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Die allerbeste Freundin

»Au«, rief Pucki. Thusnelda zwickte ihre Mitschülerin in den Arm.

»So paß doch endlich auf, Pucki!«

»Au – du hast mich gerade in den blauen Fleck gezwickt, den ich am Arm habe.«

»Sei still«, mahnte Thusnelda. »Fräulein Caspari guckt schon ganz böse zu uns herüber.«

»Wenn du mich doch direkt in meinen blauen Fleck zwickst.«

»Das sagst du immer. Jedesmal, wenn ich dich antippe, hast du einen blauen Fleck.«

»Hab' ich auch«, bestätigte Pucki ernsthaft, »ich werde ihn dir nachher mal zeigen. Meine Arme und meine Beine haben noch viele blaue Flecken.«

»Warum denn?«

»Ich lerne boxen«, flüsterte Pucki geheimnisvoll. »Ich boxe mit Paul und Walter.«

»Du lernst boxen?«

»Ganz heimlich. – Au, das macht Spaß, und manchmal tut es mächtig weh.«

Da fing Thusnelda an, hell zu lachen. Sie vergaß völlig, daß sie sich in der Schule befand. Sie lachte auch noch, als die Lehrerin ihr mit dem Finger drohte.

»Aber Thusnelda«, mahnte Fräulein Caspari endlich, »warum lachst du denn so sehr?«

»Pucki will boxen lernen.«

»Was ist das für ein Unsinn!« tadelte die Lehrerin.

»Sie hat es doch eben gesagt.«

»Aber Pucki! – Ein Mädchen darf doch nicht boxen.«

»Ach, es ist doch so schön! Es ist noch viel schöner als am Barren turnen. Ich lerne boxen.«

»Ich möchte kein Boxer werden«, sagte die kleine blonde Trude, »ich möchte viel lieber eine Friseuse werden. Dann kann ich mir den ganzen Tag die Haare kringeln. Dann bin ich so schön wie meine Mutter.«

In der Klasse setzte ein lebhaftes Durcheinanderreden ein. Jedes der Mädchen wollte Fräulein Caspari erzählen, was es einmal werden möchte.

»Ich werde ein Mädchen für alle Sachen«, sagte Thusnelda, »dann kann ich kochen, was ich will, alles blank putzen und die Stuben scheuern, daß kein Staub zu finden ist.«

»Und ich werde Lehrerin«, sagte Meta. »Dann müssen mir alle gehorchen, und alle müssen hören, was ich sage.«

»Wenn ich nicht Boxer werden kann«, sagte Pucki nachdenklich, »dann weiß ich noch was anderes Schönes. – Dann werde ich eine Mutti und habe viele Kinder. Die Kinder setze ich dann ganz dicht um mich herum und erzähle ihnen schöne Märchen. Dann haben mich meine Kinder alle furchtbar lieb, und das ist schön. Aber ich weiß noch nicht, was ich werde. Ich muß erst mal mit Paul und Walter reden.«

Schließlich unterbrach Fräulein Caspari die angeregte Plauderei. Die Kinder schwiegen, nur Meta sagte noch:

»Wenn ich erst Lehrerin bin, müssen mir alle gehorchen. Aber ich würde die Kinder noch weiter erzählen lassen. Das ist so schön.«

»Und ich«, sagte Fräulein Caspari streng zu Meta, »verlange, daß du sofort in die Ecke spazierst, denn ich bin schon Lehrerin, und ihr habt mir zu gehorchen.«

Als der Unterricht beendet war, hielt Pucki ihre Freundin Thusnelda fest.

»Willst du mal sehen?« Sie streifte den Ärmel des gestrickten Jumpers hoch und zeigte Thusnelda die zahlreichen blauen Flecken am Arm.

»Ich finde es häßlich«, sagte Thusnelda. »Warum boxt du denn mit den frechen Jungens?«

»Weil ich mal ein großer Boxer werden will.«

»Ach Pucki, ich würde das Boxen lieber bleiben lassen, das gefällt mir nicht.«

»Aber, es macht mir doch so viel Spaß!«

»Erlaubt denn deine Mutter, daß du dich mit den Niepeljungen boxt?«

»Das habe ich ihr gar nicht gesagt«, erwiderte Pucki leise.

»Ich sage meiner Mutter alles.«

»Ich auch, aber wenn es eine Überraschung werden soll, sage ich es nicht.«

Tatsächlich benutzte das Kind seine Besuche bei Niepels dazu, um mit Walter oder Paul heimlich zu boxen. Die beiden Knaben hatten sich aus Lappen dicke Boxhandschuhe gefertigt, und in einer leeren Scheune wurde der Boxkampf geübt. Wäre Pucki nicht so sehr gewandt gewesen, dann hätte sie wohl schon manchen bösen Schlag erhalten. Doch sie wich dem Angreifer immer mit großer Geschicklichkeit aus. Während in der Scheune geboxt wurde, mußte Fritz draußen aufpassen, damit weder Vater noch Herr Hupfer kamen und den Kampf störten. Es ging dabei natürlich nicht ohne Geschrei ab.

Auch heute freute sich das kleine Försterskind wieder auf das Boxen, das in der Niepelschen Scheune geübt werden sollte. Waltraut spielte im Zimmer mit der kleinen Dora. Die beiden Kinder hatten ihre Puppen und kümmerten sich nicht um die anderen. Paul hatte die beiden Mädchen für heute aufs Gut geladen, weil der Hauslehrer seinen freien Nachmittag hatte und nach Rahnsburg fahren wollte.

Nachdem alle im Gutshause Kaffee getrunken hatten, liefen die drei Knaben mit Pucki nach der Scheune. Dort wurden die Boxhandschuhe hervorgeholt.

»Heute wird's ernst«, sagte Paul, »ich habe zwei neue Boxhandschuhe. Ich habe 'ne alte Lederjacke gefunden; daraus habe ich mir echte Boxhandschuhe gemacht. Heute knallt es.«

Pucki betrachtete kritisch die unförmigen und derben Wülste, die sich Paul von Walter um das Handgelenk festbinden ließ.

»Wo das hintrifft«, sagte Walter, »wächst kein Gras mehr.«

Dann ging es los. Schon nach den ersten Schlägen verzog Pucki schmerzhaft das Gesicht.

»Nein«, sagte sie energisch, »mit so harten Dingern boxt man nicht. Das geht nicht. Wenn du damit ins Gesicht triffst, geht meine Nase kaputt.«

»Feigling!« klang es zurück.

»Ich bin kein Feigling«, rief Pucki erzürnt. »Also los!«

Schon nach wenigen Sekunden ertönte ein lauter Schmerzensschrei. Paul hatte Pucki mit dem Lederhandschuh derb aufs Ohr geschlagen. Das Kind fiel zu Boden. Für Augenblicke war es Pucki, als sei alles schwarz um sie herum.

»K. o.!« schrie Walter.

Pucki sagte gar nichts darauf. Sie erhob sich langsam, taumelte und fiel wieder zu Boden.

»Was ist denn los?« riefen die Knaben besorgt. Fritz stand außerhalb der Scheune, um aufzupassen.

»Es tut so weh!«

Die Boxhandschuhe wurden abgelegt, und hastig kleideten sich die Knaben wieder an. Pucki saß in der Ecke der Scheune und hielt sich das Ohr.

»Ein Zahn wackelt.« Die Finger des Kindes wanderten in den Mund. Als sie wieder herausgenommen wurden, waren sie blutig. Da begann Pucki laut zu weinen. Die beiden Knaben setzten sich sorgenvoll neben sie.

»Es ist doch nicht schlimm«, tröstete Walter, »es hört gleich wieder auf.«

Aber Pucki schrie immer noch lauter. Da kam Fritz in die Scheune gelaufen.

»Macht doch keinen Krach, der Vater kommt!«

»Es tut so weh«, klagte das Mädchen.

Das Weinen wollte nicht verstummen. Die Scheunentür öffnete sich, und Gutsbesitzer Niepel kam herein.

»Nanu – was ist denn hier los?«

Erst schwiegen alle, dann mußten Paul und Walter ein Geständnis ablegen. Herr Niepel wandte sich sogleich an Pucki.

»Wo schmerzt es denn?«

»Alles tut mir weh, der ganze Kopf.« Pucki lehnte das Köpfchen müde an die Schulter Niepels, der das Kind auf den Arm genommen hatte. Er trug es ins Haus. Die Zähne bluteten noch immer stark. Dann wurden Paul und Walter eingehend verhört. Sie mußten die Lederhandschuhe zeigen, mit denen Pucki geschlagen worden war.

»Ich lasse sogleich anspannen«, sagte er zu seiner Frau, »und die Kinder ins Forsthaus zurückbringen. Es kann sein, daß der Schlag schlimme Folgen hat. Aber mit meinen Jungens werde ich einmal ordentlich abrechnen. Zehnjährige sollten schon wissen, daß sie nicht derartig zuschlagen dürfen.«

Im Forsthause war man sehr bestürzt, als Frau Niepel mit den beiden Mädchen ankam. Pucki weinte noch immer leise vor sich hin. Immer wieder drückte sie die Hand an das schmerzende Ohr. Die linke Wange war angeschwollen.

»Es wird das beste sein, wir lassen Doktor Kolbe kommen.«

Man telefonierte nach dem Arzt. Während der eingehenden Untersuchung wurden seine Mienen immer ernster.

»Ich kann Genaues jetzt noch nicht sagen, Frau Sandler, doch fürchte ich, daß die Kleine viel aushalten muß. Der Vorwitz bekommt wieder einmal eine harte Strafe.«

Doktor Kolbe behielt recht. Rasende Schmerzen stellten sich bald ein. Pucki wurde zu Bett gebracht und fand auch des Nachts keinen Schlaf. Weinend und stöhnend wälzte sie sich in den Kissen. Die Mutter stand häufig auf, um dem leidenden Kinde durch heiße Umschläge die Schmerzen im Ohr zu mildern.

»Ach, Mutti, warum habe ich geboxt!«

»Ich glaube, du wirst es nun unterlassen, mein Kind.«

»Nie wieder, liebe Mutti! – Ach, es tut ja so weh!«

Eines Tages hörte Pucki, wie der Onkel Doktor mit der Mutti flüsterte. Er sprach davon, daß Pucki vielleicht ins Krankenhaus müßte.

Und nun war das Kind in größter Angst. Es sollte fort von Vater und Mutter, in ein großes Haus, zu fremden Menschen?

Tage größter Unruhe vergingen. Die Schmerzen ließen nicht nach. Pucki hatte die frischen roten Bäcklein verloren, Essen und Trinken schmeckten nicht mehr. Wenn sie nachts wach lag und sich im Bettchen wälzte, mußte sie daran denken, wie ungehorsam sie gewesen war. Was hatte der Onkel Oberförster gesagt? Wenn sie weiterhin so unnütz wäre, würde sie bald niemand mehr lieb haben. Sie würde bald keine Freundinnen mehr besitzen.

Da weinte das Kind noch heftiger. Und plötzlich fiel ihr ein, daß noch keine der Schulfreundinnen zu ihr gekommen war, obwohl sie nun schon mehr als acht Tage im Bett lag und große Schmerzen hatte.

»Mutti«, schluchzte sie, »ich habe gedacht, ich hätte so viele Freunde, und nun habe ich gar keine. Sie mögen mich alle nicht mehr leiden. Nur der Harras kommt zu mir und der Peter.«

»Du irrst, Pucki, es sind schon so viele kleine Mädchen aus deiner Klasse hier gewesen, um dich zu sehen. Aber der Onkel Doktor hat nicht erlaubt, daß sie zu dir kommen dürfen. Erst muß es dir wieder besser gehen, erst müssen wir wissen, ob dein Ohr nicht noch kränker wird.«

»Du gute Mutti – – du kommst immer zu mir, bei Tag und bei Nacht. Nicht einmal ruhig schlafen kannst du.«

Wieder vergingen zwei Tage. An einem wunderschönen Oktobermorgen, als Minna die Fenster des Krankenzimmers weit öffnete, flogen zwei Finken aufs Fensterbrett. Pucki sah die beiden Vögel.

»Ihr lieben Tierchen, kommt ihr doch zu mir? Wundert ihr euch, warum ich nicht im Garten bin?«

Das Kind lauschte beglückt dem leisen Piepen der Tiere.

Der treue Harras kam täglich ans Bett des Kindes, legte sich am Boden nieder und schaute mit traurigen Augen zu seiner kleinen Spielgefährtin auf. Und wenn Pucki leise stöhnte, ließ auch er ein kurzes Jaulen hören. Dann setzte er sich auf die Hinterpfoten, legte die Vorderbeine aufs Bett des Kindes und schaute es treuherzig an.

»Du hast mich doch noch lieb? Die anderen mögen mich alle nicht mehr leiden, dabei haben sie in das Buch der Freundschaft geschrieben, daß sie mich lieb haben.«

In der Schule fragten alle Kinder immer wieder nach Pucki. Sie sehnten sich nach der fröhlichen Kameradin. Und als es eines Tages hieß, daß nun endlich ein Besuch im Forsthaus vom Arzt erlaubt sei, brach lauter Jubel in der Klasse aus.

»Ich gehe zu Pucki!«

»Nein, ich! Ich bringe ihr Schokolade mit!«

»Meine Mutter bäckt Waffeln, weil Pucki Waffeln so gerne ißt.«

»Ich gehe auch hin«, sagte Thusnelda. »Ich habe fünfzig Pfennige geschenkt bekommen, davon kaufe ich Pucki ganz etwas Schönes.«

In der Pause standen die Mädchen zusammen und berieten, wie sie die Schulfreundin erfreuen könnten. Auf allen Gesichtern lag helle Freude, daß sie nun endlich ins Forsthaus zu Pucki gehen durften.

Am Nachmittag pilgerte eine Schar kleiner Mädchen und Knaben hinaus zum Forsthaus Birkenhain. Jeder trug ein kleines Päckchen, jeder wollte Pucki eine Freude bereiten.

Frau Sandler blickte voller Erstaunen auf die Ankommenden. Soviel Besuch würde dem kranken Mädchen nicht gut tun. Doch die Kinder versprachen, sehr ruhig zu sein, sie wollten die Freundin nur wiedersehen und ihr ihre Gaben bringen.

Leise öffnete Frau Sandler die Tür zum Krankenzimmer. Auf Zehenspitzen gingen die Kinder zum Bett. Im Flüstertone sagte die erste:

»Wir sind alle da, liebe Pucki, du tust uns so leid. – Bist du nun bald wieder gesund? Wir haben dich doch so lieb.«

Puckis Augen glitten über die Klassenfreundinnen hinweg. Ein beglückendes Gefühl kam über das kleine Mädchen, als eine nach der anderen an das Bett trat und voll liebevoller Rücksichtnahme etwas sagte und dabei das mitgebrachte Geschenk auf die Bettdecke legte. Nun kamen alle zu ihr, standen an ihrem Bett und sagten ihr ein liebes Wort.

»Wir mögen dich doch alle so gut leiden, Pucki.«

»Du bist meine allerbeste Freundin.«

»Ich habe immerfort gedacht, wie ich dir eine Freude machen kann.«

Pucki konnte nicht antworten. Die Liebe, die ihr heute von allen Seiten gezeigt wurde, überwältigte sie. Noch vor zwei Tagen war sie ja in dem Glauben gewesen, daß niemand mehr etwas von ihr wissen wollte. Und heute kamen so viele zu ihr, um ihr etwas zu schenken. Heute bestätigten die Mitschülerinnen, daß man sie lieb hätte. Das waren also alles ihre Freundinnen.

»Wir sind sehr traurig, wenn du nicht bei uns bist. Werde nur bald wieder gesund.«

Frau Sandler brauchte nur einen kleinen Wink zu geben, und folgsam verließen die Kinder wieder auf Zehenspitzen das Krankenzimmer.

Pucki blickte ihnen nach. Sie hatte keinen Blick für die vielen Geschenke, die auf dem Tisch und auf der Bettdecke lagen. Sie schaute nur auf die Fortgehenden.

»Wie lieb sie mich haben! – Sie sind alle meine guten Freundinnen. Ich will sie aber auch alle genau so lieb haben und will nie wieder häßlich zu ihnen sein.«

Noch am Abend kamen Herr und Frau Niepel mit den drei Knaben. Paul und Walter verhielten sich sehr still. Paul reichte Pucki nur zögernd die Hand.

»Kannst du mich noch leiden, Pucki? Ich hab' dir doch so weh getan.«

»Ach, Paul, ich freue mich so sehr, daß du zu mir kommst.«

Am nächsten Vormittag kam noch mehr Besuch. Erst war der Oberförster da, dann kam die Schmanzbäuerin, und sogar der Apotheker aus Rahnsburg kam mit seiner Frau. Die Schmanzbäuerin brachte dem Kinde ein großes Säckchen mit Backbirnen. Es waren die ganz guten, die abgeschälten, die Pucki nur in den allerseltensten Fällen einmal bekam. Der Oberförster brachte eine Puppe, die sprechen konnte, und Claus schickte dem kranken Kinde ein Geduldspiel. Es türmten sich die Geschenke auf dem Tisch am Krankenbett. So wurde das kleine Mädchen durch all die Liebe erfreut, die man ihm zeigte.

»Onkel Oberförster, ich bin so froh, ich kann gar nicht sagen, wie sehr. Alle haben mich lieb.«

»Weil wir alle hoffen, mein Kind, daß aus der wilden Pucki nun endlich ein braves, artiges Mädchen wird. – Siehst du nun ein, daß jeder dumme Streich bestraft wird?«

»Das habe ich schon lange eingesehen, Onkel Oberförster.«

Die Besuche im Forsthause hörten nicht mehr auf. Außer Fräulein Caspari kamen verschiedene Rahnsburger Bekannte, ja sogar der Schmanzbauer machte am Forsthaus halt und sah nach dem Kinde. Und immer wieder kamen die Mitschülerinnen. Von Claus traf noch ein sehr lieber Brief ein, den Pucki immer wieder las. Auch Rose Scheele hatte geschrieben. Man hatte ihr den Unfall der Freundin mitgeteilt. Nun war sie in größter Sorge um die Freundin. Sie schickte Pucki eine Decke für den Puppenwagen.

»Ach, Mutti«, sagte die Kranke, »alle sind so gut. Und ich weiß genau, daß ich oft unartig war. Das wird jetzt ganz bestimmt anders. – Mutti, wenn ich wieder gesund bin, werde ich immerfort daran denken, daß ich nicht in das große Krankenhaus brauchte, und daß du mich so lieb gepflegt hast.«

Noch immer durfte Pucki nicht aufstehen, denn die Schmerzen im Ohr waren noch vorhanden. Doktor Kolbe hatte jedoch versichert, daß Pucki bald wieder gesund werden würde.

»Du hast deinen Eltern sehr viel Sorgen gemacht«, sagte Förster Sandler, »hinter deiner Mutter liegt eine schwere Zeit. Versuche es ihr zu danken.«

Da lag nun Pucki eines Nachts wieder wach im Bett. Abermals merkte sie einen schmerzhaften Stich im Ohr. Das geschah noch öfters. Ein leises Stöhnen kam über ihre Lippen. Sie hörte, wie sich die Mutter, die seit Puckis Erkrankung im Kinderzimmer schlief, leise erhob. Da schloß das Kind die Augen und blinzelte nur ein ganz klein wenig unter den Lidern hervor. Der Schein der abgeblendeten Nachtlampe fiel auf der Mutter Gesicht. Wie sorgenvoll sie aussah!

Und plötzlich schlug Pucki die Augen auf. Da schwand auch der Kummer aus dem Gesicht der Mutter. Sie konnte lächeln. Und das war für Pucki in dieser Nacht etwas ganz Großes und Schönes.

»Mutti«, flüsterte Pucki, »alle Freundinnen sind zu mir gekommen, die großen und die kleinen, und alle haben mich glücklich gemacht. Aber die liebste und beste bist du doch, liebe Mutti. Du bist meine beste Freundin!«

Frau Sandler beugte sich nieder und umarmte ihr kleines Mädchen. Behutsam legte Pucki beide Hände ans Gesicht der Mutter und streichelte sie.

»Du allerbeste, du allerliebste Mutti, du!«


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