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Eine glückliche Mutter

Es hatte Wochen gedauert, bis sich Goldköpfchen von der schweren Lungenentzündung erholte. Obwohl die Freude der Kinder, die Mutti zu behalten, von Zeit zu Zeit stürmisch zum Ausdruck kam, genügte ein einziges mahnendes Wort des Vaters oder Hermanns, um das Lärmen zum Verstummen zu bringen.

»Die Mutti ist noch leidend!« Das waren die Worte, die die Unruhe dämpften. Bald schlich dieser, bald jener an die geliebte Mutti heran mit der Frage: Wie lange wirst du noch leidend sein? Wann können wir wieder Krach machen?

Goldköpfchens blaue Augen glitten über die Kinder hinweg. Noch nie hatte sie sich so glücklich gefühlt wie jetzt, in der Zeit ihrer Genesung. Jeden Tag erkannte sie neu, wie sehr sie geliebt wurde. Hunderte von kleinen Beweisen wurden ihr dafür gegeben. Die Kinder überschütteten sie geradezu mit Zärtlichkeiten; ein jedes versuchte nach Kräften zur Genesung der Mutti beizutragen und ihr Liebes zu zeigen. Da war nicht eines darunter, das nicht freudig und willig den Wünschen der Mutter nachkam und beglückt zu ihr aufschaute, wenn es ein Lob erhielt. Dabei wußte Bärbel genau, daß es den Kindern nicht leicht geworden war, sich still und artig zu verhalten. Es mochte manches Opfer gekostet haben, aber die Kinder brachten es gern.

Und dann holte Goldköpfchen endlich wieder den großen Flickenkorb hervor, um nachzusehen, was liegengeblieben sei. Es war nicht viel, denn Grete und Ida hatten nach Kräften der kranken Hausfrau geholfen. Auch Frau Schmeling, die Gattin des Oberförsters, war oftmals mit einem Beutel zerrissener Kinderstrümpfe heimgegangen, um sie nach wenigen Tagen ausgebessert abzuliefern.

Goldköpfchen ließ einige Wäschestücke prüfend durch die Hände gleiten, doch sie blieb nur wenige Augenblicke allein, denn Fritz hatte die Mutti gesehen und trompetete es in alle Winde, daß die Mutti, wie immer, am Nähtisch sitze und arbeite.

»Jetzt ist sie gesund«, schrie er freudig, »jetzt können wir zu ihr gehen und sie viel fragen.«

So dauerte es nicht lange, da waren sieben Kinder um Goldköpfchen versammelt. Die kleine Marlene rief sogar nach Frau Leuschner und Ulla.

»Damit du wieder in den ganzen Misthaufe treten kannst«, jubelte Fritz, »darum sind wir alle da und freuen uns, daß du wieder für uns flicken kannst.«

»Laß es lieber noch sein«, sagte Stefan und riß der Mutti das Wäschestück aus den Händen. »Schone dich noch, ich gehe gern mit einem zerrissenen Hemd.«

Die glückliche Mutter schaute von einem zum anderen.

»Nun erzähle uns endlich mal wieder was recht Schönes. Ach, wir haben solange darauf gewartet!«

»In meinem Kopf ist es ganz leer«, meinte Adele, »weil keine schöne Geschichte von dir mehr drin sitzt.«

»Ich will euch eine Geschichte erzählen, meine geliebten Kinder«, erwiderte Goldköpfchen, und ihre Stimme zitterte ein wenig vor Bewegung. »Kommt einmal alle ganz dicht zu mir heran, dann geht es los.«

Sie saß auf dem kleinen Tritt am Fenster, auf dem der Nähtisch stand, die Kinder schmiegten sich eng an sie. Obwohl Goldköpfchen die Arme weit ausbreitete, hatten nicht alle sieben Platz darin, und es gab erst ein Puffen und Stoßen, ehe ein wenig Ordnung wurde. Adele meinte, sie habe auf den Knien der Mutti den schönsten Platz.

»Nun erzähle«, drängte Marlene.

»Es war einmal eine Mutti«, begann Goldköpfchen, »die hatte acht liebe Kinderchen.«

»Das ist ja wie bei uns«, unterbrach Jürgen. »Acht Kinder und eine Frau Leuschner.«

»Ja, eine Frau Leuschner war auch da und zwei brave Hausgehilfinnen, dazu noch ein gar liebes Kinderfräulein.«

»Hatte die Mutti von den acht Kindern keinen Mann?«

»O doch, Fritz, doch ich will euch jetzt nur von den Kindern erzählen. – Diese Kinder hörten eines Tages, daß ihre Mutti schwer erkrankt sei. Sie sollten nicht lärmen, obwohl sie sonst gern Krach machten. Aber man sagte ihnen, daß die Mutti vielleicht sterben könne, wenn man sie nicht schone. So lag die Mutti im Bett und wunderte sich darüber, daß es so mäuschenstill im Hause war. Sie konnte nicht glauben, daß sieben lärmende Kinder plötzlich so viel Rücksicht nahmen, daß man gar nichts von ihnen hörte. Als man der Mutti sagte, die Kinder gingen auf Strümpfen, hätten um Tisch- und Stuhlbeine Tücher gewickelt, damit es nicht rumple, da wurde das Herz der Mutti so froh, daß der Arzt bald sagte: ›Ja, liebe kranke Frau, was ist denn los? Warum freust du dich so sehr?‹ Und die Kranke antwortete: ›Ich bin so glücklich über meine geliebten Kinder.‹«

»Mutti, – wir sind auch auf Strümpfen gegangen«, unterbrach Marlene die Erzählung.

»Dä. I.«, lachte Jürgen strahlend, »merkst du denn nicht, daß wir die guten Kinder sind. – Aber nu' erzähle weiter von der Freude, die du hattest.«

»Die kranke Mutti wußte auch, daß die Kinder sehr traurig waren, manche von ihnen weinten, weil sie fürchteten, die Mutti könne sterben. Sie weiß auch, daß sich alle Kinderhände oft falteten und den lieben Gott baten, er möge die Mutti gesund machen. Da hatte die Mutti wieder große Freude über die Kinder, die zum lieben Gott mit ihren Sorgen gingen, weil sie wußten, daß nur er helfen könne. Und so kam eine Freude zur anderen Freude, und es ging der Mutti von Tag zu Tag besser. Und nun –«, Goldköpfchen zog ihre Kinder noch fester an sich, »nun sitzt diese glückliche Mutter bei ihren Kindern und sagt jedem ein herzliches Dankeswort für die große Liebe, für die große Rücksicht und die Zärtlichkeiten, die ihr mir erwiesen habt. Ihr habt mich sehr sehr froh und glücklich gemacht, meine lieben Kleinen.«

Jürgen klopfte sich auf den Magen. »Mutti, deine Worte schmecken genau so gut, wie wenn ich ein feines Stück Torte äße. – Was sind wir für gute Kinder!«

Stefan stieß Fritz unsanft zur Seite und flüsterte Goldköpfchen ins Ohr: »Mutti, dankst du mir auch, weil ich ein guter Junge bin?«

»Ja, mein lieber Stefan, dir und allen anderen. Über dich habe ich mich sogar ganz besonders gefreut.«

»Ätsch, Jürgen, über mich hat sich die Mutti besonders gefreut!«

»Mutti – ich sing' dich auch ein, wenn du heute abend ins Bett gehst, dich und den Vati. – Jetzt bist du wieder ganz gesund.«

»Mutti, darf ich jetzt den Gottlieb verhauen? Na, das gibt 'ne feste Keilerei!«

»Nein, Stefan, wir fangen nicht gleich wieder mit Keilerei an. Ich möchte mich noch eine Weile über meine braven Kinder freuen.«

»Na, weißt du«, sagte Jürgen ein wenig verstimmt, »immer können wir nicht artig sein. Das geht über die Kräfte deiner Kinder. Ein Junge muß sich austoben, sonst wird er ein Waschlappen.«

In diesem Augenblick begann es zu schneien. Obwohl man erst den dritten Dezember schrieb, fielen die dicken Flocken vom Himmel.

»Schnee – Schnee«, brüllte Fritz, »jetzt können wir unsere Artigkeit feiern! Mutti, Schnee, – nu' gehen wir raus!«

Goldköpfchen ließ die tobende Schar davoneilen und winkte nur Hermann, daß er zurückbleiben möge.

Nun war sie mit ihm allein. »Dir, mein lieber Junge, will ich ein besonders herzliches Wort sagen. Ich weiß, was du in dieser Zeit gelitten hast, habe auch gehört, wie vorbildlich du deine Geschwister betreut hast. Vielleicht danke ich dir mein Leben, ich weiß es nicht. Ich habe in den letzten Tagen so oft an die Worte gedacht, die du mir sagtest, als wir den Vater zu Grabe trugen. Da standest du an meiner Seite, mein geliebter Junge, tröstetest mich und meintest, du wolltest mir den Vater ersetzen, wollest seinen Kindern ein Vater sein. – Damals sprachst du in kindlicher Unwissenheit, nur aus dem Verlangen heraus, mich zu trösten. Du hast dein Versprechen treulich einzulösen versucht, bist mir eine Stütze gewesen und wirst es auch fernerhin sein. Ein Knabe in deinem Alter ist sonst zu tollen Streichen aufgelegt, du aber bist weit über deine Jahre hinaus, du bist mein tapferer Helfer in schweren Stunden.«

»Ich will es auch weiterhin sein, Mutti. Ich habe in einer Stunde, in der ich nicht mehr aus noch ein wußte, dem Vater das Versprechen gegeben, daß ich dich nie betrüben wolle. Ich habe an seinem Grabe gestanden und weiß, er hat mich gehört. – Mutti, ich kann nicht so froh sein wie die anderen, aber ich bin auch nicht traurig. In mir ist es wieder hell und licht, ich sehe immer den Vater vor mir, und manchmal ist es mir, als schreite er vor mir her und zeige mir den Weg. – Mutti, mein einziger Wunsch ist der, dem Vati ähnlich zu werden. Ob das wohl möglich sein wird?«

»Gewiß, mein lieber Junge, denn alles an dir erinnert mich an den Vater. Du bist auch äußerlich ganz sein Ebenbild. Nur soll mein Junge die Fröhlichkeit nicht vergessen, soll jung sein mit den Jungen und sich auch mal einen übermütigen Streich leisten. Das hat dein Vati auch getan.«

»Mutti, das wird schon wieder werden. Nur die Angst um dich war so furchtbar groß. – Mutti, ich glaube, ich wäre auch gestorben, ich habe es deutlich gefühlt. – Und dann, Mutti, du bist ja auch nicht immer froh und bist doch die beste, allerbeste Mutti. Ich weiß, daß du sehr oft an unseren lieben Vati denkst, und auch ich sehe ihn oft vor mir. Laß nur, Mutti, man braucht nicht immer zu lärmen und zu lachen, ich bin froh und glücklich, daß ich dich wieder gesund habe, und das ist genug für mich.«

»Schau, mein Hermann, wie dicht draußen der Schnee fällt. Du hörst unten die Geschwister lärmen. Willst du dich nicht an der Schneeballenschlacht beteiligen?«

»Mutti, heute bist du zum ersten Male ganz gesund. Wenn es dich nicht stört, laß mich bei dir sitzen. Ich habe dich solange krank gesehen, aber nun macht es mich so froh, wenn ich dich wieder am Nähtisch sitzen sehe. – Liebe Mutti, laß mich heute bei dir bleiben.«

»So bleibe hier, mein lieber Hermann, wir beide haben uns ja soviel zu erzählen.« – –

Im Garten tobte die junge Schar. Es hatten sich noch zwei Freunde von Jürgen und einer von Stefan eingestellt. Nun wurde der Schnee zusammengekratzt, um Bälle zu formen, die gegen das Haus, die Fenster und den Gartenzaun flogen.

Jürgen steckte schließlich die Hände in die Hosentaschen, betrachtete sinnend einen breitgedrückten Schneeball am Fenster des Eßzimmers und meinte: »Wenn wir so weiter ballern – ist 'ne Scheibe kaputt.«

»Das glaube ich auch!« Klirr, sagte die Fensterscheibe – und zerbrach.

»Ich denke, es wird nicht schlimm sein«, philosophierte Stefan, »die Mutti hatte ja so 'ne große Freude über uns artige Kinder, da kann sie mal wieder 'nen kleinen Schreck vertragen.«

Nach einstündiger Schneeballenschlacht war nur noch Schmutz im Garten, und das Spielen wurde abgebrochen. Wenige Augenblicke später kam Marlene, gekrümmt vor Lachen, zur Mutti gelaufen.

»Mutti, ich muß dir eine schöne Geschichte erzählen. Mutti, mit der Ulla ist eine schöne Geschichte passiert!«

»So erzähle sie mir.«

»Frau Leuschner hat gesagt: na: das ist ja eine schöne Geschichte. – Mutti, die Ulla hat den großen Leimtopf vom Stefan ins Bett gerissen, und mit dem Pinsel hat sie alles beschmiert! – Komm, Mutti, sieh mal, wie der Dreckfink aussieht!«

Goldköpfchen ging hinüber ins Kinderzimmer. Dort hatte Ulla tatsächlich den großen Topf mit dem Dextrin vom Fenster gerissen, und die braune Flüssigkeit war in ihr Bettchen gefallen. Ulla fand es herrlich, daß es so klebte.

Jürgen, der neben dem Bettchen stand, lachte schmetternd. »Sieh, Mutti, nu' hast du deine Freude an deinen Kindern! Einer zerschmeißt 'ne Scheibe, die Erna ist am Haken hängengeblieben und hat sich den Rock zerrissen, der Stefan hat 'ne Beule am Kopf und ich, Mutti, na, darüber reden wir später. Aber du bist uns ja so dankbar, daß du so artige Kinder hast.«

»Was hast du eigentlich in der Tasche, Jürgen?«

Er zog ein Fieberthermometer hervor. »Das habe ich vom Vati. Seit du so ein tolles Fieber hattest, Mutti, habe ich immer so ein Ding bei mir. Wenn einer krebsrot im Gesicht ist, muß er die Röhre in den Mund nehmen, und ich messe! Der Vati hat gesagt, bei Krankheiten muß man genau wissen, wie hoch das Fieber ist.«

»Und hast du schon gemessen?«

»Ja, Mutti, wir haben alle 35 Grad. Weißt du, höher geht es nicht, es ist doch kaputt. Aber für uns genügt es schon noch. Wenn einer mal ein tolles Fieber hat, wird es schon in die Höhe schießen.«

Am selben Tage bekamen die Knaben noch vom Vater ein Lob. Auch er hielt es für richtig, seiner Freude darüber Ausdruck zu geben, daß die Kinder so folgsam während Mutters Krankheit gewesen waren.

Jürgen reckte sich höher und immer höher. »Bald platze ich vor Stolz! Der Paul und der Martin werden es nicht glauben, daß ich so gelobt wurde. Vati, ist es nicht am richtigsten, du schenkst jedem fünfzig Pfennige und sparst dir weitere Reden?«

»Dir will ich gleich einen Tadel sagen, Jürgen.«

»Na, dann behalte die fünfzig Pfennige, ich bin schon wieder still.«

Auch am nächsten Tage schneite es ohne Unterlaß. Stefan und Jürgen stellten fest, es sei nun so weit, daß sie rodeln gehen könnten.

»Ich habe Fräulein Rettich gesagt, daß sie und Marlene den Rodelschlitten heute nachmittag bekommen«, sagte Goldköpfchen. »Vielleicht könnt ihr mit euren Freunden rodeln.«

»Nun wird es aber Zeit, daß wir noch einen Schlitten bekommen, Mutti. Eine Frau Leuschner und acht Kinder und nur ein Schlitten, das ist zu wenig.«

»Erna wünscht sich bereits vom Weihnachtsmann einen Schlitten.«

»Sind immer erst zwei. Das ist auch noch zu wenig, Mutti.«

»Ich bin vorhin auf 'nem Brett gerutscht«, rief Fritz, »es geht fein, nur kann man nicht steuern.«

»Ob man auf einem Besen rodeln kann?« meinte Jürgen.

»Dann hat man ein Steuer, nur hinten ist zu wenig. Man müßte was haben, auf dem man sitzt, und vorn muß eine Lenkstange sein.«

Schon eine Viertelstunde später ertönte lautes Freudengeschrei. »Ida, Ida – – du sollst uns mal die Plinsenpfanne geben.«

»Die Plinsenpfanne? Wozu denn?«

»Gib sie rasch her!«

»Die aus Eisen oder die aus Emaille?«

»Zeig' mal her. Jürgen und Stefan tuschelten ein Weilchen, dann entführten sie lachend beide Pfannen. Goldköpfchen hörte vom Garten herauf den Ruf: »Mutti, wir brauchen nicht zu unseren Freunden zu gehen, wir haben jeder einen Rodelschlitten!«

Die Plinsenpfannen, – ja, das war etwas Herrliches! Man konnte auf dem Tiegel ganz bequem sitzen, nahm den Pfannenstiel vorn zwischen die Beine, hatte ein prächtiges Steuer und rutschte den kleinen Berg hinab. Auf der Eisenpfanne ging es noch besser als auf der Emaillepfanne.

»Wir haben einen neumodischen Rodelschlitten«, riefen die Knaben, als sie an dem Hügel ankamen. Hier herrschte bereits reges Leben, ein Schlitten nach dem anderen sauste den Hang hinab.

Die beiden Tiegel erregten bei den anderen Knaben hellste Begeisterung, jeder wollte darauf einmal rutschen, aber weder Stefan noch Jürgen machten Platz. Eine Stunde später waren wohl dreißig Tiegel auf der Rodelbahn, und immer lauter wurde das Jauchzen und Jubeln der fröhlichen Schar. Manch einer, der das Lärmen hörte, bog von der Straße ab, um nachzusehen, was es heute gäbe. Jeder aber, der das muntere Treiben sah, brach in frohes Gelächter aus. Man benachrichtigte auch Goldköpfchen und Doktor Kirschner, die sich auf den Weg machten, um das merkwürdige Schauspiel zu sehen. Und Goldköpfchen lachte, lachte und bedauerte im geheimen, daß sie in ihrer Jugend nicht auch auf diesen trefflichen Gedanken gekommen sei.

»Man möchte fast selbst mit auf der Pfanne den Hang hinunterrutschen. Wenn wir einen eigenen Berg hätten, liebe Bärbel, würden wir es auch noch versuchen.«

»Ach ja«, lachte Goldköpfchen mit strahlenden Augen. »Alle übermütigen Jugendstreiche stehen mir wieder vor Augen. Wirklich, auf der Plinsenpfanne möchte ich heute noch rodeln!«

Da legte sich eine Hand auf die Schulter der lachenden Mutter. »Wir haben daheim einen ganz großen Tiegel, Frau Goldköpfchen«, sagte Forstrat Schmeling, »soll ich ihn holen?«

»Wenn Sie mir auch noch eine Tarnkappe mitbringen, gern. Oder wenn Sie einen Hügel für mich ganz allein finden.«

»Dann rutsche ich sogar noch mit«, lachte der weißhaarige Herr. »Meinen Sie nicht auch, Doktor, daß es uns nichts schaden würde?«

»Ganz bestimmt nicht«, erwiderte Kirschner. »Erhalten Sie sich Ihre Frische noch lange, bester Herr Forstrat. Ich freue mich, daß mein Bärbel wieder Verlangen danach trägt, an dem fröhlichen Spiel teilzunehmen.«

»Ist es nicht ein Skandal«, lachte Bärbel, »ich mit meinen siebenunddreißig Jahren?«

»Aber jung wie sechzehn«, erwiderte der Gatte. »Ich glaube, du wirst dir die Jugend erhalten, auch wenn aus Goldköpfchen einmal ein Weißköpfchen geworden ist. Und auch Sie, Herr Forstrat, Sie werden nicht alt. Wie machen Sie das?«

»Ja, – das ist ein ganz leicht lösbares Rätsel. Unser Goldköpfchen weiß auch, wie man es machen muß, daß man nicht alt wird.«

»Und wie macht man es?« fragte Doktor Kirschner.

»Sie sollen mir sagen, Frau Goldköpfchen, ob ich das rechte traf:

Jung sein heißt frisch sein, ohn' Zögern und Angst,
Such' es zu schaffen, um was du bangst!
Trau deinen Kräften und kämpf' wie ein Held,
Denn nur dem Tapfern gehört heut die Welt.
Das nur ist Leben, nur dann sind wir jung,
Siegen durch Kraft und Begeisterung!
Was heißt denn jung sein, und wer ist wohl alt?
Lösung des Rätsels: oh, werde nicht kalt!
Wahr' dir im Herzen beständige Glut,
Schaffe stets freudig, und alles ist gut!
Das nur ist Leben, nur dann sind wir jung –
Siegen durch Kraft und Begeisterung!«

Mit verklärtem Blick schaute Goldköpfchen den Forstrat an. »Ja, so ist es recht!«

In diesem Augenblick sausten Stefan und Jürgen auf ihren Pfannen fröhlich lachend an den dreien vorüber.


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