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[Vorbemerkung]


[Zur deutschen Ausgabe]

 

Das Manuscript, welches ich hier in deutscher Ausgabe der Oeffentlichkeit überliefere, gelangte an mich in der Verlassenschaft meines sel. Vaters Emanuel Grafen Waldstein, dem Sohne der Elisabetha geb. Gräfin Ulfeldt, welche nebst ihrer Schwester Wilhelmine, nachmals verehelicht an den Grafen Thun, die einzigen Kinder meines Urgroßvaters, des von der Kaiserin-Königin Maria Theresia so hoch geschätzten Reichskanzlers und ersten Oberhofmeisters Corfitz, des römischen Reiches Grafen von Ulfeldt und seiner Gemalin, geb. Fürstin von Lobkowitz, waren. Dieser mein Urgroßvater war der directe Enkel von Leonore Christina, Gräfin von Schleswig-Holstein, der Tochter Christian's IV., und ihres Gemals Corfitz, des römischen Reiches ersten Grafen v. Ulfeldt, Reichshofmeisters von Dänemark.

Aus der glücklichen, nur durch Schicksalsschläge getrennten Ehe Leonorens und Corfitz' entsproß, unter elf Kindern der jüngste, Graf Leo Ulfeldt, Sr. Maj. Kaiser Carl's VI. Geheimer Rath, Feldmarschall und Vicekönig in Catalonien. Dieser und seine Gemalin, Gräfin von Zinzendorf, waren die Eltern des Reichskanzlers, meines Urgroßvaters. So kam denn das Manuscript in gerader Erbfolge in meine Hände und es war kein Grund vorhanden, dessen Echtheit in Zweifel zu ziehen; zumal da ich mich im Besitze von vielerlei im Gefängniß verfertigten Handarbeiten, sowie Nippen, Portraits und anderer Andenken der edlen Dulderin befinde, welche mit ihrer 22-jährigen Gefangenhaltung in Verbindung stehen. Demungeachtet hielt ich es doch für meine Pflicht, bevor ich die Herausgabe veranlaßte, mir auch äußerliche Beweise der Echtheit dieser zeitvergilbten Handschrift zu verschaffen.

Nach Copenhagen überschickt, wurde das Original mit Briefen und Unterschriften, die in den kön. dänischen Sammlungen vorfindig waren, verglichen und in Schrift und Unterschrift echt erkannt, bei welcher Gelegenheit der Inhalt von so tiefem Interesse befunden wurde, daß mir vielseitig die Aufforderung zukam, das Manuscript dem dänischen Publicum nicht vorzuenthalten. Da ich nun in jeder Beziehung volle Beruhigung erhalten, erfolgte die Herausgabe in dänischer Sprache unter Mitwirkung und Beihilfe des gelehrten Herrn Birket Smith, Custos an der Universitäts-Bibliothek zu Copenhagen.

Im Zeitraume von wenigen Wochen war die erste Auflage verschlungen, der eine zweite, zur allgemeinen Verbreitung mehr geeignete allsogleich folgte. War ja doch die schöne, gelehrte, gebildete und unschuldig leidende Leonora die Lieblingstochter Christian's IV., des Lieblingskönigs der dänischen Rückerinnerungen! Majestätische Größe, Macht und Herrlichkeit mit Kunstsinn und Prachtliebe paarend, heldenmüthige Tapferkeit durch menschlich weiche Gefühle mildernd, war dieser große Mann seines Jahrhunderts so recht eigentlich geschaffen, um im besten Sinne des Wortes der volksthümlichste der Könige Dänemarks für Mit- und Nachwelt zu erscheinen.

Des vierten Christian's Einfluß auf den dreißigjährigen Krieg ward durch die Siege der Reichstruppen bei Lutter unter Tilly und bei Cosel und Heiligenhafen unter oberster Heerführung des friedländischen Herzogs Albert gebrochen.

Im geschichtlichen Dämmerlichte stehen die großen Schatten des Friedländers und Corfitz' nicht unähnlich neben einander. Als Staatsmänner ihrer Zeit gleich hoch gewachsen, in Hinsicht auf Reinheit ihrer Tendenzen angezweifelt und bekrittelt, geben sie beide zu einem nie endenwollenden Streite der Geschichtsforscher Anlaß, als wollten sie, die im Leben selbst nie geruht, auch noch im Grabe Klio's Griffel keine Ruhe gönnen.

Während vor mehreren Jahren in Copenhagen jene steinerne Schandsäule, welche die Feinde Corfitz Ulfeldt's aufzustellen veranlaßt hatten, ausgegraben und dem Bauschutte zugeworfen wurde, öffneten sich in Wien im vorjährigen Frühsommer die Pforten der Walhalla deutsch-österreichischer Feldherren dem Standbilde des Heerführers und militärischen Organisators, des Herzogs von Friedland, nachdem ein kaisrlicher Befehl alle dagegen erhobenen, jedenfalls auf ein anderes Feld gehörigen historischen Bedenklichkeiten zu beseitigen großmüthig geboten hatte.

Sonderbares Spiel des Zufalls! Dem bescheidenen Enkel des Einen und friedlichen Nachkommen des Andern ist nun die Pflicht der Pietät anheimgefallen, statt des eisernen Schwertes die gefügige Stahlfeder führend, den Prolog zu schreiben zur Leidensgeschichte seiner Ahnfrau.

Ich kann diese Zeilen nicht schließen, ohne Herrn Johannes Ziegler, Bibliothekar in der kais. kön. Marine, der mit Sorgfalt und wahrer patriotischer Liebe zur Sache diese deutsche Ausgabe der Handschrift in's Werk gesetzt hat, hierfür, sowie für die vortreffliche biographische Skizze von Corfitz und Eleonoren meinen innigsten Dank auszusprechen; ein Verdienst, das jenseits der Eider noch mehr gewürdigt werden dürfte.

Aus dieser Lebensgeschichte erhellet klar: welch' hohes Weib Leonore, welch' aufopfernd liebend Herz das ihre war. Was aber Corfitz' feuriges Gemüth und die mysteriösen, der Menschen Thaten und Gedanken lenkenden Triebfedern anbelangt, so sei mir, dem Enkel, der fast zur Ueberzeugung erstarkte Glaube gestattet, daß ein so hoch begabtes, edel fühlend Weib, wie Leonore es war, mit so inniger, alle Wechselfälle des Schicksals überdauernder Liebe nie hätte festhalten können an ihm, wenn er dessen unwürdig gewesen wäre.

Im Sommer des Jahres 1858 besuchte ich auf der Insel Fühnen bei Egeskov im Dorfkirchlein zu Querndrup die Gräber meiner Ulfeldt'schen Ahnen von Corfitz und Kirsten Munck (Christian's IV. Gemalin) aufwärts durch fünf Generationen. Ich fand jedes Steinchen der Grabhalle genau so, wie es in meinen Ahnentafeln verzeichnet ist, wobei die Namen der Gefährten Hamlet's, Gyldenstern und Rosenkrantz, mir vor Allen auffielen.

Leonore Christina ward zu Mariboe auf der Insel Laaland im Jahre 1698 zur Ruhe bestattet. Gegenwärtig steht ihr Grab leer. Haben die Enkel die irdischen Reste der edlen Dulderin um ihre letzte Ruhe beneidet und auf die Familien-Besitzungen in Böhmen übertragen? Wer kann es beantworten? Allerdings befindet sich ein metallener Sarg in der Gruft zu Leitomischl, der einzige der ohne Aufschrift ist.

Deckt er Leonorens Asche? Ich weiß es nicht. Obwol seit den letzten zwei Jahren gewohnt, ein theures Grab in mondhellen Nächten auf einsamem Kirchhofe zu besuchen, hielt doch eine fromme Scheu mich zurück, jenen Sargdeckel zu lüften. Ruhe ihrer Asche, Friede allen müden Herzen!

Schloß Palota, den 25. November 1870.

Johan Graf Waldstein.

siehe Bildunterschrift

8 Corfex Ulfeldt 1606    7 Lars Ulfeldt 1605    6 Peder Ulfeldt 1604     5 Frants Ulfeldt 1602    4 Jacob Ulfeldt 1601    3 Knud Ulfeldt 1600    1 Canceler Jacob Brockenhaus
9 Flemming Ulfeldt 1607    10 Ebbe Ulfeldt 1610    11 Eiler Ulfeldt 1613    12 Mogens Ulfeldt 1617    13 Tyge Ulfeldt 1621

siehe Bildunterschrift

14 Anna Ulfeldt 1606    15 Elisabeth Ulfeldt 1609    16 Karen Ulfeldt 1611    17 Dorthe Ulfeldt 1612   
19 Mane Ulfeldt 1619    18 Berte Ulfeldt 1614
(im Besitz des Grafen Johann Waldstein)


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