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Der Seesturm.

(Aus: »Die vier Norweger«.)

Der Sturm brach wieder hervor, wüthender als je. Häuserhoch erhoben sich die Wellen und trugen das Schiff auf den schäumenden Gipfel, um es wieder in den Abgrund zu versenken. Wie klein erschien das Schiff, wenn die mächtigen Wellen, ein kühnes Gewölbe bildend, sich weit über die Masten erhoben, auf den Spitzen in Schaum zersplitterten, und Flinthough sich in ein nasses, wandelbares Thal versenkt sah, während die Thalwände das Schiff ergriffen und wieder, wie tanzend, auf den wild bewegten Gipfel hinaufschleuderten. Die Sonne schien hell, und so großartig erschien dem Erstaunten das Schauspiel, daß jedes Gefühl der Gefahr verschwand. Der Schiffer wußte nicht, wo sie waren. Aus seinen fortgesetzten Beobachtungen schloß Flinthough, daß sie sich vor der Mündung der Elbe befinden müßten. Der Schiffer leugnete es, und es entspann sich ein heftiger Streit. Da entdeckten sie ein Schiff. Bald erschien es auf den Gipfeln der Wellen tanzend, wenn sie in der Tiefe schwebten, dann schauten sie von dem Gipfel herab auf das hinuntergeschleuderte Schiff. Beide Schiffe näherten sich einander absichtlich. Für einen Augenblick waren sie einander ganz nahe. Durch ein Sprachrohr fragte man, wo die Schiffe sich befänden. »Dicht vor der Mündung der Elbe,« tönte von dem andern Schiffe aus die Antwort, und mit Verwunderung erkannten sie die nämliche Brigg, deren Kapitän, als sie die norwegischen Inseln verlassend, in die Nordsee hinaussegelten, ihnen den Brief gebracht hatte. Aber eine andere Erscheinung machte einen noch tiefern Eindruck auf die Reisenden. Beide starrten auf das Verdeck und glaubten da bekannte Gestalten zu erkennen. Aber der Augenblick der Annäherung der Schiffe war zu kurz, die heftige Bewegung des Meeres schleuderte sie, wie durch einen Zauber, aus einander, und zweifelhaft, beunruhigt starrten sie dem fremden Schiffe nach.

Doch lange durften sie sich diesen Gedanken nicht überlassen. Der Wind wüthete heftig aus Westen. Vor ihnen lag die gefährliche Mündung des Flusses, und es war unmöglich, sich vom Lande entfernt zu halten. Sie waren genöthigt, in die Elbe hineinzusegeln, so bedenklich, ja gefährlich es auch schien. Bald entdeckten sie die großen, auf einer Seite schwarzen, auf der andern Seite weißen Tonnen, die, durch mächtige Anker festgehalten, zwischen sich den Weg bilden, den die Schiffe nehmen müssen. Flinthough hatte, als die Reise so langwierig ward, den Matrosen geholfen; er verstand es schon, die Taue zu handhaben, die Segel aufzuziehen, herabzulassen, einzureffen. Jetzt stand er auf dem Mastkorb, um die Tonnen zu entdecken, die wegen der hohen Wellen auf dem Verdeck nicht zu erkennen waren. Ein Matrose stand auf einer, er auf der andern Seite, mit den Blicken emsig die zweite Tonne suchend, wenn sie die erste aus den Augen verloren hatten. »Eine schwarze Tonne rechts!« schrie der Matrose; »eine weiße Tonne links, 6 Schiffslängen entfernt!« rief Flinthough durch den heulenden Sturm nach dem Verdeck hinunter. Es war, was die holländischen und niederländischen Seeleute ein Boje-Wedder nennen. Bald schien die Sonne hell, dann verhüllte sie sich plötzlich; ein Regen, von dem Sturm gepeitscht, stürzte herunter, der Himmel verfinsterte sich, daß man kaum eine Schiffslänge weit sah. In einem Augenblick war die Finsterniß verschwunden, und die hell scheinende Sonne trat wieder hervor. So wechselte es unaufhörlich. Vier Männer waren mit Stricken an das Ruder festgebunden, um es zu regieren. Eine dumpfe Stille herrschte auf dem Schiffe, nur durch die Befehle des Schiffers und des Steuermanns unterbrochen. Aufmerksam mit steter Anstrengung, aber ohne einen Laut hören zu lassen, arbeiteten die Matrosen. Man entdeckte das hohe Helgoland, welches, einer seltsamen Festung ähnlich, schroff, aus verschiedenfarbigen horizontalen Schichten bestehend, die wie Bastionen hier und da hervorsprangen, völlig flach da lag. Die Häuser und Kirchen erkannte man, man erblickte die Treppe, die von unten nach der obern, bewohnten Fläche führte. Lange kreuzte das Schiff, Nothzeichen wurden gegeben, die Brigg zeigte sich wieder, noch ein drittes Schiff erschien. Alle Augenblicke erwartete man Menschen auf der Treppe zu erblicken, hoffte, daß Boote mit Lootsen vor der flachen, sandigen Erdzunge, die unten an der Insel in die wüthenden Wellen hineintauchte, erscheinen würden. Man hoffte vergebens. Es war spät, es war augenscheinlich, daß Niemand sich heraus wagte. Man mußte es wagen, ohne Lootsen weiter zu segeln. Ein stummer Schrecken bemächtigte sich Aller, als sie so, ohne schützende Begleitung, den Weg fortsetzten. Die zwei Schiffe folgten. Immer tiefer ging es in die Mündung hinein. Man glaubte zu merken, daß der Wind nachließ; aber der Abend näherte sich, die Finsterniß nahm zu, die Tonnen waren nicht mehr zu erkennen. Das flache Land lag auf beiden Seiten in weiter Ferne, und als es dunkel war, trat etwa eine Meile rechts vom Schiffe das düstere Feuer aus dem Leuchtthurm zu Neuwerk, bald wie in Wellen hineingetaucht, dann sich wieder erhebend über die wildbewegte Wasserfläche, hervor. Man untersuchte den Grund, auf wenige Klaftern fand man Sand und wagte es, den Anker auszuwerfen.

Während der ganzen Zeit der steigenden Gefahr beobachtete Flinthough den Alten. Er war völlig ruhig; keine Spur von Angst zeigte sich in seinen Gesichtszügen. Er stand an ein Boot gelehnt, hielt sich an diesem fest, schaute in das Meer hinaus und schien in tiefe Betrachtungen versunken, als wäre ihm jede Gefahr fremd. Magdalene blickte blaß, von der fortdauernden (See-) Krankheit erschöpft, in Todesangst, zur Kajütenthüre hinaus.

 

Es schien, als wollte der Anker haften, und plötzlich fingen die Seeleute an Hoffnung zu schöpfen. Flinthough hatte durch 3 Tage und Nächte – so lange hatte der wüthende Sturm gedauert, – kein Auge zugethan. Er warf sich in unsäglicher Ermattung auf die Koje Die Koi, Koje, ein Kämmerchen, eine Schlafstelle.. Kaum lag er, als das Schiff furchtbar erschüttert wurde. Die Erschütterung theilte sich allen Theilen mit, ein dumpfes Krachen begleitete den Stoß. Flinthough sprang erschrocken aus der Koje. Kaum stand er, als eine zweite Erschütterung ihn fast zu Boden warf. »Gott, wir sind verloren!« schrieen die Seeleute. Alles stürzte auf das Verdeck. Die erschrockenen Matrosen setzten die Pumpen in Bewegung, aber das helle Wasser strömte herein und benahm ihnen jede Hoffnung. Man schrie, betete, heulte, rang die Hände. Fünf englische Matrosen, die in Norwegen Schiffbruch gelitten hatten, waren als Passagiere an Bord. Man hatte sie bis jetzt kaum bemerkt. Die Gefahr machte sie tollkühn, und sie versuchten, sich des großen Boots zu bemeistern, um sich zu retten. Zum Glück betrug die Zahl der übrigen Männer gerade das Doppelte. Die Gefahr schien vergessen; mitten in der Finsterniß entspann sich ein kurzer Kampf und während Flinthough mit einigen andern hinzueilte, diese Fremdlinge zu bekämpfen, sah er mit Erstaunen, wie der Alte mit kräftigen Armen einen Matrosen ergriff und ihn weit weg schleuderte. Mitten in der Gefahr mußte er den Alten bewundern, und er erschien ihm immer räthselhafter, immer unbegreiflicher, fast wie ein wunderbares, geheimnißvolles Wesen. Die englischen Matrosen wurden überwältigt und gaben ihr Vorhaben auf. Aber das Schiff sog immer mehr Wasser, die Gefahr wurde immer dringender; da ergriffen die Matrosen die Aexte, auf der linken Seite des Schiffes wurden alle Taue durchgehauen; die Hiebe trafen jetzt die Masten und klangen furchtbar in die Finsterniß, in den heulenden Sturm hinein. Endlich brachen sie und stürzten mit entsetzlichem Gekrach nach der rechten Seite, wo die Taue sie noch festhielten. Alle Mannschaft hatte sich auf die linke gerettet. Das Schiff neigte sich tief nach der Seite, wo die Masten fielen, die Wellen schlugen hoch und schäumend auf und schienen es verschlingen zu wollen. Aber schnell wurden auch rechts die Taue gekappt, die Masten, von den Wellen ergriffen, verschwanden in der finstern Ferne, und das verstümmelte Schiff schwamm, immer tiefer sinkend, auf dem stürmenden Meere, während die Wellen sich schäumend an seinen Seiten brachen, und die gefährlichen Stöße nach und nach sich erneuerten. Alles geschah in großer Unordnung, ohne Befehl, wie instinktmäßig, während man Gebete murmelte, seufzte, heulte. Nun wurden die Stöße immer schwächer. Die Ebbe hatte schon angefangen, ehe man den Anker warf. Wie sie zunahm, sank das Schiff immer tiefer in den sandigen Grund, endlich stand es ruhig, fest, und die Wellen schlugen an, ohne es zu bewegen. Die Seeleute schöpften Athem. Für diesen Augenblick schien jede Gefahr verschwunden. Jetzt dachte man daran, zu retten, was einem Jeden das Theuerste war. Man stieg in den untern Raum mit Laternen hinunter. Da fiel es Flinthough ein, daß seine Brieftasche mit der Anweisung, sein einziger Reichthum, in dem Koffer lag, den man in den Raum gebracht hatte; er sah, wie man in Eile mit den Laternen hin und her rannte; vergebens suchte er eine zu erhalten, in wildem Getümmel bewegten sich Alle unter einander. Keiner achtete auf den Andern; jeder Befehl hatte aufgehört, und bald verschwanden die Laternen; ein Jeder suchte sie dem Andern zu entreißen, und eine nach der andern wurde zerschlagen. Schimpfend, sich wechselseitig mit Vorwürfen überhäufend, standen die Matrosen nun in der Finsterniß da. Kaum vermochte man die einzige übrig gebliebene Laterne, die trübe in der Kajüte brannte, zu retten. Aber die Hoffnung wuchs immer mehr, denn das Schiff war völlig ruhig, das Wasser stieg nicht, der Leuchtthurm brannte winkend in der Ferne. »Wir bleiben hier sitzen,« sprach der Schiffer, »bis der Tag graut, der Sturm nimmt wohl auch bis dahin ab, und dann rudern wir an's Land und werden wohl noch das Glück haben, den größten Theil der Ladung zu retten.« Alle fühlten sich ermuntert durch diese Rede; die Matrosen drangen in die Kajüte hinein, wo alle Schränke offen waren, Koffer geöffnet umherstanden, Kleider und Papiere, Segel und Geräth allerlei Art unordentlich zusammengehäuft waren; Wein, Rum, Genever wurden Preis gegeben, alle Reste der Lebensmittel rücksichtslos verzehrt, und ein jeder Unterschied zwischen Höheren und Niederen war völlig verschwunden. Alle schienen zufrieden, besonders machte die freudige Gesprächigkeit des vierzehnjährigen Kajütenjungen einen tiefen, rührenden Eindruck auf Flinthough. Jener drängte sich an ihn, dem er wohl die größte Theilnahme zutraute, heran und war unerschöpflich in der Erzählung früherer Unglücksfälle, die er oder seine Eltern und Bekannten überstanden hatten, in dem eigenthümlichen, bewegten Tone, den Jedermann unter solchen Umständen annimmt.

»Wie seltsam,« sagte Flinthough, der die Hoffnungen der Uebrigen keinesweges theilte, zu dem Alten gewandt und leise, »es sind lauter erfahrne Seeleute, es ist Keiner unter ihnen, der es nicht weiß, daß die Fluth noch vor Mitternacht eintreten wird, daß dann die Gefahr wieder da ist, ja gesteigert werden wird, und doch scheinen sich alle geflissentlich zu täuschen.« – –

Der Geistliche fing an, die Seeleute auf die bevorstehende Gefahr vorzubereiten; aber ein betäubendes Geschrei gebot ihm Stillschweigen. »Der katholische Hund,« schrie ein Matrose, »will uns in Versuchung führen, will unsern Glauben erschüttern.« Van der Nael zog sich stillschweigend zurück, und nur der Steuermann näherte sich den Fremden und theilte ihnen seine Besorgnisse wegen der nahe bevorstehenden Gefahr leise mit. »Wir sind kaum zu retten,« sagte er, »und diese thörichte Ruhe wird bald verschwinden.« – – – –

Es dauerte nicht lange, und das Unglück, was ein Jeder voraussehen konnte, war da. Flinthough bemerkte zuerst, daß das Wasser in der Kajüte stieg. Man glaubte ihm nicht. Aber es war leider nur zu wahr. Es stieg mit jeder Minute; lose Stühle wurden durch das steigende Wasser gehoben, umgeworfen und schwammen in der Kajüte herum; das Schiff fing an zu schwanken; dann erneuerten sich die Stöße immer bemerkbarer, immer stärker, und an die Stelle der Zuversicht trat plötzlich die blindeste Angst. Alle liefen wild durch einander; ein betäubendes Angstgeschrei erhob sich. Zwei Boote waren hinabgelassen, aber durch den Sturm losgerissen und fortgetrieben worden; zum Glück war noch ein drittes da. Es war ein norwegisches Lootsenboot, welches für einen Hamburger Kaufmann mitgenommen worden war, und, an der Seite des Schiffs fest angebunden, noch unzerstört gefunden wurde. Die Gefahr steigerte jede Geschicklichkeit, das Boot wurde mit jeder Vorsicht losgebunden, hinabgelassen und sorgfältiger als die übrigen, festgehalten. Doch Keiner wagte sich hinein; die fürchterlichen Stöße drohten mit augenblicklichem Untergang. Einige wollten den Boogspriet abhauen und, sich auf diesem in's Meer stürzend, schwimmend ihr Leben retten. Da sprang ein kühner Matrose in das Boot, Flinthough ihm nach. Eben ward das Boot durch die Wellen vom Schiffe getrennt, und Flinthough war im Begriff, zwischen beiden in's Meer zu fallen. Der Geistliche sah es, ergriff den Fallenden und schleuderte ihn in das Boot hinein. Magdalena, die den Geistlichen nie verließ, stand händeringend neben ihm. Er ergriff sie und warf sie auch hinab. Das Beispiel wirkte, alle Uebrigen folgten. Aber das Boot war stark belastet, kaum ragte der Rand über das Wasser, und die Nähe des Schiffes war höchst gefährlich. Mit großer Mühe, den Tod vor Augen, entfernte man das Boot. Das verstümmelte Schiff lag als eine dunkle Masse da, der Schaum der anschlagenden Wellen sprühte hoch hinauf und umhüllte es. Da erblickte man plötzlich noch eine Gestalt. Der Kajütenjunge wurde vermißt, man sah ihn, die Hände angstvoll ausstreckend; sein Geschrei vernahm man kaum, es ward von den Wellen, von der Brandung übertönt. »Der arme Junge, aber wer kann ihm helfen? Zurückgehen wäre zu gefährlich,« sagten sie. Man wollte fortrudern. Da erhob sich der Geistliche wie eine drohende Gestalt und stand kühn aufgerichtet in dem Boote. »Das Grab gähnt zu Euren Füßen,« rief er, »die strafende Gerechtigkeit ragt mit ihrem rächenden Arm aus einer jeden Welle. Könnt Ihr Erbarmen erwarten, wenn Ihr selber keines erweist? Zurück, ich gebiete es Euch im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes.« Unwillkürlich, als drohte ihnen der nahe Tod, wenn sie nicht gehorchten, führten die Rudernden das Boot zurück. Einzelne wagten ihre Stimme dagegen zu erheben, aber leise, kaum vernehmlich. Mit Gefahr kamen sie in die Nähe des Schiffes. Der kühne Steuermann sprang auf das Verdeck, setzte den Knaben herunter und stieg wieder ein. Zum zweiten Male mußten sie dieselbe Gefahr bekämpfen, und als sie aus der Brandung des Schiffes heraus waren, machten Alle sich ein Verdienst aus einer That, die sie Alle abgewiesen hatten. Aber die Gefahr war noch nicht verschwunden. Man hatte einen Compaß und die einzige noch brennende Laterne gerettet. Auch diese erlosch, und Niemand konnte jetzt in der Finsterniß die Richtung des Bootes bestimmen. Noch immer wüthete der Sturm, jede Welle drohte das überfüllte Boot zu verschlingen. Sie durchschnitten die Wellen. Zwei Matrosen ruderten: für eine größere Anzahl war kein Platz. Wechseln konnten sie nicht; denn jede Unterbrechung brachte Gefahr. Flinthough hatte sich auf dem Boden hingestreckt, um die Rudernden nicht zu hindern. So lag er da und sah die brausenden Wellen hoch über sich ragen, und hörte englische, dänische, plattdeutsche, holländische Gebete murmeln, und wie die Ruderschläge so seltsam in den Sturm hineintönten. Ein dumpfes Bewußtseyn des nahen Todes durchdrang ihn. Zuweilen wenn, ungeachtet der Mühe der Rudernden, eine Welle das Boot in einer halb schiefen Richtung traf, füllte sich dasselbe mit Wasser und drohte zu versinken. Dann hörte man ein Angstgeschrei; das Wasser bedeckte Flinthough, die Sinne vergingen ihm, und er glaubte in den Abgrund zu versinken. Wenn er dann nach einiger Zeit die Augen wieder öffnete, und die murmelnden Gebete und die Ruderschläge hörte zu dem Sausen des Meeres, und die empörten Wellen sah und die ruhige Gestalt des Alten, dünkte er sich von einem seltsamen Traume befangen. Mehrere Stunden vergingen so in steter Gefahr; man merkte wohl, wie das Boot sich von dem festen Lande immer mehr entfernte und nach dem Meere zugeführt wurde. Der Morgen dämmerte; da sah man eine dunkle Masse vor sich und erkannte eine Brigg. Man kam näher. Es war das schon erwähnte Schiff, welches sie nun zum dritten Male sahen. Diese Erscheinung erfüllte Alle mit Freude; es schien ihnen ein Zeichen, daß dieses Schiff zu ihrer Rettung bestimmt sey. Sie erreichten es glücklich, doch nicht ohne Mühe und Gefahr gelangten sie hinauf. Als sie nun festen Boden unter den Füßen fühlten, war der Jubel unbeschreiblich groß. Alle, Schiffer, Matrosen, Reisende, umarmten einander. Flinthough konnte sich kaum besinnen; es war ihm einige Zeit hindurch, als müßte er ertrunken seyn. Aber der Steuermann trat auf ihn zu. »Ich wünsche Ihnen Glück, lieber junger Herr,« sagte er, »Sie können sich rühmen, eine Gefahr bestanden zu haben, die mancher erfahrene Seemann nicht kennt.« Die Mannschaft der Brigg hatte sich theilnehmend um die Geretteten versammelt, aber in der Kajüte ruhte noch Alles. Dieses Schiff war selbst in Gefahr gewesen, man hatte die ganze Nacht in großer Besorgniß wachend zugebracht und war erst gegen Morgen eingeschlummert. Der lebhafte Auftritt auf dem Verdeck war indessen bis in die Kajüte gedrungen, und hatte dort die Schlafenden geweckt.

 


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