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Einundfünfzigstes Kapitel.

Als Petronius den Beratungssaal verlassen hatte, begab er sich nach seinem Hause an den Carinae. Da dieses auf drei Seiten von Gärten umgeben war und vor ihm nur das kleine Forum der Caecilier lag, war es ausnahmsweise vom Feuer verschont geblieben.

Aus diesem Grunde priesen die übrigen Augustianer, die ihre Häuser und mit diesen zahlreiche Schätze und Kunstwerke verloren hatten, Petronius glücklich. Man nannte ihn schon längst den erstgeborenen Sohn Fortunas, und die stets wachsende Freundschaft, die der Caesar ihm in der letzten Zeit erwiesen hatte, schien die Nichtigkeit dieser Benennung zu bestätigen.

Aber dieser erstgeborene Sohn Fortunas konnte jetzt über die Unbeständigkeit dieser seiner Mutter oder, besser gesagt, über ihre Ähnlichkeit mit Chronos, der seine eigenen Kinder verschlang, nachdenken.

»Wäre mein Haus abgebrannt,« sprach er zu sich selbst, »und mit ihm meine Gemmen, meine etruskischen Vasen, mein alexandrinisches Glas und mein korinthisches Erz zugrunde gegangen, so könnte der Caesar in der Tat die Beleidigungen vergessen. Beim Pollux! Und wenn ich denke, daß es von mir allein abhing, in jenem Augenblicke Präfekt der Prätorianer zu werden! Ich hätte Tigellinus dann als Brandstifter, der er übrigens ist, in Anklagezustand versetzt, ihn in die peinliche Tunika gesteckt, dem Volke ausgeliefert, die Christen gerettet und Rom wieder aufgebaut. Wer weiß, ob damit nicht sogar eine bessere Zeit für ehrliche Leute angebrochen wäre! Ich hätte es tun müssen, schon aus Rücksicht auf Vinicius. Wäre damit zuviel Schererei für mich verbunden gewesen, so hätte ich ihm ja das Amt des Präfekten übertragen können, und Nero würde nicht einmal versucht haben, sich dem zu widersetzen %hellip; Und wenn dann Vinicius alle Prätorianer und den Caesar selbst hätte taufen lassen, was hätte mir das geschadet! Nero fromm, Nero tugendhaft und barmherzig – das müßte einen drolligen Anblick gewähren.«

Seine Unbekümmertheit war so groß, daß er zu lachen begann. Aber nach einiger Zeit nahmen seine Gedanken eine andere Richtung. Es war ihm, als sei er in Antium und als spreche Paulus aus Tarsos zu ihm: »Ihr nennt uns Feinde des Lebens; aber beantworte mir die Frage, Petronius: wenn der Caesar Christ wäre und unsere Gebote befolgte, würde euer Leben dann nicht sicherer und gefahrloser sein?«

In Erinnerung an diese Worte fuhr er in seinem Selbstgespräch fort: »Beim Kastor: Soviel Christen sie hier auch hinmorden mögen, soviel wird Paulus neue gewinnen, denn wenn die Welt nicht in ihrer Verworfenheit verharren will, so muß sie ihm recht geben %hellip; Aber wer weiß, ob dies möglich ist. Ich selbst, der ich doch ziemlich viel lernte, habe es doch nie gelernt ein genügend großer Schurke zu sein, und deswegen wird es dahin kommen, daß ich mir die Adern öffnen muß %hellip; Aber einmal muß ich doch sterben, und wenn nicht so, dann auf andere Weise. Nur um Eunike tut es mir leid und um meine Onyxvase, aber Eunike ist frei, und die Vase wird mit mir gehen. Der Feuerbart wird sie auf keinen Fall bekommen. Auch um Vinicius tut es mir leid. Obgleich ich mich im übrigen in der letzten Zeit weniger gelangweilt habe als früher, bin ich bereit. In der Welt gibt es soviel Schönes; aber die Mehrzahl der Menschen ist so gemein, daß es sich nicht lohnt, das Leben fortzusetzen. Wer zu leben weiß, muß auch zu sterben wissen. Obgleich ich zu den Augustianern gehörte, bin ich doch freier gewesen, als man glaubt.«

Er zuckte die Schultern.

»Man glaubt vielleicht, daß mir jetzt die Kniee zittern und die Haare vor Schreck zu Berge stehen, während ich, zu Hause angelangt, ein Bad in Veilchenwasser nehmen werde. Dann soll mich meine Goldhaarige salben, und nach einer Erfrischung lassen wir uns den Hymnos des Anthemios auf Apollon vorsingen. Ich sagte einst: es lohnt sich nicht, an den Tod zu denken, da dieser auch ohne unser Dazutun an uns denkt. Es wäre doch seltsam, wenn es wirklich elysische Gefilde gäbe, auf denen Schatten umherwandelten. Eunike würde seinerzeit zu mir kommen, und wir würden dann auf den Aspoldeloswiesen lustwandeln. Ich würde dort bessere Gesellschaft finden als hier %hellip; Was für Possenreißer! was für Komödianten! was für eine gemeine Bande ohne Geschmack und Bildung! Zehn arbitri elegantiarum vermöchten diese Trimalchionen nicht zu anständigen Leuten zu machen. Bei Persephone! ich habe genug von ihnen.«

Er bemerkte mit Erstaunen, daß ihn schon so vieles von diesen Leuten trennte. Er hatte sie doch schon früher gekannt und wußte außerdem, was er von ihnen zu halten habe, und doch erschienen sie ihm jetzt noch weiter von ihm entfernt und noch verächtlicher als sonst. In der Tat hatte er genug von ihnen.

Dann begann er über seine Lage nachzudenken. Vermöge seines Scharfblicks erkannte er, daß ihm keine unmittelbare Gefahr drohe. Nero hatte die Gelegenheit benutzt, um einige schöne, erhabene Phrasen von Freundschaft und Verzeihen an den Mann zu bringen, und sich daher durch sie gebunden. Er müßte jetzt einen Vorwand suchen, und ehe er den fand, konnte viel Zeit vergehen. »Vor allem wird er die Christenspiele veranstalten,« sprach Petronius zu sich, »und dann erst wird er an mich denken, und ist dem so, so verlohnt es sich gar nicht, daß ich mich beunruhige oder meine Lebensweise ändere. Die Gefahr, die Vinicius droht, ist dringender.«

Von da ab dachte er nur noch an Vinicius, den er zu retten beschlossen hatte.

Die Sklaven trugen seine Sänfte rasch über die Trümmer, Aschenhaufen und Steine hinweg, mit denen die Carinae noch angefüllt waren; trotzdem befahl er ihnen zu eilen, damit er sobald wie möglich nach Hause komme. Vinicius, dessen »Insula« verbrannt war, wohnte bei ihm und war glücklicherweise zu Hause.

»Hast du Lygia heut gesehen?« fragte ihn Petronius beim Eintritt.

»Soeben komme ich von ihr.«

»Höre, was ich dir zu sagen habe, und verliere keine Zeit mit Fragen. Es wurde heut beim Caesar beschlossen, die Schuld an dem Brande Roms auf die Christen zu wälzen. Es drohen ihnen Verfolgung und Marter. Die Verhaftungen können jeden Augenblick beginnen. Nimm Lygia und fliehe mit ihr sofort über die Alpen oder nach Afrika. Beeile dich, denn vom Palatin ist es näher bis zum anderen Ufer des Tiber als von hier!«

Vinicius war in der Tat zu sehr Soldat, als daß er mit überflüssigen Fragen Zeit verloren hätte. Er hörte mit gerunzelten Brauen und ernstem, zornigem Gesichtsausdruck zu, ohne aber Furcht oder Schrecken zu zeigen. Augenscheinlich war die erste Empfindung, die sich in seiner Natur der Gefahr gegenüber regte, der Wunsch nach Kampf und Verteidigung.

»Ich werde gehen!« sagte er.

»Noch ein Wort: nimm eine Börse mit Gold, Waffen und eine Schar deiner Christen mit. Im Notfalle schlage zu!«

Vinicius befand sich schon an der Tür des Atriums.

»Gieb mir durch einen Sklaven Nachricht,« rief ihm Petronius nach.

Als er allein war, begann er zwischen den Säulen, die das Atrium schmückten, auf und ab zu gehen und dachte über die Ereignisse nach. Er wußte, daß Lygia und Linus nach dem Brande in ihr altes Haus, das wie der größte Teil der Region, gerettet worden war, zurückgekehrt seien. Dies war ein ungünstiger Umstand, denn anderenfalls wäre es schwer gewesen, sie unter der Menge aufzufinden. Er hoffte jedoch, man werde auf dem Palatin nicht wissen, wo sie wohnten, und Vinicius könne daher den Prätorianern zuvorkommen. Auch der Gedanke kam ihm, daß Tigellinus in dem Wunsche, auf einen Schlag so viele Christen wie möglich aufgreifen zu lassen, sein Netz über ganz Rom ausbreiten und daher die Prätorianer nur in kleinen Abteilungen aussenden werde. »Wenn nicht mehr als zehn Mann nach ihr ausgeschickt werden,« dachte er, »so wird jener riesenhafte Lygier ihnen die Knochen zerbrechen, namentlich dann, wenn Vinicius mit Hilfe kommt.« Dieser Gedanke gewährte ihm einige Erleichterung. Allerdings bedeutete bewaffneter Widerstand gegen die Prätorianer beinahe dasselbe wie offene Empörung gegen den Caesar. Petronius wußte auch, daß, wenn es Vinicius gelänge, sich vor des Caesars Rache zu verbergen, diese Rache möglicherweise auf ihn fallen könne, aber darum kümmerte er sich nicht. Im Gegenteil, die Aussicht auf die Vereitelung der Absichten Neros und Tigellinus' gewährte ihm sogar Genugtuung. Er beschloß, zu diesem Zwecke weder Geld noch Leute zu sparen, und da Paulus von Tarsos in Antium die Mehrzahl seiner Sklaven bekehrt hatte, konnte er bei der Verteidigung der Christen bestimmt auf ihre Bereitwilligkeit und Ergebenheit rechnen.

Eunikes Eintritt unterbrach sein Sinnen. Bei ihrem Anblick verschwanden alle seine Sorgen und Beklemmungen, ohne eine Spur zu hinterlassen. Er vergaß den Caesar, die Ungnade, in die er gefallen war, die schurkischen Prätorianer, die den Christen drohende Verfolgung, Vinicius und Lygia und betrachtete nur Eunike mit den Augen des ästhetisch gebildeten Mannes, den schöne Formen entzücken, und des Liebenden, dem aus diesen Formen Liebe entgegenatmet. Sie trug ein durchsichtiges violettes Kleid, Coa vestis genannt, durch das ihr rosiger Leib hindurchschimmerte, sie war in der Tat schön wie eine Göttin. Da sie sich zudem bewundert fühlte, Petronius von ganzem Herzen liebte und stets nach seinen Zärtlichkeiten verlangte, so begann sie vor Freude zu erröten, als ob sie nicht seine Geliebte, sondern ein unschuldiges Mädchen gewesen wäre.

»Was hast du mir zu sagen, Charis?« fragte Petronius, indem er die Arme nach ihr ausbreitete.

Sie neigte ihr goldlockiges Köpfchen vor ihm und entgegnete: »Herr, soeben ist Anthemios mit den Sängern gekommen und läßt fragen, ob du ihn heut hören willst.«

»Laß ihn warten. Er soll uns während des Mahles den Hymnos auf Apollon singen. Überall liegt noch Schutt und Asche; wir aber werden einen Hymnos auf Apollon hören! Bei den Hainen von Paphos, wenn ich dich in diesem koischen Gewande erblicke, so ist es mir, als habe sich Aphrodite in ein Stück Himmelsblau gehüllt und stehe vor mir.«

»O Herr!« erwiderte Eunike.

»Komm her, Eunike, schlinge deine Arme um mich und reiche mir deine Lippen %hellip; Liebst du mich?«

»Ich würde Zeus nicht inniger lieben.«

Dann preßte sie ihre Lippen auf seinen Mund und bebte in seinen Armen vor Wonne.

Nach einiger Zeit begann Petronius: »Wenn wir uns aber trennen müßten?«

Eunike sah ihn erschreckt an: »Wie meinst du das, Herr?«

»Beunruhige dich nicht! %hellip; Denn siehst du, wer weiß, ob ich nicht eine weite Reise antreten muß.«

»Nimm mich mit!«

Petronius gab dem Gespräche bald eine andere Wendung.

»Sage mir, gibt es auf den Rasenplätzen im Garten Asphodelos?«

»Die Zypressen und Rasenplätze im Garten sind vom Feuer versengt, die Myrten haben die Blätter verloren, und der ganze Garten ist wie ausgestorben.«

»Ganz Rom ist jetzt wie ausgestorben und wird in kurzem ein wirklicher Grabesort werden. Weißt du schon, daß ein Edikt gegen die Christen erlassen und eine Verfolgung beginnen wird, in der tausende ihr Leben verlieren werden?«

»Warum werden sie bestraft, Herr? Es sind gute und friedliebende Menschen.«

»Eben darum.«

»Laß uns ans Meer gehen. Deine göttlichen Augen lieben es nicht, Blut zu sehen.«

»Gut, aber jetzt muß ich ein Bad nehmen. Komme in das Elaiothesion und salbe mir die Arme. Beim Gürtel der Kypris! noch niemals bist du mir so schön vorgekommen. Ich werde dir ein Bad in Gestalt einer Muschel bauen lassen, und du wirst wie eine köstliche Perle darin erscheinen %hellip; Komm, Goldhaar!«

Sie gingen hinaus, und eine Stunde später befanden sich beide rosenbekränzt und mit strahlenden Augen an einer mit goldenen Geräten besetzten Tafel. Knaben, als Amoretten gekleidet, warteten ihnen auf. Sie tranken Wein aus efeugeschmückten Bechern und lauschten dem Hymnos auf Apollon, den Anthemios unter Harfenbegleitung vortragen ließ. Was kümmerte es sie, daß rings um die Villa die Schornsteine der Häuser aus dem Schutt emporragten und daß die Asche des durch den Brand vernichteten Rom im Wehen des Windes nach allen Richtungen auseinanderstob? Sie fühlten sich glücklich und dachten nur an ihre Liebe, die ihnen das Leben zu einem Göttertraum umgestaltete.

Ehe jedoch die Hymne zu Ende war, trat ein Sklave, der Vorsteher des Atriums, ein.

»Herr,« sagte er mit vor Schrecken bebender Stimme, »ein Centurio mit einer Abteilung Prätorianer steht vor dem Tore und wünscht dich auf Befehl des Caesars zu sprechen.«

Gesang und Harfenspiel verstummten. Unruhe bemächtigte sich aller Anwesenden; denn der Caesar bediente sich im Verkehr mit seinen Freunden in der Regel keiner Prätorianer, und ihr Erscheinen bedeutete dazumal nichts Gutes. Nur Petronius zeigte nicht die mindeste Erregung und sagte im Tone jemandes, der durch unaufhörliche Besuche belästigt wird: »Wenn man mir doch wenigstens Zeit ließe, mein Mahl in Ruhe einzunehmen!«

Dann wandte er sich zu dem Vorsteher des Atriums und sagte: »Laß ihn eintreten.«

Der Sklave verschwand hinter dem Vorhange; einen Augenblick später hörte man schwere Schritte sich nahen, und herein trat der Petronius wohlbekannte Centurio Aper in voller Rüstung und mit dem eisernen Helme auf dem Kopfe.

»Edler Herr,« sagte er, »hier ist ein Schreiben des Caesars.«

Petronius streckte gleichmütig seine weiße Hand aus, nahm das Täfelchen, ließ sein Auge darüber hingleiten und reichte es voller Ruhe Eunike.

»Er will heut abend einen neuen Gesang der Troika vorlesen und lädt mich ein, zu kommen.«

»Ich habe nur Befehl, das Schreiben abzugeben.«

»Ja, es ist keine Antwort nötig. Aber willst du nicht ein wenig hier bleiben und einen Becher Wein mit uns leeren, Centurio?«

»Ich danke dir, edler Herr. Einen Becher Wein will ich gern auf dein Wohl trinken; aber bleiben kann ich nicht, denn ich bin im Dienste.«

»Warum hat man dir das Schreiben übergeben, anstatt es durch einen Sklaven besorgen zu lassen?«

»Ich weiß es nicht, Herr, vielleicht deswegen, weil man mich in einer anderen Angelegenheit nach dieser Richtung ausgesandt hat.«

»Ich weiß es,« sagte Petronius, »gegen die Christen.«

»So ist es, Herr.«

»Haben die Verhaftungen schon lange begonnen?«

»Einige Abteilungen sind schon im Laufe des Vormittags nach dem anderen Ufer des Tiber geschickt worden.«

Nach diesen Worten schüttete der Centurio zu Ehren des Mars einige Tropfen Wein auf den Boden, leerte dann den Becher und sagte: »Mögen die Götter dir alle deine Wünsche erfüllen, Herr!«

»Behalte den Becher nur,« entgegnete Petronius.

Dann gab er dem Anthemios auf, den Hymnos auf Apollon zu beenden.

»Der Rotbart beginnt mit Vinicius und mir zu spielen,« sagte er zu sich, während das Harfenspiel von neuem begann. »Ich errate seinen Plan. Er wollte mich erschrecken, indem er mir die Einladung durch den Centurio übersandte. Man wird den Hauptmann heut abend fragen, auf welche Weise ich ihn empfangen habe. Nein, nein, du wirst dich darüber nicht allzusehr freuen, heimtückischer, grausamer Possenreißer! Ich weiß, du wirst die Beleidigung nicht vergessen, ich weiß, mein Untergang ist besiegelt; wenn du aber glaubst, ich würde dich um Gnade bitten oder du könntest auf meinem Gesicht Schrecken oder Bestürzung lesen, so täuschst du dich.«

»Der Caesar schreibt, Herr: Wenn du Lust hast, so komme,« sagte Eunike, »wirst du gehen?«

»Ich bin bei ausgezeichneter Gesundheit und kann selbst seine Verse mitanhören,« erwiderte Petronius; »ich werde daher gehen, um so mehr, da Vinicius verhindert ist.«

Nach Aufhebung der Tafel und nach seinem gewöhnlichen Spaziergange überließ er sich den Händen der Sklavinnen, die seine Haare ordneten, sowie denen, die seine Kleider in Falten legten, und ließ sich eine Stunde später, schön wie ein Gott, nach dem Palatin tragen. Es war spät, der Abend still und warm, der Mond schien so hell, daß die vor der Sänfte einherschreitenden »Lampadarii« ihre Fackeln löschten. Auf den Straßen und Brandstätten trieben sich betrunkene Pöbelscharen umher, mit Efeu und Weinlaub geschmückt, mit Myrten- und Lorbeerzweigen in den Händen, die sie in den Gärten des Caesars abgebrochen hatten. Infolge reichlicher Getreidespenden und der Hoffnung auf großartige Spiele war die ganze Bevölkerung in rosiger Laune. Hier und da ertönten Lieder zu Ehren der Göttin der Nacht und der Liebe; an anderen Stellen wurde beim Mondscheine getanzt, und die Sklaven waren wiederholt genötigt, Platz für die Sänfte des »edlen Petronius« zu verlangen; dann wich die Menge auseinander und begrüßte ihren Liebling mit lautem Jubelgeschrei.

Petronius dachte an Vinicius und wunderte sich, daß er keine Nachricht von ihm bekommen habe. Er war Epikureer und Egoist, aber sein Umgang mit Paulus von Tarsos und Vinicius sowie das, was er täglich über die Christen hörte, hatte ihn, ohne daß er es selbst wußte, etwas geändert. Ein von ihnen ausgehender Hauch hatte ihn getroffen und in seiner Seele bis dahin unbekannte Empfindungen geweckt. Außer seinem eigenen Geschick fingen jetzt auch andere an, ihn zu beschäftigen. Vinicius war er stets zugetan gewesen, da er in seiner Kindheit dessen Mutter, seine Schwester, sehr geliebt hatte, und jetzt, da er sich in die Angelegenheiten seines Neffen gemischt hatte, betrachtete er sie mit demselben Interesse, das er einer Tragödie gewidmet hätte.

Er hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, Vinicius möchte den Prätorianern zuvorgekommen und mit Lygia entflohen sein oder sie wenigstens in der Stadt in Sicherheit gebracht haben. Da er jedoch voraussah, daß er vielleicht verschiedene Fragen werde beantworten müssen, hätte er gern Gewißheit gehabt, um besser darauf vorbereitet zu sein.

Vor dem Hause des Tiberius angelangt, verließ er die Sänfte und betrat nach einer Weile das Atrium, das schon mit Augustianern gefüllt war. Die gestern noch seine Freunde gewesen waren, zogen sich von ihm zurück, obgleich seine Einladung sie in Erstaunen setzte, während er sich schön, frei, gelassen und so selbstbewußt in ihrer Mitte bewegte, als könne er seinerseits Gnaden austeilen. Einige fragten sich bei seinem Anblick in geheimer Unruhe, ob es zweckmäßig sei, ihm gegenüber Gleichgültigkeit zu zeigen.

Der Caesar tat jedoch, als sähe er ihn nicht, und beachtete seine Kniebeugung nicht, da er gerade in einem Gespräche begriffen war. Tigellinus jedoch näherte sich ihm und sagte: »Guten Abend, arbiter elegantiarum. Bist du immer noch der Ansicht, daß nicht die Christen Rom in Brand gesteckt haben?«

Petronius zuckte die Schultern, klopfte ihm auf den Rücken wie einem Freigelassenen und antwortete: »Du weißt so gut wie ich, was davon zu halten ist.«

»Ich wage nicht, mich mit dir in der Weisheit zu messen.«

»Und du tust recht daran, denn in diesem Falle müßtest du, wenn der Caesar uns einen neuen Gesang seiner Troika vorliest, statt zu krächzen wie ein Pfau, irgend eine ungereimte Ansicht äußern.«

Tigellinus biß sich auf die Lippen. Er war nicht allzu erfreut darüber, daß der Caesar sich entschlossen hatte, heut einen neuen Gesang vorzulesen; denn hier eröffnete sich ein Feld, auf dem er sich mit Petronius nicht messen konnte. Und wirklich richtete Nero während des Lesens unwillkürlich infolge langjähriger Gewohnheit seine Blicke auf Petronius und beobachtete genau, was in seinen Zügen zu lesen stand. Dieser hörte zu, zog die Brauen in die Höhe, nickte zuweilen und strengte dann wieder seine Aufmerksamkeit an, als wolle er sich vergewissern, ob er richtig höre. Sodann lobte er bald, bald tadelte er, verlangte Verbesserungen oder sorgfältigere Feilung einzelner Verse. Selbst Nero fühlte, daß es den anderen bei ihren übertriebenen Lobeserhebungen nur auf die eigene Person ankam, während Petronius allein die Poesie um der Poesie willen betrachtete, er allein sich auf sie verstand, und wenn er etwas lobte, er sicher sein konnte, daß die Verse auch wirklich Lob verdienten. Nach und nach begann er mit ihm ins Gespräch zu kommen, zu disputieren, und als Petronius endlich das Treffende eines Ausdrucks in Zweifel zog, sagte er ihm: »Du wirst im letzten Gesange sehen, weshalb ich ihn wählte.«

»Ah,« dachte Petronius, »ich werde also noch den letzten Gesang kennen lernen.«

Und manch einer sagte sich beim Anhören dieser Worte im stillen: »Wehe mir! Wenn Petronius Zeit gewinnt, kann er wieder zu Gnaden aufgenommen werden und selbst Tigellinus stürzen.«

Man begann sich ihm von neuem zu nähern. Aber der Schluß der Abendunterhaltung war weniger glücklich. Als Petronius sich verabschiedete, fragte ihn der Caesar plötzlich mit zusammengekniffenen Augen und einem halb boshaften, halb erfreuten Zug im Gesichte: »Warum ist Vinicius nicht erschienen?«

Wäre Petronius überzeugt gewesen, daß Vinicius und Lygia die Tore der Stadt schon hinter sich hätten, so würde er geantwortet haben: »Er hat sich mit deiner Einwilligung vermählt und ist abgereist.« Da er aber das seltsame Lächeln Neros bemerkte, sagte er: »Deine Einladung, Gottheit, traf ihn nicht zu Hause.«

»Dann sage ihm, ich würde mich freuen, ihn zu sehen, und sage ihm in meinem Namen, er möge die Spiele nicht versäumen, in denen die Christen auftreten werden.«

Petronius beunruhigten diese Worte, denn es kam ihm vor, als bezögen sie sich unmittelbar auf Lygia. Als er in seiner Sänfte Platz genommen hatte, befahl er, ihn noch rascher nach Hause zu tragen als am Morgen. Dies war jedoch leichter gesagt als getan. Vor dem Hause des Tiberius stand ein dichtgedrängter, lärmender, betrunkener Volkshaufe wie vorher, aber nicht mehr singend und tanzend, sondern in wilder Erregung. Von ferne ertönten Rufe, die Petronius nicht sofort verstehen konnte; sie verstärkten sich aber und kamen näher, bis sie sich endlich in den einen wilden Schrei auflösten: »Die Christen vor die Löwen!«

Die prächtigen Sänften der Höflinge drängten sich durch die johlende Menge. Aus der Tiefe der niedergebrannten Straßen strömten immer neue Scharen herbei; sie hörten den Ruf und begannen ihn zu wiederholen. Die Neuigkeit lief von Mund zu Mund, daß man bereits mittags mit den Verhaftungen begonnen habe und daß schon eine Menge Brandstifter hinter Schloß und Riegel sitze. Binnen kurzem erscholl aus den neu abgesteckten und den alten Straßen, aus den in Schutt und Trümmern liegenden Hintergäßchen, am Palatin, von allen Hügeln und Gärten her, so lang und so breit Rom war, mit immer steigender Wut das Geschrei: »Die Christen vor die Löwen!«

»Gesindel!« sagte Petronius verächtlich; »ein des Caesars würdiges Volk!«

Er sah allmählich ein, daß eine Welt, die nur auf Gewalt, auf einer selbst den Barbaren unbekannten Grausamkeit, auf Verbrechen und wahnsinnigen Ausschweifungen beruhe, nicht von Dauer sein könne. Rom war die Herrscherin, aber auch die Pestbeule der Welt, die einen Leichengeruch um sich her verbreitete. Auf das hinsterbende Leben fiel der Schatten des Todes. Mehr als einmal hatte man selbst in den Kreisen der Augustianer davon gesprochen, aber noch nie hatte vor Petronius' Augen so klar die Wahrheit gestanden, daß der bekränzte Wagen, auf dem Rom in der Haltung eines Triumphators stand, an den gefesselt eine ganze Schar von Völkern hinterdreingeschleppt wurde, einem Abgrunde zurollte. Das Leben der weltbeherrschenden Stadt erschien ihm wie ein Narrentanz, eine Orgie, deren Ende jedoch bald herannahen mußte.

Jetzt erkannte er, daß nur die Christen dem Leben eine andere Grundlage zu geben vermöchten, glaubte aber, binnen kurzem werde von den Christen keine Spur mehr vorhanden sein. Und was dann?

Der Narrentanz würde unter Neros Führung weitergehen, und wäre Nero tot, so würde sich ein anderer ebenso verworfener oder noch ärgerer Caesar finden; denn ein solches Volk und solche Patrizier hatten nicht die Kraft, einen besseren zu finden. Es würde zu neuen, noch schmutzigeren und schamloseren Orgien kommen.

Diese Orgien könnten aber auch nicht ewig dauern; und nach deren Beendigung müsse man schlafen gehen, und sei es auch nur infolge der Erschöpfung.

Bei diesen Betrachtungen fühlte Petronius ein ungeheures Gefühl des Ekels in sich aufsteigen. Lohnte es sich zu leben, noch dazu in Ungewißheit, was der kommende Tag bringen könne, nur um das Schauspiel einer solchen Welt zu genießen? Der Genius des Todes ist nicht minder schön als der des Schlafes, und auch er hat Schwingen an den Schultern.

Die Sänfte hielt vor der Tür des Hauses, die der aufmerksame Pförtner in diesem Augenblick geöffnet hatte.

»Ist der edle Vinicius zurückgekehrt?« fragte ihn Petronius.

»Vor einiger Zeit, Herr,« entgegnete der Sklave.

»Er hat sie also nicht befreien können,« dachte Petronius.

Er warf die Toga ab und betrat das Atrium. Vinicius saß auf einem Stuhle, den Kopf fast bis zu den Knieen gesenkt, die Hände an die Schläfen gepreßt. Beim Klang der Schritte erhob er sein wie versteint aussehendes Antlitz, in dem nur die Augen fieberhaft glänzten.

»Bist du zu spät gekommen?« fragte Petronius.

»Ja. Man hat sie schon im Laufe des Vormittags abgeführt.«

Beide schwiegen.

»Hast du sie gesehen?«

»Ja.«

»Wo ist sie?«

»Im mamertinischen Gefängnisse.«

Petronius erschauerte und sah Vinicius fragend an.

Dieser verstand ihn.

»Nein, nein,« sagte er. »Man hat sie nicht ins Tullianum Der tiefste, ganz unter der Erde liegende Teil dieses Gefängnisses. Jugurtha war hier den Hungertod gestorben. hinabgelassen, selbst nicht ins mittlere Gefängnis. Ich bestach die Wachen, damit sie ihr ein eigenes Zimmer anwiesen. Ursus hat sich vor ihre Schwelle gelegt und bewacht sie.«

»Warum hat Ursus sie nicht verteidigt?«

»Es waren fünfzig Prätorianer gekommen. Außerdem hatte Linus es ihm verboten.«

»Und Linus?«

»Linus liegt im Sterben. Daher verhaftete man ihn nicht.«

»Was hast du vor?«

»Sie zu retten oder mit ihr zu sterben. Auch ich glaube an Christus.«

Vinicius sprach beinahe mit Ruhe, aber aus seiner Stimme klang eine solche Verzweiflung heraus, daß sich Petronius' Herz vor Mitleid zusammenzog.

»Ich verstehe dich,« sprach er, »aber auf welche Weise willst du sie retten?«

»Ich habe die Wachen bestochen, damit sie Lygia zunächst vor dem Pöbel beschützen und sodann ihrer Flucht nicht hindernd in den Weg treten.«

»Wann soll die erfolgen?«

»Ich erhielt die Antwort, man könne mir Lygia nicht sofort ausliefern, denn die Wachen scheuten vor der Verantwortung zurück. Wenn aber das Gefängnis gefüllt sei und sie keine Revision mehr zu fürchten hätten, würden sie sie mir übergeben. Aber es ist zum Verzweifeln! Rette du sie früher, sie und mich! Du bist der Freund des Caesars. Er selbst hat sie mir bestimmt. Gehe zu ihm und rette mich!«

Statt zu antworten, rief Petronius einen Sklaven und befahl ihm, zwei dunkle Mäntel und zwei Schwerter zu bringen. Dann wandte er sich an Vinicius.

»Unterwegs werde ich dir nähere Mitteilungen machen,« sprach er. »Inzwischen nimm Mantel und Waffe; wir wollen zum Gefängnis gehen. Gib dort den Wachen hunderttausend Sesterzien, gib ihnen das Doppelte, das Fünffache, wenn sie Lygia sofort freigeben. Sonst ist es zu spät.«

»Gehen wir!« versetzte Vinicius.

Nach kurzer Zeit befanden sie sich auf der Straße.

»Jetzt höre mich an,« sagte Petronius. »Ich möchte keine Zeit verlieren. Seit heute bin ich in Ungnade. Mein eigenes Leben hängt an einem Haare, und daher kann ich beim Caesar nichts ausrichten. Und was noch schlimmer ist, ich bin überzeugt, daß ich mit meiner Bitte gerade das Gegenteil bewirken würde. Wozu hätte ich dir sonst geraten, mit Lygia zu entfliehen oder sie wenigstens in Sicherheit zu bringen? Entkommst du, so wird sich des Caesars Zorn gegen mich wenden. Heut würde er eher auf deine Bitte hin etwas tun als auf die meinige. Doch verlaß dich nicht darauf. Befreie sie aus dem Gefängnis und fliehe mit ihr. Es bleibt dir nichts anderes übrig. Gelingt es nicht, so ist noch immer Zeit, über andere Mittel und Wege nachzusinnen. Wisse aber auch, daß Lygia nicht nur wegen ihres Glaubens an Christus verhaftet worden ist. Sie und dich verfolgt Poppaeas Zorn. Erinnerst du dich, daß du die Augusta beleidigt, sie verschmäht hast? Sie weiß, daß du sie um Lygias willen verschmähtest, die sie vom ersten Augenblicke an gehaßt hat. Sie hat ja schon früher versucht, Lygia zu verderben, indem sie sie beschuldigte, den Tod ihres Kindes durch ihre Zauberkünste herbeigeführt zu haben. In allem, was sich hier ereignet hat, ist Poppaeas Hand im Spiele. Wie erklärst du es dir sonst, daß Lygia zuerst eingekerkert wurde? Wer konnte wissen, wo Linus wohnt? Ich sage dir, man hat sie schon längst im geheimen beobachten lassen. Ich weiß, daß ich dich zur Verzweiflung bringe und dir den letzten Rest Hoffnung raube; aber ich sage dir dies absichtlich; denn wenn du sie nicht befreist, ehe man auf den Verdacht kommt, du könntest es versuchen, so seid ihr beide verloren.«

»Ja, ja, ich verstehe,« murmelte Vinicius mit dumpfer Stimme vor sich hin.

Infolge der späten Stunde waren die Straßen, durch die sie kamen, menschenleer; dennoch wurde die Fortsetzung ihres Gespräches durch einen betrunkenen Gladiator unterbrochen, der ihnen entgegenkam. Er taumelte auf Petronius zu, legte ihm die Hand auf die Schulter, hauchte ihm seinen weinriechenden Atem ins Gesicht und brüllte mit heiserer Stimme: »Die Christen vor die Löwen!«

»Mirmillo,« sagte Petronius ruhig, »höre auf guten Rat und geh deiner Wege.«

Aber der Betrunkene legte ihm auch die andere Hand auf die Schulter: »Rufe mit mir, sonst breche ich dir das Genick: Die Christen vor die Löwen!«

Petronius' Nerven hatten schon genug von diesen Rufen. Seitdem er den Palatin verlassen hatte, drückten sie ihn wie ein Alp und zerrissen ihm die Ohren. Als er nun obenein den Riesen die Faust gegen ihn erheben sah, war seine Geduld erschöpft.

»Freund,« sagte er, »du riechst nach Wein und belästigst mich.«

Mit diesen Worten stieß er ihm sein kurzes Schwert, mit dem er sich beim Weggange von Hause bewaffnet hatte, bis ans Heft in die Brust; dann nahm er Vinicius' Arm und fuhr fort, als ob nichts geschehen wäre: »Der Caesar sagte mir heut: Teile Vinicius in meinem Namen mit, er möge die Spiele nicht versäumen, bei denen die Christen auftreten. Verstehst du, was das bedeutet? Man will sich an dem Anblicke deines Schmerzes weiden. Es ist beschlossene Sache. Vielleicht nur deswegen sind wir beide noch nicht eingekerkert. Wenn du Lygia nicht sofort befreien kannst, dann weiß ich keinen anderen Rat. Vielleicht würde Akte auf deiner Seite stehen; aber was kann sie ausrichten? %hellip; Deine sizilischen Güter stechen möglicherweise auch Tigellinus ins Auge %hellip; Versuche es!«

»Ich will ihm alles geben, was ich besitze,« entgegnete Vinicius.

Von den Carinae bis zum Forum war es nicht allzuweit; sie gelangten daher bald an ihr Ziel. Die Nacht begann schon zu weichen, und die Mauern des Gefängnisses hoben sich deutlich von dem dunklen Hintergrunde ab.

Als sie zum mamertinischen Gefängnis einbogen, blieb Petronius plötzlich stehen und rief: »Prätorianer! %hellip; Zu spät! %hellip;«

Wirklich war das Gefängnis von einer doppelten Reihe Soldaten eingeschlossen. Die Morgendämmerung schimmerte auf ihren eisernen Helmen und den Spitzen ihrer Lanzen.

Vinicius' Gesicht wurde bleich wie Marmor.

»Wir wollen näher gehen,« sagte er.

Bald standen sie vor den Truppen. Petronius, der ein ungewöhnliches Gedächtnis besaß und nicht nur die Offiziere, sondern auch beinahe jeden einzelnen Prätorianer kannte, entdeckte bald einen ihm bekannten Kohortenführer und winkte ihn zu sich heran.

»Was ist denn das, Niger?« fragte er ihn; »habt ihr Befehl, das Gefängnis zu bewachen?«

»Jawohl, edler Petronius; der Präfekt befürchtet, man könnte versuchen, die Mordbrenner zu befreien.«

»Habt ihr auch Befehl, niemand einzulassen?« fragte Vinicius.

»Nein, Herr. Die Gefangenen dürfen von ihren Bekannten besucht werden. Auf diese Weise bekommen wir noch mehr Christen.«

»Dann laß mich ein,« erwiderte Vinicius.

Er drückte Petronius die Hand und sprach zu ihm: Geh zu Akte; ich werde kommen und mir ihre Antwort holen.«

»Komm nur,« erwiderte Petronius.

In diesem Augenblicke ertönte unter der Erde und hinter den Gefängnismauern Gesang. Die Melodie, anfangs dumpf und abgerissen, erklang immer heller. Männer-, Frauen- und Kinderstimmen vereinigten sich zu einem einheitlichen, harmonischen Chore. Das ganze Gefängnis begann in der Morgenstille zu erklingen wie eine Harfe. Es waren aber nicht Töne der Sorge oder Verzweiflung; es zitterte in ihnen vielmehr Freude und Triumph.

Die Soldaten sahen sich erstaunt an. Und droben am Himmel zeigten sich die ersten goldenen und rosigen Strahlen der Morgenröte.


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