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Ein Zimmer in jenem Waldhäuschen, das in der »Prüfung der Seele« als Baldes Heim angegeben ist. (Frau Balde, Felix Balde, Capesius, Strader; später die Seele Theodoras.)
Frau Balde:
So sollen wir ihr strahlend schönes Wesen
Erst wieder fühlen dürfen, wenn wir selbst
Die Welt betreten werden, welche sie
So früh von uns hinweggenommen hat.
Vor wenig Wochen konnten wir die Milde,
Die jedes ihrer Worte warm durchwehte,
In unsrem Häuschen dankend noch erleben.
Felix Balde:
Wir beide, Felicia, meine Gattin,
Und ich, wir liebten sie aus tiefster Seele.
Und so ist euer Leid auch uns verständlich.
Strader:
Die liebe Theodora, ja sie sprach
Von Frau Felicia und Vater Felix
In ihren letzten Lebensstunden noch.
Es war ihr auch so ganz vertraut, was euch
Das Leben hier von Tag zu Tag gewährt.
So muss ich denn allein mich weiter tasten.
Sie war mir meines Daseins Wert und Inhalt.
Was sie gegeben, ist unsterblich mir,
Und doch – – sie ist nicht hier.
Felix Balde:
Wir werden
Mit euch auch unser Denken liebend ihr
In Geisteswelten senden und vereint
Mit ihrem Wesen noch in Zukunft sein.
Doch sagen muss ich: überraschend war,
Als wir von ihrem Erdenende hörten.
Es hat bei mir im Laufe vieler Jahre
Ein Blick sich ausgebildet, welcher mir
In manchen Augenblicken ungesucht
Die innre Lebenskraft der Menschen zeigt;
Und dieser Blick hat mich bei ihr getäuscht.
Ich konnte wahrlich niemals anders glauben,
Als Theodora werde noch recht lange
Auf Erden jene Liebe spenden dürfen,
Durch welche sie bisher gar vielen Menschen
In Glück und Leid so hilfreich sich erwiesen.
Strader:
Es ist recht sonderbar, wie alles kam.
Gesunde Lebensstimmung war ihr eigen
In gleicher Art, solange ich sie kannte.
Seit jenen Zeiten erst, als sie gewahrte,
Wie ihren Geist ein unbekanntes
Etwas Bedrängte und sich nahen wollte,
Ergriff sie düstres Sinnen immer mehr,
Und Leid ergoss sich dann in all ihr Wesen,
Man konnte sehen, wie die Leibeskräfte
Verzehrt vom innern Seelenkampfe wurden.
Sie sagte mir, wenn ich in meiner Sorge
Mit mancher Frage sie gar oft bedrängte,
Sie fühle sich Gedanken ausgesetzt,
Die furchterregend und wie Feuer wirken.
Und was sie weiter sagte, das ist schrecklich...
Als sie gedankenkräftig sich bemühte,
Den Grund zu schauen ihres Leid-Erlebens,
Da stellte sich ihr stets vors Geistesauge. ..
Thomasius..., den wir doch beide schätzten.
Und doch verblieb von diesem Eindruck stets
Zurück ein starkes Fühlen, das ihr sagte:
Sie müsse vor Thomasius sich fürchten ...
Capesius:
Thomasius und Theodora sollen
Nach strenger Schicksalsmächte Fügung nie
Im Leben sich in Leidenschaft begegnen.
Sie widersetzen Weitgesetzen sich,
Wenn einer von dem andern fühlen wollte,
Was nicht im Geiste ganz allein gegründet.
Thomasius verletzt in seinem Herzen
Die ernste Fügung hoher Schicksalskräfte:
Er soll an Theodora nicht Gedanken
In seiner Seele richten, die sie kränken.
Er aber fühlt, was er nicht fühlen darf.
Er formt durch seine Widersetzlichkeit
Schon jetzt die Kräfte, die sein Leben künftig
Den dunklen Mächten überliefern können.
Zu Lucifer gewaltsam hingedrängt,
Erlebte Theodora unbewusst,
Dass dieser Lichtesgeist Thomasius
Mit Sinnesleidenschaft für sie erfüllte.
Es fanden Maria, der Thomasius
Durch Schicksalsmacht im Geiste anvertraut,
Und Theodora sich zu gleicher Zeit
In jenem Reich, das Göttern feindlich ist.
Maria sollte von Thomasius
Getrennt und er an Lucifer in Zukunft
Durch falsche Liebesmacht gebunden werden.
Was Theodora seelisch so erlebte,
Das ward in ihrer Seele zehrend Feuer,
Das weiterwirkend ihr die Schmerzen brachte.
Strader:
Sagt, Vater Felix, doch, was dies bedeutet.
Es spricht Capesius so sonderbar
Von Dingen, die ganz unverständlich zwar
Doch furchtbar, grausam meiner Seele sind.
Felix Balde:
Capesius ist durch die Seelenwege,
Die er zu gehen sich genötigt fand,
In seine ganz besondre Geistesstimmung
Von Zeit zu Zeit stets mehr getrieben worden.
Es lebt sein Geist in höhern Welten nur
Und lässt ganz unbeachtet jene Dinge,
Die durch die Sinne zu der Seele sprechen.
Wie durch Gewohnheit nur vollführt er alles,
Was er im Leben sonst zu tun gepflegt.
Die alten Freunde sucht er stets zu sehn
Und auch mit ihnen Stunden zu verleben,
Obgleich er doch an ihrer Seite nur
Dem eignen Wesen zugekehrt erscheint.
Doch was er geistig schaut, war immer richtig,
Soweit es meine eigne Seelenforschung
Der Wahrheitsprüfung unterwerfen konnte.
Drum kann ich auch in diesem Falle nur
Zum Glauben mich bekennen, dass es ihm
Durch seine Geisteswege möglich war,
Die Wahrheit über Theodoras Schicksal
In seine Seelengründe aufzunehmen.
Frau Balde:
Es ist so sonderbar, er lässt Gespräche
Ganz unbeachtet, die um ihn herum
Die Menschen führen; seine Seele scheint,
Gelöst vom Leibe, nur nach Geisteswelten
Zu blicken; manches Wort jedoch bewirkt,
Dass er aus seiner Abgeschlossenheit
Heraus sich wendet und aus Geisterreichen
Erzählt von Dingen, die an dieses Wort
Doch irgendwie sich anzuschliessen scheinen.
Man kann sonst jedes Ding vor ihm besprechen;
Es geht wie nichts an seinem Geist vorüber.
Strader:
O schrecklich, wenn er Wahrheit sagte, grausam –
Theodoras Seele: (erscheint)
Es hat Capesius empfangen dürfen
Erkenntnis meines Seins im Geisterland;
Und Wahrheit ist, was er vor euch verkündet.
Es darf Thomasius nicht fallen;
Maria hat der Liebesmacht das Opfer
In ihrem starken Herzen schon entzündet;
Und Theodora will von Geisteshöhn
Aus Liebemächten Segenstrahlen senden.
(Sie macht eine segnende Gebärde.)
Felix Balde:
Ihr müsst jetzt ruhig bleiben, lieber Strader
Sie will mit euch nun sprechen; ich verstehe
Die Zeichen, welche sie uns gibt; so höret.
Theodora: (die eine Handbewegung gegen Strader zu gemacht hat)
Thomasius besitzt die Seherkräfte:
Er wird mich auch in Geisterreichen finden.
Er darf es früher nicht, als bis er frei
Von seiner Leidenschaft mich suchen will.
Auch deine Hilfe wird er künftig brauchen,
Und ich erbitte diese jetzt von dir.
Strader:
Du, meine Theodora, die auch jetzt
Sich noch zu mir in Liebe wenden will!
So sage, was du wünschest, dass geschehe.
(Theodora macht ein Zeichen gegen Capesius.)
Felix Balde:
Sie zeigt, dass sie nicht weiter sprechen kann .
Sie will, dass wir Capesius jetzt hören.
(Theodora verschwindet.)
Capesius:
Thomasius kann Theodora schauen,
Wenn er das Geistesauge nützen will.
Deshalb wird auch ihr Tod die Leidenschaft
Ihm nicht ertöten, die ihm schädlich ist.
Er wird sich anders nur verhalten müssen,
Als er getan, wenn Theodora noch
Im Erdenleibe sich verkörpert hielte;
Er wird mit Leidenschaft das Licht erstreben.
Das ihr aus Geisteshöhn sich offenbart,
Obgleich sie Erdenwissen nicht besitzt
Es soll Thomasius dies Licht erbeuten,
Auf dass durch ihn es Lucifer empfange.
Dann könnte dieser durch das Götterlicht
Die Wissenschaft, die sich Thomasius
Durch Erdenkräfte hat erwerben können,
In seinem Reich für Ewigkeiten halten.
Es hat ja Lucifer seit Erdbeginn
Nach Menschen stets gesucht, die Götterweisheit
Durch falsche Triebe sich erworben haben.
Er will jetzt reinste Geistesschau vereinen
Mit Menschenwissen, das auf diesem Wege
Aus Gutem sich in Schlechtes wandeln würde.
Es wird Thomasius jedoch gewiss
Von seinem bösen Wege abgewendet,
Wenn Strader sich zu solchen Zielen lenkt,
Die künftig Menschenwissen geistig wandeln
Und so dem Götterwissen nähern können.
Er muss, dass diese Ziele sich ihm zeigen,
Als Schüler sich an Benedictus wenden. (Pause.)
Strader: (zu Felix Balde)
O Vater Felix, gebt mir euren Rat.
Ist dies in Wirklichkeit von Theodora
Capesius vertraut, es mir zu sagen?
Felix Balde:
Ich habe mich in letzten Zeiten oft
Mit meinem Innern ernstlich ausgesprochen,
Um über diesen Mann mich aufzuklären.
Ich will euch gern vertrauen, was ich weiss.
Capesius erlebt in wahrer Form
Die Geistesschülerschaft, obgleich es jetzt
Durch sein Verhalten anders scheinen kann.
Er ist von seinem Schicksal vorbestimmt,
Dereinst im Geistesleben viel zu schaffen.
Er kann die hohen Pflichten nur erfüllen,
Zu welchen seine Seele auserwählt,
Wenn sich sein Geist schon jetzt dazu bereitet.
Doch lag es seinem Wesen auch recht nahe,
Statt auf dem Geisteswege Licht zu suchen,
Der falschen Wissenschaft sich hinzugeben,
Die jetzt so viele Seelen blenden kann.
Der strenge Hüter an der ernsten Schwelle,
Die Sinnenwelt von Geisteswelten trennt,
Er hatte ganz besonders strenge Pflichten,
Als sich Capesius am Tore fand.
Dem ernsten Forscher musste dies geöffnet,
Doch hinter ihm sogleich verschlossen werden.
Er hätte durch die Art, wie er vorher
Im Sinnensein die Kräfte sich erworben,
Im Geistgebiet nicht weiter dringen können.
Er kann sich für die hohen Menschheitsdienste,
Die er in Zukunft wird zu leisten haben,
Am besten vorbereiten, wenn er achtlos
An unsrer Gegenwart vorühergeht.
Frau Balde:
Es gibt nur eines noch, das er beachtet.
Es sind die Märchen, die ich früher ihm
Gar oft erzählte, und durch welche er
Zu neuem Denken sich befruchtet glaubte,
Wenn seine Seele sich wie leer erfand.
Capesius:
Es wandern Märchen auch ins Geistesland,
Wenn ihr sie auch im Geiste nur erzählt.
Frau Balde:
So will ich denn, wenn ich mich sammeln kann
Und meine Märchen mir im Innern spreche,
An euch in Liebe denken, dass sie euch
Dann auch im Geisteslande hörbar werden.
(Vorhang fällt.)