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Drittes Kapitel.
Der wunderliche Abend. Eine Verlobung und Verliebung.


Eine glücklichere Stunde zum Besuch in dem gastfreundlichen Hause hätte das Kleeblatt der jungen Herren nicht wählen können. Sie konnten ganz bequem den einzigen Hahn im Korbe spielen, da sich just bei ihrem Eintritt ein Schwarm von Bekannten und Bekanntinnen, der gekommen war, um nach dem befreundeten Hausherrn und seiner Familie zu sehen, beurlaubte. Somit war also im Salon das Feld rein, und Alfred und Raphael versprachen sich Wunder von der Beredtsamkeit, die sie entfalten würden, um sich bei den Damen gebührend zu entschuldigen. Alle Zeichen ließen sich vortrefflich an. Die Tante und Mathilde, Katharinchen und Cornelia, waren in dem Visitenzimmer vereinigt. Auf der Stirne dieser Damen, sogar auf dem Antlitz der gedemüthigten Republikanerin, war eine milde Heiterkeit, eine vergnügliche Befriedigung unverkennbar. So konnte Friedrich mit gutem Gewissen und genugsamer Zuversicht den bis heute noch [51] fremden Moritz als einen neuen Gast einführen und den kurzen, von Alfred entworfenen Roman vortragen. Nach diesem wäre »Jonathas«, ein durch und durch fürstlich gesinnter Mann, der vom höhern Adel des Seekreises hochgeschätzt und gern in dessen Schlössern aufgenommen, mit empörender Brutalität genöthigt worden, dem Panier des Aufruhrs zu folgen. Es sei ihm nur zwischen augenblicklichem Auszug und schmählichem Tode die Wahl gelassen worden. Jeder Tag seines gezwungenen Marsches mit den Rebellen sei mit einem Meuchelmordversuch gegen ihn bezeichnet gewesen, und nur einem tollkühnen Wagestück habe er zu verdanken gehabt, daß er, mitten im Sturmgedräng und im Schlachtenfeuer, geradezu in die Stadt entkommen und bei seinen Freunden sich bergen konnte.

Die Damen verneigten sich schmeichelhaft gegen den Fremdling, und Cornelia's Auge weilte durchdringend auf ihm, der um Verzeihung bat, daß er sich unterstehe, ungeladen hier einzutreten; doch habe er für gerathen gehalten, da in der Stadt noch immer ein verworrener Zustand, sich von seinen Freunden auch auf diesem Gange nicht zu trennen.

Nun war an Alfred die Reihe, seinen Spruch anzuheben, was er auch mit folgenden Worten that: »Und dieser Gang, meine Damen, ist allerdings für uns eine theure, unabweisliche Pflicht gewesen, indem wir aus des Sekretärs Munde mit Bestürzung hören mußten, daß uns Mangel an Theilnahme und, will ich hinzusetzen, an Schicklichkeitsgefühl vorgeworfen werden wollte, Herrn Raphael und mir, weil wir versäumten, an dem grausigen Morgen des heutigen Tages uns nach dem Wohlbefinden der Bewohnerinnen dieses [52] Hauses zu erkundigen. Aber, meine Damen, wer da weiß, welch' schmerzliche Empfindung unser beider Herz durchzuckte, da uns dieser geliebte Fritze da gleichsam unter den Händen entkommen war – wer da weiß, mit welcher Angst wir ihn an allen Orten vergebens aufgesucht, und wie toll und geschwinde dieser Vormittag mit all' seinen Schrecken verrauschte – wer das alles weiß, wird auch geneigt seyn, uns zu entschuldigen, und wir bitten auch inständigst darum.«

Die Frauen sahen einander lächelnd an, und Mathilde war die erste, die dem Sprecher Absolution ertheilte, indem sie mit verbindlicher Handbewegung sagte: »Allen Sündern soll vergeben, und die Hölle nicht mehr seyn!« – Cornelia ihrerseits sprach zu Raphael: Ich nehme um so lieber die Anklage zurück, als ich jetzt erfahren habe, daß Sie ihren Freund unerschrocken im Kugelregen aufgesucht haben, während wir schwache Weiber unser bischen Leben hinter festen Klostermauern versteckt hielten. Doppelt bin ich jetzo erfreut, da ich Sie wohlerhalten vor mir sehe. –

Raphael machte seinen Kratzfuß und folgte einem leichten Wink Cornelia's, die ein paar Schritte mit ihm zur Seite trat, und ihre Rede mit leiser Stimme vervollständigte: Wollte Gott, ich könnte dasselbe auch von meinem Vetter Titus sagen. So schwer er mich auch erzürnte, indem er sich erfrechte, mir, der deutschen Jungfrau, Gesetze vorschreiben zu wollen, die mich zu seiner Sklavin hätten machen sollen, so fühle ich doch Mitleid mit seinem Geschick, welches auch es seyn möge. Und wüßte ich es nur! ist er gefangen ... ist er todt? ... O, wer mir sagte, was mit ihm geschehen! ...

[53] Damit kann ich aufwarten; erwiederte Raphael lächelnd: Ich, der Nebenbuhler des jungen Mannes, mache mir eine Freude daraus, Ihnen zu melden, daß der Bürger Titus unversehrt, ja, daß er frei! – Raphael machte sich daran, seiner Herzensfreundin mit allen Einzelheiten zu erzählen, wie vortrefflich Alfred sich gegen den Turner benommen. – Während dieses heimlich genug von Statten ging, hatte Mathilde, allen verschämten Abmahnungen der Tante zum Trotz, den andern Herren bekannt gegeben, daß ungeachtet der fürchterlichen Austritte des Tages Alles im Hause fröhlich und wohlgemuth sei, weil morgen, am Osterdienstag, die Vermählung Laura's unwiderruflich vor sich gehen werde. Der Doktor habe vor Kurzem die gute Nachricht heimgebracht, und dadurch die größte Freude erregt. Der Papa habe geäußert, daß er sich die Ehre nehmen wolle, die Herren allesammt zu bitten, die Kirchenfeier mit ihrer Gegenwart zu verherrlichen.

Mathilde hatte noch lange nicht geendet, und bereits war die Tante verschwunden, um nicht die Glückwünsche der Besucher entgegen nehmen zu müssen. Der »schöne Fritz« hätte mit Geduld wohl die Entfernung der Tante vertragen, aber leider wollte auch Cymbeline sich nicht sehen lassen, obschon er auf sie lauerte mit Aug' und Ohr, um so sehnsüchtiger, als Mathilde sich zwar höflich, aber auffallend kühl gegen ihn benahm, und dem Alfred die günstige Aufmerksamkeit zuwandte, die sonst dem Sekretär geblüht. Er langweilte sich sichtlich und fand auch bei Moritz keinen Trost, der, als wie nachdenklich und in sich gekehrt, hinstarrte auf den Fleck, wo sich Cornelia und Raphael besprachen. – Da kam die Tante plötzlich zurück, mit hochgerötheten Wangen und [54] geschäftigen Schritten, flüsterte im Vorübergehen der Nichte Mathilde ein paar Worte zu, näherte sich hierauf dem Sekretär, und sagte ihm vertraulich, wiewohl mit deutlicher Verlegenheit: Mein Schwager läßt Sie ersuchen, ihm auf ein paar Minuten in seinem Kabinet die Ehre zu schenken ...!«

Der »schöne Fritz«, dem Mathildens Fremdthun unerträglich geworden, folgte mit Vergnügen der Einladung des Hauspatrons, und ein paar Sekunden nach seiner Entfernung empfahl sich auch Mathilde, von sichtlicher Bewegung ergriffen. Die Tante folgte ihr, sich mit Hausangelegenheiten bei den Herren entschuldigend, und Katharine mußte sich bequemen, die Kosten der Unterhaltung allein zu bestreiten, da zwischen Raphael und Cornelia die stille Unterredung kein Ende nehmen wollte. Der Künstler war nämlich von einem Gegenstand zum andern übergegangen, und hatte an die Geschichte des Titus, die so sehr zu Alfreds Ehre ausgefallen, und die edle Seele Cornelia's bis ins Innerste gerührt, alsogleich die Historie des Moritz »Jonathas« geknüpft, und zwar der Wahrheit treuer nachgebildet, als Friedrichs Erzählung gewesen. Er schilderte den Moritz so ziemlich wie er war, machte seiner Zuhörerin begreiflich, daß die Umstände nicht erlaubten, in diesem Betreff vor aller Welt die Dinge herauszusagen, wie sie sind, daß – aber bei einer Jungfrau, wie Cornelia, eine Ausnahme zu machen, und er darum ihr nicht verhehlen wolle, daß ein getreuerer Republikaner als Moritz vor der Hand in der ganzen Stadt nicht zu finden sei. Er wolle ihr den tapfern jungen Märtyrer empfohlen haben, und selber eines süßen Lohns für diese gesinnungsfreundliche Enthüllung eines wichtigen Geheimnisses gewärtig seyn. –

[55] Kein Wunder, daß Cornelia, diesen Entdeckungen das geneigteste Ohr schenkend, ihre Blicke noch dringlicher als zuvor auf Moritz richtete, und den Wunsch hinwarf, mit dem jungen Mann auf der Stelle bekannter zu werden. Raphael entsprach natürlich alsobald diesem Wunsch, der ihm Befehl und Gesetz war. Er bedurfte hiezu nur einer Geberde, die Moritz gleich verstand, nach der er sich unverzüglich richtete. Galant und zuvorkommend näherte er sich der Gönnerin, und mischte sich als dritte Person in das Zweigespräch.

Wie schon gemeldet, suchte Katharinchen auf ihre Weise Alfred zu unterhalten, der sich mit einer Opferwilligkeit, wie sie nur ihm eigen, den kindischen Erzählungen des leichtsinnigen Mädchens widmete. Mit der größten Gelassenheit hörte er zu, wie ihm Katharine nach der Reihe die Klosterfrauen beschrieb, von denen sie beherbergt worden war, wie sie ihm keinen Musketenschuß schenkte, der um das Kloster her gefallen, und nicht einen Schrei der Angst, den die frommen Weiber ausgestoßen. Nach und nach wurden die Mittheilungen ergötzlicher: Katharina, eine leidenschaftliche Freundin des Soldatenvolks, redete mit Begeisterung von den hübschen Nassauern, welche dort so tapfer in die Stadt gedrungen waren, und schilderte vor Allem mit Vorliebe die blanken Waffen, die grünen Uniformen und das blendend gelbe Lederzeug jener Helden. »Die kamen mir vor,« rief sie aus, »wie gebenedeite Streiter, die geradenwegs vom Himmel gefallen, um die Welt zu erobern! Um so schmerzlicher hat mich betrübt, daß sie ein paar Dutzend junge Mädchen an den Fenstern erschossen, und neunundneunzig Kinder umgebracht haben sollen, die am neuen Markt auf einem Haufen liegen, [56] wie es heißt? Wie ist nur möglich, so schön, so tapfer, und dennoch so blutgierig zu seyn?«

Nun konnte sogar Alfred das Lachen kaum verbergen, und bemühte sich, dem leichtgläubigen Kindskopf auseinander zu setzen, wie solche, allerdings in der Stadt kreisende Gerüchte nur in's Fabelbuch gehörten, und keine ernstliche Widerlegung verdienten. Weil Katharina jedoch nicht von ihrem Mährchenglauben lassen wollte und Alfred nicht von seinem Bekehrungseifer abstand, so entwickelte sich hieraus ein possierlicher Zank, der unter Lachen und Schmollen fortgesetzt wurde, und dem Dreisprach nebenan alle Zeit ließ, sich beliebig fortzuspinnen. – –

Was war indessen aus dem »schönen Fritz« geworden? Im Kabinet des »Plantageurs« angekommen, war ihm Papa mit einem wunderlichen Gesichte entgegengetreten. Die freundlichsten Mienen waren darauf in den Vordergrund geschoben, wohlwollendes Lächeln auf den Lippen, ein ganz angenehmer Zug um den Mund. Dennoch lag auf der Stirne eine träumerische Wolke, und in den Augen gleichsam bange Sorge. Hinterbein reichte dem Hausfreund beide Hände hin, und sagte mit biederer aber ungewisser Stimme: »Ich habe mir die Freiheit genommen, lieber Herr Sekretär, Sie zu mir bitten zu lassen, um ein paar Fragen an Sie zu stellen, die mir so recht aus der Seele kommen, und die Bewegung entschuldigen, welche Sie vielleicht an mir wahrnehmen. Denken Sie nichts Uebles von mir; der heutige Tag ist ein sehr, sehr ungewöhnlicher, und darum mögen etwa Dinge, die zu einer andern Zeit in anderer Form verhandelt worden wären, auf ungewöhnliche Weise und unvorbereitet zur Sprache [57] kommen. Zudem ist das Herz eines Vaters manchmal voll bis zum Platzen, und dann platzt es auch wie eine Granate!«

Hinterbein schnappte Luft und nahm eine Prise Tabak. Friedrich, den eine gewisse dunkle, auch unbehagliche Ahnung überkommen wollte, antwortete unsicher, wie er gefragt worden war: Ich stehe zu Befehl; ich höre. Sprechen Sie sich aus nach Belieben und ganz unverholen. –

Hinterbein fuhr fort, sich manchmal den Schweiß von der Stirne tilgend, was besonders abstach gegen die kriegerischen Ausdrücke, die ihm von der Erinnerung an die Ereignisse des Morgens in die Rede geflochten wurden: »Sie wissen am besten, werther Herr und, Freund, wie grimmig heute von der ganzen Schlachtenlinie Kugeln, Bomben und Kartätschen in die Stadt gespieen wurden, daß ein andächtiger Christ seines Lebens nicht mehr sicher war. Der liebe Gott, nach seinem unerforschlichen Rathschluß, hatte Sie just in die Tragweite der Geschütze geführt; meine Tochter Cymbeline hat mittelst einer That, die für ein schwaches Weibsbild immerhin tapfer zu nennen, Ihr Leben salvirt, und in den Kassematten meiner Citadelle glücklich Sie untergebracht. Ich behaupte nicht, daß Cymbelinens Kraft und Muth allein ausgereicht haben würden; da war die Vorsehung mit im Spiele, und noch ein gewisses anderes Gefühl, von dem wir nachher reden wollen. Sie erinnern sich an die Garnison, die wir unfreiwillig in meinem Keller hielten. Haubitzen- und Kanonendonner über unsern Häuptern, war nicht Zeit und Muße, eine anständige ruhige Conversation zu führen. Wir waren alle aus dem Geleise der Kul [58]tur, wir Alle waren nur – Natur, und zwar regiert von Angst und Schrecken. In solchen Momenten vergißt man gern die Parole des landesüblichen Herkommens; man gibt sich, wie man ist, und habe ich in jener Stunde des Entsetzens wohl manche Rede im Flug gehört, welche Sie an meine Cymbeline, und manche, welche Cymbeline an Sie gerichtet. Es waren sehr innige und vertraute Worte, die ich zwar vergessen habe, weil im Augenblick für alle meine Kinder, für alle meine Habe, und für mich selbst in Aengsten – die jedoch einmal von Geberden begleitet waren, wie sie gewöhnlich nicht unter mehr als unter vier Augen vorkommen ...! Selbige Worte, jene Umarmung, liebster Herr, haben mir gleich zu denken gegeben ... aber mir war in dem gottlosen Trubel alles entfallen, und erinnerte ich mich dessen nur wieder, da der Leuenwirth von Hirzenbach, nachdem der Jammer vorüber, bei'm Abschiednehmen mir sagte: Grüßen Sie doch auch Ihren zukünftigen Schwiegersohn! – Das fiel mir wie ein Sechsundachtzigpfünder auf die Brust und liegt mir noch eben so schwer darauf. Denn später wurde mir noch rapportirt ... von dem Doktor, daß ich's sage, und der Doktor ist ein ehrenwerther Mann, wie zärtlich Sie von meiner Cymbeline sich beurlaubt haben; in offener Küche, vor allem Volk der Mägde und der zuschauenden Soldaten, und wie Er, der Doktor, Ihnen selber Glück gewünscht zur bevorstehenden Hochzeit. Die Tante, die von den Weibsbildern in eben der Sache berichtet worden, hat mir des Doktors Angabe bestätigt. Ich zweifle nicht, lieber Herr, daß auch Sie der Wahrheit die Ehre geben und mir sagen wollen, was an dem Ding ist?«

[59] Schon lange hatte der »schöne Fritz« seine Augen von dem Gesicht des »Plantageurs« ab und dem Fußteppich zugewendet. Die Beschämung trieb ihm das Blut zu Kopfe. In seinem Gehirn ging es, wie schon oft, wie Kraut und Rüben durcheinander, und nur ein Gedanke beherrschte all den Wirrwarr: In welche Patsche bin ich da gerathen!? – Nebenhin brachte er allerlei Gestotter hervor, das in seiner Unverständlichkeit erst recht deutlich die Verwirrung heraussagte, in welcher sich der junge Mann befand.

Aber just von seiner Vernichtung ergriffen, hob der Papa mit viel milderer Stimmung an: »Nun, nun, fassen Sie sich doch, mein liebster Herr ... ich verlange ja nicht eine ausführliche Beichte von Ihnen; bin zu meiner Zeit ebenfalls jung, ein paarmal verliebt gewesen ... weiß recht gut, wie Einem da das Herz schwillt, der Kopf dumm, und die Zunge steif wird. Jetzo aber weiß ich auch, daß der Doktor mich nicht getäuscht, daß Tante Laura nicht in den Tag hinein geplaudert. Sapperment, ich hätte das Alles schon längst selber merken können! Habe ich nicht etwa seit vier oder sechs Wochen mit Verwunderung gesehen, wie zerstreut und träumend Sie in meinem Hause herumgegangen sind? Sie, ein fermer Piketspieler, konnten ja am Ende nicht mehr einen Sechziger von einem Neunziger unterscheiden, zählten in die Terzmajor bravement den Zehner mit, und was noch sonst dergleichen unverzeihliche Fehler sind! Das war die Liebe, Herr, nicht wahr?

Ich kann's nicht läugnen ... stammelte der »schöne Fritz« recht erbärmlich, der Zeit gedenkend, da er noch auf Mathildens Gegenliebe hoffte ... aber, wenn ich [60] Ihnen das auch eingestehe, so will ich Ihnen nicht verhehlen ...

Lustig und lebendig unterbrach ihn Hinterbein: »Aha! Sie wollen mir nicht verhehlen, daß auch Cymbeline Ihr Gefühl getheilt hat? Richtig; auch dieses hätte ich merken sollen; auch von diesem hatte ich keine Ahnung. Hab' ich mir doch oft den Kopf zerbrochen, warum das Mädchen wohl wie eine Nachtwandlerin am hellen Tage im Hause herum ging? warum ich sie manchmal lachen sah, wo eben nichts zu lachen war, und sie plötzlich dann in Thränen überraschte? Hätte ich dazumal das Cymbelchen in's Gebet genommen, als wie heute, als wie vor einer Stunde, sie hätte mir damals schon Alles gestanden, wie sie heute mir's gestanden ...«

Als wie außer sich, einsehend nun, daß ein gerechter und glücklicher Rückzug ihm kaum mehr möglich, rief der »schöne Fritz« aus: »Ist's möglich? ach – sie hätte gestanden ...? Cymbeline selber hätte gestanden?«

»Wie ich Ihnen sage;« versetzte Hinterbein gutmüthig, da er die Ueberraschung des Sekretärs für eine freudige ansah: »Zitternd, zagend, weinend – das arme unschuldige Kind – aber doch bekannt, daß sie still, aber unsäglich geliebt habe ... daß sie nie an eine Erwiederung ihrer Neigung geglaubt ... daß sie heute fast noch nicht daran glaube, trotz Allem, was vorgegangen ...«

O Cymbeline, herrliche Cymbeline! seufzte Friedrich gen Himmel, und seine Augen schwammen in Thränen. – Dieser Ausruf, diese Thränen wollten vielleicht sagen: Liebes, wackeres Mädchen, wie segne ich [61] deine Zweifel! sie sind ja auch die meinigen; denn ich selber frage mich ängstlich: Liebe ich dich? liebe ich dich nicht?

Hinterbein nahm, was Friedrich gen Himmel gerufen, anders auf, denn er entgegnete sehr gefühlvoll: »Ja wohl ist meine Cymbel ein herrliches Mädchen! Es dürfte Einer schon weit um die Welt laufen, und fände kaum noch ein Geschöpf, das meiner Cymbel zu vergleichen wäre: so empfindsam und weich, dabei so weiblich, entsagend, und klug. Ich mußte ihre Seele gleichsam mit Kernschüssen bombardiren, um das Geständniß ihrer Liebes zu Ihnen mir zu erobern. Bei diesem Anlaß will ich nicht versäumen, mein lieber Herr und Freund, nach Gottes Rathschluß mir bald näher verwandt, Ihnen ausdrückliches Lob zu spenden und die gehörige Ehre zu erweisen, weil Sie sich als ein braver Mann von Takt und Erziehung in dieser Sache bewährt haben. Sie haben sich zurückgehalten, haben Ihre Gefühle in sich selbst verschlossen, haben meiner Tochter den Kopf nicht noch mehr verrückt, als die Liebe ohnehin gethan. Manch ein Anderer hätte nicht so umsichtig gehandelt. Darum bin ich des festen Glaubens, daß Sie meine gute Cymbel, die leider jetzt, im Sturm der überraschendsten Begebnisse, ein Gegenstand des Stadtgeträtsches zu werden in Gefahr ist, demselben nicht preisgeben werden. Ich frage nicht nach Ihrem Vermögen, nach Ihren Aussichten als Staatsdiener; Sie sind mir lieb, und das ist schon genug. Wie glücklich bin ich, meine geliebteste Tochter dereinst, nach meinem Tod, im Schutz eines Biedermannes, wie Sie, zu wissen! Und so schlage ich ein in Ihre Hand, so bin ich bereit, allen Ihren [62] Wünschen zu entsprechen – aber nur unter einer Bedingung! ...«

Wenn die so gut gemeinten Worte Hinterbeins nacheinander die Seele des armen unentschlossenen Fritze wie mit Keulenschlägen getroffen hatten, so belebte ihn doch wieder zu einiger Freiheitshoffnung das Wörtlein »Bedingung«, welches am Schluß gefallen war. Er fragte daher langsam und lauschend: Welch' eine Bedingung?

Und Hinterbein packte ihn gutmüthig schmunzelnd bei den Schultern, schaute ihm tief in die unstäten Augen, und erwiederte dringend: »Sie müssen bei mir im Hause wohnen, mit Ihrem Weibchen mir Gesellschaft leisten, bis die Spanne Zeit, die ich noch zu leben habe, abgelaufen seyn wird. Sapperment, wir wollen alsdann ein Daseyn führen, wie es im Paradiese nicht so gut gewesen. Meine Cymbeline ist ein Muster von einer Hausfrau, ein Exempel von einer dankbaren liebevollen Tochter. Ich gebe Ihnen, Herr, quasi das Herz aus meiner Brust, indem ich Ihnen das Mädchen antrauen lasse; dafür will ich mich aber noch meiner Cymbel freuen, so lang es angeht, und mich weiden an Cymbelchens Glück; denn sie wird glücklich seyn an Ihrer Seite, und – ich gebe Ihnen mein Wort – sie wird auch Ihre Wonne, Ihre Seligkeit seyn!«

Der »schöne Fritz«, dem angst und bange wurde, sich jede Minute mehr von engeren Fesseln umstrickt zu sehen, nahm all seinen Muth zusammen, um durch ein aufrichtig Wort endlich den Konzessionen des Papa eine Schranke zu setzen, und wollte von der Brust weg reden ... aber Hinterbein, der nun einmal in die [63] Rolle des angehenden Schwiegervaters verrannt war, legte ihm Schweigen auf, und haselirte selber weiter: »Schon gut, schon gut, lieber Tochtermann in Hoffnung ... ich begehre keinen Dank ... Sie sollen auf meine Kosten mit Ihrem Weibchen bei mir leben; ich thu' es nicht anders, dabei bleibt's. Und Ihr Weibchen wird Ihnen Ehre machen ... sie ist ohne Widerrede die pikanteste von meinen Töchtern ... Die kleine Kontusion an ihrer Schulter mag die Natur verantworten und die Amme, welche das Kind ungeschickt fallen ließ. Man sieht aber das kaum, und Ihre Liebe hat das schon lange übersehen ... und ein schöneres Angesicht, eine rosenrothe Gesichtsfarbe, wie Cymbelchens, Händchen und Füßchen wie die ihrigen, finden Sie nicht und nirgends mehr. Ihr Verstand – der Cymbel nämlich – ist außerordentlich, ihre Talente sind fabelhaft, und ihre Liebenswürdigkeit ... doch ich merke, daß ich geschwätzig werde, und der Worte sind genug, und zur That wollen wir schreiten, und sie sei meine erste Handlung in der glücklichen Friedensepoche, die sich uns jetzt aufthut, nach Kampf und Blut und Wirrniß!«

Also sprechend, zog der »Plantageur« an der Glocke, umarmte dann den zu Marmor erstarrten Sekretär lebhaft und feurig, und rief dabei: »Abgemacht, lieber Sohn! Einverstanden!« – Kaum mehr eines Widerstandes fähig, und zur Hälfte schon der Ueberzeugung, daß sein Schicksal sich erfüllen werde, sich erfüllen müsse, ließ der »schöne Fritz« den Papa, der in seiner Liebe so gewaltthätig, machen, was er wollte, und schwieg! – –

Das Zeichen mit der Glocke war ein verabredetes, [64] denn plötzlich ging die Seitenthüre des Kabinets auf, und herein trat, von Mathilde geführt, widerstrebend und gezwungen, bleich und verweint, das arme Cymbelchen. Den Schwestern folgten die Tante und der Doktor, die sich als theilnehmende Zeugen in den kleinen Kreis fügten. – Bei'm Anblick des geliebten Friedrich fuhr Cymbeline heftig zusammen, und verbarg schluchzend ihr Antlitz an Mathildens Busen. Der »schöne Fritz« seinerseits, gewaltig erschüttert, war nicht minder in seinem Innersten erbebt, als das Mädchen vor ihm stand, die eine Liebe von ihm forderte, welche er zu geben vielleicht nicht im Stande ... aber wunderbarerweise wurde das fatale »Nein! niemals!« das ihm auf der Lippe schwebte, um dem grausamen Spiel ein Ende zu machen, zurückgedrängt durch vier Worte, die Mathilde sagte, da sie, ihm gegenüber, kalt und vorwurfsvoll auf die Schwester in ihren Armen deutete: »Ihr Werk, Herr Sekretär!«

Von diesem Moment war der »schöne Fritz« gänzlich umgewandelt. Die Kälte Mathildens, die er vor kurzen Tagen inniger geliebt, als bisher irgend eine der Damen, denen er gehuldigt, hatte seiner Eitelkeit eine grimmige Wunde versetzt. Empört, und entschlossen, möglichste Wiedervergeltung zu üben, warf sich Friedrich zu den Füßen Cymbelinens, und rief zärtlich zu ihr empor: »Geliebtes Mädchen! in diesem Zustand! o komm' zurück zum Leben! denn das meine ist für mich von keinem Werth, wenn ich nicht in deine Augen blicken, nicht aus deinem Munde hören darf, daß du mir gut, daß du mir zugethan, und daß du mir vergeben willst diese schwere Stunde, die meine Unbesonnenheit, mein Taumel über dein Haupt heraufbeschworen!«

[65] Diese Anrede vernehmend, die nun wahrlich keinen Zweifel mehr zuließ, erholte sich Cymbeline schnell, und ihre Augen blickten mit überirdischem Glanze nieder auf den Geliebten; vergebend reichte sie ihm die Hand und lispelte: Verzeihen Sie auch mir; ich habe diesen Auftritt nicht verschuldet ... geschwiegen hätte ich ewig, wenn nicht mein Vater mich gefragt hätte, dem ich zu Ehrfurcht und Aufrichtigkeit verpflichtet bin! ...

Hinterbein, bei dem die Freude um so heller aufschlug, als er schon gefürchtet hatte, daß der Liebenden gegenseitiges Geständniß sich noch in die Länge ziehen möchte, legte ohne weiteres mit herzlichstem Segen die Hände des Paars in einander und rief ein lautes »Hallelujah!« Mathilde betete stille und inbrünstig zu Gott empor: »O Herr, laß sie glücklich seyn!« – Der Doktor war überaus vergnügt, weil durch sein Zuthun der Handel sich entwickelt hatte, klatschte Beifall, und sagte laut genug zu der verwundert zuschauenden Tante: Alles in Ordnung, me hercle! so lob' ich mir's, so laß' ich mir's gefallen! Werden's uns bald nachmachen, die Glücklichen da! nicht wahr, theuerste Laura, anmuthigste Braut!

Tante Laura erröthete nach Gewohnheit, da sie sich vor allen Leuten mit zärtlichem Namen genannt hörte, und flüsterte dem Bräutigam rasch in die Ohren: »So schweigen Sie doch um's Himmelswillen, bester Doktor! Nicht wir, sondern jenes Paar sind hier die Hauptpersonen, und wir wollen beten, daß ihnen gewährt werde Alles, was ihnen Gott, ihr eigen Herz und eigene Liebe, und das Glück bescheeren mag!«

[66] Worauf der Doktor, der in Fällen der Begeisterung stets seinen Göthe bei der Hand hatte, mit Eifer und weitschichtigen Geberden deklamirte:

»Schau ich nicht Aug' in Auge dir,
Und drängt nicht Alles
Nach Haupt und Herzen dir,
Und webt in ewigem Geheimniß
Unsichtbar sichtbar neben dir?

Erfüll' davon dein Herz, so groß es ist,
Und wenn du ganz in dem Gefühle selig bist,
Nenn' es dann, wie du willst,
Nenn's Glück! Herz! Liebe! Gott!«

– Aber, beste Laura – setzte er, schnell wieder in die Prosa umkehrend, hinzu – lassen Sie uns doch der werthen Gesellschaft folgen; die Thüre zum Salon steht offen, der Schwager bewegt sich in der Mitte seiner Kinder vorwärts ... er wird, denk' ich, den Herren und Damen draußen die Verlobung proklamiren, und wir dürfen dabei nicht fehlen!

Wirklich auch hatte Papa Hinterbein diese großartige Idee aufgefaßt, und brachte sie zur Ausführung, indem er, ohne viel zu fragen, sein Cymbelchen und den Sekretär bei'm Fittich nahm, Hand in Hand mit ihnen in den Salon hinausstolzierte, und mit volltönendem Baß, daß alle Wände widerhallten, verkündete: »Meine hochgeehrten Herren und Freunde, meine vielgeliebten Töchter und Fräuleins, ich mache mir das Pläsir, Ihnen hiemit ein paar junge Brautleute vorzustellen, die in einem halben Jahre Mann und Frau seyn werden. Ich bitte weniger um stille Theilnahme an [67] unserm Familienglück, als um recht lauten Zuruf von Seiten der Geschwister der Braut und der Freunde des Bräutigams, als ein Zeugniß des guten Geschmacks, und der zärtlichen Bereitwilligkeit, womit ich diese Verbindung eingeleitet habe.«

Das plötzliche Auftreten des Papa und seiner Genossen hatte die Gesellschaft im Salon sehr gestört. Katharine war mit ihren Fabeln, Alfred mit seinen Bekehrungsversuchen noch nicht fertig geworden, die Unterredung Cornelia's und des glühenden Moritz, die auf den Wogen hinreißenden Austausches von Gefühlen, Empfindungen und Gesinnungen dahinsegelte, hatte noch kein Ende genommen. Raphaels plötzlich entglommene Eifersucht war noch im Steigen, und sehnte sich, wie diese traurige Leidenschaft zu thun pflegt, begierig nach fortgesetzter Nahrung. – Der Eintritt des Vaters und der Verlobten gebot Waffenstillstand. Aber, was die Ansprache Hinterbeins den aufhorchenden Herren und Damen mittheilte, ging in's Unglaubliche, in's Erstaunlichste, da nicht einmal Cornelia und Katharine von den geheimen Kabinetsverhandlungen ihres Vaters das Geringste gewußt hatten. Darum machte sich auch eine lange Pause, und Hinterbein, der vergebens des gewünschten beifälligen Zurufs harrte, mußte noch einmal anfangen, und den Zuhörern in's Gewissen reden: »Sapperment, was ist denn das? Seid Ihr denn Alle stumm geworden? Hab ich's nicht recht gemacht? Wir stehen ja da, ich und meine verlobten Kinder, als wie auf einem Theater Komödianten, die auf einen Applaus gehofft haben und statt dessen miserabel durchfallen! So schwatzt doch, so schreit doch Bravo, Sapperment, oder ich fange noch einmal an und schieße dann mit Vier [68]undzwanzigpfündern! Das Brautpaar hoch, und noch einmal hoch!«

Diesmal schlug es durch; das Vivat erfolgte volltönig; der Doktor und die Tante machten aus Kräften mit, die Schwestern umarmten ihre Cymbeline, die Freunde schüttelten dem »schönen Fritz« die Hand, am lautesten jubelte der Papa. – »Ich wünsche dir von ganzer Seele Glück!« sprach Moritz mit tiefer Rührung, weil selbst seit einer halben Stunde bis über die Ohren verliebt. Alfred lächelte stolz vor sich hin, weil die Prophezeihung, mit welcher Friedrich von ihm bedacht worden, mehr als eingetroffen war. Raphael begnügte sich, zu sagen: Ei, das hat sich ja blitzschnell gemacht! – und zwar sagte er das mit einem ganz kuriosen Gesichte, indem sein Mund ein freundliches Lächeln heuchelte, während seine Augen verdrossen dreinschauten, da ihm die Gewißheit geworden, von Moritz aus dem Sattel gehoben zu seyn.

Der neue Bräutigam achtete indessen blutwenig auf all' diese Zeichen und Reden. Ihn beseelte eine wahrhaft tolle affektirte Lustigkeit. Er war in seinem Herzen, in seinem verletzten wunden Herzen überzeugt, daß ihm das grausame Stücklein gelungen, auch der kalten Mathilde, der gleichgültigen Cornelia und sogar dem widerborstigen Kathrinchen das Herz gebrochen zu haben, weil er nun, Hals über Kopf, an Cymbeline seine Hand verschenkt, und somit ihren Schwestern sich unmöglich gemacht. »O wie werden sie bereuen, mich so schlecht behandelt zu haben!« triumphirte er still und boshaft für sich: »Wie würden sie jetzt gerne ihr ganzes Erbtheil, ihre halbe Seligkeit hingeben, wenn ich nur noch frei, wenn ich nur noch zu haben, wenn ich [69] nur nicht schon mit der unansehnlichsten der Schwestern verlobt wäre!«

Sehr gut, daß diese schauerlichen Gedanken den Fräuleins sammt und sonders ein Geheimniß geblieben sind; sonst würde die unschuldige Cymbeline in den Armen ihrer Lieben nicht so glücklich gewesen seyn, und die Schwestern hätten sich vielleicht halb zu Tode gegrämt!? Wenigstens würde dem leichtsinnigen Katharinchen etwa nicht eingefallen seyn, mit dem Ausruf: »Einen Ball wollen wir halten, tanzen wollen wir!« an den Flügel zu laufen und bei'm Schein der vielen Kerzen, die von Tante Laura angezündet worden, eine Polka anzuschlagen, die zu den schönsten ihrer Sorte gehörte. Aber man kennt ja das Loos des Schönen auf der Erde! Nicht drei Takte waren noch verklungen, als schon Papa, das ernste Schicksal in Person, der Musikantin Stille gebot und den Deckel des Instruments unerbittlich zuklappte. »Höre auf, laß das Spielen seyn;« sprach er milde zwar, aber bestimmt: »Heute ist, wenn wir gleich ein Familienfest begehen, nicht der Tag der Freude; ein Tag der Trauer ist der heutige. Denke an die armen Soldaten, die heute Morgen, ihrer Pflicht getreu, gefallen sind; sei auch eingedenk der noch beklagenswertheren Freischärler, die nicht der Pflicht, sondern einem traurigen Irrthum das Leben zum Opfer gebracht haben! Stelle dir vor den Jammer so vieler Eltern um ihre Söhne, so mancher Schwester und Gattin um ihren Ehemann und Bruder. Vergiß auch nicht, wie groß das Unglück, so über unsre Stadt hereingebrochen, den Ruin so mancher Häuser, so mancher Familie – und du wirst mir beipflichten, daß es einem unbarmherzigen Hohn gleich sehen würde, wenn wir mit [70] Sang und Klang einen Abend hinbrächten, der still dem Nachdenken und der Klage eher, als der Freude gewidmet seyn soll.«

Diesen wahrhaft menschlichen und christlichen Ermahnungen zu liebe, hätte man dem »Plantageur« die Philisterei seines ganzen Lebens verzeihen mögen. Es gingen auch alle Herzen der Anwesenden und manches Auge über, und belobend und dankend umdrängten sie den braven Herrn des Hauses. Vor allen war es Cornelia, die sich weinend an des Vaters Brust warf und ihm zurief: »Seyn Sie doch gepriesen, liebster Vater, für die wackern Worte, welche Sie gesprochen haben! Sie haben mir noch einmal das Leben gegeben, Sie haben mich aus dem Abgrund der Trübsal gerettet. Im Namen Aller, die heute sich in Treu' und Glauben geopfert haben, danke ich Ihnen.« – Auch Cymbeline kam, um ihre Erkenntlichkeit, und die ihres Verlobten darzubringen, weil der Vater den glücklichen Abend der Verlobung nicht rauschend, aber um so edler begangen haben wollte. – Hinterbein hatte Mühe, sich für einen Augenblick der allgemeinen Anerkennung zu entziehen, und sagte, während die Anderen zum traulichen Gespräch zusammentraten, mit überfließendem Gefühl zum Doktor: »Ja ja, es sind gute liebe herzige Kinderchen ... ich bin stolz auf sie ... und Ihnen, Doktorchen, dem ohne Zweifel das Herz im Leibe lacht, will ich bekennen, daß ich mich für den glücklichsten Vater auf Erden halte. So voll von Liebe und Ehrfurcht gegen den Papa sind die Kinder selten zu finden, und ich wünsche Ihnen, weiß Gott, eine Nachkommenschaft wie die meinige. Aber Sie müssen's auch machen wie ich: die Kleinen gottesfürchtig erziehen, und die väterliche [71] Gewalt sich nicht verkümmern lassen! Ich habe mich mit ihnen nie gemein gemacht, bin nie mit ihnen ›Bruder im Spiel‹ gewesen, habe mich nie mit ihnen auf Du und Du, auf Schmollis gesetzt, wie heutzutage leider der Brauch ist. Darum eben sind meine Mädchen gut und brav geblieben, und ich bin noch wie ehedem der Autoritätsmann im Hause, der unumschränkte Vater nach dem Urbegriff, die ›große Medizin‹, wie die amerikanischen Rothhäute zu sagen pflegen. Was ich will, geschieht; was ich verbiete, das läßt man fein bleiben. He, was sagen Sie dazu?«

Der Doktor zuckte die Achseln, wie er es vor aller Ruhmredigkeit im Brauch hatte, und bequemte sich nur zu der Antwort: Wie man's nimmt ... est modus in rebus ...

Sehr eifrig unterbrach ihn der »Plantageur«, dessen stärkste Seite das Lateinische nicht war: »Ja wohl, das weiß ich, daß der Rebus in der Mode ist, aber selbiger Rebus ist eben ein Unsinn, und darum ist der Unsinn Mode, und darum hat es auch der Unsinn mit der Freiheit und der Republik probiren wollen; jedoch hat es damit ein Ende mit Schrecken genommen, und ich zweifle nicht, daß die Oesterreicher baldigst über'n Rhein marschiren werden, um auch der Franzosenrepublik den Garaus zu machen, und dafür wenigstens das Elsaß wieder an Deutschland zu bringen. Sapperment, ich will mich zu Tode lachen, wenn die Steckelburger drüben, die jetzt das Maul so voll nehmen, wenn die Straßburger, sage ich ...«

Dem guten Hinterbein, der selber den Mund so voll genommen hatte, ging die Rede auf den Lippen aus ... er schlug sich vor die Stirne, er rupfte [72] unzufrieden sein Haar, stampfte verdrießlich den Boden, und fand die Sprache nur wieder, um zu stottern! »Was mir da einfällt ...! hatte ich doch ganz vergessen ...! das soll doch gleich ...! hab' ich doch den Hansdennel ganz aus dem Gedächtniß verloren ...! he da, Cymbeline! Was macht denn der Musje Hansdennel im Keller? Geschwinde, laß hören!«

Cymbeline hörte freilich, die ganze Gesellschaft hörte ebenfalls, weil der Papa sehr vernehmlich gesprochen; aber dem guten bräutlichen Fräulein wurde herzlich schlimm zu Sinne, weil es auch nicht ohne Schuld. – »Ach mein Gott, wie thut mir's leid! ich habe den braven Herrn, den ich mit Essen und Trinken versorgen sollte, ohne Labung sitzen gelassen ... ach, mein armer Kopf, meine Zerstreuung ... verzeihen Sie mir doch, mein lieber Vater, aber ich will gleich ...«

Sie griff nach ihrem Schlüsselbunde, und nach dem Licht, um der versäumten Pflicht nachzukommen, aber Hinterbein, der sich bereits wieder gefaßt, hielt sie lachend auf, und rief bodenlustig: »Halt, halt doch! wir geh'n zusammen, wir wollen Alle im feierlichen Zuge geh'n! Es ist kein Wunder, liebstes Kind, daß du heute auch den Meisenlocker vergessen hast ... hattest mehr zu sinnen, mehr zu denken, armes Kind! Nicht wahr, Herr Sekretär, nicht wahr, verehrte Gesellschaft? Aber bei dem feierlichen Anlaß der Verlobung, die uns Alle heute beglückt, soll auch der Hansdennel sich seines Lebens freuen und von der Kette losgelassen seyn. Auf, meine Herren, auf meine Damen, schaaren Sie sich, nehmen Sie Lichter in Ihre Hände; lassen Sie uns, damit meine Einquartierten nichts davon merken, [73] über die gewisse geheime Wendeltreppe in den Keller marschiren und den vertrackten Republikaner wieder heraus an die Freiheit führen!«

Diesem Aufgebot wurde mit einigen Abänderungen entsprochen: Cymbeline ging mit dem Schlüssel voraus, Hinterbein folgte ihr, die Tante Laura am Arme führend. Diese Drei sollten, wie vom Himmel gesendete Engel in den Kerker des Hansdennel niedersteigen. Die übrige Gesellschaft wollte den Befreiten und die Befreier auf der Höhe der Wendelstiege erwarten. Um kein Aufsehen zu erregen, wurden nur zwei Kerzen mitgenommen. Die eine trug Papa, die andere hatte Alfred in den Händen, der, Fräulein Mathilde am Arme, an der Spitze des Gefolges schritt. Alsdann kam Friedrich, Katharinchen führend, und Moritz, der Begleiter seiner schnell eroberten Cornelia; Raphael, der sich vor Aerger nicht mehr fassen konnte, hatte das Nachsehen, und dem Doktor Faust pressirte es überhaupt nicht, den nächtlichen Zug mitzumachen. – So traf es sich also, daß die beiden Herren selbander im Salon zurückblieben, und Raphael, der schlimme Gesell, packte die Gelegenheit bei'm Schopf, seinen Zorn an Einem auszulassen, den er weniger fürchten zu müssen glaubte, als den Moritz, der ihm in jeglicher Hinsicht überlegen.

Mit stolz aufgeworfenem Kopf, und sich so lange streckend, als nur möglich, mit Hahnenschritten ging der Schauspieler auf den Doktor los, und sagte barsch: »Sie haben mich beleidigt, Herr!«

Hierauf erwiederte Sebastian Faust gelassen und freundlich: Ich weiß ... es thut mir leid ... die Wirrniß des Tages entschuldigt vielleicht ein unüberlegtes Wort.

[74] »Ich nehme keine Entschuldigung an.« –

Noch mehr: ich habe den Sekretär ersucht, Sie in meinem Namen um Verzeihung zu bitten; – erwiederte der Doktor, immer noch gelassen.«

»Ist nicht ausgerichtet worden; wird auch nicht angenommen und kein Pardon gegeben!« versetzte Raphael noch grimmiger, weil sein Gegner klein zugab.

Dieser fuhr indessen fort: Es ist möglich, daß meine Bitte vom Sekretär nicht erfüllt worden ... der Herr war eilig, wie ich heute Morgen gewesen bin ... er hat mir sogar einen Denkzettel versetzt, den ich noch immer auf dem Brustbein verspüre ...! Dennoch habe ich ihm verziehen – bin sogar der Beförderer der Verlobung gewesen, die Ihren Freund so glücklich macht!

»O schweigen Sie,« brummte Raphael den Doktor an: »Indem Sie ihn verheirathen, indem Sie ihm eine Frau an den Hals werfen, rächen Sie sich grausam an ihm! Schon deßhalb müßte ich Sie vor die Klinge fordern, was auch hiemit geschieht!«

Sind Sie bei Troste? fragte der Doktor mit großen Augen: Besinnen Sie sich doch: wir sind ja, me hercle, keine Studenten mehr, und ich bin auf dem Punkte, mich zu verehlichen!

»Eben deßwegen!« schnaubte Raphael, der seinen Feind immer geringer schätzte: »Auch dieser Gedanke fordert Blut. Auf krumme Säbel, Herr! Morgen früh, auf der Stube des Sekretärs ...! Wenn Sie nicht kommen, so beleidige ich Sie, weiß Gott, auf offener Straße und vor allen Leuten!«

Der Ton, den Raphael angenommen, hatte etwas so überschwängliches an sich, daß der Doktor, dem es [75] an Scharfsinn nicht gebrach, plötzlich merkte, mit wem er es zu thun habe, und beschloß, dem Prahler Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Darum hob auch Er an, sehr gefährlich zu thun, rollte die Augen, stemmte die Arme in die Seiten. und rief, als wäre ihm die Geduld bis auf den letzten Faden ausgegangen: Wenn Sie mich denn fordern, im Ernste fordern, rauflustiger Herr, so werden Sie mir erlauben, Waffe, Zeit und Ort zu bestimmen. Ich schlage mich nur, nachdem ich getraut worden; nur auf dem Hauboden bei'm Predigerthor; und nur auf scharfgeschliffene Säbel. Morgen um eilf Uhr also, mein Herr; bringen Sie ihre Zeugen mit, so wie ich die meinigen mitbringen werde. Dies mein letztes Wort, und damit Gott befohlen! –

Da in diesem Augenblick die Gesellschaft mit dem seiner Haft entlassenen Hansdennel zurückkehrte, trat Raphaels Verwunderung und Bestürzung, auf einmal einen entschlossenen Mann zu finden, wo er nur ein Hasenherz zu peinigen vermeinte, in den Hintergrund. Es ist hier nur anzudeuten, daß dem Künstler, dem es in Kriegs- und Streitsachen, wie auf der Bühne, nur um den Schein, nicht um den Ernst zu thun, nicht viel weniger unbehaglich zu Muthe war, als dem Straßburger, der ganz verloren und verkommen, von Cymbeline und Laura geführt und von dem Papa langsam fortgeschoben, in dem Besuchzimmer ankam. Allen Zeugen dieser Auferstehung aus dem Kellergewölbe war das Mitleid näher als das Lachen. Herr Hansdennel, von Hunger und Durst erschöpft, halb erfroren, halb zu Tod geängstigt, war einem Schatten zu vergleichen. Und mit hohler Stimme seufzte er auch gespenstig: » Ma foi, wenn mich der bon Dieu noch conserviren will, so wird's nur ein [76] Mirakel seyn, denn ich lebe schon jetzt nicht mehr, parbleu ... ich bin schon mort de faim, mort de soif, und vor Allem, mort de peur! das sind mir schöne Ostern! O Pâques de malheur! ich hab' den Schwindel, meine Augen sind ganz dultsch ... das Latettel geht mir um und ... je tombe ... ich bin hin ...!« – Richtig machte er auch Miene, in Ohnmacht zu fallen, und die Herren hatten vollauf zu thun, um ihn nach dem Speisezimmer zu schaffen, wo Cymbeline für seine Erquickung sorgte, und Papa Hinterbein, den sein etwas zu weit getriebener Spaß reute, dem armen Teufel mit tausend Schwüren betheuerte, daß er am nächsten Tage unfehlbar auf der Eisenbahn nach seiner geliebten Vaterstadt geschafft werden solle. – –

Da nunmehr mit diesem kläglichen Lustspiel der Gesellschaftsabend als beschlossen angesehen werden konnte, nahmen die vier Freunde, nachdem sie von dem Hausherrn noch einmal zu der kirchlichen Vermählungsfeier des Doktors und der Tante eingeladen worden, Abschied, um nach ihren Häusern heimzukehren. Das neuverlobte Paar, indem es sich trennte, that seiner Zärtlichkeit keinen Zwang an; Friedrich war sogar geflissentlich zärtlich, um nur die andern jungen Damen bitterlich zu ärgern. Die Beurlaubung des Moritz-Jonathas von Cornelia, warm und innig, wie so junge Liebe selten thut, spielte natürlich noch unter der Decke; aber Raphaels eifersüchtiges Auge wachte, war nicht zu täuschen und zu blenden, und hätte eines Basilisken seyn mögen, um die Freundschaft und die Liebe, welche den armen Raphael verrathen, zu Pulver zu verbrennen, und von der Erde zu tilgen. – Alfred sagte Mathilden ein [77] gefälliges Lebewohl, – Katharinchen ging leer aus, machte sich jedoch nichts aus der Vernachläßigung, so wenig als sich der Doktor aus dem Duell machte, welches er so trotzig auf seinen Hochzeitstag anberaumt hatte. Denn zum Meffi-Stoffel, der mit der Laterne kam, ihn nach Hause zu begleiten, sprach er geheim: »Um neun Uhr ist die Trauung, in einer halben Stunde ist sie vorbei. Mit dem Schlage Zehn wollen wir verreisen. Hörst du wohl? Die Kutsche muß pünktlich da seyn ohne Fehl. Denn, lieber Knecht, stelle dir vor, daß ein Grobian mit aller Gewalt begehrt, sich um eilf Uhr mit mir auf Leben und Tod zu schlagen! Das werde ich doch nicht thun, nicht in's Gras beißen sollen an meinem Hochzeittag?«

Meffi-Stoffel fletschte hierauf seine Zähne und grinste pfiffig: Das wär' eine schöne Geschichte! aber es wird, denk wohl, nicht so gefährlich seyn. Zum Hauen und Stechen, wie zum Schießen braucht man Gewehr und Waffen, und morgen um neun Uhr wird's hier zu Freiburg eine Kunst seyn, einen Säbel oder eine Pistole vorzuweisen. Unser Quartiersoldat hat mir gesagt, daß mit dem Frühesten alles Gewehr in der Stadt abgesammelt werden soll, und Sie brauchen mir nur zu stecken, wo Ihr Grobian logiren thut, so will ich dafür sorgen, daß er unter den Ersten sei, denen der Gift genommen wird, und daß man ihm nicht einmal einen Nagelbohrer in Händen lasse, um meinem gnädigen Herrn Doktor weh' zu thun!

Dessen waren Herr Doktor sehr geschmeichelt, und umarmten Dero Knecht mit den beifälligen Worten: »Du bist eben, wie schon gesagt, ein Teufelskerl! Geh' hin, und thue, wie du gesprochen!«

[78] Obwohl auf dem Heimweg gestört durch den Zapfenstreich, der durch die Straßen rasselte, durch manche Patrouillen und durch manchen Werda-Ruf der hie und da aufgestellten Schildwachen, verlor Alfred den Faden seiner Rede nicht, womit er den neben ihm wandelnden Friedrich beglückwünschte, daß er endlich sein Ziel erreicht habe. Alfred schwärmte nach seiner Gewohnheit viel von dem folgerichtigen Weltgesetz und von der Gewißheit, daß die Ehen im Himmel geschlossen werden; ging dann über auf die Freuden, die einem bescheidenen Mann an der Seite eines edelgesinnten Weibes blühen, und die er, Alfred, obschon ein Neuling in der Liebe, im vollsten Umfang ahne. »Du mußtest einmal Cymbelinens Gatte werden; das stand geschrieben« – also beschloß er seinen Vortrag – »du wirst glücklich seyn, das ist keine Frage. Und weil hier die mathematische Ordnung der Dinge so kräftig an den Tag getreten, so hoffe auch ich, dereinst meine Mathilde heimzuführen!«

Der »schöne Fritz« schnaufte kein Wörtchen; der Stich schmerzte, aber er hielt still. – Eben so schweigend gingen Moritz und Raphael neben einander: der Erstere, in Cornelia's Reize verloren, der Letztere mißgünstig, mißgestimmt, und sich heimlich vor dem Zweikampf fürchtend, den er doch selber angezettelt, von welchem er indessen seinen Freunden nichts verrathen. Vor Alfred's Gasthof angelangt, entschlossen sie sich alle, noch einen Augenblick einzutreten, um Rücksprache wegen des nächsten Tages zu nehmen. Ihnen kam Alfreds Bedienter entgegen, der zwei Briefe von der Post geholt hatte. Der eine war an Alfred selber, der andere an Raphael überschrieben. Diese Briefe wurden auf der Stelle von den Empfängern erbrochen. »Sieh, [79] von meinem Verwalter im Buchfinkenland!« rief Alfred. – »Ein Engagement!« machte Raphael heimlich für sich. Beide lasen mit großem Eifer vor sich hin. Indessen sagte Moritz zu Friedrich: Wer doch nur mit seinem Liebchen an deiner und Cymbelinen's Stelle wäre! Dieser Abend hat mich gefesselt und gebunden, hat den schon verschwommenen Traum der Liebe wiederum wach gerüttelt, und in süße Wirklichkeit verwandelt! –»Wohl dir!« erwiederte Friedrich und hing dabei den Kopf: »Selig allein ist wer da liebt!« Dabei dachte der arme Schelm leider mehr an Mathilde, als an die Braut, die ihm eine höhere Fügung zugemittelt.

Alfred kam rasch auf Moritz zu, und rief: »Meine Gegenwart auf jenem Gute ist dringend nothwendig geworden. Vielleicht Morgen schon, nach des Doktors Hochzeitfeier, werde ich dahin abreisen; spätestens übermorgen. Da wäre für dich, Moritz, eine hübsche Gelegenheit, dich ohne Aufsehen auszuruhen, und in das bürgerliche Geleise wieder einzuführen. Geh mit, sei mein Gast. Du magst dann von dort deinen Eltern schreiben, und kehrst binnen kurzer Frist ungehindert in deine Heimath zurück, als wenn nichts vorgefallen, und der Heckersturm nur blinde Fantasei gewesen.«

Moritz war von dem Antrag tief bewegt, aber nicht auf freudige Weise. Er nickte zwar stumm, als wolle er »Ja« sagen, aber während draußen Jemand an die Thüre klopfte, und Alfred mit dem Lichte hinging, um aufzuthun, sagte Moritz heimlich und kläglich zu seinem Friedrich: Um's Himmelswillen! da soll ich fort, meine Liebe verlassen, von meinem einzigen und letzten Glück scheiden! O Freund, das würde mir das Leben kosten, und lieber wollte ich ...

[80] Er schwieg plötzlich erschrocken, denn sein Ohr war von einer Stimme berührt worden, die ihn aus allem Konzept brachte. Selbige Stimme ließ sich unter der Thüre gegen Alfred also vernehmen: »Ich komme so eben an, und höre, daß Sie in diesem Hause logiren. Wir kennen uns von früher; ich bin der Freiherr Gallus von Milzheim, und will Sie nur freundlichst gefragt haben, ob Sie nicht etwa von unserm gemeinsamen Freund Moritz etwas vernommen hätten?«

Der Tag war nun einmal der Tag der Ueberraschungen, und verzichtete bis in den späten Abend hinein nicht auf sein Recht. – –

Am Osterdienstag, in der Kirche, und in Gegenwart aller Hochzeitsgäste meldete der Sekretär, daß Herr Raphael in Folge eines pressanten Schreibens und zu seinem eigenen größten Bedauern in aller Frühe habe abreisen müssen u. s. w. – Alfred kündigte seine eigene Abreise auf den Nachmittag an. Moritz, wie er seinem Friedrich im Vertrauen gestand, hatte vorgezogen, bei seinem Gönner und Freund Gallus zu verbleiben, den eine Menge von Geschäften ungefähr vierzehn Tage in Freiburg aufhalten würden.


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