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Als sie im Hornung die gefällten Tannen die Schneisen hinunterjagten, geschah ein Unglück. Der letzte Baum wollte nicht ins Gleiten kommen. Er lag schwer im gefrorenen Schnee, und der Himmelspacher drückte vergebens.

Der Knecht wollte hinuntersteigen und vor dem Stamm Bahn brechen.

Der Himmelspacher warnte ihn, denn im Aug des Hans war ein gläserner Schein, und seine Axt wog schwer.

Doch hartnäckig bestand der Knecht auf seinem Vorsatz.

Er war im Holz daheim, er hatte den Franz holzen gelehrt und ließ sich nicht kommandieren! Das Leben? Pah, das Leben war ihm feil!

Und ehe der Himmelspacher es wehren konnte, trat er hart vor den Stamm, schlug den Spitzhebel in das Ende des Baumes und riß ihn aus dem Schneelager. Aber wie ein Lebendiges, das vom Schmerz aufgeweckt wird, schoß der Stamm empor, stieß den Knecht, ehe er beiseite springen konnte, zu Boden und wälzte sich schwer über ihn hin.

Der Himmelspacher zog ihn hervor. Er lebte noch eine Stunde.

Sie waren allein.

Franz wollte Hilfe holen, den Pfarrer aufbieten, aber der Knecht, dem ein Rest Branntwein Klarheit gebracht hatte, ließ es nicht zu. Er wußte, daß es dazu zu spät war.

Er lag und starb. Sie kannten den Tod im Wald vom Matthis Himmelspacher her.

Es ging zu Ende.

Und da sagte der Himmelspacher:

»Hast du noch eine Bitt, Hans?«

»Es ist meine dritte Tanne, Franz.«

»Sie ist's.«

»Laß Meß lesen davon!«

»Ist recht.«

»Und – grüß mir die Gritt!«

»Ich grüß dir die Gritt.«

Nach einer Weile sagt der Himmelspacher zu dem Sterbenden, und seine Zunge ist wie Blei, als er ihm das Zeugnis gibt:

»Du bist den Himmelspachern der treueste Knecht.«

»Ist recht,« murmelte der Hans.

Sonnenflecken fallen golden zwischen den Tannen auf den zerwühlten Grund.

Der Himmelspacher hat den Kopf des Knechtes im Schoß.

»Leichtert's dir?« fragt er ihn, als der nicht mehr stöhnt.

»Denk wohl.«

Jetzt tritt ein schwarzer Blutstropfen auf die fahlen Lippen.

»Wenn dich noch etwas drückt, so sag's mir, Hans!«

Die Augen des Sterbenden werden noch einmal klar.

»Es hat müssen sein,« murmelt er, stöhnt, wirft einen scharfen Blick in die Wintersonne, die ihm die Augen füllt, und schweigt.

Noch einmal steigt das Blut, dann versteint das Gesicht, und er ist tot.

Als sich Franz Himmelspacher von den Knieen hob, kam die Tanne, unter der der Schnee taute, plötzlich ins Gleiten und schoß zischend die Schneise hinab. Krachend schlug sie im Lützelgrund auf.

Schnee flog aus den Moosbärten der Baume, ein Habicht warf seinen jauchzenden Schrei aus der Luft, weiße Wolken trieben und die Säge orgelte im Tal.

So starb der Knecht zu Allen Winden.

* * *

 


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