Ludwig Tieck
Die Theegesellschaft
Ludwig Tieck

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Zehnter Auftritt.

Vorige. Rothmann.

Rothmann tritt sehr verlegen herein, grüßt, läßt den Hut fallen, kneift die Augenbraunen. Ergebenster, – Sie haben –

Ahlfeld. Ah! sieh da, Herr Rothmann! – Nur näher, Herr Gelehrter, nur näher!

Rothmann. Ich bitte – – Er stellt sich hinter einen Stuhl.

Julie. Ist's nicht gefällig, sich zu setzen?

Rothmann. Ich bitte recht sehr –

Wagemann, lacht. Ha, ha, ha! – Ja da haben Sie Recht, das ist sehr kurios! – Aber was sagt denn der Gegenpart? Na, lassen Sie 'mal hören. Spricht wieder leise mit Berger.

Ahlfeld. Legen Sie doch ab. Er will Rothmann den Hut abnehmen; beide laufen nach der andern Seite des Theaters. – Haben Sie die Verse?

Rothmann. Ihnen gehorsamst aufzuwarten, – hier sind sie. Giebt sie ihm.

Ahlfeld. Sie müssen's mir einigemal vorrecitiren oder declamiren, daß sie mir bekannt werden.

Rothmann. Sie haben nur zu befehlen.

Ahlfeld. Nun, es findet sich wohl eine Zeit. – Es soll schon werden.

Julie. Trinken Sie Thee?

Rothmann. Ich danke gehorsamst –

Ahlfeld. Machen Sie keine Umstände.

Rothmann. Nun, wenn ich also bitten darf –

Julie präsentirt ihm.

Dornberg. Ein schönes Getränk, – und an Ihrer Seite, meine Julie –

Julie. Soll das ein Kompliment werden?

Dornberg. Halten Sie meine Gefühle für Komplimente?

Ahlfeld. Es reimt sich doch alles? Ich kann die andern Verse gar nicht leiden.

Rothmann. Ich habe es so eingerichtet, daß es sich immer dreifach reimt.

Ahlfeld. Charmant.

Julie. Herr Werner ist heut sehr unartig.

Rothmann. Er geht noch unter den Linden spazieren, mit einem guten Freunde, der heut angekommen ist. – Beide werden bald die Ehre haben –

Julie. So?

Rothmann. Der Fremde wollte nur noch das Thor von allen Seiten recht in Augenschein nehmen.

Ahlfeld. Wer ist denn dieser Fremde?

Rothmann. Er kömmt aus Südpreußen.

Dornberg. O weh! aus Südpreußen?

Rothmann. Er heißt Ehlert, – Justizkommissarius! – ein wunderlicher Mensch, alle haben ihn unter den Linden angesehn.

Wagemann, immer während des Essens und Trinkens; – hat eben zu sprechen aufgehört. Er mag wohl hier fremde sein.

Rothmann. Ganz recht, das ist grade sein Unglück; – und sein Gang, – er hat einen langen Stock, mit tricolor-seidenem Band: –

Ahlfeld. Er geht mit Herr Werner?

Rothmann. Ja.

Dornberg. Nun, dann gehn zwei wunderliche Menschen miteinander.

Ahlfeld. Da haben Sie wohl Recht – Werner ist ein recht ausgemachter Narr.

Dornberg. Ein Mensch ohne Delikatesse; einer der den Enthusiasten spielt, und am Ende kein wahres Gefühl hat.

Ahlfeld. Für Kunst gewiß nicht; denn da fehlt ihm das eigentliche Ensemble, das Genie, – das Wesen, was den Künstler und den Kunstfreund ausmacht; denken Sie, er hat die letzte Ausstellung gar nicht gesehn.

Rothmann. Ei, das gesteh' ich! und es waren doch so herrliche Stücke da.

Dornberg. Mit seinem ungenirten Wesen will er eine eigentliche angeborne Grobheit maskiren.

Ahlfeld. Er gehört zu keiner Ressource, und moquirt sich sogar darüber.

Dornberg. Man sagt, er habe Verstand, aber es ist nur Rechthaberei.

Ahlfeld. Ganz recht, er disputirt mit jedermann, und will immer das letzte Wort behalten.

Dornberg. Nichts sagt er lieber, als Wahrheit, wie er sich ausdrückt.

Ahlfeld. Ganz recht, ein ungeziemlicher Wahrsager, – weiter nichts.

Rothmann. O, Sie erinnern mich daran, – denken Sie, letzt erzählte er mir, – er habe sich neulich von einem alten Weibe wahrsagen lassen. Es ist ein wunderlicher Mensch.

Ahlfeld. Wirklich?

Dornberg. Eine solche Absurdität sieht ihm ähnlich. – Sie schweigen, meine Julie?

Julie. Ich müßte seinen Advokaten machen; denn Sie haben sich ja alle in Anklagen erschöpft, – und das will ich nicht.

Dornberg. Sie liebenswürdige, sanfte Seele.



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