zu entrinnen und von der Rechenschaft, die abzulegen ihm beschwerlich, ja fast unmöglich war, befreit zu werden. Doch vergebens; König und Reichsrath setzten ihm stark zu und übersandten ihm eine Capitulation, auf die er eingehen oder ein schließliches Urtheil abwarten sollte. Er wählte das erstere und trat die Statthalterschaft ab, übergab seine liegenden Güter in Norwegen der Krone, verpflichtete sich, Langeland von Graf Rantzau zu Gunsten der Krone auszulösen, keinem fremden Monarchen zu dienen, noch weniger gegen Dänemark etwas zu unternehmen und dergleichen mehr. So war auch dieser bisher so angesehene und deshalb von der königlichen Partei gefürchtete Schwiegersohn Christian's IV. matt gemacht.

Wessen man sich für die Folge von Ulfeldt erwarten konnte, war zunächst aus einer Schrift erkennbar, die er unter dem Titel Nothgedrungene Ehren-Verteidigung im Jahr 1652 zu Greifswalde erscheinen ließ und in welcher er dem König und seiner Partei scharf zu Leibe ging. Er setzte darin die Dienste auseinander, die er seinem Lande daheim und im Auslande geleistet hatte, wies auf die Verfolgungen hin, denen er bald nach der Thronbesteigung Friedrich's III. ausgesetzt war, daß man ihn absichtlich in wichtigen Sachen nicht um Rath gefragt, sondern gesucht habe, ihm in seiner hohen Stellung alle Macht zu nehmen, und daß seine Amtsführung unter Christian IV. nach dessen Tode sei getadelt worden. Beklagte sich auch über die Angelegenheit mit Dina und Walter, zeigte, wie seine Feinde Ränke schmiedeten, um ihm an Ehre und Gut zu gehen und seine Stellung zu untergraben. Ueber diese Schrift beschwerte der König sich auf das bitterste beim schwedischen Hof‚ da sie hauptsächlich gegen ihn gerichtet und in einer Stadt, die unter schwedischer Hoheit stand, gedruckt worden war. Auch ließ der dänische Reichsrath deßhalb eine längere Note an den Reichsrath in Stockholm ergehen. Allein alle diese Bemühungen vermochten nicht, die Königin Christine gegen Ulfeldt aufzubringen; die Antworten, welche sie der dänischen Regierung ertheilen ließ, bestanden in bloßen Höflichkeiten: die ganze Angelegenheit sei zu bedauern, doch könne man einem so angesehenen Manne den Schutz nicht versagen, so lange der Zwist dauere.

Nachdem er auf diese Weise die Schiffe hinter sich verbrannt hatte, gedachte Ulfeldt mit Gewalt gegen seine Feinde vorzugehen. Es wird erzählt, daß er die Königin Christine zum Krieg gegen Dänemark geneigt zu machen suchte, und dem dänischen Gesandten kam im Jahre 1653 zu Ohren, daß er ihr zu dem Zweck beträchtliche Summen Geldes angeboten, sie auch von dem Zustand des Reiches, sowie von der Stärke seiner Häfen auf das genaueste unterrichtet und ihren Generalen gezeigt hätte, wo sich am besten in Dänemark und Norwegen Landungen bewerkstelligen ließen. Darüber berichtete der Gesandte seinem König, und dieser ließ rüsten, indem er in Stockholm anzeigte, daß er weder Schweden noch England fürchte. Das half. Um Zeit zu gewinnen, zog Christine scheinbar andere Saiten auf, bot Dänemark auch ein Bündniß an zum Schutz der Schifffahrt gegen die Engländer. Bezüglich Ulfeldt's blieb jedoch Alles wie zuvor, wenn die Königin gleich über ihr Verhalten in dieser Sache einen Entschuldigungsbrief an Friedrich III. sandte, worauf dieser ihr zumuthete, sie solle Ulfeldt vermögen, seine Klageschrift zu widerrufen, was sie jedoch ablehnte, indem sie sagte: Sie glaube niemals, daß er dies thun werde; und sehe sie, es sei am besten, wenn sie nicht mehr in die Sache sich menge. So zog sich die Angelegenheit hin, indem die Königin zuweilen scheinbar nachgab, dann wieder den Grafen auf das wärmste in Schutz nahm und auf diese Weise mit dem dänischen Gesandten und dessen Hof ein arges Spiel trieb, bis sie im Juni 1654 die Krone zu Gunsten ihres Vetters, des Pfalzgrafen von Zweibrücken, Carl X. Gustav, niederlegte und nach Rom ging.

Im December 1656 unternahm die Gräfin Leonora eine Reise nach Dänemark, um nochmals zu versuchen, den König über die Angelegenheit Dina's und Walter's aufzuklären und ihres Gemals Unschuld zu beweisen. Doch merkte sie bald, daß die Anhänger der Königin Sophia Amalia ihr nachstellten, welchen es auch wol gelungen wäre, sie festzunehmen, wäre nicht ihr Halbbruder, Ulrich Christian Gyldenlöwe, ihr bis Korför entgegengereist, wo er ihr einen Befehl des Königs vorwies, der sie zur Umkehr zwang. Betrübt über das Fehlschlagen dieses letzten Versuchs zur Aussöhnung reiste die muthige Frau nach dem Schlosse Barth in Pommern, wo sie seit der Abdankung der Königin Christine sich mit den Kindern aufhielt, während der Graf‚ noch mehr erbittert über die seiner Gemalin widerfahrene Unbill, am königlichen Hofe zu Stockholm aufmerksam dem Gange der Ereignisse folgte.

Man hatte erwartet, daß Carl Gustav, sowie er die wenigsten Handlungen Christinens guthieß, dem Grafen Ulfeldt seinen Schutz entziehen werde. Doch geschah nichts weniger als dies; im Gegentheil, Ulfeldt gewann bald großen Einfluß auf Carl Gustav, und dieser forderte nicht lange nach seinem Regierungsantritt von dem dänischen Könige, er möge Ulfeldt die ihm genommenen Güter in Dänemark zurückgeben, worauf jedoch eine verneinende Antwort erfolgte. Ulfeldt reizte nun im schwedischen Reichsrath zum Kriege, zunächst gegen Polen, um dem König Johann Casimir seine Ansprüche auf die schwedische Krone zu verleiden. Das weitere, hoffte er, werde sich von selbst geben.

Was der kluge Mann vorausgesehen hatte, geschah. Nicht lange hatte der Krieg in Polen gedauert, als man in Dänemark den Zeitpunkt für geeignet hielt, die im Frieden von Brömsebro abgetretenen Provinzen den Schweden wiederabzunehmen. Friedrich III. erklärte demnach im Jahre 1657 den Krieg an Schweden, griff zunächst den Herzog von Holstein Gottorp an, der als Schwiegervater Carl Gustav's es mit diesem hielt, und fiel dann in das Herzogthum Bremen ein. Als der König von Schweden dies erfuhr, verließ er Polen, eilte durch Deutschland und stand in erstaunlich kurzer Zeit mit seinem Heer in Hamburg und Lübeck. Mit Ueberraschung hörte die dänische Regierung von diesem Gewaltmarsch, doch ehe sie sich recht besinnen konnte, hatte das schwedische Heer ganz Holstein und Schleswig überschwemmt.

Was dem König Friedrich von Dänemark hiebei am meisten Sorge machte, war, daß sein bitterster Feind, Corfitz Ulfeldt, den Schwedenkönig auf diesem Zuge begleitete. Nichts Gutes ließ sich von ihm erwarten. Er unterließ denn auch nicht den Versuch, die Schleswiger und Jüten zum Abfall zu bewegen, allein derselbe mißglückte und hatte sogar zur Folge, daß Alle, die in Copenhagen noch zu ihm gehalten hatten, von ihm abfielen. Selbst seine Brüder und Schwäger gaben ihn auf. Der gewandte Hannibal Sehsted benutzte die Gelegenheit, über diesen Streich Ulfeldt's seine ganze patriotische Entrüstung sehen zu lassen, kam vollständig wieder in Gunst und zu einer fast so großen Macht wie früher. Hans Lindenow, der Christian's IV. Tochter Elisabeth Auguste zur Frau hatte, und Holger Wind, der mit der zweiten Tochter des Königs, Sophia Elisabeth, vermählt war, fielen ebenfalls von Ulfeldt ab, worüber Sophia Elisabeth sich so erzürnte, daß sie ihren Gatten verließ und ihm sein Bildniß mit ausgestochenen Augen zusandte. Lars Ulfeldt, der einzige von der Familie, welcher sich bisher mit Friedrich III. nicht verfeindet hatte, ward nun dieses Königs Freund und Günstling. So war Corfitz, ausgenommen von seinem Bruder Ebbe Ulfeldt und Graf Waldemar von Schleswig-Holstein, Leonora Christinens Bruder, von Allen verlassen und seine Erbitterung stieg auf das höchste.

Unterdeß drangen die Schweden vorwärts, trieben den dänischen Marschall Anders Bille von einem Ort zum andern, bis er sich in die Festung Fridericia zurückzog, die König Friedrich erst vor kurzem hatte anlegen lassen. General Wrangel drang in dieselbe ein, indem er auf Ulfeldt's Rath ein außerordentliches Fallen der Ostsee benützte und die Festung mit Reiterei und Fußvolk von der Seeseite angriff, wo die Besatzung einen Angriff nicht erwartet hatte. Jetzt lag den Schweden der Weg nach Nordjütland offen; sie waren Herren der ganzen Halbinsel und freie Verbindung zwischen Nord- und Ostsee stand ihnen zur Verfügung.

Die schwedische Flotte war mittlerweile von einem dänischen Geschwader unter Commando des Admiral Bjelke in einem Treffen bei Falsterbo übel zugerichtet worden und mußte sich nach Wismar zurückziehen, um ihre schwer beschädigten Schiffe wieder in kriegstüchtigen Stand zu setzen. Die dänische Flotte dagegen konnte, nachdem sie sich verstärkt und ihren Schaden in dem wohlversehenen Arsenal zu Copenhagen schnell ausgebessert hatte, die feindlichen Schiffe in Wismar blokiren, so daß dem Schwedenkönig die Fahrzeuge fehlten, um mit seinem Heer, wie es seine Absicht war, nach den dänischen Inseln überzusetzen. Der König von Dänemark, obwol nach dem Fall Fridericia's hart bedrängt, wollte keinen Frieden schließen, denn er hoffte auf Hilfe, welche der Kaiser, sowie die Polen und Brandenburger ihm zugesagt hatten. Allein der erstere war noch mit der Belagerung von Krakau und Thorn vollauf beschäftigt, der Kurfürst von Brandenburg hatte sich noch nicht offen gegen Schweden erklärt, und die Polen, welche sich bereits mit 12.000 Reitern unter Czarnesky in Bewegung gesetzt hatten, um in Holstein einzufallen, kehrten wieder um, da sie wähnten, Dänemark könne sich nach dem Fall von Fridericia ohnehin nicht länger halten.

Da machte im Jänner 1658 ein außerordentlich strenger Winter das Eis im großen Belt so sicher, daß Ulfeldt dem König von Schweden rieth, mit seinem Heer auf dem Eise nach Fühnen hinüberzugehen. Der verwegene Carl Gustav erfaßte diesen genialen Rath mit Lebhaftigkeit, und darauf begann jener merkwürdige Zug des schwedischen Heeres zu Fuß von Jütland nach den dänischen Inseln, der in der Kriegsgeschichte seines Gleichen nicht hat. Kundschafter wurden vorausgeschickt, um dort wo das Heer marschiren sollte, die Festigkeit der Eisdecke zu untersuchen. Schwache Stellen bedeckte man mit Brettern, und wo breitere Spalten im Eise sich fanden, wie es in der Mitte des Beltes der Fall war, schlug man Brücken. Die Reiter führten ihre Pferde am Zügel und marschirten in passenden Entfernungen von einander, um das Eis an einer Stelle nicht zu sehr zu belasten. Aus demselben Grunde wurden die Geschütze von ihren Lasseten genommen und auf langen Bohlen fortgeschleift. In dieser Weise rückte das schwedische Heer zu Fuß auf dem Meere gen Fühnen.

Die Dänen hatten sich am Strande mit ihren Kanonen aufgestellt und suchten das Eis vor dem nahenden Feind in Trümmer zu schießen, was ihnen aber nicht gelang. Carl Gustav formirte auf dem Eise die Schlachtordnung und trat, nachdem er die Dänen zurückgeworfen und fast ganz aufgerieben hatte, an's Land. So fiel bekanntlich die wichtige Insel in die Gewalt der Schweden, und diese berathschlagten nun, ob sie in gleicher Weise über den großen Belt, der vier deutsche Meilen in der Breite mißt, gehen sollten. Von dem gefährlichen Unternehmen wollten einige Rathgeber des Königs nichts wissen, doch Ulfeldt überredete ihn, nur empfahl er statt des directen Weges über den großen Belt den Weg über die Inseln, da zwischen ihnen verhältnißmäßig nur schmale Meerengen liegen und daher festeres Eis zu überschreiten war. Darauf wurden abermals Kundschafter ausgeschickt, die das Eis untersuchten und die Nachricht von dessen genügender Stärke zurückbrachten.

Die Schweden gingen nun am 16. Februar von Fühnen nach Langeland, ein Weg von drei deutschen Meilen über Eis. Von dort setzten sie ihren Marsch fort nach Laaland, wo ihnen die Festung Naskov hätte große Hindernisse bereiten können, wenn nicht ihr Commandant, durch Ulfeldt's Ueberredung oder, wie Einige wollen, durch seine Bestechung bewogen, sie übergeben hätte. Nachdem dies geschehen, marschirten die Schweden über das Eis nach Falster und von dort nach Wordingborg auf Seeland.

Als die Kunde von dem Anrücken des schwedischen Heeres nach Copenhagen gelangte, eilte der dänische Reichshofmeister Gersdorf mit Christian Skeel dem Schwedenkönig entgegen, um Friedensunterhandlungen zu versuchen, und es kam auch zu einer Conferenz in Wordingborg, bei welcher Corfitz Ulfeldt und Steen Bjelke Schwedens Sache vertraten. Ulfeldt hatte Carl Gustav überredet, keinen Frieden mit Dänemark zu schließen, bevor er sich nicht des ganzen Reichs bemächtigt hätte, und deßhalb ohne Verzug auf Copenhagen zu rücken, wobei er in Aussicht stellte, daß die Thore dieser Stadt den Schweden würden sogleich geöffnet werden, da zwischen dem Könige und dem Adel kein gutes Einvernehmen herrsche.

Die dänischen Commissarien suchten nun möglichst billige Bedingungen zu erlangen, doch Ulfeldt war unerbittlich und machte so außerordentliche Ansprüche, daß der englische Gesandte, Philipp Meadow, dagegen glaubte protestiren zu müssen. Dies erzürnte Carl Gustav dermaßen, daß er Meadow drohte, ihn bei Cromwell zu verklagen, brach auch die Friedensunterhandlungen ab, marschirte mit seinem Heer auf Copenhagen, in dessen Nähe er Mitte Februar anlangte. Darauf wurden die Unterhandlungen wieder aufgenommen, und am 26. Februar ward der Friede zu Roeskilde unterzeichnet, nach welchem Dänemark ganz Schonen, Blekingen, Bohuslän, Drontheim und Halland verlor, auch die Inseln Bornholm und Hven, sowie zwölf der besten Kriegsschiffe abtreten mußte. Ferner wurden nach dem 24. Artikel dieses Friedens dem Grafen Ulfeldt alle seine Güter in Dänemark zurückgegeben, und er zog wieder in Copenhagen ein zum großen Verdruß seiner zahlreichen Feinde.

Am meisten darüber erbittert war die Königin Sophia Amalia, die sogleich alle Mittel in Bewegung setzte, Ulfeldt bei den Schweden zu verdächtigen. Bei einem großen Gastmahl, welches Friedrich III. dem König auf dem Schloß Frederiksborg veranstaltete, ward insgeheim viel über Ulfeldt geredet in der Absicht, Carl Gustav Mißtrauen einzuflößen. Allein damals scheint dies noch nicht gelungen zu sein, denn als nach dem Frieden ein engeres Freundschaftsbündniß unter den drei nordischen Reichen geschlossen werden sollte, nahm der König von Schweden sich vor, Ulfeldt zu diesem Zweck nach Copenhagen zu senden. Diese Absicht setzte nicht allein den König Friedrich in peinliches Erstaunen, sondern beunruhigte auch die fremden Mächte, welche an der ernsten und aufrichtigen Durchführung des Friedenstractats ein Interesse hatten. Die französischen Minister Gramont und Lionne bemühten sich, Carl Gustav von diesem Vorsatz abzubringen, welcher denn auch schließlich nachgab, worauf Ulfeldt sich auf seine Grafschaft Silkeborg in Schonen zurückzog, um die Dinge abzuwarten, die da kommen sollten und die allerdings für sein Vaterland, für Schweden und für ihn selbst von verhängnißvoller Wichtigkeit waren.

Carl Gustav hatte nichts anderes im Sinn als die Kronen der drei nordischen Reiche auf seinem Haupt zu vereinigen. Ulfeldt bestärkte ihn in diesem Gedanken, denn er selbst hoffte ein mächtiges Skandinavien erstehen zu sehen und setzte nicht mit Unrecht voraus, daß nach einer solchen Union Dänemark vermöge seiner Lage das bevorzugte Land und Copenhagen die Hauptstadt sein würde. Damit wollte er zwei Dinge zugleich erlangen, nämlich seinem Vaterlande nützen und für die ihm angethane Unbill an der königlichen Familie in Dänemark Vergeltung üben und sie aus dem Lande vertreiben. Denn, meinte er, es könne Dänemark gleich sein, ob ein König aus dem Hause Wasa oder einer aus dem Hause Oldenburg auf dem Thron säße. Doch Alles kam anders.

Nicht zufrieden mit den schönen Provinzen, die er gewonnen hatte, erklärte Carl Gustav fünf Monate nach dem Abschluß des Friedens von Roeskilde unter nichtigen Vorwänden von neuem den Krieg an Dänemark und landete am 8. August 1658 unerwartet in Korför. Sobald König Friedrich von dem Einfall der Schweden erfuhr, sendete er ihnen die Reichsräthe Mogens Hög und Christen Skeel entgegen, um Unterhandlungen anzuknüpfen, allein die schwedischen Sachführer, Reichsmarschall Oxenstjerna und Graf Schlippenbach, sagten gradeaus: erst wollten sie des Landes sich bemächtigen und dann unterhandeln. Im höchsten Grade erbittert über diesen Friedensbruch beschlossen die Dänen den Krieg bis auf den letzten Mann. Copenhagen setzte sich in Vertheidigungsstand; an den Festungswerken ward Tag und Nacht gearbeitet, alle Stände, selbst die Geistlichkeit, und die Frauen so gut wie die Männer, betheiligten sich mit grimmiger Begeisterung an den Arbeiten. König Friedrich war unermüdet auf den Wällen gegenwärtig und seine Gemalin, die muthige Sophia Amalia, die ihn zu Pferd begleitete, ermunterte durch freundliche Worte die Bürger zu eifriger Thatkraft. Als Carl Gustav diesmal vor Copenhagen erschien, traf er auf feste Wälle und tiefe Gräben; die Belagerten empfingen ihn mit gut gezieltem Geschützfeuer und brachten ihm durch mehrfache Ausfälle erheblichen Schaden bei. Darauf begann eine schwere Belagerung, doch Copenhagen ward unter der Leitung des Marschalls Schack, Gyldenlöwe's und Thuresen's von den Dänen heldenmüthig vertheigt.

Zur Zeit, als die Schweden sich auf dem Wege nach Copenhagen befanden, erwischten sie Hannibal Sehsted, der sich auf seinen Landsitz begeben wollte, um seine Gemalin und Tochter, die sich dort aufhielten, nach der Stadt zu geleiten. Carl Gustav empfing diesen vornehmen Gefangenen mit großer Zuvorkommenheit und überhäufte ihn mit Ehrenbezeugungen, was in Copenhagen sowol beim königlichen Hof wie unter den Bürgern die Meinung weckte, daß er sich nur aus der Stadt entfernt habe, um dem Feinde Bericht über die Zustände in der Stadt zu bringen. Die Schweden dagegen, welchen er als ein sehr verschlagener Mann bekannt war, argwöhnten, er sei herausgekommen, um zu kundschaften. In dieser gefährlichen Lage wußte er mit solcher Behutsamkeit und so großem Geschick sich zu benehmen, daß weder der eine noch der andere Theil über ihn klagen konnte und beide schließlich zufrieden mit ihm waren. Während er die Interessen seines Vaterlandes warm in Schutz nahm und Alles, was zum Frieden führen konnte, dem König von Schweden anempfahl, fragte dieser ihn in den wichtigsten Dingen um Rath und gab auf sein Wort mehr als auf das seiner eigenen Minister. Sehsted's Rathschläge waren so subtil und so auf Schrauben gesetzt, daß beide Theile glaubten, er verfechte nur ihre Sache. So rieth er beispielsweise dem Schwedenkönig, sein Heer zu theilen, um Kronborg und die Hauptstadt gleichzeitig anzugreifen. Der König fand den Rath gut und Kronborg wurde genommen. Die Dänen dagegen meinten, daß er durch solche Theilung das feindliche Heer vor Copenhagen zu schwächen suchte, was auch geschah und wodurch es der Besatzung möglich ward, durch Ausfälle den Schweden beträchtliche Verluste beizubringen.

Corfitz Ulfeldt machte diesen Feldzug nicht mit. Seit dem Roeskildischen Frieden hielt er sich entweder auf seinem Schloß Silkeborg oder in Malmö auf, welche Stadt mit dem übrigen Schonen in den Besitz Schwedens gelangt war. Carl Gustav hatte ihn aufgefordert, mit in den Krieg zu ziehen, allein er lehnte es ab, indem er Krankheit vorschützte. Indessen wußte er wol, daß es der Königin Sophia Amalia auf Umwegen doch endlich gelungen war, Carl Gustav Mißtrauen gegen ihn einzuflößen. Als nun beim Ausbruch des Krieges die Bürger von Malmö den Versuch machten, von der schwedischen Herrschaft sich loszureißen und wieder zu Dänemark überzugehen, ward bei den Schweden der Verdacht gegen Ulfeldt rege, daß er die Triebfeder des versuchten Abfalls sei. Es wird auch gesagt, daß Briefe aufgefangen wurden, die ihn compromittirten und daß er in der That habe Schonen wieder an Dänemark bringen wollen; doch wird von anderer Seite behauptet, das Ganze sei von den Schweden erdichtet worden, die den Geist dieses unruhigen Mannes fürchteten und die sich seiner Güter, sowie seiner überaus kostbaren Bibliothek bemächtigen wollten. Genug, er ward in Malmö festgesetzt und des Hochverraths angeklagt. Während der Dauer dieses Processes stellte Ulfeldt sich an, als habe ihn der Schlag gelähmt und der Sprache beraubt. Er führte dies mit erstaunlicher Ausdauer durch; alle Mühe war umsonst, seinem Munde ein einziges Wort zu entlocken. Für ihn ging seine Gemalin Leonora Christina vor Gericht und vertheidigte ihn mit einer Beredtsamkeit, die damals großes Aufsehen erregte.

Unterdessen leisteten die Bürger Copenhagens den Schweden tapfere Gegenwehr. Ende October 1658 langte ein holländisches Hilfsgeschwader unter Admiral Opdam im Sunde an, schlug die schwedische Flotte bei Helsingör und brachte Lebensmittel nach der Hauptstadt, welche dadurch zu fernerem Widerstand befähigt wurde. Auch von der Landseite waren Bundestruppen, Brandenburger, Polen und Kaiserliche unter dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm im Anzuge. Der Schwedenkönig wollte daher einen Hauptschlag gegen Copenhagen in's Werk setzen, erlitt jedoch bei dem Sturm, den er mit ganzer Kraft ausführen ließ, eine solche Niederlage, daß er sich aus der Nähe der Stadt zurückziehen und auf eine Blokade beschränken mußte. Ein Theil des schwedischen Heeres ging nach Fühnen zur Abwehr der deutschen und polnischen Hilfstruppen; von diesen führte jedoch der holländische Admiral Ruyter einige Tausend herüber, welche die Schweden überfielen und gefangen nahmen. Dieser Schlag machte dem Krieg ein baldiges Ende und bereitete Carl Gustav, der alle seine Hoffnungen getäuscht und seinen Plan, die Kronen der drei nordischen Reiche auf seinem Haupt zu vereinigen, zerstört sah, solchen Kummer, daß er kurze Zeit darauf starb.

Bald nach dem Tode dieses Königs ward Ulfeldt von der neuen Regierung freigesprochen, da man keine eigentlichen Beweise gegen ihn finden konnte und er in seiner Sprachlosigkeit verharrte. Diese Freisprechung paßte der Königin Sophia Amalia, sowie Hannibal Sehsted, der sich am dänischen Hofe vollständig wieder festgesetzt hatte, durchaus nicht in ihre Absichten. Sie sannen auf neue Ränke, und Sehsted fand bald Gelegenheit, einen verderbenbringenden Streich gegen seinen Schwager, den er immer noch haßte, auszuspielen. Er hielt sich damals in Stockholm auf und begab sich, sobald er unter der Hand Kenntniß von dem freisprechenden Urtheil erhalten hatte, zu dem Reichsdrost, Grafen Peter de Brahe, und bat ihn, man möge das Urtheil nicht veröffentlichen, sondern ihm zustellen, auf daß er es seinem Schwager bringen und dadurch Gelegenheit zur Versöhnung mit ihm bekommen möchte. Brahe willigte ein, und nun ging Sehsted sogleich zu dem französischen Gesandten, Terlon, und zu dem englischen, Lord Sidney, und erzählte ihnen, Ulfeldt sei vom Reichsrath in Stockholm schuldig erkannt worden, was er sie bäte ihm mitzutheilen, damit sein Schwager durch die Flucht sich retten könne. Dies thaten sie.

Sobald Ulfeldt die Nachricht erhielt, gedachte er mit seiner Gemalin der Gefahr zu entrinnen; doch war dies nicht ganz leicht, da sein Haus und Hof von Soldaten bewacht ward. Indessen gelang es seinem treuen Stallmeister, einem Edelmann Namens d'Aranda, die Aufmerksamkeit der Soldaten auf eine Anzahl feuriger Pferde zu lenken, die, zu dem Zweck freigelassen, auf dem Hofe umherliefen. Während nun die Soldaten den Stallknechten halfen, sie einzufangen, entkam Ulfeldt in dem Gewand eines Geistlichen, erreichte das bereit gehaltene Boot, segelte aber nicht nach Lübeck, wie er es mit seiner Gemalin verabredet hatte, sondern merkwürdigerweise nach Copenhagen. Leonora Christina erhielt Kleider von einer Bürgerin Malmös, die sich damals auffallend anders trugen als die vornehmen Frauen, blieb noch einen Tag verborgen in der Stadt und ging dann ebenfalls nach Copenhagen, war jedoch nicht wenig bestürzt, dort ihren Gemal zu finden, den sie auf der Fahrt nach Lübeck und damit den Händen seiner Feinde entronnen wähnte.

Vermuthlich weil er an dem letzten Kriege Schwedens gegen Dänemark nicht theilgenommen hatte, glaubte Ulfeldt, sicher nach Copenhagen gehen zu können, erreichte jedoch diese Stadt zu einer verhängnißvollen Zeit. Denn dort war eben die große Umwälzung im Zuge, durch welche der Adel seine übermäßige Gewalt verlor, das Königshaus die Souverainität gewann und die Bürger, welche dem letzteren zur Seite standen, mit bedeutenden Rechten ausgestattet wurden. Die Uebermacht des Adels war durch die Handfeste, welche Ulfeldt den König Friedrich vor seiner Wahl hatte unterschreiben lassen, auf das höchste gestiegen und machte sich fühlbar geltend, wodurch namentlich die stolze Sophia Amalia erbittert ward. Die Bürger der Hauptstadt hingegen hatten sich durch deren tapfere Vertheidigung große Verdienste erworben und da sie ebenfalls von dem Uebermuth des Adels litten, drängten sie den König zu einer Aenderung der Verhältnisse. Friedrich III. war einem Gewaltstreich wol abgeneigt, doch seine Gemalin drängte zur That, und es wäre zu einem offenen Aufstand gekommen, wenn nicht die Klugheit des Bischofs von Seeland und des Copenhagener Bürgermeisters die Angelegenheit zu einem halbwegs friedlichen Ausgang geführt hätte. Nicht wenig wurde dieselbe dadurch gefördert, daß die gewandtesten und damals mächtigsten Mitglieder des Adels, Hannibal Sehsted, der Reichsrath Bjelke, der General Schack und Christoffer Gabel auf Seite der königlichen Partei standen. Im Beginn des September 1660 ward der Reichstag eröffnet, und gleich in den ersten Verhandlungen über untergeordnete Dinge stellte sich der Adel im festen Zusammenhalt verneinend der Bürgerschaft und Geistlichkeit gegenüber. Die beiden letzteren Stände trugen am 27. September die Souverainität dem Könige an, allein dieser erklärte, von der Handfeste ohne Zustimmung des Adels nicht weichen zu können. Darauf ward am 8. October ein Document über Erbrecht und Souverainität des Königshauses von der Geistlichkeit und Bürgerschaft unterzeichnet und dem Adel ebenfalls zur Unterschrift vorgelegt. Gleichzeitig wurden die Thore der Stadt geschlossen, die Bürger bewaffneten sich, bereit, auf den ersten Ruf der Sturmglocke über den Adel herzufallen, und nun unterschrieb auch dieser das Document, welches dem königlichen Hause absolute Gewalt und erbliche Thronfolge verlieh, welch' erstere jedoch durch vielfache, den Bürgern vom Könige ertheilte Privilegien gemildert war. Bekanntlich wurde die neue Verfassung später durch das sogenannte Königsgesetz festgestellt.

Man kann sich denken, welches Aufsehen unter diesen Verhältnissen Ulfeldt's Erscheinen in der Hauptstadt erregte. Die Leute machten große Augen, als sie den gefährlichen Mann gerade zu einer Zeit sahen, wo man an einem Werke arbeitete, das zu hindern allem Anschein nach keiner sich würde mehr angelegen sein lassen als gerade er. Obwol er im Frieden zu Roeskilde war amnestirt worden und seitdem gegen Dänemark nichts mehr unternommen hatte, ja sogar durch seine Weigerung, an dem zweiten Feldzuge Carl Gustav's theilzunehmen, dessen Uebelwollen sich zugezogen hatte, ward er vermöge der neuen Gewalt des Königs und den früheren Vorrechten des Adels zum Trotz gefangen, auf Schloß Rosenborg in Copenhagen gesetzt und kurz darauf mit seiner Gemalin nach Hammershuus auf Bornholm geführt.

Der Commandant von Hammershuus, Oberst Fuchs, ein böswilliger Mann und der erbittertsten Feinde Ulfeldt's einer, freute sich, daß dieser in seine Hände gerathen war. Ueberdies suchte er sich bei der Königin von Dänemark beliebt zu machen, indem er ihm und seiner Gemalin auf üble Weise mitspielte. Er setzte sie in feuchte Zimmer, entzog ihnen fast alle Dienerschaft, beraubte sie ihres Geldes und Geschmeides, gab ihnen nicht länger Licht, als die Abendmahlzeit währte, ließ sie Hunger und Durst leiden und überhäufte sie mit Kränkungen und rohen Worten. Ulfeldt war leidend; der einzige Trost, den dieser ehrgeizige und nun so tief gedemüthigte Mann hatte, war die liebevolle Pflege seiner Gattin, die ihm in Glück und Mißgeschick treu zur Seite blieb. So litten sie neun Monate und dreizehn Tage, bis Fuchs einen willkommenen Anlaß fand, sie noch härter zu kränken. Getrieben von den bitteren Leiden und Entbehrungen, die ihnen den Tod zu bringen drohten, beschlossen sie nämlich im Monat April 1661, als die See vom Eise frei war, einen Fluchtversuch zu wagen. Leonora Christina machte Stricke aus Leintüchern und ein Segel, und der Graf verfertigte unter Beistand des einzigen Dieners, der ihnen gelassen war, Ruder und anderes Geräth. In einer mondhellen Nacht suchten sie ihren Vorsatz auszuführen. Die Gräfin ließ sich zuerst hinab aus einer Höhe von über zwanzig Ellen. Nachdem sie mit großer Gefahr und mancherlei Aufententhalt über die Gräben und Böschungen gelangt waren, erreichten sie das Boot, allein es war schon zu spät; der Tag war angebrochen und die Scharwache nahte. Sie wurden in das Gefängniß zurückgeführt, getrennt und jedes einzeln gefangen gesetzt. Dadurch wären ihre Leiden fast unerträglich geworden, wenn sie nicht den einzigen Trost gehabt hätten, durch ihre Fenster, die sich eines über dem andern befanden, mittelst einer Schnur sich gegenseitig Zettel zusenden zu können.

Dieses traurige Leben währte dann fast ein halbes Jahr, bis Ulfeldt Gelegenheit fand, an den König ein Schreiben zu befördern, in welchem er bitter über die harte Gefangenschaft und Fuchs' üble Behandlung klagte. Auch schrieb er an den Renten-Minister Christoffer Gabel, der damals großen Einfluß bei Hofe besaß, und gelobte ihm eine beträchtliche Summe Geldes, wenn er ihm zur Freiheit verhülfe. Gabel trug dem Könige die Angelegenheit vor und dieser sandte ohne Vorwissen Sophia Amaliens den Grafen Christian Rantzau nach Bornholm, damit er die Sache untersuche und Ulfeldt die Bedingungen, unter welchen man ihm die Freiheit zurückgeben wollte, mittheile. Diese waren äußerst drückend. Der Graf sollte alle seine Güter in Dänemark und Norwegen, ausgenommen die auf der Insel Fühnen, welche von Haus aus seiner Gemalin gehörten, an die Krone abtreten, dazu auf eine Summe von 73.000 Rdlr. verzichten, die der König ihm schuldig war. Außerdem sollte er Urfehde schwören und geloben, in keines fremden Fürsten Dienste zu treten, auch nicht ohne königliche Einwilligung außer Landes reisen. Man gab ihm ferner zu verstehen, daß man ihm und seiner Gemalin, wolle er nicht einwilligen, den Hochverrathsproceß zu machen und sie auf Bornholm zu enthaupten beabsichtige. Von allen die schwerste Bedingung war jedoch, daß er dem König förmlich Abbitte leisten sollte für Alles, was er wider ihn unternommen hatte, und legte ihm der Graf Rantzau eine darauf bezügliche Schrift mit der Aufforderung vor, sie zu unterzeichnen. In diesen bittern Apfel wollte Ulfeldt nicht beißen, dagegen sträubte sich der stolze Mann, der einst so hoch gestanden hatte. Doch die Liebe zu seiner edlen Frau, die er über Alles verehrte und die seinetwegen in Todesgefahr schwebte, machte ihn wankend. Er bat um Frist und fragte sie um Rath, indem er ihr mittels der Schnur einen Zettel in ihr Gefängniß sandte. Auf demselben Wege, so wird erzählt, antwortete sie:

Rebus in adversis facile est contemnere mortem,
Fortius ille facit, qui miser esse potest.

In Ergebung aber voll Ingrimm unterzeichnete Ulfeldt den Pact. Ein bereit gehaltenes Schiff führte ihn und Leonora Christina nach Copenhagen, wo sie in den ersten Tagen des Jahres 1661 eintrafen und wo Ulfeldt in Gegenwart des Feldherrn Schack und des Kanzlers Reedtz geloben mußte, fürderhin Frieden zu halten. Darauf wies der König ihm und seiner Gemalin ihr Gut Ellensborg auf Fühnen an, wo sie mit ihren Kindern und ihrer Dienerschaft wohnen sollten.

Nachdem Ulfeldt sich einigermaßen von den zu Hammershuus ausgestandenen Leiden erholt hatte, gefiel es ihm auf Ellensborg nicht mehr. In die neuen Zustände des Reiches konnte er sich nicht finden; die absolute Regierung war ihm unangenehm, die Unterthänigkeit verhaßt. Er machte Vorbereitungen, Dänemark zu verlassen, und bat den König, indem er seine geschwächte Gesundheit vorschützte, um die Erlaubniß zu einer Reise nach Deutschland, wo er zu Aachen die Bäder gebrauchen wollte. Dies ward ihm bewilligt, und darauf verließ er im Jahre 1662 mit seiner ganzen Familie Ellensborg, begab sich jedoch nicht nach Aachen, sondern nach Brügge. Noch in demselben Jahre machte er eine Reise nach Paris, was in Dänemark Argwohn erregte, denn er verkehrte nicht allein beständig mit den Ministern Ludwig's XIV., sondern hatte auch mehre geheime Unterredungen mit diesem selbst.

Zu der Zeit kam der Oberst Fuchs, der übrigens wegen seiner übertriebenen Härte des Postens als Commandant von Hammershuus war enthoben worden, nach Brügge, vermuthlich um dem Thun und Treiben Ulfeldt's nachzuforschen. Als dessen ältester Sohn, Graf Christian Ulfeldt, der in Paris studirte, dies erfuhr, eilte er nach Holland und erstach den Quäler seiner Eltern, als dieser in seinem Wagen über die Gasse fuhr. Der Vorfall erregte in Copenhagen großes Aufsehen. Obwol Ulfeldt sogleich an König Friedrich ein Schreiben richtete, in welchem er sich entschuldigte, kam doch der Verdacht auf, er sei der Anstifter dieser That, und seine Feinde in Dänemark, die lange noch nicht verlöhnt waren, bekamen dadurch Gelegenheit, von Neuem Unglück gegen ihn anzuzetteln.

Der Bedeutung seines vertraulichen Verkehrs am französischen Hofe konnte man nicht recht auf die Spur kommen. Hannibal Sehsted, der sich 1663 als außerordentlicher Gesandter in Paris aufhielt, wollte erfahren haben, daß der Commandant von Naskow, Namens La Roche, im Verein mit andern hohen Officieren, namentlich den Commandanten von Glückstadt und Kronborg, dem König von Frankreich das Anerbieten der Uebergabe dieser Festungen im Fall eines Angriffs auf Dänemark gemacht habe. Dieses setzte man mit vermeintlichen Hochverrathsplänen Ulfeldt's in Verbindung. In Folge dessen ward La Roche später in Brüssel verhaftet und nach Copenhagen gebracht, indeß vermochte man nichts Stichhaltiges wider ihn vorzubringen, so daß er nach kurzer Haft freigegeben ward, und es scheint, das Ganze sei erdichtet gewesen.

Dagegen wollte man von einem weit gefährlicheren Anschlag Ulfeldt's Kunde erhalten haben. Es ward nämlich behauptet, er habe dem Kurfürsten von Brandenburg angeboten, ihn in den Besitz Dänemarks zu setzen. Die Sache, welche doch nie erwiesen worden ist, sollte sich folgendermaßen verhalten. Während seines Aufenthalts in den Niederlanden, so wird erzählt, habe Ulfeldt einem brandenburgischen Adelsmann, Namens Otto Schwerin, mitgetheilt, er habe dem Kurfürsten wichtige Dinge zu offenbaren, die er jedoch nicht niederschreiben könne. Darauf habe der Kurfürst eine vertraute Person, Alexander Spann, an Ulfeldt abgesandt. Der Letztere habe nun vor Allem eine eidliche Versicherung gefordert, daß die Angelegenheit keiner anderen Person als dem Kurfürsten mitgetheilt werde. Dies sei zugestanden worden und darauf habe Ulfeldt zu verstehen gegeben, daß der ganze dänische Adel, sowie ein Theil der Geistlichkeit und Bürgerschaft mit der neuen Regierung unzufrieden seien und ihn von ihrem Wunsche nach Aenderung benachrichtigt hätten. Auch hätten sie verlangt, der Kurfürst möge ihnen in dieser Angelegenheit beistehen und einem Aufstande gegen die Regierung Vorschub leisten. Davon habe er ihnen abgerathen, sie zur Geduld ermahnt und ihnen zu bedenken gegeben, was für einen wichtigen Schritt sie zu unternehmen beabsichtigten. Diese Ermahnungen hätten wol so viel gefruchtet, daß bis dahin nichts sei unternommen worden, allein er fürchte, die Unzufriedenen möchten sich, falls die Hilfe eines fremden Fürsten nöthig würde, nach Frankreich oder Schweden wenden. Unter solchen Umständen habe er für gut gehalten, vor allen Anderen den Kurfürsten davon in Kenntniß zu setzen, theils weil er für keinen anderen Potentaten größere Vorliebe hege, theils weil Dänemark, wenn es einen fremden König erhalten solle, am liebsten einen deutschen wünsche. Dabei habe Ulfeldt versichert, wenn der Kurfürst Lust zur dänischen Krone habe, wolle er es so einrichten, daß sie ihm von den Dänen angeboten würde; wolle auch angeben, wie man am schicklichsten dabei verfahren könne. Er habe schließlich ersucht, das Ganze geheim zu halten, da sonst sein Leben in Gefahr stände. Von diesen Mittheilungen, so wird weiter erzählt, habe der Kurfürst durch Detlef Ahlefeldt sogleich den König von Dänemark in Kenntniß gesetzt. Die Angelegenheit sei nun eine Zeitlang geheim gehalten worden, da man in Dänemark hoffte, Ulfeldt werde zurückkehren oder man sonst Gelegenheit finden möchte, sich seiner Person zu bemächtigen.

Während diese neuen Gewitterwolken sich über seinem Haupte zusammenzogen, hatte seine Gemalin, die noch völlig in Unkenntniß von den gegen ihn aufgebrachten Verdächtigungen war, auf seine Ueberredung eine Reise nach England unternommen, um von dem König Carl II. eine beträchtliche Summe Geldes zu erlangen, welche ihm zur Zeit seiner Landflüchtigkeit von Ulfeldt war geliehen worden. Leonora Christina, die stets zu Allem bereit war, was ihres Mannes Loos erleichtern konnte, hatte doch diese Reise ungern angetreten. In London mußte sie sich einige Zeit gedulden, ehe sie zu einer Unterredung mit dem Könige gelangen konnte. Schließlich empfing er sie doch, war sehr freundlich, versprach die Rückzahlung seiner Schuld, hielt aber nicht Wort. Nachdem die Gräfin einen Monat lang durch allerhand Ausflüchte war hingehalten worden, erkannte sie, daß es dem Könige nicht Ernst mit seinem Versprechen sei; sie reiste daher von London unverrichteter Sache wieder ab. Unterdeß hatte man zu Copenhagen in Erfahrung gebracht, daß sie sich in England aufhielt, und die Königin Sophia Amalia hatte nichts Eiligeres zu thun, als Schritte einzuleiten, damit man sich ihrer Person bemächtige und zwar unter dem Vorwand, sie sei Mitwisserin der Umtriebe, welche man ihrem Gemal nachsagte. Carl II., herzlich froh, auf so bequeme Weise der Bezahlung seiner Schuld zu entgehen, gestattete trotz seiner Zusicherung eines freien Geleites dem dänischen Gesandten Simon de Petcum, Leonora Christina zu verhaften, als sie von Dover zu Schiff abreisen wollte. Sie ward darauf nach Copenhagen geführt und in dem sogenannten blauen Thurm gefangen gesetzt, welchen Christian IV. dem königlichen Schlosse hatte anbauen lassen, ohne zu ahnen, daß sein liebstes Kind dereinst zweiundzwanzig Jahre dort als Gefangene schmachten sollte. Die Königin Sophia Amalia war froh, nun endlich ihre Rache an ihr auslassen zu können.

Auf Corfitz Ulfeldt soll die Verhaftung seiner geliebten Frau einen niederschmetternden Eindruck gemacht haben. Sie bestätigte ihm auch den Ernst der gegen ihn ausgestreuten Gerüchte. Bald erfuhr er, daß man nach ihm fahnde, und da er sich in Flandern nicht mehr sicher fand, reiste er, obwol von Krankheit schwach, nach Basel, wo er sich mehrere Monate ungekannt aufhielt.

Die Entwickelung der Dinge ließ nicht lange auf sich warten. Er ward in Copenhagen des Hochverraths angeklagt und schuldig erkannt. Sein Urtheil wurde am 24. Juli 1663 verkündigt. Haupt und Hand sollten ihm abgeschlagen und sein Körper in vier Theile getheilt werden. Seine Familie ward aus Dänemark verbannt, sein Vermögen eingezogen, sein Haus in Copenhagen niedergerissen und an dessen Stelle eine Schandsäule gesetzt: ›Dem Hochverräther Corfitz Ulfeldt zu ewig Schimpf und Schande‹.

Davon erhielt er Kunde. Auch erfuhr er, daß ein Preis von 20.000 Rdlr. dem ausgesetzt sei, der ihn lebend, und die Hälfte dem, der ihn todt nach Copenhagen brächte. Habgierige Menschen stellten ihm nach; sie suchten ihn überall, bis sie in Basel seine Spur entdeckten.

Als er sich nun auch in dieser Stadt nicht mehr sicher wußte, gedachte er nach Breisach zu flüchten, und begab sich eines Abends im Februar 1664 ganz allein in einem Nachen auf den Rhein. Doch die rauhe Nacht erschütterte ihn, der ohnehin leidend war. Müde lehnte er das Haupt an den harten Bord des Kahns, und als der Mond aus dem Gewölke trat, leuchtete sein blasses Licht in die brechenden Augen des einst so stolzen Mannes. So schied Corfitz Ulfeldt einsam und verlassen aus der Welt, die ihm des Glanzes viel und fast königliche Gewalt, aber auch ein gut Theil schweres Mißgeschick gespendet hatte. Fern von seiner treuen Frau, der edlen Königstochter, die ihm in all den schweren Lagen des Lebens fest zur Seite geblieben war, hauchte er den letzten Athem aus. Die nächtliche Welle trieb den Nachen zu Thal, bis er am Ufer in den Binsen hängen blieb. Dort fanden die Söhne ihren geliebten Vater und begruben ihn in der Nähe eines Klosters am Rhein.

Wol zu ungerecht hat man den hochbegabten Mann zu jener Zeit in Dänemark beurtheilt. Der Stimme seiner mächtigen Feinde ward allzu viel Gehör geschenkt, und das entstellte Bild, das sie von ihm entwarfen, wollte den nachfolgenden Geschlechtern lange nicht aus dem Sinn. Doch immer klarer wird das Licht, das sich über ihn verbreitet und nunmehr seine Gestalt in milderen Farben hervortreten läßt. Verargen mag man ihm wol seinen hochfliegenden Ehrgeiz und manche seiner Unternehmungen aus der Zeit, als er an einem fremden Hofe Schutz suchen mußte gegen die Verfolgungen seiner Feinde, die in der Heimath ihm den Boden unter den Füßen weggezogen hatten; so viel bleibt immerhin gewiß, daß er ein Mann war, dessen Geist seiner Zeit vorauseilte und der sein Vaterland in der Tiefe des Herzens liebte und vielleicht besser liebte als manche seiner Widersacher. Das unbedingte Vertrauen, welches der große und so liebenswürdige König Christian ihm schenkte und das er nie getäuscht hat, legt ein beredtes Zeugniß für ihn ab; noch viel lauter aber spricht für ihn die treue Hingebung Leonora Christinens und die Verehrung, die sie ihm entgegenbrachte, diese edle Dänenfrau, die in all' den erschütternden Wechselfällen ihres Lebens stets sich gleich blieb, gleich groß an Muth wie an Aufopferung. Sie war geboren im reichen Fürstenschloß, in der glänzendsten Umgebung aufgeblüht, eines großen Königs liebste Tochter; begabt und wißbegierig, wegen ihrer Herzensgüte geliebt, verehrt wegen ihrer Kenntnisse, um Schönheit und überlegenen Verstand beneidet, voll Glück und Ueberfluß, vermählt mit dem angesehensten Manne, folgt sie nach seinem Fall ihm in das tiefste Elend, seine Pflegerin, seine Stütze und sein Trost, zuverlässig und in ihrer selbstlosen Liebe unerschütterlich. Ein Opfer der Weibestreue, fällt sie in die Gewalt ihrer rachsüchtigen Feinde und schmachtet Jahrzehnte lang in bitterer Gefangenschaft. Aber aus allem Mißgeschick ringt ihr sieghafter Geist im frommen Vertrauen sich empor zur Ruhe und Heiterkeit. Alle Frauen der Welt mögen stolz sein auf dieses prächtige Weib, das uns voll Hoheit und Anmuth entgegenleuchtet. Wer sie kennen lernt, wird ein Frauenbild von unvergleichlicher Schönheit für sein Leben gewinnen.

Johannes Ziegler.

 

Vgl. Dannemarks Riges Historie, ved Ludvig Holberg, Tom. II. u. III. – Ludolfs's Schaubühne der Welt, Tom. III. – Happelii Europa moderna. – Bericht von der Denckwürdigen Sache, so für weniger Zeit, vermittelst ordentlichen proceß, mit Dina Winhowers und Jürgen Waltern ward außgeführet in Copenhagen Anno 1651. – Simon Vries, Gedenckboeck. – Pufendorff, Histoire de Charle Gustave. Schwedisch-deutsche Geschichte. – Rousseau de la Valette, Le Comte d'Vlfeld, Grand-Maistre de Danemarc. – Bayle, Dictionnaire historique et critique, Tom. IV. – C. F. Paullini, Hoch- und Wohl-gelahrtes Teutsches Frauen-Zimmer. – Sorbiere, Relation d'un voyage en Angleterre. – Parival, Abrégé de l'Histoire de ce Siècle de fer. – Vicquefort, de l'Ambassadeur. – Terlon, Mémoires. – Chanut, Mémoires. – Erasmus Franciscus, Hoher Trauersaal. – La Vie de Leonora Christina, Fille du Roy . & de Madame Christine Münch, Femme de Corfits Uhlefeld, écrite d'Elle même et addressée au Professeur O. Sperling. (Manuscript). – Esclaircissement du Comte Cornifis Wlfeldt, sur les Calumnies qu'on luy a mis sus, de vouloir attenter contre les interests de sa Majesté le Roy de Dennemarc; et Déclaration de son innocence. (Manuscript-Fragment.)

 


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