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Fünfter Akt

Derselbe Schauplatz wie im vorigen Akt,) ungefähr zehn Minuten später. Die Szene bleibt eine Weile dunkel. Es ist ganz still. Das Lichts des heraufsteigenden Mondes, dessen volle Scheibe durch die Bäume leuchtet, fließt ins Zimmer und liegt in gedehnten Fensterflecken über die Diele. Hin und wieder steht der Wind im nahen Bergwalde auf, drückt sich in machtvollen Stößen in die Laubbäume und verendet klagend. Dann wird die Haustür geöffnet. Man hört unsichere Schritte im Flur und eine geflüsterte Unterhaltung zweier ankommender Männer

Hauschild. Jetzt links?

Konegen. Nein, immer geradeaus; gehn Sie nur gleich rein.

Hauschild tritt ein mit einer großen Handtasche und einer Reisedecke. In dem Teil des Hauses kenn ich mich gar nicht aus, weil ich Sie doch immer in Ihrem Studierzimmer …

Konegen, hinter ihm eintretend, er ist gebeugter, weich und wund. Warten Sie, Herr Lehrer, geben Sie mir die Tasche jetzt her.

Hauschild. Oh, ich stell sie schon selber … hier is ja a Stuhl, oder so was – na einstweilen.

Konegen. Ja, ja, was hin ist. Ich danke Ihnen. Vielleicht, wenn Sie Streichhölzer bei sich haben, da sehn Sie vielleicht, daß Sie irgendwo eine Lampe erwischen – da hinten seh ich ja was Weißes. Hauschild zündet Streichholz um Streichholz an, sucht und findet die Lampe. 's mir aber rätselhaft. Er setzt sich auf einen Stuhl am Fenster und trocknet sich mit einem Taschentuch die Stirn. Ja, die Haustür auf – niemand unten – die Anna schläft zwar in der Kammer – Aus dem Schlafzimmer der Kinder hört man die Stimme der alten Therese. Hauschild klappert mit der Lampe. Halten Sie mal, bitte, einen Augenblick! – Ja, ja, das is die alte Therese. Na, das ist ja alles gut. Sie hat wieder mal nich schlafen können. Ich sag Ihnen, die gute Seele hab ich schon manchmal müssen mit Gewalt ins Bett bringen.

Hauschild. Da freu ich mich nur, daß Ihre Befürchtungen unnötig waren.

Konegen öffnet die Balkontür und rückt sich einen Stuhl in ihre Nähe. Mein Gott, wenn die Augen unserer Seele sich auf uns richten, da bleibt der Stärkste nicht ruhig. Das nennen die Leute dann Stimmungen. Hahaha! Lacht bitter vor sich hin. Verlassen Sie sich auf mich, die Sache is hier schon bekannt.

Hauschild. Das halte ich für ausgeschlossen. Öffnet sich den Rock. Da ist mir ja selber heiß geworden. Si haben aber noch einen Schritt am Leibe. Wahrhaftig, der kann sich sehen lassen.

Konegen. Laß ich mich nicht beirren. – Haben Sie nicht bemerkt, als ich dem Vorsteher nach meinen Sachen rief, wie er fortlief, als sei ich ein Verbrecher.

Hauschild. Herr Professor, das kommt Ihnen so vor. Der Mann, der Mahlich, konnte doch gar nicht höflicher sein. Sieht, daß Konegen an der geöffneten Balkontür sitzt. Nein, das geht denn doch nicht, lieber Herr Professor! Verzeihen Sie, entweder setzen Sie sich von der Balkontür weg oder schließen sie. Aber so!

Konegen, mehr vergrübelt in sich hinein. Es ist eine so beklemmte Luft hier im Zimmer und draußen die Wärme. Bloß manchmal diese Windwellen oder –wogen sind 'n bißchen kühler. Aus dem Versinken sich aufraffend. Na, ich kann ja auch ein wenig zurückrücken. Ja. Sagen Sie mal, haben Sie die weibliche Person erkannt, die an uns vorbeikam, als wir von der Dorfstraße hier in den Bergweg heraufbogen?

Hauschild. Ach da beim Kostianischen Geschäft. Ja. Das war die dicke Binder Martha, vom Tischler Binder aus dem Biederdorfe.

Konegen. Ich hielt sie für mein Dienstmädel, die Anna.

Hauschild. Da hätten Sie sie doch einfach anrufen können.

Konegen. Ach, ich hatt's auch schon auf der Zunge. Denken Sie sich, wie dumm, und dann hatte ich auch wirklich nicht den Mut dazu. Lächerlich, nicht wahr? Aber … Zuckt die Achseln. Wissen Sie, setzen Sie sich noch einen Augenblick. Ich kann jetzt doch noch nicht schlafen gehn – und dann hätte ich Ihnen noch was zu sagen, was Sie betrifft, Ihr Wohl. Aber wenn Sie sich müde fühlen?

Hauschild legt den Hut weg und nimmt Platz. Ganz und gar nicht. Es ist mir im Gegenteil das größte Vergnügen.

Konegen. Hören Sie mal: sss, diesen leisen, hohen Ton der Nadeln im schwachen Winde lieb ich unendlich und dazu das Zittern des weißen Lichtes in der Luft, als wäre es das Leben des einsamen Klanges – – – in kurzer Zeit habe ich alles vergessen.

Hauschild. Es hat Sie doch wohl mehr mitgenommen, als Sie sich eingestehn. Läßt sich denn gegen die »Volksstimme« gar nichts tun? Es muß doch noch einen Schutz gegen diese öffentlichen Ehrabschneidungen geben. Ihre Ehre angreifen, Ihre Familie, Ihr Haus …

Konegen. Sehn Sie, dem Schmerz bin ich gewichen, der Gemeinheit. Meintwegen triumphiert über meine Flucht bei Nacht und Nebel.

Hauschild. Aber ich an Ihrer Stelle hätte der Blase die Sache nicht so leicht gemacht. Denken Sie doch, mit welchem Begeistrungssturm die Versammlung Sie begrüßte, als Sie aufstanden und die Worte im Namen der freien Forschung sprachen.

Konegen. Ja und hinterher, als der Regierungsvertreter von den zweifelhaften Qualitäten der Träger der neuen Bewegung sprach und als mein Vortrag einfach abgesetzt wurde – wo blieb denn da der Mut Ihrer Kollegen? – Nun?

Hauschild, bitter und mit gesenktem Auge. Es ist gemein, gemein. Alles duckte sich.

Konegen. Ich mach den Lehrern keinen Vorwurf. Die Reaktion ist eben im vollen Zuge. Die Zeiten Wöllners sind wieder da. Es geht bergunter. Da läßt sich nichts machen. Ich hab den robusten Arm nicht, daß weiß ich nun. Für mich ist es das Beste, in der Stille meiner Seele zu dienen – – – und gut zu machen, was ich versehen habe.

Hauschild. Aber an mir zweifeln Sie doch nicht etwa auch?

Konegen. Das ist's, was ich Ihnen sagen wollte. Sie haben den Zorn der Silesia-Gruppe durch Ihren Zwischenruf erregt, und man macht Ihnen wegen Ihrer Beziehungen zu mir Atheisten den Prozeß. Passen Sie auf. Es geht um Ihre Existenz. Deswegen bitte ich Sie, nein, ich verlange, daß Sie sich von mir lossagen.

Hauschild, in Bestürzung, mit zitternder Stimme. Tun Sie mir das nicht an, Her Professor! Ich bitte Sie – Herr Professor – ich habe Sie auch in Gedanken noch nicht betrogen –

Konegen, bewegt. Mein lieber, junger Freund, eben weil ich von der Reinheit Ihrer Gesinnung überzeugt bin, weil ich Ihnen … Im Schlafzimmer erhebt sich ein erregter Streit zwischen Therese und Meta. Hören Sie mal!

Thereses Stimme. Jeses, Sie, was machen Sie denn. Herr!!

Metas Stimme. Therese, geh weg! Geh weg!!

Therese stürzt aus der Tür, die sie noch in der Hand hält, kalkbleich, in höchster Aufregung stotternd. Herr Professer … auch, Sie sein's … Herr Lehrer, Sie wern …

Meta tritt leidenschaftlich ein, ihr Gesicht ist fahl und von Verzweiflung entstellt, ihr Mantel um die Schultern gewürgt und vorn offen. Sie stutzt und sieht Konegen, der ihr Auge sucht, verstört an. Dann senkt wie den Kopf und wankt aufs Sofa, wo sie sich hinkauert.

Konegen, mit Anstrengung seine Fassung bewahrend. Guten Abend, Meta. Verzeihe einen Augenblick!

Meta, dumpf, ohne das Gesicht zu erheben. Gut.–

Hauschild, verduzt. Gute Nacht! – Ich empfehle mich, gnädige Frau!

Meta, auffahrend … ach ja … Gute Nacht.

Hauschild ab. Therese macht Konegen Zeichen gegen die Stirn, weist nach Meta und ringt die Hände.

Konegen geht zögern auf seine Frau zu. Mit unsicherer Stimme. Guten Abende, Meta. – Meta!!

Meta fährt auf und sieht ihn finster an. Lasse das … die Therese hinausgehen.

Therese, bittend. Schicken Se mich nich naus. De Frau is gar zu sehr … de nimmt alls zu schwer.

Meta sieht Therese mit qualvoll–verächtlichem Lächeln an.

Therese, zu Meta. Da sehn Se sich och a Herrn an. Sieht er nich aus wie Christus am Kreize!. Nach ihr hingehend. Fassen Se sich a Herze! 's wird alls wieder gehn.

Meta, mit zerbrochener Stimme ausbrechend. Was wollt ihr denn mit mir? Ihr! Ich bin doch nicht wahnsinnig!

Konegen, gütig. Du mißverstehst Therese. Sie meint es doch …

Meta, mit der Inbrunst der Verzweiflung. Ich muß noch ein paar Worte mit dir allein sprechen!

Konegen, nach kurzem Schwanken. Therese, da geh nur lieber rein.

Therese, zu Meta. Tun Se, was sich irgend tun läßt, daß Se wieder zusammen kommen. Ich wer gehn und drinne beten um een guden Ausgang. Sie drück im Vorbeigehen Konegen die Hand. Als sie die Tür hinter schließt, erhebt sich Meta ruckartig von ihrem Sitz und verschließt die Tür hinter ihr. Auf dem Gange zu ihrem Sitz bleibt sie in der Mitte des Zimmers stehen und sieht starr auf ihr Reisegepäck.

Meta, tonlos, mehr zu sich. Das ist auch nicht mehr nötig. Schreitet auf ihren Platz und kauert sich zusammen. Plötzlich aus ihrem Brüten wild auffahrend. Sieh, dort am Stuhle, wo mein Gepäck steht, dort liegt Blut auf der Diele!

Konegen, mit geduldiger Milde. Was meinst du?

Meta, in wilder Verzweiflung, die Worte wie eine Anklage herausschreiend. Da drinn wälzt sich im Bett ein fieberkrankes Kind, das hat keine Mutter mehr!!

Konegen, mit unerschütterlich milder Trauer. Meta, von wem sprichst du denn?

Meta. Geh doch hinein, wenn du's nicht glaubst und sieht, wie sich das Kind im Bettchen wälzt und nach Luft ringt. Frag nur deine Therese; die wird sagen, das Kind hat sich erkältet oder so was. Ihr, du und sie! Hahaha, nichts wißt ihr. Sie beginnt zu schluchzen.

Konegen tritt ins Schlafzimmer und kehrt nach einer Weile wieder. Freilich hat das Urselchen ein wenig Fieber. Meta, aber das hat das Kind doch schon öfter gehabt.

Meta ringt die Hände, in dumpfem Bohren … siehst du, so müssen Menschen sterben! Die Hände nach unten gebrochen, zu Boden starrend nach stummem mehrmaligem Neigen des Hauptes … Wir leben von dem Leben andrer Seelen, die uns lieben. Und wenn die in Verwesung übergehn – – wo nehmen wir den Atem her für unsern Atem? – – – Siehst du, so mordet andre, wer sich nicht bewahrt. – – Aufgerichtet. Warum hab ich mich denn nicht eher losgemacht?!

Konegen, sanft. Von mir, Meta?

Meta, voll Haß. Jawohl, von dir. Von dieser Marterbank.

Konegen, in milder Trauer. Ich weiß, daß ich manchen Fehler begangen habe im Leben. Auch gegen dich. Aber gemartert, geradezu gequält!?

Meta. Mit hölzernen Zangen hast du mich gemartert. Denkst du, ich weiß es nicht, warum du aus Berlin weggezogen bist? – Daß du mir hier in dem Winkel in Muße das Knie gegen die Brust drücken konntest.

Konegen, unter schmerzvollem Lächeln sein Haupt wiegend. Hm, hm! Steht auf und tut einige überlegende Schritte in das Zimmer. Dann wendet er sich zu ihr. Hör mal. Du klagst mich in einem fort an, als ob ich die schlimmsten Schandtaten gegen dich begangen hätte. Hast du dir denn Gedanken gemacht, warum ich heute schon zurück bin, da der Lehrertag doch erst übermorgen endet?

Meta schweigt.

Konegen. Wenn du den Mut nicht hast, so werde ich es dir sagen. Du glaubst, aus Eifersucht auf den Menschen. – Nein, da irrst du dich denn doch gewaltig. So niedrig bin ich nicht. Das ist doch von mir ganz unmöglich. Meta, ich versichere dir heilig, daß mir so was nicht im Traume eingefallen ist. Ich kann ja verstehn, daß diese Möglichkeit immerhin denkbar ist. Ja. Auch, daß du darüber erregt werden mußtest. Aber in so brüsker Form auf mich loszufahren, als ob ich, ich allein an deinem Fehltritt die Schuld trüge, das …

Meta, in verzweifelter Verstocktheit. Du allein. An dem und allem andern.

Konegen. Meinst du? Schwer Atem holend. Nun, da muß ich dir sagen, daß ich tatsächlich wegen dir gekommen bin. Senkt seine Stimme. Deine Geschichte mit Max wird nämlich heut schon in der »Volksstimme« breitgetreten. Siehst du, deswegen bin ich gekommen. Als Flüchtling. Weil auf einen solchen Posten ein makelloser Mann gehört. Aber habe keine Angst, ich bin nicht zornig darüber, auch nicht verzweifelt. Ich betrachte es lediglich als einen Wink vom Schicksal, den Kurs meines Lebens zu ändern und das Glück nicht draußen, sondern drinnen zu suchen. Meta, das ist wie eine Erleuchtung über mich gekommen. Tu doch die Augen auf! Seh ich denn wirklich aus wie ein Folterer? Ein kurzsichtiger, blinder Mensch war ich. Das hat auch dich aus dem Gleise geschleudert. Gott sei Dank so, daß dich ein Schritt zurückbringen kann.

Meta beginnt wimmern zu weinen.

Konegen rückt sich einen Stuhl herzu. Herzlich. Weibel! Weibel! Wen haben wir beiden Menschen denn, wenn wir uns nicht haben! Hier nimm meine Hand, es soll alles vergessen sein. Komm! Versucht, sie zu umfangen.
Meta springt entsetzt auf. Um Gottes willen, Konegen, ich bin …

Konegen, die Widerstrebende an sich pressend. Bedeckt ihr Gesicht mit Küssen. Freilich bist du wieder mein liebes, tolles Weibel und ich bin dein alter froher Konz … Meta!! Sie sinkt aus seinen Umarmungen vor seinen Füßen zusammen; das Gesicht in die Arme vergraben, schluchzt sie, daß es ihren Körper schüttelt. Konegen kniet an ihr nieder. Metachen! Mach doch nicht solche Sachen!

Meta, in höchster Qual schreiend. Geh weg und rühr mich nicht an!! Dann spricht sie ächzend unverständliche Worte gegen den Boden.

Konegen, immer knieend und zu ihr gebeugt. Weibel, steh doch bloß auf! … was? … ich versteh dich nicht.

Meta reißt sich plötzlich jäh auf, rutscht auf den Knieen von ihm weg, mit ganz verstörtem Gesicht. Stoßweise, in höchster Lebensnot … Nein, ich auch nicht! Geh weg! Warum quälst du mich? Geh weg! Ich bin entehrt. Dort ist mein Gepäck. – Dann wollt ich mit ihm reisen. – Weil alles zerschlagen war – alles – hier – überall – ja – und da wollt ich zu ihm gehn – und da hat er mich – – da hat er mich!! – an dieses Mensch verraten – mich? an dieses Tier! – die Anna!! – Mit weit geöffneten, stierenden Augen, mit steifen Armen auf die Erde gestützt starrt sie stumm auf Konegen, der auf einen Stuhl niedergesunken ist.

Pause.

Konegen, in tonloser Dumpfheit … so ist also alles zerschlagen …

Es entsteht eine lange Pause.

Meta haucht in bittender Demut. Konegen – Konegen –

Konegen hebt schwer den Kopf, schiebt die Brauen in die Stirn hinauf, starrt sie an, als kenne er sie nicht. Plötzlich erhebt er sich, mit hähernder Stimme sprechend, unter wirren Bewegungen seines rechten Armes, immer gebeugt von einer überschweren Last, Meta näherkommend, die zusammengesunken dakniet, die Hände gefaltet, das Haupt gesenkt. Du … he – weißt du's denn? … Das Haus hat keine Wände mehr … was? … wir liegen draußen auf der Straße … wie? – Nun steht er vor ihr, niedergebeugt aus eingepreßter Brust mühsam stoßend. Schüttelt sie an der Achsel. Du … es ist alle … du … ganz … der Faden ist abgeschnitten. – Kehrt auf den Stuhl zurück.

Meta, mit demütiger, stiller Stimme, aus der aller Kampf verschwunden ist. Ich weiß, ich weiß … wenn du nicht kamst, wär ich hier schon fortgegangen – da drin. – Aber dieses … es ist besser so. Ihr hättet in der Nacht nicht mehr schlafen können. – – Und dann, ich bin froh, daß es so gekommen ist. Jetzt darf ich nicht so verzerrt sterben.

Konegen. Du darfst nicht sterben – – –

Meta erhebt sich. Ich muß. Es ist alles aus mir herausgeflossen, alles Elend dieser Erde und das bißchen Glück. – Nur ein ganz kleines Licht leuchtet mir auf dem letzten Wege, daß du noch einmal gut zu mir gewesen bis.

Konegen wird herumgerissen. Aber wenn du fortgingst von uns und wartetest und büßtest?! Vielleicht wär's doch noch möglich.

Meta, zur Erde sinnend … warten … und büßen, daß man gewartet hat. Vom Sturz durch neue Wirbel sich zu größerer Qual durchschlagen. Das käme. – Ja, wär noch ein einzig Tröpfchen heil an mir. So aber liegt und gärt der Fluch vielleicht in meines Lebens Allerheiligstem. – Vielleicht. – Jaja, warten und büßen und wieder warten – – – die letzte Scham langsam abfaulen lassen, den letzten Stolz, bis ich dann in einer grauenvollen Nacht doch erwache und Kind erwürgen muß. – – In Schauern. Nein, nein! Richtet sich auf. Ringend. Nein! – Nein!! Ekstatisch, zur alten Schönheit erblühend. Hörst du den Wind im Walde rieseln? So fern und schemenhaft fließt mir jetzt alles hin. Laß alles Kluge, alle Angst – ich muß – ich will! Eine Uhr schlägt dreimal. Es ruft! Verklärt. Ja ja, ich komm! Geht schwebend an die Schlafzimmertür, küßt und kost das Holz mit Händen. Kinderchen! – Kinderchen! – Tritt zu Konegen, der die Ellbogen auf den Tisch gestützt, die Hände krampfartig heraufgefaltet und das Gesicht zwischen die Arme gedrückt hat. Sie küßt seine Hände. Ich danke dir für deine letzte Liebe. Sei stark und erhalte dich den Kindern. Schreitet nach der Tür und ergreift Hut und Schirm.

Konegen fährt aus seiner Betäubung auf. Mit einem unförmlichen Schrei. Meta!!

Meta, mit ganz junger, süßer Stimme. Mir ist ganz leicht. Breitet die Arme. In unsäglicher Inbrunst. Lebt wohl, ihr alle!

Konegen will sich erheben, fällt aber immer wieder schwer zurück.

Vorhang

 

Buchdruckerei Roitzsch vorm. Otto Noack & Co.


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