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Wieder heim ins Kattenland.

Ein bedeutungsvoller Tag war für Rom und für den gesamten Erdkreis angebrochen.

Als um die elfte Stunde Cassius Longinus aus dem Bade sich erhoben hatte und von seinen Sklaven ankleiden ließ, trat verstört sein Hausmeister bei ihm ein.

»Nun?«

»Einer deiner Freunde aus dem Palatin.« Longinus besoldete dort mehrere Beamte, um zeitig von einer Gefahr, die ihn bedrohe, durch sie in Kenntnis gesetzt zu werden.

»Laß ihn kommen!«

Die Sklaven verließen auf seinen Wink das Ankleidezimmer.

Hastig trat der angemeldete Mann ein. »Der Kaiser ist ermordet.«

Cassius sprang auf und starrte ihn an.

»Wer tat's?«

»Stephanus, der Minister.«

»Meine Rüstung, Clemens, mein Schlachtroß! Dreißig Sklaven sollen satteln. Rasch!«

Das war der Ton des Kriegers. Eilig entfernte sich der Hausmeister.

»Berichte, Morus!«

»Gegen die zehnte Stunde kam Stephanus, begleitet von Schreibern, die Rollen trugen, zum Imperator, der ihn erwartete. Er fand rasch Einlaß und war mit Domitian allein. Was hierauf geschehen ist, wird ewig dunkel bleiben; allem Vermuten nach aber trug Stephanus in seiner Armbinde einen Dolch verborgen. Man hörte den Imperator aufschreien. Die Schreiber zogen Dolche und stürmten in des Kaisers Zimmer; fünf, sechs Männer eilten aus den Vorgemächern herbei, stießen den verblüfften Zenturio beiseite und folgten ihnen. Der Zenturio blies in sein Horn und lief in des Kaisers Zimmer, wurde aber niedergehauen.

»Von allen Gängen und Treppen stürmten jetzt die Prätorianer herbei und schlugen alle nieder, die sie in des Kaisers Zimmer fanden, Stephanus und alle.

»Der Kaiser war tot.

»Greulich wüteten die grimmigen Germanen und töteten alles, was ihnen in den Weg kam, Schuldige und Unschuldige. Es flüchteten die Diener und alle, die in der Nähe waren. Man glaubt, daß noch fünfzig Verschworene im Palaste waren, die sich nach vollbrachter Tat still entfernten. Die anderen Zenturionen stellten bald die Ordnung wieder her und ließen alle Türen in des Kaisers Haus besetzen. Den Palatin abzusperren, reichten die Soldaten nicht aus.«

»Gut, Morus, ich danke dir, daß du so rasch kamst. Ich werde weiter für dich sorgen.«

Der Hausmeister kehrte zurück. »Alles bereit, Herr, deine Rüstung, dein Roß, die berittenen Sklaven.«

Cassius nahm aus einem Schrank einen langen Papyrusstreifen, der mit Namen bedeckt war, und gab ihn dem Hausmeister.

»Zu denen, die hierauf verzeichnet stehen, sende die Sklaven mit der Botschaft: ›Um die dritte Stunde in voller Rüstung auf dem Forum Romanum. Cassius Longinus ruft!‹«

Der Hausmeister ging mit dem Palastbeamten. Cassius Longinus saß bald darauf in Helm und Rüstung, mit den Abzeichen des Kriegstribunen, auf seinem mächtigen Schlachtroß und ritt, gefolgt von zwei bewaffneten ehemaligen Kriegsgefährten, zu Nervas Haus.

Als er auf die Straße kam, erkannte er schon aus der Haltung der Menschen, wie sie in Gruppen zusammenstanden, eifrig erzählend und dann wieder eilig sich fortbewegend, daß der Tod des Imperators kein Geheimnis mehr war.

Er ließ sich sofort bei Nerva anmelden, der ihn auch sogleich empfing.

»Ah! Da kommt Cassius Longinus, der Krieger,« sagte der Greis freundlich.

»Du weißt bereits, edler Nerva –?«

»Soeben kam die Nachricht zu mir –«

»Das Heil Roms steht auf dem Spiele. Laß mich kurz sein. Bist du bereit, Coccejus Nerva, in dieser verhängnisvollen Stunde mit dem Purpur auch das Schicksal des Reichs in deine Hand zu nehmen?«

Nerva schwieg.

»Aller Augen sind auf dich gerichtet – Senat und Volk von Rom werden dich einstimmig wählen – ich beherrsche den Adel Roms – aber ich muß ihm sagen können, daß du bereit bist, die schwere Bürde auf dich zu nehmen. Denk an das Reich!«

Der Greis erhob sich und sagte, majestätisch anzuschauen: »Ich bin alt – die Last ist schwer. Aber ich bin bereit, meinem Volke jedes Opfer zu bringen. Wenn Senat und Volk mir den Purpur anbieten, werde ich ihn nehmen.«

»Ich danke dir für dieses Wort eines echten Römers. Ich eile hinaus zu Catuald; er ist ein rauher Soldat, aber ein ehrlicher Mann und liebt Rom. Ich werde ihn für dich gewinnen.«

»Geh, Cassius; die Prätorianer sind in solchen Wendepunkten des Reiches leider wichtige Leute. Geh, sprich mit Catuald!«

Cassius ging und jagte dann dem Palatin zu.

Ehe er ihn erreichte, kam ihm Catuald an der Spitze der drei berittenen Kohorten entgegen, die in scharfem Trabe gleichfalls dem Palatin zuritten.

Er gesellte sich zu ihm und ritt an seiner Seite. Der alte Soldat sah ernst und niedergedrückt aus, aber er freute sich, den kriegerisch gerüsteten Cassius zu sehen. Er kannte seine männlichen Eigenschaften und wußte, welchen Einfluß er auf den Adel Roms hatte.

Als sie gezwungen waren, langsamer zu reiten, sagte Cassius: »Catualdus, du warst ein treuer Diener Domitians und bist ein treuer Diener Roms.«

Catuald nickte.

»Das Schicksal des Reiches liegt für einen Augenblick in deiner Hand. Senat und Volk von Rom werden Nerva, den Senator, zum Imperator wählen; unterstütze seine Wahl und du rettest das Reich.«

Catuald schwieg.

»Du kennst Nerva; er ist ein ehrlicher und gütiger Mann und schätzt dich. Rom kann keinen besseren Herrscher haben.«

Schon wurde Cassius besorgt, der mächtige Führer der Garde könne sich gegen Nerva erklären, als Catuald sagte: »Wird Nerva gewählt, so ist er mein Herr und ich gehorche ihm.«

Cassius drückte ihm herzhaft die Hand. »Ich erkenne meinen edlen, tapferen Catuald. Der neue Kaiser hat an ihm eine feste Stütze.«

Man kam zum Palatin. Viele Tausende von Menschen umwogten ihn, aber sie gaben Raum, als die Reiter heranrasselten.

Nach bereits erteiltem Befehl wurden alle Ausgänge des ganzen Palatin besetzt und Catuald begab sich hinein, um Meldung von den befehligenden Zenturionen entgegenzunehmen.

Es hatte sich so zugetragen, wie man Cassius Longinus berichtete.

Die erschlagenen Mörder waren außer Stephanus und einem Gladiator Söhne und Neffen der jüngst hingerichteten Senatoren.

Lange stand der alte Soldat tiefernst vor der Leiche Domitians; er vergaß auch jetzt nicht, daß dieser ihm Gutes getan hatte. »Wärest du der geblieben, der du einst warst – du hättest nicht so geendet,« sagte er leise. Dann gab er Befehl, die Gebeine des Kaisers in den Purpur zu hüllen und würdig aufzubahren.

Die drei Kohorten zu Fuß, die in dem Castrum lagen, trafen ein, darunter die Sigambrer. Catuald ließ durch sie das Kapitol besetzen. Die anderen Kohorten aber, die in der ausgedehnten Stadt zerstreut lagen, trafen nicht ein, trotzdem sie Befehl dazu bekommen hatten. Der Präfekt der Prätorianer, Älianus, war abwesend.

Catuald ließ nunmehr sämtliche Zenturionen der sechs auf dem Palatin versammelten Kohorten im Saale des Augustus zusammentreten und redete sie an: »Ihr wißt, Gefährten, ich war ein treuer Diener des erschlagenen Cäsar, aber ich bin auch ein treuer Diener Roms, dem wir alle angehören. Rom kann nicht ohne Herrscher sein. Die Neigung von Senat und Volk geht dahin, den Senator Coccejus Nerva mit dem Purpur zu bekleiden, einen würdigen, ehrenwerten Mann von vornehmem Sinn, den ich kenne. Geht er aus der Wahl als Imperator hervor, werde ich für meine Person ihm mit der gleichen Treue dienen wie dem, der zu den Toten gegangen ist. Ich hoffe, Gefährten, ihr werdet euch mir, zum Heile des Reiches, anschließen.«

»Ja, Unterpräfekt, wir stimmen dir bei,« ließen sich die ältesten der Offiziere vernehmen, »was du tust, ist gut.«

Und sämtliche Zenturionen aller Ordnungen riefen: »Wir folgen dir, Catualdus; du bist unser Führer und Roms Stütze.«

»Ich danke euch, Gefährten, für eure Zustimmung. Das Schicksal Roms ist damit entschieden.«

Alle begaben sich zurück zu ihren Truppenteilen.

Auf dem Forum Romanum hielten indessen dichtgedrängt in vollem Waffenschmuck die Patrizier Roms, unter ihnen Cassius Longinus und Sentius Saturninus, daneben angesehene Bürger. Der Pöbel war zurückgedrängt worden. Prätorianer hielten die Wege für die von allen Seiten heranziehenden Senatoren frei, die bald sämtlich auf dem Kapitol versammelt waren.

Nach kurzer feierlicher Beratung wurde beschlossen, Coccejus Nerva den Purpur des Imperators anzutragen. Abordnungen des Adels und der Bürgerschaft stimmten zu. Nerva nahm den Purpur an und wurde dann im Tempel des Jupiter mit den Zeichen der höchsten Gewalt bekleidet. Rom hatte wieder einen Cäsar.

In offener Sänfte begab sich der neue Kaiser, stürmisch von Adel und Bürgern begrüßt, durch die spalierbildenden Prätorianer Catualds nach dem Palatin, um sich dort im Saale des Augustus auf dem Stuhle der Cäsaren niederzulassen und die Huldigungen des Senats und der großen Würdenträger des Staates entgegenzunehmen.

Die Spiele wurden abgesagt und noch am Abend alle gefangenen Christen freigelassen, von denen sechzig dem Tode durch den Zahn der wilden Tiere entgegensahen. Der Unterpräfekt der Stadt, Fuscus, gab eine ungeheure Begeisterung für den neuen Herrscher kund und verwünschte den toten Tyrannen in allen Tonarten. Doch schützte ihn dies nicht davor, daß er am anderen Tage seines Amtes enthoben wurde.

Unendlich glücklich waren der vom Banne erlöste Sentius Saturninus wie die Söhne Ingomars, die jetzt fröhlicher Heimkehr zu den Ihren entgegensahen.

Nerva ergriff mit fester Hand des Reiches Zügel. Er ließ die hohen Beamten, die meistens würdige Männer waren, in ihren Stellungen und entfernte nur wenige. Den Präfekten der Prätorianer setzte er ab und ernannte Catuald zum ersten Befehlshaber der Garde.

Doch dies alles hinderte nicht, daß gegen den neuen Herrscher alsbald im stillen gewühlt wurde, um ihn zu stürzen und Calpurnius Crassus, einen zwar sehr reichen, aber unbedeutenden Menschen, als Gegenkaiser aufzustellen.

Die vier Kohorten, die außerhalb des großen Castrums lagen, hatten, von dem abgesetzten Präfekten Älianus aufgehetzt, eine trotzige, feindliche Haltung eingenommen. Man hatte sie fragen müssen, meinten sie, ehe ein neuer Kaiser gewählt wurde, und Calpurnius Crassus sparte kein Geld, um sie in ihrem Widerstande zu bestärken. Es war dies Catuald nicht unbekannt, doch er zögerte, mit Gewalt vorzugehen, glaubte auch an keinen offenen Aufstand.

Aber die unbotmäßigen Kohorten erschienen plötzlich in Wehr und Waffen vor dem Palatin, forderten mit wildem Geschrei die Bestrafung der Mörder Domitians und riefen Crassus zum Imperator aus. Ein Teil der Aufrührer drang sogar in den Palatin und bis zu Nerva, dem sie mit wilden Drohungen zusetzten, während eine Kohorte die Palastwache zurückhielt, die dem Cäsar Hilfe bringen wollte.

Catuald, ein vorsichtiger und kluger Kriegsmann, hatte für alle Fälle, wenn der Palatin bedroht würde, Flaggensignale eingerichtet, die im Augenblick die Kunde davon nach dem Castrum trugen; auch mußte eine der berittenen Kohorten Tag und Nacht gesattelt haben.

Als die roten Flaggen sich zeigten, brach alsbald die gerüstete Kohorte auf und alle anderen schickten sich an zu folgen. An der Spitze ritt Catuald, in ihren Reihen Athemar und Isko. Ihnen gesellten sich Cassius Longinus und Sentius zu.

Vor dem östlichen Teile des Palatins tobten die angetrunkenen Aufrührer. Nerva wohnte in dem alten Hause, das einst Augustus für sich erbaut hatte, aber Longinus kannte einen sicheren Weg dort zum Eindringen. Er sagte das Catuald. Dieser stieg alsbald ab, sammelte fünfzig verwegene Gesellen um sich, darunter Athemar und Isko, und übergab das Kommando dem Nächstältesten mit dem Befehl, alle Meuterer rücksichtslos niederzureiten und niederzuhauen. Der Stellvertreter war der Mann, dies auszuführen.

Nachdem Catuald diese Anordnung getroffen hatte, begab er sich mit Cassius und der auserwählten Schar in den Palast.

Die geängstigte Dienerschaft ließ sie mit Freuden ein, als sie Catuald erkannte.

Kaiser Nerva war mit der ihm eigenen ruhigen Würde den Aufrührern entgegengetreten und seine majestätische Erscheinung hatte ihre Wirkung nicht verfehlt.

»Was wollt ihr?« fragte er gelassen.

Er war allein bis auf einen seiner Schreiber und einen der vornehmeren Palastbediensteten, die gleich Nerva unbewaffnet waren.

Die Aufrührer waren von dieser edlen Ruhe verblüfft.

Endlich sagte einer, ein Zenturio: »Wir wünschen die Mörder Domitians bestraft und zwar sofort, sonst nehmen wir das Richteramt in unsere Hand.«

»Rom hat Gesetze und nach diesen werden die Mörder behandelt.«

»Und entkommen natürlich! Man weiß ja, wer alles dahintersteckt. Liefere uns die Mörder aus, damit wir sie hinrichten.«

»Auch sind wir,« schrie ein anderer, »nicht gefragt worden bei Ernennung des Imperators und wir haben ein Wort mitzusprechen. Wir sind alle für Calpurnius Crassus; der ist unser Imperator.«

Mit einer unvergleichlichen Hoheit sagte Nerva: »Ihr vergeßt, daß ihr mit dem Erwählten von Senat und Volk sprecht. Ihr begeht Hochverrat an der Majestät des römischen Volkes, indem ihr euch empört.«

»Die Majestät des römischen Volkes sind wir, denn wir wählen den Kaiser. Lege den Purpur ab und räume Calpurnius Crassus den Platz oder unsere Schwerter machen den Cäsarenstuhl frei.«

Die Haltung der Meuterer war sehr drohend.

Nerva fürchtete, das Schicksal Kaiser Galbas zu teilen, der von Soldaten niedergehauen wurde; aber er verlor nicht einen Augenblick seine ruhige Haltung.

Da klangen die Angriffsignale der getreuen Kohorten von unten herauf. Die Meuterer stutzten, verblüfft, daß die Reiter Catualds schon da waren. Einen Augenblick schienen sie im Zweifel, ob sie den Rückzug antreten oder zum Äußersten schreiten sollten.

»Nehmt ihn als Geisel mit,« schrie einer, »so sind wir sicher –«

Aber ehe noch einer der Gesellen sich rühren konnte, sprangen die Türen auf. Cassius Longinus, Isko, Sentius, Athemar, hinter ihnen dreißig prätorische Reiter drangen in den Saal und bildeten eine eherne Mauer vor Nerva. Schwer atmend von der ungewohnten Bewegung nahte Catuald, hinter ihm die anderen Soldaten.

Mit Bewunderung sahen alle die ruhige hoheitsvolle Haltung des greisen Imperators.

Ehrerbietig begrüßte ihn Catuald und sagte dann: »Ich sehe, Imperator, wir kommen zur rechten Zeit. Meine Reiter sind da und die Sigambrer kommen. Würde es dir gefallen, mich allein mit den Rebellen zu lassen? Ich bin im Handumdrehen mit ihnen fertig und statte dir dann Bericht ab.«

»Ich ziehe mich zurück, Freund Catuald; ich weiß mich sicher unter dem Schutze deines Schwertes. Wenn du kannst, vermeide Blutvergießen.«

Nerva, der mit Rührung Cassius, Sentius und die beiden jungen Katten unter seinen Vorkämpfern gesehen hatte, grüßte und verließ ruhig mit seinem Schreiber und dem Palastbeamten den Saal.

Von unten dröhnte Kampfgeschrei herauf.

Mit finsteren Blicken maß Catuald die Meuterer. »Die Waffen nieder, Rebellen, oder keiner verläßt lebend den Saal!«

»Unten stehen vier Kohorten,« sagte ein Geselle trotzig.

»Sie standen, Bursche! Hast du nicht meine Trompeter gehört? Der Cäsar will kein Blutvergießen, sonst läget ihr schon am Boden – die Waffen nieder!«

Die Aufrührer sahen die Übermacht, von der sie umgeben waren, kannten die rücksichtslose Energie Catualds und verloren den Mut.

»Was geschieht mit uns?«

»Ihr werdet nach dem Gesetze verurteilt.«

»Wir sind aufgereizt worden von Älianus und dem Gelde des Crassus, Präfekt.«

»Das mag vielleicht zur Milderung dienen. Bei den Göttern, ich schäme mich, solche Gesellen in den prätorischen Kohorten befehligt zu haben.« Noch einmal wiederholte er nachdrücklich: »Die Waffen nieder!«

Die eingeschüchterten Soldaten legten Schwert und Schild ab. Man ließ die Palastdienerschaft rufen und sie binden.

Schwere Schritte ertönten draußen und herein drang eine Schar der Sigambrer, von Catuald mit strahlendem Blicke begrüßt: »O, seid ihr da, meine Kinder?«

»Ja, die Kohorte steht unten. Befiehlst du, daß wir mit den Meuterern aufräumen?«

»Nur ruhig; ich komme mit euch hinab.«

Die ganze Kohorte der Sigambrer war im Laufschritt den Reitern gefolgt. Schon trafen unten auch die beiden anderen berittenen Kohorten ein.

Catuald ließ die Gefangenen unter Bewachung zurück und begab sich, begleitet von Cassius, Sentius, Athemar und Isko, gefolgt von den in das Haus gedrungenen Sigambrern, hinab in den Hof, wo die eine Kohorte der Aufständischen noch fortwährend die Palastwache belagerte, die unfähig war, gegen die zehn Zenturien zu kämpfen.

Aber die Lage hatte sich geändert. Da standen jetzt die Sigambrer, nur des Befehls harrend, anzugreifen. Die aufrührerischen Kohorten draußen waren durch die Reiter zum Teil niedergehauen worden und vollständig zerstreut.

Auf der großen Freitreppe hielt Catuald an; unweit standen Sigambrer, zur Seite die Palastwache.

»Soldaten der sechsten Kohorte,« redete er die Meuterer an. »Ihr kehrt sofort zu eurem Castrum zurück und erwartet dort, was weiter über euch beschlossen wird.«

Die Meuterer sahen ein, daß alles verloren war.

»Wir kehren nicht zurück,« schrieen einige, »ohne unsere Gefährten, die im Schlosse sind.«

»Die sind gefangen. Wenn ihr nicht alsbald in Ruhe und Ordnung abzieht – ihr wißt, ich drohe nie vergeblich – lasse ich euch alle bis auf den letzten Mann niedermachen.«

Da zogen die Meuterer still und niedergedrückt ab; sie hatten eine tiefe Scheu vor Catuald und seinen Sigambrern. Der sinnlose Aufruhr war beendet.

Catuald begab sich wieder zu Nerva.

Er fand den Greis ruhig, doch war er von dem ganzen Vorgang sehr bewegt.

Er reichte Catuald die Hand und dankte ihm. »Dieser Aufruhr hat mir gezeigt, wie schwach meine Stellung ist; ich möchte nicht das Schicksal des Galba erleiden. Was rätst du mir, zu tun?«

»Imperator,« sagte Catuald, »du bist bejahrt, und so weit auch die Götter dein Leben verlängern mögen, kannst du nicht darauf rechnen, deine Pläne für das Wohlergehen des Reichs alle vollendet zu sehen. Wähle dir einen Nachfolger, der sie in deinem Sinne ausführt und dir zugleich eine feste Stütze ist, solange du selbst den Purpur trägst. Nur auf diese Weise kannst du ruhig regieren und Dauerndes schaffen.«

»Ja, du hast recht; das muß geschehen. Aber wen hältst du für geeignet, nach mir den Purpur zu tragen und im Leben mein Stab zu sein?«

Er sah Catuald forschend an.

»Ich weiß im Römerreiche nur einen, Imperator, der deiner würdig ist als Nachfolger und gewaltig als deine rechte Hand.«

»Und?«

»Das ist Ulpius Trajanus, der Legat von Obergermanien, der erste Feldherr des Reichs, bewundert, geachtet, gefürchtet und – ein edler, rechtschaffener Mann.«

Mit leuchtenden Augen erwiderte Nerva: »Du hast meine Gedanken erraten. Morgen adoptiere ich Trajan und ernenne ihn zu meinem Mitregenten und Nachfolger.«

Als Catuald sich verabschiedete, sagte der Kaiser: »Sende mir die beiden jungen Katten; ich habe sie lange vernachlässigt, obgleich ich ihnen mein Leben verdanke.«

Die Adoption Trajans, die am anderen Morgen im Senate verkündet wurde, machte einen ungeheuren Eindruck in Rom und im ganzen römischen Reiche; Nervas Herrschaft war damit gesichert.

Die Meuterer wurden verhältnismäßig milde gestraft; zwar wurden die, welche Nerva persönlich bedrängt hatten, zum Tode verurteilt, jedoch auf Befehl Nervas in die Bergwerke geschickt, die anderen aber in die an den Grenzen fechtenden Legionen verteilt. Den lächerlichen Nebenbuhler Crassus verwies Nerva nach Tarent; das war seine Strafe.

Als die Söhne Ingomars im vollen römischen Waffenschmuck vor dem greisen Imperator erschienen, ruhte Nervas Auge voll Freundlichkeit auf den beiden stattlichen Jünglingen.

»Haltet mich nicht für undankbar, ihr jungen Kattenfürsten; ich habe nicht einen Augenblick vergessen, was ich euch schulde, und nur die Wirren der Zeit und eure Stellung im Heere hinderten mich bisher, mich eurer väterlich anzunehmen. Ihr besitzt alle guten Eigenschaften der Germanen, die mein Freund Tacitus ihnen nachrühmt, und ich würde mich freuen, wenn ihr in Roms Diensten bliebet.«

»Deine Worte, edler Imperator, ehren uns und unser Volk,« erwiderte Athemar, »aber wir haben nur den einen Wunsch, zu unserer Heimat zurückzukehren und dort zu leben und zu sterben. Du weißt, ich bin nach Rom gekommen, um der Mutter ihren Liebling zurückzuholen; gestatte, daß ich mein Wort halte und mit ihm zum Heimattal zurückkehre.«

»Ich habe es erwartet, denn ihr liebt eure Heimat und habt in Rom nicht freundliche Eindrücke empfangen. Da kann ich euch nur mit meinen besten Wünschen zum Kattenlande zurücksenden.«

Er nahm von einem silbernen Teller zwei goldene Ringe und steckte sie ihnen an die Finger. »Ich ernenne euch, die ihr zu Wasser und zu Lande für Rom gefochten habt, zu römischen Rittern und wünsche, daß stets Friede zwischen eurem Volke und dem meinen sei. Ich bleibe stets euer dankbarer Freund.

»Athemar,« – er reichte ihm die Hand – »deinem Schwerthieb im Apennin danke ich das Leben. Wie ich sehe, trägst du den Armring, den ich dir dort gab; er soll dich stets erinnern, daß du in Rom einen zweiten Vater hast.

»Und du, Jüngling,« wandte er sich an Isko, »du glänzendster Schwertkämpfer Roms, der sein Leben nach Germanenart, wie Tacitus sagt, in echter Dankbarkeit für ein altes Weib aufs Spiel setzte, du wirst dem römischen Ritterring stets Ehre machen. Kommt mit mir!«

Er führte sie in das Nebenzimmer.

»Ich kann euch nicht ohne Gastgeschenk entlassen.«

Auf einer Tafel standen silberne und goldene Gefäße, lagen Schmucksachen. Ein reicher Schatz aus silbernen und goldenen Schalen, Bechern, Krügen, zierlichen Amphoren in der vollendetsten Arbeit der besten römischen Goldschmiede jener Zeit stand vor ihnen, wie ihn nur die vornehmsten Häuser Roms aufweisen konnten; desgleichen hatten die geblendeten Jünglinge noch nicht gesehen.

»Das ist für euren Vater, Kinder Ingomars, der Dank des Imperators für die Taten seiner Söhne. Und dies,« er hob ein wundervoll gearbeitetes Perlenhalsband auf, »ist für eure ehrwürdige Mutter, von der Tacitus mir erzählt hat – zugleich mit diesem Armschmuck,« er zeigte ein ebenso kostbares Armband.

Die Jünglinge staunten nur über diese Schätze von nie gesehener Pracht und vor allem rührte es sie, daß der Kaiser ihrer lieben Mutter gedacht hatte.

»Und was gebe ich euch nun? Waffen kann ich euch nicht schenken; ihr könntet sie einst gegen Rom brauchen,« setzte er lächelnd hinzu. »Aber Tacitus sagte mir, was euch Freude machen würde, den eifrigen Jägern.« Er wies hin auf eine Sammlung von Fellen und Jagdtrophäen aller jagdbaren Tiere Afrikas und Asiens.

Der Löwe, der Tiger, der Panther, alle Leopardenarten, die Giraffe waren in prächtigen Exemplaren vertreten. Daneben die Häute der mannigfachsten Antilopenarten und ihre riesigen, seltsamen Gehörne; auch die Stoßzähne eines Riesenelefanten waren da, dazu die Jagdwaffen all der südlichen Völker. Es war eine auserlesene Sammlung. »Damit schmückt eure Halle!«

Nerva erkannte, daß Tacitus wußte, was Germanen Freude bereite, denn diese gab sich lebhaft bei den Jünglingen kund.

»Dazu erhält jeder von euch drei der edelsten Rosse Roms. Dies alles, meine Freunde, geht dieser Tage nach Moguntiacum ab, um eurem Vater übersandt zu werden, dem ich selbst schreiben will. Der alte Legionär, der mit euch im Apennin für mich focht, soll sich melden; er wird von Trajan hunderttausend Sesterzien empfangen, und für den starken Mann, den frommen Löwenbesieger, sorge ich durch Cassius Longinus.«

Gerührt von so viel Güte, wollten die Jünglinge danken. Lächelnd wehrte der Kaiser ab. »Ich bleibe euer Schuldner. Vertragt euch mit meinem Sohne Trajan und helft den Frieden zwischen uns aufrecht erhalten. Und nun lebt wohl, Söhne Ingomars; die Götter seien mit euch!«

Er reichte ihnen die Hände, und beide entfernten sich, das Bild dieses hohen Greises im dankbaren Herzen bewahrend.

Cassius Longinus war auf seinen Wunsch mit einem Kommando im pannonischen Heere betraut worden. Sentius Saturninus hatte auf Befehl Nervas die Güter seines Hauses zurückerhalten und davon sofort Diomed sein Erbteil ausgezahlt, auch reiche Geschenke an den braven Bataver an der Mündung des Arnus gesandt, der ihm opfermutig das Leben gerettet hatte.

Seiner Bitte, in Obergermanien dienen zu dürfen, wo schon seine Väter als Prokonsuln und Legaten gewirkt hatten, war von dem Kaiser gern entsprochen worden und er war bereits nach Moguntiacum abgereist, um sich dem Befehle Trajans zu stellen.

Catuald war sichtlich betrübt, daß ihn die Söhne seines Blutsfreundes verließen.

»Ihr hättet es weit gebracht in Roms Riesenreich; ihr seid beide auserlesene Krieger und unter dem weisen Nerva und seinem Sohne Trajan erblüht dem Reich eine neue Zukunft.«

»Rom, teurer Catuald, ist gewaltig; sein Reich umspannt fast die Erde, und die Stadt ist der Mittelpunkt einer Welt. Du bist Römer geworden, Catuald, wenn auch dein Herz noch deutsch schlägt. Du bist einer der Großen dieses Reiches, die in die Wagschale seiner Geschicke ihr wuchtiges Schwert werfen können, und gehörst zu Rom. Doch uns ruft die Heimat, die Volksgenossenschaft, zu der wir gehören, mit tausend Stimmen, und der Freiheit Odem, der durch unsere Wälder rauscht, ist uns lieber als aller Glanz und alle Pracht Roms. Wir sind Barbaren in der Römer Augen – gut; aber todesfreudige Krieger, die einst die Walküre hinauf zum ewigen Vater tragen wird, um dort bei Einheriern zu sitzen. Verzeihe uns, du unser zweiter Vater, aber wir können nicht anders.«

»Nein,« sagte der derbe Soldat, »ich weiß es, ihr könnt nicht anders. Es gab eine Zeit, da ich auch so dachte. So zieht unter Allvaters Schutz – ich werde euch vermissen.« Der Alte war sichtlich gerührt.

Auch er sandte reiche Geschenke an kostbaren indischen und persischen Teppichen und Geweben an seinen alten Kampfgenossen und Blutbruder Ingomar.

Die beiden Brüder wollten, ehe sie das Land der Italer verließen, noch Tacitus und die Freunde in Antium aufsuchen, um sich von ihnen zu verabschieden, und Cassius Longinus wollte sie begleiten, ehe er ins Feld ging. Von Antium sollte ein Kriegschiff sie nach Genua führen, um die Beschwerden der Reise abzukürzen. Tacitus hatte unter Nerva ein hohes Staatsamt angenommen und so hatten sie die Freude, den großen Historiker in Rom zu begrüßen. Er schenkte, seines Versprechens eingedenk, Athemar ein Exemplar der »Germania«, die eben veröffentlicht wurde. »Dies Buch wird die Römer anders über euch denken lehren, ihr Söhne Germaniens,« sagte er. Mit seinen besten Wünschen und herzlichen Grüßen an die Eltern entließ er sie.

An einem schönen Morgen verließen Athemar und Isko in Begleitung des Kriegstribunen Cassius Longinus, der wieder Soldat geworden war und die Bereitung wohlriechender Salben ganz aufgegeben hatte, die Siebenhügelstadt und ritten mit zahlreichem Gefolge die Appische Straße entlang, ihren Weg nach Antium suchend.

Auf einem Hügel nahe der lieblich ans Meer sich schmiegenden Stadt lag Longinus' herrliche, von prächtigen Gärten eingefaßte Villa. Die Domina hatte es abgelehnt, diese zu bewohnen, und sich mit Claudia und ihren Kindern in einem freundlichen Gartenhause niedergelassen, das den Ausblick auf das Meer gewährte. Für Medor, der ein sehr geschickter Schiffszimmermann war, hatte Longinus eine Werft herrichten lassen, denn der bescheidene, fleißige Hüne wollte in seinem Berufe bleiben.

Mit freudiger Rührung trafen die Freunde in dem stillen Gartenhause der Witwe unendlich glückliche Menschen, die sich mit zärtlicher Liebe ergeben waren. Schon galt die Domina ringsum als die Wohltäterin der Armen. Die Freude war groß, als Isko mit seinen Begleitern erschien, und innig wurden alle empfangen. Claudia vergoß Tränen der Rührung, als sie ihren jungen Retter sah, und die Freude Medors, der Isko seit Ravenna tief in das Herz geschlossen hatte, war schier unbändig. Das Gartenhaus mit seiner blumenreichen Einfassung war eine Insel der Seligen.

Vier frohe Tage brachten sie bei diesen seltenen Menschen zu; auch der vornehme Römer fühlte ganz die Wonne eines solchen Familienlebens, das ihm fremd war. Diomed bereitete sich vor, als Diener des Herrn dessen Wort zu verkünden.

Dann schlug die Stunde der Trennung.

Im Hafen lagen drei Kriegsgaleeren, die nach Genua bestimmt waren, und von Rom war Befehl eingetroffen, die kattischen Fürstensöhne als Gäste des Imperators dorthin überzuführen. Zu ihrer angenehmen Überraschung fanden sie als deren Befehlshaber den zum Tribunen ernannten Icilius auf seiner Triere »Octavius«, der seine Kampfgenossen willkommen hieß.

Sie schieden in herzlicher Weise von Diomed und den Seinen, Isko unter den Tränen der Frau Claudia und des weichherzigen Medor.

Cassius Longinus begleitete sie an Bord und hinaus steuerte die Galeere in das Meer, unter dem leuchtenden blauen Himmel, die etrurische und ligurische Küste entlang, bis zu dem stolzen Genua.

Hier erklärte ihnen Icilius, daß er Befehl von Rom habe, für Diener, Pferde und Maultiere zu sorgen. Athemar und Isko nahmen zwei des Kriegsdienstes entlassene Legionäre germanischen Stammes, die zur Heimat zurückkehrten, in Dienst und ein glücklicher Zufall wollte es, daß sie zwei junge Katten aus dem Madengau, die gleich Isko an der Lahn gefangen und in Sklaverei geraten waren, loskaufen konnten. Reitknechte und Maultiertreiber gesellten sich dazu, so daß die beiden Jünglinge mit stattlichem Gefolge einherritten. Dies geschah alles auf Befehl Nervas, der ihnen zugleich eine bedeutende Summe Geldes überreichen ließ, damit sie stattlich zur Heimat zurückkehrten. Beide behielten das römische Gewand bei, das sie erst in Mainz gegen die heimische Tracht umzutauschen beabsichtigten.

Während des Überganges über die Alpen trafen sie in einer Herberge, in der sie dort abstiegen, zu ihrer nicht angenehmen Überraschung Fuscus, den ehemaligen Stadtpräfekten von Florentia und späteren Unterpräfekten von Rom, der augenscheinlich auch nach Norden zu gehen beabsichtigte. Fuscus schien wenig erbaut über dieses Zusammentreffen zu sein.

Dennoch hatte er die Keckheit, Athemar anzureden.

Der maß ihn von oben bis unten und sagte: »Ich bin für manches in deiner Schuld, Fuscus, unter anderem auch für den Überfall durch die beiden von dir gedungenen Mörder an der Subura –«

»Was?« der Präfekt erbleichte sichtlich.

»Hüte dich,« fuhr Athemar mit finsterem Gesicht fort, »mir in die Nähe zu kommen, wenn mein Schwert die Scheide verläßt; ich könnte leicht in Versuchung geraten, meine Schuld auf einmal zu tilgen.«

Fuscus verschwand und hatte bald die Herberge verlassen.

Athemar und Isko sannen vergeblich darüber nach, was den in Rom unmöglich gewordenen Mann nach Norden führe.

Sie setzten dann die Reise über das Gebirge, durch das Land der Räter fort, um nach Argentoratum zu gelangen, wo Trajan weilen sollte, und dem Legaten Obergermaniens, dem Mitregenten des Kaisers ihre Ehrerbietung zu bezeigen.

Schon in Italien waren Gerüchte zu ihnen gedrungen, daß es in Obergermanien gäre und besonders die durch ihre Niederlage und neue vorgeschobene Festungswerke der Römer erbitterten Katten zu den Waffen gegriffen hatten.

In ihrem letzten Nachtlager vor Argentoratum verschwand einer ihrer Maultiertreiber mit einem der Saumtiere, das unter anderem das Felleisen trug, in dem ihre Ernennungen zu Rittern, der Brief Nervas an Trajan und noch manches Wertvolle ruhte.

Beide waren spurlos verschwunden und es war keine Aussicht, des Mannes oder des Tieres habhaft zu werden.

Mißgestimmt erreichten sie das feste Argentoratum. Trajan aber war nach Norden geritten, da in der Tat, wie sie auch hier erfuhren, kriegerische Verwicklungen mit den Katten drohten.

Die beiden Legionäre, die sie von Genua aus begleitet hatten, trennten sich hier von ihnen, da sie aus dem Dekumatenlande stammten, und nur die beiden freigekauften jungen Katten blieben ihre Begleiter. So setzten sie ihre Reise den Rhein entlang nach Norden fort, um Moguntiacum zu erreichen. Auf dem Wege mußten sie gewahren, daß römische Truppen nach Norden zogen.

Sie waren in die Nähe von Tabernä (Zabern) gekommen und ritten durch den dichten Wald, der dort die Berge bedeckte, als plötzlich vor und hinter ihnen römische Reiter auftauchten und man ihnen befahl, sich widerstandslos gefangen zu geben.

Höchst erstaunt sahen sie auf die Legionäre. Da ritt auch schon ein rauh aussehender Zenturio heran, ein schwarzbärtiger Iberer (Spanier), der schon in Spanien unter Trajan gedient hatte.

»So, meine Burschen, haben wir euch? Nehmt ihnen die Schwerter.«

»Du weißt nicht, was du tust, Zenturio; wir sind römische Ritter und auf dem Wege zu Trajan.«

»Wissen wir alles, großmäuliger Katte, und werden schon bald mit euch beiden fertig werden.«

Athemar und Isko wußten nicht, was sie aus all dem machen sollten.

»Willst du mir nicht sagen, o Zenturio, warum du uns verhaftest, und auf wessen Befehl?«

»Wirst schon alles erfahren, Bursche – vorläufig haben wir euch, den Göttern sei Dank!«

Man nahm beiden die Waffen. Ein Widerstand war unmöglich; dicht umgaben die Reiter sie und starrten sie neugierig an. Sie ergaben sich mit Würde in ihre Lage, mehr verwundert über diesen seltsamen Vorgang als erschreckt.

Es wurde eine rasche Gangart angeschlagen und bald war man in Zabern, wo zur Zeit römische Truppen lagen.

Man führte beide in das Stadthaus vor ein eilig zusammengerufenes Militärgericht, das aus einigen älteren Zenturionen bestand.

»Hier sind die beiden Gesellen, nun urteilt sie ab.« Damit meldete der schwarzbürtige Zenturio seine Gefangenen im Saale des Stadthauses an.

Athemar und Isko standen vor einem Gerichtshofe, ohne zu wissen warum. Ringsum drängten sich Legionsoldaten.

»Ihr seid Katten und die Söhne des Lahnfürsten Ingomar, nicht wahr?« fragte der Vorsitzende.

»Du sagst es. Nebenher sind wir römische Ritter, und ich erwarte, daß du mir bekanntgibst, warum man uns so behandelt.«

»Was tut ihr, während Krieg droht, in Feindeslande?«

»Wir kommen von Rom; nur unbestimmte Gerüchte von Unruhen am Rhein drangen während der Reise zu uns. Wir sind im Begriffe, Trajan aufzusuchen.«

»Ja, um ihn zu ermorden und so das Kattenland von seinem gefährlichsten Gegner zu befreien!«

Höchst verwundert vernahmen beide diese Beschuldigung.

Lächelnd sagte Athemar: »Die Germanen schicken keine Meuchelmörder aus, und wie ich dir sagte, wir kommen von Rom, wo wir lange in den prätorischen Kohorten dienten.«

»Wir werden es dir anders sagen.«

Der Vorsitzende winkte und herein wurden geführt Fuscus und der entflohene Maultiertreiber.

»Nun, edler Präfekt, bringe deine Beschuldigung vor.«

»Ich war, in Staatsaufträgen von Verona kommend, im Lande der Räter durch Zufall Zeuge einer Unterredung, in der diese beiden Leute mit einem dritten, wie es schien, einem römischen Mann, die Ermordung Trajans besprachen, die im Auftrage des Kattenvolkes vollzogen werden sollte, um den Krieg zu vermeiden. Sie vermuteten ihn in Argentoratum. Dort machte ich Anzeige. Der dritte war leider nicht zu ermitteln. Hier mein Diener, ein freier Mann, war Ohrenzeuge wie ich.«

»Ist dem so?«

»Bei den Göttern, du sagst es,« bestätigte der Maultiertreiber.

»Und was sagt ihr?«

»Daß dieser fortgejagte Präfekt der größte Lügner ist, den Rom je hervorgebracht hat,« erwiderte Athemar.

»Beschimpfe nicht einen edlen Beamten, Bursche, oder ich lasse dich in Ketten legen!«

»Den feigen Heuchler kann man nicht beleidigen, o Zenturio.«

»Ihr seid also durch die Zeugnisse eines edlen Beamten und eines freien Römers –«

»Eines Diebes, der uns Maultier und Gepäck gestohlen hat!« warf Isko zornig ein.

»Ihr seid überführt, heimlich über den Rhein gekommen zu sein, um den Legaten zu ermorden. Wir haben die Pflicht, über das Leben des Feldherrn zu wachen, das schon kürzlich durch einen Gallier bedroht war; das Land ist im Kriegszustande und wir sind die Richter. So verurteilen wir euch zum Tode durch den Strang und das Urteil wird sogleich vollstreckt.«

Die anderen Richter nickten, und Fuscus betrachtete beide Gefangene mit höhnischen Blicken.

Das wurde Ernst. Diese einfachen Legionäre, die jüngst aus Iberien gekommen waren, schienen jeder rechtlichen Erwägung unzugänglich zu sein. Fuscus und seine Aussage genügte ihnen.

Athemar trat vor und sagte hochaufgerichteten Hauptes: »Euer Urteil auszuführen, wäre Mord, und du, Zenturio, würdest es mit dem Leben büßen. Wir sind auf dem Wege zu Trajan, um ihm einen Brief des Imperators zu überbringen, in dessen hoher Gunst wir stehen.«

»Zeige mir den Brief!«

»Der Bursche dort hat ihn uns, wahrscheinlich im Auftrag des Fuscus, gestohlen.« Athemar deutete auf den Maultiertreiber.

»Aha! Das wußten wir vorher. Das Urteil ist verkündet. Dekurio,« wandte der Vorsitzende sich an einen Soldaten, »laß es vollziehen; wir haben nicht viel Zeit.«

Die Legionäre nahten sich den Brüdern, um sie zu binden; der sogenannte Gerichtshof wollte sich entfernen. Fuscus rieb sich vor Vergnügen die Hände. Er war nach Norden gegangen, um Trajan zu einer Erhebung gegen Nerva aufzustacheln; von den letzten Vorgängen in Rom wußte er noch nichts, und befriedigte mit seiner falschen Anklage nicht nur seine Rache an den Brüdern, sondern glaubte auch, sich dadurch bei Trajan einzuschmeicheln.

Das Heranreiten einer starken Reitermasse draußen ließ alle aufhorchen. Die Tür wurde aufgerissen und herein trat Sentius Saturninus im Helme des Tribunen.

»Laß deine Reiter aufsitzen, Zenturio; Trajan kommt.«

Großes Aufsehen erregte das Wort. Mit nicht geringerem Erstaunen aber sah Sentius Athemar und Isko von drohenden Legionären umgeben.

»Bei den Göttern, Freunde, wie kommt ihr hierher?« Er schritt auf sie zu und reichte ihnen die Hände. »Was hat man mit euch vor?«

»Man will uns hängen, Sentius; der Ehrenmann da,« sagte Athemar und deutete auf Fuscus, der sehr bleich geworden war, als er Sentius erblickte, »hat bei den Göttern beschworen, daß wir über den Rhein gekommen seien, um Trajan zu ermorden.«

»Hast du mehr als einen Kopf, Zenturio, daß du Freunde des Kaisers auf das Zeugnis des verächtlichsten aller Speichellecker hinrichten lassen willst?« fragte Sentius mit funkelnden Augen den Zenturio, der den Vorsitz geführt hatte.

»Der Präfekt hat es beschworen,« stammelte der alte Soldat.

»Der beschwört alles.«

Von neuem öffnete sich die Tür; zwei Zenturionen traten herein und blieben an der Tür stehen.

In deren Rahmen erschien ein hochgewachsener, von Sonne und Wind gebräunter Krieger von stolzer Haltung.

»Trajan,« murmelte alles ehrfurchtsvoll und machte schweigend dem Feldherrn Platz.

Sentius schritt auf ihn zu und ebenso der alte Zenturio, ihn ehrfurchtsvoll begrüßend.

»Ich höre, daß man hier zwei Katten richtet, die es auf mein Leben abgesehen haben sollen; ich will sie mir doch selbst anschauen.«

Er trat zu dem erhöhten Sitz, den vorher der Zenturio eingenommen hatte, und ließ sich darauf nieder.

Totenstille herrschte ringsum.

Trajan richtete das dunkle Auge auf die beiden allein stehenden Katten. Lange sah er Isko an. Dieser erkannte in ihm sofort den Krieger, den er verwundet im Grenzwald gefunden hatte.

In dem ernsten Gesichte Trajans erschien ein weicher, freundlicher Zug, der diesem Antlitze sonst fremd war, es jetzt aber wie lichter Sonnenschein verklärte.

»O –« sagte er, »das ist ja mein junger Freund aus den Rheinbergen! Nein, junger Katte, du bist kein Meuchelmörder; gib mir die Hand.«

Tief erfreut trat Isko auf ihn zu und berührte ehrfurchtsvoll seine Rechte.

»Nun sage mir, wer du bist, und wie du in solche Lage kommst?«

»Ich bin Isko, der Sohn Ingomars, des Fürsten im Lahngau; hier steht mein Bruder Athemar. Wir kamen eben von Rom und waren im Begriff, dich aufzusuchen, als man uns, auf Bezichtigung des Fuscus dort, verhaftete und zu Mördern stempelte.«

Trajan warf einen Blick auf Fuscus, der diesen zittern machte.

»Mein Vater Nerva hat mir von euch geschrieben. Und du bist Athemar?«

Hoch horchte Fuscus auf, als Trajan von seinem Vater Nerva sprach. Hatte ihn der Kaiser adoptiert? Dann war er, Fuscus, verloren.

»Ja, Cäsar,« sagte Athemar.

Auch ihm gab Trajan die Hand.

»Ihr seid die Freunde meines Vaters Nerva; ihr seid auch meine Freunde und meine Gäste. Erkennst du mich denn, Isko?«

»Wer sollte dein Angesicht je vergessen, Cäsar?«

»Ei, hast du in Rom schmeicheln gelernt, junger Germane?« erwiderte lächelnd Trajan.

Er ließ sich kurz von ihrer Verhaftung und deren Folgen berichten und sprach dann leise mit Sentius.

»Dein Urteil, guter Zenturio,« wandte er sich an diesen, »ist aufgehoben. Du hast dich durch falsches Zeugnis beeinflussen lassen. Sentius, nimm dich des Fuscus und seines Begleiters an, und wenn das gestohlene Maultier mit den Papieren nicht alsbald zur Stelle geschafft wird, laß den Burschen hängen. Für den ehemaligen Präfekten Florentias wollen wir auf andere Weise sorgen.«

»Edler Trajan,« brachte dieser bleich und stockend hervor, »ich bin römischer Bürger und Ritter –«

»Bringt ihn fort und legt ihn in Ketten; er soll Gelegenheit haben, sich wegen des Mordversuchs an Nerva, wegen Fälschung, Diebstahl und Meineid zu reinigen. Fort! Sein Anblick beleidigt mein Auge.«

Gütig wandte er sich dann an die Söhne Ingomars. »Ihr begleitet mich nach Moguntiacum, meine jungen Freunde; von dort will ich euch ins Kattenland entlassen.«

Athemar und Isko erhielten ihre Pferde und Waffen zurück. Die Zenturionen entschuldigten sich bei ihnen und bald ritten alle neben Trajan, dem künftigen Kaiser, die Straße nach Mainz entlang.

»Es haben sich Schwierigkeiten erhoben zwischen eurem Volk und mir, ihr Jünglinge. Die Katten sind ein unruhiges, kriegerisches Volk und euer Herzog scheint nach Kampf begierig. Es liegt nichts vor, was uns ernstlich entzweien könnte; wir achten eure Grenze und begehren keinen Fußbreit Land von euch, aber der Pfahlgraben ist die Grenze zwischen Germanien und Rom, und alles Land westlich von ihm ist und bleibt römischer Besitz. Ungern möchte ich gegen ein tapferes Volk das Schwert ziehen; ich möchte euch lieber zu Freunden haben. Bin ich aber gezwungen, Krieg zu führen, so geschieht es mit allem Nachdruck, und Vorteil wird niemand davon haben.«

»Mit tiefem Leidwesen habe ich vernehmen müssen, o Cäsar,« entgegnete Athemar, »daß Wolken sich zwischen dir und meinem Volk erhoben haben; was ich dazu tun kann, sie zu zerstreuen, wird geschehen. Ich sehe nur Heil für uns in der Freundschaft mit Rom, wie wir sie zur Zeit mit euch hielten, als Antonius Saturninus hier als Legat gebot.«

»Bringe diese Überzeugung bei deinem Volke zur Geltung, Athemar, dann wird viel edles Blut gespart werden.«

Noch ehe sie Mainz erreichten, waren zwar nicht das gestohlene Maultier, aber die geraubten Papiere zur Stelle; man hatte sie in Fuscus' Quartier gefunden. Der Brief Nervas an Trajan war da, wie die »Germania« des Tacitus; doch auch noch andere Briefe hatte man gefunden mit Aufforderungen vornehmer Römer an Trajan, Nerva zu stürzen und sich auf den Thron zu schwingen. Sie waren geschrieben, ehe Nerva Trajan adoptierte, und Fuscus hatte ihre Besorgung auf sich genommen.

»Ah – da zischt die Natter schon gegen Nerva; es ist Zeit, daß man sie beseitigt,« äußerte Trajan, als er es erfuhr.

In Mainz wurden die Brüder als Gäste Trajans im Palaste fürstlich aufgenommen.

Alsbald gingen auf flinken Rossen die beiden jungen Kattenkrieger, die Athemar in Genua losgekauft hatte, nach Ingomars Burg ab, um der Brüder Ankunft zu melden und um Kleider für sie zu bitten, da sie nur im Schmucke kattischer Krieger in das Heimatland einziehen wollten.

Trajan sah die beiden Brüder oft bei sich und ließ sich von ihnen ihre Abenteuer im Lande der Italer und in Rom erzählen.

Er selbst sagte einmal: »Ich war oft in blutiger Schlacht in dringender Todesgefahr, aber nie war ich dem Tode so nahe, als da ich mit gebrochenem Bein im Rheinwalde lag. Doch die Götter sandten dich, Isko, und ich sehe noch dein sonniges Antlitz und höre noch deine Worte: ›Wir Katten töten Wehrlose nicht!‹«

In offener Weise äußerten sich beide über Rom, und welch üble Eindrücke sie von seinem Volke empfangen hatten.

»Ja,« sagte Trajan ernst, »es fehlt diesem Volk am altrömischen Gefühle strenger Sittlichkeit, ich weiß es wohl; doch mein Vater, der edle Nerva, ist der Mann, es wieder zu erwecken und ich, der Sohn seines Geistes, werde in seinen Fußstapfen wandeln. Beurteilt uns nicht nach Fuscus und dem schreienden Pöbel!«

Der ehemalige Präfekt Fuscus wurde auf Lebenszeit nach Korsika verbannt; er war damit ausgelöscht aus Roms Welt. Für den Römer eine schwere Strafe.

Die Kleider der beiden Fürstenkinder waren gekommen und sie verabschiedeten sich von dem nachmals berühmten Cäsar in stattlicher Germanentracht. Trajan schenkte ihnen noch edle Rosse und ließ sie durch Sentius mit großem Gefolge bis an die Berge geleiten, wo dreihundert Kattenjünglinge ihrer harrten, die sie mit stürmischen Heilrufen begrüßten.

Nach dem Abschied von Sentius ritten sie, begleitet von der Jugend, ins Kattenland ein und lauschten mit Wonne dem Rauschen der Wälder, atmeten die herrliche Heimatluft.

Wie ein Lauffeuer war die Kunde durchs Kattenland gedrungen: »Isko ist zurück! Der Liebling ist da! Athemar hat ihn aus dem Lande der Römer zurückgeholt!«

Von allen Höfen ritten und liefen die Leute herzu, um den Liebling des Volkes leibhaft zu schauen, streuten ihm Eichenzweige und riefen ihm Heil zu.

Als sie aber, begleitet von vielen Hunderten, in das Tal ritten, in dem die Burg Ingowars in altem Glanze sich erhob, sahen sie Edle und Freie in unabsehbarer Zahl, zum Teil weit hergekommen, um die heimkehrenden Söhne des Fürsten zu begrüßen.

Iskos Falkenauge aber erkannte die Gestalt der Mutter am Tore. Alles um sich her vergessend, gab er seinem edlen Rosse die Fersen und jagte hindurch, niemandes achtend – ein Sprung vom Pferde – und er lag an der Mutter Brust.

»Mutter! Mutter!« – »Liebling! Den Göttern sei Dank!« war alles was sie sagten.

Dann umarmte er den Vater, der ihn herzhaft an sich drückte.

Nun kam auch Athemar. Zärtlich umarmte und begrüßte ihn die Mutter: »Athemar, Lieber, du bist ein auserlesener Degen. Dein Heldenarm hat mir das größte Glück des Lebens bereitet. Nimm deiner Mutter Segen!«

Nun wandte sich Isko zu den Freunden, die ihn erwartet hatten: »Verzeiht mir, doch die Mutter geht über alles!«

»Ja, recht, Isko. – Isko, sei willkommen! – Heil Isko! Das Land hat dich wieder. Willkommen im Kattenland!«

Alle drängten sich um ihn und Athemar, um ihnen die Hände zu schütteln. Freude und lauter Jubel herrschte überall: Isko, der Liebling, war da.

Es war eine Stunde seltenen Glückes für das Haus Ingomars, als seine beiden Söhne nach langer, wilder Fahrt heimkehrten.

Bis spät in die Nacht loderten die Feuer, kreisten die Methörner, klangen die uralten Lieder.

Auch Bodmar hatte sich eingefunden und war nicht wenig überrascht, als er erfuhr, daß der alte Herr, dem er in Gesellschaft der beiden Fürstensöhne das Leben retten half, jetzt Imperator sei und seiner so fürstlich gedacht habe. Es war ein Vermögen für den alten Kriegsknecht.

Durch den Einfluß Athemars und seines einsichtvollen Vaters sowie durch das Entgegenkommen Trajans wurden die Streitigkeiten mit den Römern, die nur unwesentliche Dinge betrafen, leicht beigelegt und ein dauernder Frieden mit Rom geschlossen.

Als aber die Geschenke Nervas und Catualds eintrafen, deren Pracht sinnverwirrend auf die schlichten Deutschen wirkte, war das Staunen unendlich; von weit und breit strömten die Leute herbei, sie zu sehen und zu bewundern.

Hunderte von Jünglingen meldeten sich zum Eintritt in die Legionen, um auch einst mit solcher Beute zurückzukehren.

Athemar und Isko, deren Taten im Lande der Römer nach und nach im Volke bekannt wurden, erfreuten sich noch mehr wie früher der allgemeinen Liebe und Achtung. Isko aber dachte oft der sanften Freunde in Antium, der beiden edlen Frauen, Diomeds und des heldenhaften Medor.

In seinen Träumen stieg auch manchmal das Bild des sanften Gottessohnes herauf, der am Kreuze, wie die Christen sagten, für die Menschheit gestorben war. Die Schauer der Götterdämmerung, von der die heiligen Lieder seines Volkes meldeten, erschütterten dann seine Seele; die glänzenden Asen gingen zu Grunde, das Chaos trat ein – und der holde Baldur, der, allein noch übrig von der Götter Geschlecht, die Welt neu gestalten sollte, trug die Züge des Dulders von Golgatha.


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