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Vorwort.

Der Gegenstand einer Bismarck-Dichtung muß sein: der Mann und sein Volk. Man muß sehen, wie alle Kräfte des Volkes in diesem Einzigen zusammenströmen, wie sie aus ihm wieder über das Volk hinzuwirken beginnen, zu dessen eigenem Erstaunen, ja Mißvergnügen. Es hat lange genug gedauert, bis das Volk den Schicksalssinn von Bismarcks Leben begriffen hatte, und wie sehr es selbst in ihm gespiegelt sei.

In diesem einen Leben finden sich alle Grundbestandteile der deutschen Art: Dürer ist darin und Ludwig Richter, Beethoven und Brahms, Lessing und Jean Paul, Luther und Kant, die Quitzows und Jakob Böhme. Alle Tiefen und alle Höhen, alles Licht und aller Schatten, alles Klare und alles Krause, alles Ernste und alles Heitere, alles Große und alles Kleine.

Das historische Geschehen ist nichts Nebensächliches, aber es ist auch nicht Bismarcks ganzes Um und Auf; nur ein Teil seines Wirkens ist politische Gestalt geworden. Der Politiker Bismarck ist nur ein Teil der ungeheueren, umfassenden, universalen, in jedem Belang heroischen, persönlich-menschlichen Wesenheit Bismarck.

Der Gegenstand einer Bismarck-Dichtung muß sein: der Weg vom Persönlichen zum Unpersönlichen. Der Weg des Helden aus dem Bereich des Handelns zum Mythos.

Und noch eins: ich glaube, die Sprache einer solchen Dichtung müßte so sein, daß ein Hauch der Bismarckschen Sprachmelodie, wie wir sie in seinen Briefen, Reden und Erinnerungen finden, durch sie hindurchschwingt, nicht leeres Satzgeklapper, sondern Deutsch vom Stamme Luther, Grimmelshausen, Bismarck. Ich habe es versucht, diesen guten Sprachgeist in meinem Werk nicht zu verleugnen.

Für die Literarhistoriker möchte ich anmerken, daß ich niemandes Nachtreter oder Nachläufer bin. Da es denn manchmal auf das Erstgeburtsrecht anzukommen scheint, so verteidige ich das meine: bereits im Mai 1914 schrieben die Zeitungen über die bevorstehende Vollendung des ersten Bandes, von der man durch einen Zufall vorzeitig erfahren hatte; seit Oktober 1914 erschien »Der wilde Bismarck« in der Zeitschrift »Daheim«. Ich lege Wert auf diese Feststellungen, weil ich nicht wieder in den Literaturgeschichten, wie bei einem anderen Teile meines Schaffens, wo ich Vorläufer war, meine Selbständigkeit angezweifelt sehen möchte.

Zu guter Letzt: daß mein erster Bismarck-Band gerade zum Erinnerungstag als Buch erscheinen kann, ist ein Umstand, der mit seinem inneren Heranwachsen nichts zu tun hat. Da mein Werk reif geworden war, löste es sich von mir.

Karl Hans Strobl.


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