William Shakespeare
Die Lustigen Weiber von Windsor
William Shakespeare

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Dritter Aufzug

Erste Szene

Frogmore: Evans und Simpel

Evans. Nun sagt mir, ich pitt euch, lieper Tienstpote des Herrn Schmächtig, und Freund Simpel mit euerm Namen, nach welcher Seite hin habt ihr ausgeschaut nach tem Herrn Cajus, welcher sich nennt Toktor der Arzneien?

Sim. Mein Seel, Herr, nach Pittywary, nach dem Parkweg, allenthalben hin, nur nicht die Strasse nach der Stadt hin.

Evans. Ich pitt euch recht mit Inprunst, schaut auch einmal tort hinunter.

Sim. Recht wohl, Herr Pfarrer.

Evans. Kott pehüte mir! wie voller Zornhaftigkeit pin ich, wie voller Seelenzagen! Ich werde erfreut sein, wann er mir ankeführt hat. Ach, wie ich melancholisiere! . . . Ich werde ihm seine Urinkläser um seine Schelmekopf schmeisse, wenn ich kute Kelegenheit zu tem Ting ersehe. Kott pehüte mir! singt:
        Am stille Pach, zu tessen Fall
        Ertönt der Vökel Matrikal,
        Lass uns ein Pett von Rose streun,
        Und tausend würzige Plume fein,
        Am stille Pach . . .
O du himmlische Küte! Ich habe pesontre Tisposition zu weine! . . .
        Ertönt der Vökel Matrikal . . .
        An Wasserflüssen Papylon –
        Und tausend würzige Plume fein,
        Am stille . . .

Sim. Dort kommt er! dorther, Sir Hugh!

Evans. Er ischt willkomme!
        Am stille Pach, zu tessen Fall . . .
Kott schütze ten Kerechte! . . . Was vor Wafferüstung kommt?

Sim. Keine Waffenrüstung, Herr! Hier kommt mein Herr, Herr Schaal und noch ein andrer Herr von Frogmore, dort über den Steg, von dieser Seite.

Evans. Pitt euch, kept mir meinen Chorrock – oter nein, pehaltet ihn nur unterm Arm.

Es treten auf Schaal, Schmächtig und Page

Sch. Sieh da, Herr Pfarrer! Guten Morgen, lieber Sir Hugh! haltet mir einen Spieler von seinen Würfeln und einen fleissigen Schüler von seinem Buch ab, und ich will von Wundern sprechen.

Schm. Ach, süsse Anne Page!

Page. Gott grüss euch, lieber Sir Hugh!

Evans. Er pehüte euch um seiner Parmherzigkeit wille, allzumal.

Sch. Was? das Schwert und das Wort? Studiert ihr beides, Herr Pfarrer?

Page. Und immer noch so jugendlich in Wams und Hosen an diesem rauhen, schnupfigen Tage?

Evans. Tas hat seine Krünte und Veranlassunge.

Page. Wir sind hergekommen, euch einen guten Dienst zu erweisen, Herr Pfarrer.

Evans. Recht schön, was ischts tann?

Page. Da drüben ist ein sehr würdiger Herr der vermutlich von jemand beleidigt worden und darüber mit seiner Würde und Geduld so zerfallen ist wie man sichs nur denken kann.

Sch. Ich habe nun schon achtzig Jahre gelebt und drüber, aber noch nie sah ich einen Mann von seinem Stande, von seiner Gravität und Gelehrsamkeit, der so sehr alle Haltung verloren hätte.

Evans. Wer ischts tann?

Page. Ich glaube, ihr kennt ihn: der Herr Doktor Cajus, der berühmte französische Medikus.

Evans. Um Chrischti Wunte wille! Ich hätte epenso kern von kuter Schüssel Suppen erzähle kehört.

Page. Wie das?

Evans. Er versteht euch nicht mehr vom Hibokrates und Calenus, und ausserdem ischt er ausgemachte Memme, so schurkische Memme als ihr euch immer wünsche mökt mit umzukehe.

Page. Ich wette das ist der Mann der sich mit ihm schlagen sollte.

Schm. O süsse Anne Page!

Der Wirt, Cajus und Rugby treten auf

Sch. So scheints, nach seinem Degen. Haltet sie voneinander. Hier kommt Doktor Cajus.

Page. Nicht doch, lieber Herr Pfarrer, lasst die Klinge stecken!

Sch. Und ihr gleichfalls, lieber Herr Doktor!

Wirt. Entwaffnet sie und lasst sie sich explizieren. Lasst sie ihre Haut heil behalten und unser Englisch zerhacken.

Caj. Ik bitten, lassen mik reden eine Wort mit heuer Ohr: warum sein ihr nik kommen auf den Rendezvous?

Evans leise zu Cajus: Ich pitte euch, verliert die Ketult nicht! Ums Himmels willen!

Caj. Pardieu, ihr sein die Memmen, die 'ans 'asenfuss, die 'ans Aff.

Evans leise: Ich pitte euch, lasst uns tene Spottvögel nicht zum Kelächter tiene. Ich peschwöre euch in kuter Freundschaftlichkeit und will euch auf diese oder jene Manier Satisfaktion kepen. laut: Ich will euch eure Wasserkläser um schurkischen Kopf schmeisse, weil ihr eure Pestimmung und Verabretungen nicht in Opacht genommen hapt.

Caj. Diable! 'ans Rugby, meine Gastwirt de la jarretière, 'aben mir nik gewart nak ihm, um ihn su exterminier? 'aben ik das nik auf die appointierte Place?

Evans. So wahr ich Christeseele pin, seht, das hier ischt verabredeter Platz, tas soll kleich der Kastwirt zum Hosepande hier hinrichten.

Wirt. Still, sag ich, Gallia und Wallia, Franzmann und Welschmann, Seelendoktor und Leibesdoktor!

Caj. Ah! das sein sehr gut – excellent!

Wirt. Friede, sag ich: hört meinen Gastwirt zum Hosenband. Bin ich ein Politikus? bin ich ein feiner Kopf? bin ich ein Machiavel? Soll ich meinen Doktor verlieren? Nein, er gibt mir die Potionen und die Motionen. Soll ich meinen Pfarrer verlieren? meinen Priester? Meinen Sir Hugh? Nein, er gibt mir die Sprichwörter und die Nichtswörter. Deine Hand her, Erdenmann! so! Deine Hand her, Himmelsmann! so! Nun, ihr Söhne der Kunst, ich habe euch beide angeführt, ich habe euch auf falsche Plätze bestellt. Eure Herzen sind wacker, eure Haut ist ganz, und gebrannter Sekt sei das Ende. Kommt, gebt die Degen als Pfand . . . Folg mir du Kind des Friedens: folgt, folgt, folgt.

Sch. Wahrhaftig, ein toller Wirt! Kommt alle mit, ihr Herrn, kommt mit.

Schm. O süsse Anne Page! Schaal, Schmächtig, Page und Wirt ab

Caj. Ak! merken ik das? 'aben ihr gespielt die Narr mit uns? ah, ah!

Evans. Tas ischt fein! Hat er uns zum peste kehabt? Ich pitt euch, lasst uns Freundschaftlichkeit schliesse, und lasst uns Köpf zusammestosse, um uns zu räche an krindichten, schäpigten, spitzpübischen Kesellen, tiesem nämliche Kastwirt zum Hosepand.

Caj. Pardieu, von kanz mein 'erz. Er 'at mir versproken, mir su bring, wo ist Anne Page. Pardieu, er betrügen mir gleikfalls.

Evans. Schön, ich werte ihm seinen Hirnteckel einschmeisse. Pitt euch, kommt mit. Ab.

 

Zweite Szene

Strasse in Windsor: Frau Page und Robin

Frau Pa. Nun, geh nur immer voran, mein kleiner Junker. Sonst warst du gewohnt nachzufolgen, jetzt aber bist du der Vorläufer. Was ist dir nun lieber? Meine Blicke zu leiten oder auf deines Herrn Fersen zu blicken?

Rob. Ich werde doch lieber vor euch hergehn wie ein Mann als ihm nachfolgen wie ein Zwerg?

Frau Pa. Ei, du bist ein kleiner Schmeichler. Ich sehe schon, du wirst einmal ein Hofmann.

Fluth tritt auf

Fluth. Willkommen, Frau Page! Wohinaus?

Frau Pa. Ich wollte grade eure Frau besuchen. Ist sie zu Hause?

Fluth. Ja, und so müssig, dass sie vor Langeweile nur noch eben zusammenhängt. Ich denke, wenn eure Männer tot wären, liesst ihr beiden euch trauen.

Frau Pa. Ganz gewiss, mit zwei andern Männern.

Fluth. Woher habt ihr denn diesen allerliebsten Wetterhahn?

Frau Pa. Ich weiss nicht mehr wie zum Kuckuck doch der heisst von dem mein Mann ihn hat . . . Wie heisst euer Ritter doch mit Namen, Kleiner?

Rob. Sir John Falstaff.

Fluth. Sir John Falstaff!

Frau Pa. Ja, ja. Ich kann mich nie auf seinen Namen besinnen. Er und mein guter Mann sind solche besondre Freunde! Ist eure Frau wirklich zu Hause?

Fluth. Allerdings.

Frau Pa. So erlaubt, Herr Fluth. Ich bin ganz krank, sie zu sehn. Frau Page und Robin ab

Fluth. Hat der Page kein Gehirn? hat er keine Augen? hat er keine Gedanken? Wahrhaftig, das alles schläft bei ihm, er weiss es nicht zu gebrauchen. Der Junge da wird so leicht einen Brief zwanzig Meilen weit tragen als eine Kanone zwanzigdutzendmal ins Weisse trifft. Er schneidert selbst die Liebestorheit seiner Frau zurecht, er tut ihr Vorschub und macht ihr Gelegenheit. Und nun geht sie zu meiner Frau und Falstaffs Bursche mit ihr: dies Hagelwetter kann man wahrhaftig schon von weitem pfeifen hören! Und Falstaffs Bursche mit ihr! Ein hübsches Komplott! Geschmiedet haben sies, und unsre rebellischen Weiber teilen die Verdammnis miteinander. Nun, ich will ihn fangen und hernach meine Frau recht tüchtig quälen, der scheinheiligen Frau Page den Schleier ihrer Sittsamkeit abreissen, ihren Mann als einen sorglosen und gutwilligen Aktäon zur Schau stellen, und zu diesem stürmischen Verfahren soll die ganze Nachbarschaft Beifall rufen. Die Uhr gibt mir das Zeichen, und meine Zuversicht heisst mich suchen: den Falstaff muss ich dort finden. Man wird mich gewiss eher darum loben als verspotten, denn es ist so ausgemacht als die Erde feststeht dass Falstaff dort ist. Ich will hingehn.

Es treten auf Page, Schaal, Schmächtig, Wirt, Evans und Cajus

Alle. Ei, willkommen, Herr Fluth!

Fluth. Nun, wahrhaftig, eine hübsche Bande! Mein Tisch ist heut gut besetzt: ich bitte euch dass ihr alle bei mir einsprecht.

Sch. Ich muss mich entschuldigen, Herr Fluth.

Schm. Das muss ich auch, Herr Fluth. Wir haben versprochen mit Jungfer Anne zu speisen, und ich möchte mein Wort nicht brechen um alles Geld das Leben hat.

Sch. Wir haben schon lange eine Heirat zwischen Anne Page und meinem Vetter Schmächtig auf dem Korn, und heute sollen wir das Jawort holen.

Schm. Ich hoffe doch, ich habe eure Einwilligung, Vater Page?

Page. Die habt ihr, Herr Schmächtig, ich stimme ganz für euch. Aber meine Frau, Herr Doktor, ist allerdings auf eurer Seite.

Caj. Oui pardieu, und die Mädel lieben mir. Mein Wartfrau 'urtig 'aben mik das gesagt.

Wirt. Und was sagt ihr zu dem jungen Herrn Fenton. Er springt, er tanzt, er hat junge feurige Augen, er schreibt Verse, er spricht Festtagsworte, er duftet wie April und Mai: der führt sie heim, der führt sie heim, der hat das Glück in der Tasche, der führt sie heim.

Page. Nicht mit meinem Willen, das versichr ich euch. Der junge Mensch hat kein Vermögen. Er hat in des wilden Prinzen Gesellschaft gelebt. Er ist aus einer zu hohen Region, er weiss zuviel. Nein, der soll mit dem Finger meines Reichtums keinen Knoten in sein Glück knüpfen. Will er sie nehmen, so mag er sie ohne Aussteuer nehmen. Das Vermögen das mir gehört wartet auf meine Einwilligung, und meine Einwilligung geht dieses Wegs nicht.

Fluth. Ich bitt euch inständigst, einige von euch müssen mit mir essen: ausser einer guten Mahlzeit steht euch ein Spass bevor . . . ich will euch ein Monstrum zeigen. Herr Doktor, ihr müsst mitgehn, ihr auch, Herr Page, und ihr, Sir Hugh.

Sch. Nun, so lebt wohl: wir können dann unsre Werbung um so besser beim Herrn Page anbringen. Schaal und Schmächtig ab

Caj. Gehn du nak 'aus, 'ans Rugby, ik kommen bald nak. Rugby ab

Wirt. Lebt wohl, Kinder, ich will zu meinem ehrsamen Ritter Falstaff und eine Flasche Sekt mit ihm umbringen. Ab.

Fluth. beiseit: Und ich will vorher noch eins mit ihm umspringen, denn er soll diesmal nach meiner Pfeife tanzen . . . Wollt ihr mitkommen, liebe Herrn?

Alle. Wir gehn mit, das Monstrum zu sehn. Ab.

 

Dritte Szene

Zimmer in Fluths Hause: Frau Fluth, Frau Page und Knechte mit einem Waschkorb

Frau Fl. He, John! He, Robert!

Frau Pa. Geschwind, geschwind! Ist der Waschkorb . . .

Frau Fl. Ja doch! . . . He, Robin, sag ich!

Frau Pa. Macht fort! Macht fort!

Frau Fl. Hier setzt ihn hin.

Frau Pa. Sagt euren Leuten was sie tun sollen. Wir müssen schnell machen!

Frau Fl. Nun also, John und Robert, wie ich euch vorhin sagte, haltet euch hier nebenbei im Brauhause fertig . . . und wenn ich eilig rufe, kommt herein und nehmt ohne Verzug und Bedenken diesen Korb auf eure Schultern. Wenn das geschehn ist, trabt mir damit in aller Hast und bringt ihn zu den Bleichern auf die Datchetwiese, und da schüttet ihn aus in den schlammigen Graben nicht weit von der Themse.

Frau Pa. Wollt ihr das tun?

Frau Fl. Ich habs ihnen schon lang und breit auseinandergesetzt, sie brauchen keine weitre Anweisung. Geht nun, und kommt auf den ersten Aufruf! Die Knechte ab

Frau Pa. Hier kommt der kleine Robin.

Robin tritt auf

Frau Fl. Nun, wie gehts, mein kleiner Zeisig? Was bringst du Neues?

Rob. Mein Herr, Sir John, ist zur Hintertür hereingekommen, Frau Fluth, und wünscht euch aufzuwarten.

Frau Pa. Du kleiner Gelbschnabel, bist du uns auch treu gewesen?

Rob. Ja, das schwör ich. Mein Herr weiss nicht dass ihr hier seid und hat mir gedroht mich in ewige Freiheit zu versetzen, wenn ich euch davon sage. Denn er schwört, er will mich fortjagen.

Frau Pa. Du bist ein guter Junge, diese deine Verschwiegenheit soll dein Schneider werden und dir ein neues Wams und Hosen machen. Ich will mich verstecken.

Frau Fl. Das tut . . . Geh, sag deinem Herrn, ich sei allein. Frau Page! vergesst euer Stichwort nicht. Robin ab

Frau Pa. Sorge nur nicht: wenn ich meine Rolle nicht gut spiele, so zische mich aus. Ab.

Frau Fl. Nun wohlan! Wir wollen schon mit dir fertig werden, du ungesunde Feuchtigkeit, du grosser wässriger Kürbis! wir wollen dich lehren Tauben von Krähen zu unterscheiden.

Falstaff tritt ein

Fal. Hab ich dich errungen, mein himmlisches Juwel? Ha! Jetzt, Götter, lasst mich sterben, denn ich habe lange genug gelebt. Dies ist das Ziel meines Ehrgeizes! O die süsse Stunde!

Frau Fl. O liebster Sir John!

Fal. Frau Fluth, ich kann nicht süss tun, ich kann nicht deklamieren, Frau Fluth. Nun lass mich einen sündlichen Wunsch aussprechen: ich wollte, dein Mann wäre tot. Ich wills dem ersten Lord ins Angesicht sagen: ich würde dich zu meiner Lady machen.

Frau Fl. Ich eure Lady, Sir John? Ach, ich würde eine klägliche Lady abgeben!

Fal. Lass mir den französischen Hof einmal eine zweite solche aufweisen! Ich sehe wie dein Auge mit dem Diamant wetteifern würde. Du hast grade die feingeschwungne Schönheit der Augenbrauen die zu jedem Aufsatz gut kleidet, zum grossen Segelaufsatz, zum Amazonenaufsatz oder zum Venezianischen Aufsatz.

Frau Fl. Eine simple Haube, Sir John! Meinen Augenbrauen steht sonst nichts, und auch das nicht einmal recht.

Fal. Du übst Felonie, wenn du so sprichst. Eine vollkommene Hofdame gäbst du ab, und der feste Akzent deines Fusses würde deinem Gange eine herrliche Bewegung geben in einem halbrunden Reifrock. Ich sehe was du sein würdest, wenn Fortuna dir nicht als Feindin widerstrebte: Natur ist deine Freundin. Ja, ja, das kannst du nicht verbergen.

Frau Fl. Glaubt mir, davon ist nichts in mir.

Fal. Was machte mich in dich verliebt? Daraus kannst du den Schluss ziehn, du seist etwas Ausserordentliches. Komm, ich kann nicht süss tun und sagen, du seist dies und das, wie so manche lispelnde Weissdornblüten, die wie Weiber in Mannskleidern gehn und riechen wie ein Apothekerladen zur Zeit der Kräuterlese: ich kanns nicht. Aber ich liebe dich, keine als dich, und du verdienst es.

Frau Fl. Hintergeht mich nicht, Sir. Ich fürchte, ihr liebt Frau Page.

Fal. Du könntest ebensogut sagen, ich liebe einen Spaziergang auf den Schuldturm, der mir ebenso verhasst ist als der Rauch aus einem Kalkofen.

Frau Fl. Nun, der Himmel weiss wie ich euch liebe, und ihr werdets einst noch erfahren.

Fal. Bleibt bei der Gesinnung: ich werde sie verdienen.

Frau Fl. O, ich muss euch sagen, das tut ihr schon, sonst würde ich diese Gesinnung nicht hegen.

Rob. draussen: Frau Fluth, Frau Fluth, hier ist Frau Page vor der Tür, und schwitzt und keucht, und sieht ganz verstört aus: sie will gleich mit euch sprechen.

Fal. Sie soll mich nicht sehn, ich will mich hinter der Tapete verschanzen.

Frau Fl. Ach ja, tut das, sie ist eine gar zu schwatzhafte Frau.
    Falstaff versteckt sich hinter der Tapete – Frau Page tritt ein
Nun, was gibts? Was ist?

Frau Pa. O Frau Fluth, was habt ihr gemacht! Ihr seid beschimpft, ihr seid verloren, ihr seid auf ewig zugrunde gerichtet!

Frau Fl. Was gibts, liebe Frau Page?

Frau Pa. Recht allerliebst, Frau Fluth! So einen ehrlichen guten Mann zu haben und ihm solchen Anlass zum Argwohn geben!

Frau Fl. Was für einen Anlass zum Argwohn?

Frau Pa. Was für einen Anlass zum Argwohn? Schämt euch doch! Wie hab ich mich in euch geirrt!

Frau Fl. Nun, mein Gott, was gibts denn?

Frau Pa. Euer Mann kommt her, Frau, mit allen Gerichtsdienern aus Windsor, um einen Herrn zu suchen der, wie man sagt, jetzt mit eurer Einwilligung hier im Hause ist, um sich seine Abwesenheit auf unerlaubte Art zunutze zu machen. Ihr seid verloren!

Frau Fl., leise: Sprich lauter! laut: Mein Gott, ich will nicht hoffen?

Frau Pa. Gebe Gott dass sichs nicht so verhalte und dass ihr nicht so jemand hier habt! Aber das ist ganz gewiss, euer Mann kommt, mit halb Windsor hinter sich, um so jemand aufzusuchen. Ich lief voran, es euch zu sagen. Wenn ihr euch nichts bewusst seid, so soll mirs lieb sein: habt ihr aber einen Freund hier, so macht dass er wegkommt. Verliert die Fassung nicht. Ruft alle eure Lebensgeister zusammen. Verteidigt euren Ruf oder sagt euren guten Tagen auf ewig Lebewohl!

Frau Fl. Was soll ich tun? Freilich ist ein Herr hier, ein sehr werter Freund, und ich fürchte meine eigne Schande nicht so sehr als seine Gefahr. Mir wärs lieber als tausend Pfund, wenn ich ihn ausser Hause wüsste!

Frau Pa. Ei, geht mir jetzt mit eurem »mir wärs lieber! mir wärs lieber!« Euer Mann wird gleich zur Stelle sein. Denkt wie ihr ihn fortschafft – im Hause könnt ihr ihn nicht verstecken . . . O, wie ich mich in euch geirrt habe! . . . Seht, hier steht ein Korb: wenn er nur irgend von gescheiter Statur ist, kann er hier hineinkriechen, und dann werft schmutzige Wäsche auf ihn, als ging es zum Einweichen . . . oder, es ist gerade Bleichenszeit, schickt ihn durch eure zwei Knechte auf die Datchetwiese.

Frau Fl. Er ist zu dick um da hineinzugehn: was fang ich an?

Falstaff kommt hervor

Fal. Lasst einmal sehn! Lasst einmal sehn! O lasst mich einmal sehn! Ich will hinein, ich will hinein. Folgt dem Rat eurer Freundin . . . ich will hinein.

Frau Pa. Was! Sir John Falstaff! Sind das eure Briefe, Ritter?

Fal. Ich liebe dich. Hilf mir nur weg! Lass mich da hineinkriechen, ich will niemals –

Er kriecht in den Korb, sie decken ihn mit schmutziger Wäsche zu

Frau Pa. Hilf deinen Herrn zudecken, Kleiner! . . . Ruft eure Leute, Frau Fluth! . . . Ihr heuchlerischer Ritter!

Frau Fl. He, Johann! Robert! Johann!
    Die Knechte kommen
Bringt mir die Wäsche fort, hurtig! Wo ist die Tragstange? Seht wie ihr trödelt! . . . Tragts zur Wäscherin auf die Datchetwiese, hurtig! macht fort!

Fluth, Page, Cajus und Evans treten auf

Fluth. Ich bitt euch, kommt herein. Wenn ich ohne Grund Verdacht hege, so foppt mich und treibt euren Spott mit mir! Es geschieht mir recht . . . Holla! Wo wollt ihr damit hin?

Knecht. Zur Wäscherin, Herr.

Frau Fl. Ei, was gehts dich denn an wohin sies tragen? Du willst dich wohl auch um meine Körbe kümmern?

Fluth. Körbe? Ja, ich wollte du verständst dich drauf einen Korb zu geben. Wahrhaftig, ein Korb wäre hier recht an der Zeit gewesen. Die Knechte tragen den Korb hinaus Ihr Herrn, mir träumte die Nacht etwas. Ich will euch meinen Traum erzählen. Hier, hier, hier sind meine Schlüssel. Geht hinauf in alle Zimmer: sucht, forscht, spürt aus. Ich steh euch dafür, wir stöbern den Fuchs aus seinem Bau. Ich will ihm hier den Weg vertreten: so, jetzt grabt ihn aus.

Page. Lieber Herr Fluth, seid ruhig, ihr tut euch selbst zu nah.

Fluth. Ihr habt recht, Herr Page. Hinauf, ihr Herrn! ihr sollt gleich euren Spass erleben. Kommt nur mit, ihr Herrn. Ab.

Evans. Tas ischt kar fantastische Krillen und Eifersuchten.

Caj. Pardieu, tas is nik la mode in Frankreik. Man sein nik jaloux in Frankreik.

Page. Nun kommt, ihr Herren, wir wollen sehn wie dies Suchen abläuft. Ab.

Frau Pa. Ist das nicht ein doppelt königlicher Spass?

Frau Fl. Ich weiss nicht was mir besser gefällt, dass mein Mann angeführt ist, oder Sir John.

Frau Pa. Wie ihm wohl zumut war, als euer Mann fragte was im Korbe sei!

Frau Fl. Ich fürchte fast dass eine Wäsche ihm ganz zuträglich sei. Und so wirds ihm eine Wohltat, wenn sie ihn ins Wasser werfen.

Frau Pa. An den Galgen mit dem ehrvergessnen Schurken! Ich wollte dass alle von dem Gelichter in gleicher Not steckten!

Frau Fl. Ich glaube, mein Mann muss einen besondern Verdacht auf Falstaffs Hiersein haben: denn nie sah ich ihn so wild in seiner Eifersucht als diesmal.

Frau Pa. Ich will schon etwas ausdenken, um das herauszubringen. Und wir müssen dem Falstaff noch mehr Streiche spielen. Sein Liebesfieber wird schwerlich dieser einen Arznei weichen.

Frau Fl. Sollen wir ihm das alberne Tier, die Frau Hurtig, zuschicken, um uns zu entschuldigen dass man ihn ins Wasser geworfen? und ihm noch einmal Hoffnung geben, um ihn noch einmal abzustrafen?

Frau Pa. Das wollen wir tun. Wir wollen ihn auf morgen früh um acht herbestellen, um ihn schadlos zu halten.

Fluth und Page kommen mit den andern zurück

Fluth. Ich kann ihn nicht finden. Vielleicht prahlte der Schurke mit Dingen die er nicht erlangen konnte.

Frau Pa. leise: Hört ihr wohl?

Frau Fl. Ja, ja . . . nur stille! . . . Ihr behandelt mich recht artig, Herr Fluth, in der Tat!

Fluth. Nun ja, das tu ich auch.

Frau Fl. Der Himmel mach euch besser als eure Gedanken sind!

Fluth. Amen!

Frau Pa. Ihr tut euch selbst recht zu nah, Herr Fluth!

Fluth. Ja, ja, ich muss es schon hinnehmen.

Evans. Wann hier Kreatur im Hause ischt und in tene Zimmer, auf tene Pöten, in tene Kisten und Kasten, so verkepe mir himmlische Küte meine Sünden am Take tes Kerichts.

Caj. Pardieu, mir auk nik . . . da is nik ein Seel.

Page. Pfui, pfui, Herr Fluth, schämt ihr euch nicht? Welcher Geist, welcher Teufel bringt euch auf solche Einbildungen? Ich möchte diese eure Verstimmung nicht haben, nicht für alle Schätze von Windsor Schloss.

Fluth. Das ist mein Fehler, Herr Page: ich büsse dafür.

Evans. Ihr püsst für eur pöses Kewisse. Euer Weip ischt so ehrliche Frau als man sich wünsche kann unter fünftausend und fünfhundert opetrein.

Caj. Pardieu, ik sehn, es is ein hehrlik Frau.

Fluth. Schon gut! Ich versprach euch eine Mahlzeit: kommt, kommt, geht mit mir in den Park. Ich bitt euch, verzeiht mir. Ich will euch hernach erzählen warum ich so verfahren habe. Komm, Frau. Kommt, Frau Page. Ich bitt euch, verzeiht mir. Ich bitte herzlich drum, verzeiht mir.

Page. Lasst uns gehn, ihr Herren. Aber verlasst euch drauf, wir wollen ihn aufziehn. Ich lade euch sämtlich ein morgen in meinem Hause zu frühstücken. Hernach wollen wir auf die Vogeljagd: ich habe einen herrlichen Waldfalken. Seid ihrs zufrieden?

Evans. Wann einer ta ischt, so will ich in ter Kompagnie ten Zweiten abkepen.

Caj. Wenn da sein ein oder swei, will ik sie habgeben den Tritt.

Fluth. Ich bitt euch, kommt, Herr Page.

Evans. Nun pitt ich euch, tenkt mir auf morke an lausigen Schurken, unsern Herrn Kastwirt!

Caj. Das ist sehr gut . . . pardieu, von ganz mein 'erz.

Evans. 's ischt lausiger Schurke, mit seinen Spotthaftigkeite und Stichelworte! Ab.

 

Vierte Szene

Zimmer im Hause des Herrn Page: Fenton und Jungfer Anne Page

Fen. Nein, deines Vaters Gunst gewinn ich nicht. Drum nicht an ihn verweise mich, mein Annchen.

Anne. Doch ach! was dann?

Fen.                                       Sei nur einmal du selbst.
Er wendet ein, ich sei zu hoch von Abkunft.
Und weil Verschwendung mir mein Gut beschädigt,
So woll ichs nur durch sein Vermögen heilen.
Dann schiebt er andre Riegel mir entgegen:
Mein vorig Schwärmen, meine wilden Freunde,
Und sagt mir, ganz unmöglich dünk es ihn
Dass ich dich anders liebt als um dein Geld.

Anne. Wer weiss, er hat wohl recht?

Fen. Nein, steh mir so der Himmel künftig bei!
Zwar leugn ich nicht dass deines Vaters Reichtum
Der erste Anlass meiner Werbung war:
Doch werbend fand ich dich von höherm Wert
Als Goldgepräg und Beutel wohl versiegelt.
Und deines Innern echte Schätze sinds
Wonach ich einzig trachte.

Anne.                                         O Herr Fenton,
Sucht doch des Vaters Gunst. O sucht sie, Lieber,
Und wenn demütig Flehn und günstige Zeit
Ihn nicht gewinnt: nun dann . . . hört, kommt hieher.

Fenton und Anne gehen auf die Seite – Schaal, Schmächtig und Frau Hurtig treten auf

Sch. Fallt ihnen in die Rede, Frau Hurtig. Mein Vetter soll für sich selbst reden.

Schm. Ich werde mir einmal ein Herz anfassen. Blitz, es will nur gewagt sein.

Sch. Lass dich nicht angst machen.

Schm. Nein, sie soll mich nicht angst machen. Davor ist mir gar nicht bange. Es ist nur, dass ich mich fürchte.

Hurt. Hört einmal: Junker Schmächtig hätte euch ein Wort zu sagen.

Anne. Ich komme . . . zu Fenton: Dies ist meines Vaters Wahl.
O welche Masse hässlich schnöder Fehle
Sieht schmuck aus bei dreihundert Pfund des Jahrs!

Hurt. Nun, was macht denn der liebe Herr Fenton? Ich bitt euch, auf ein Wort!

Sch. Da kommt sie. Nun mach dich an sie, Vetter. Ach, Junge, du hattst einen Vater . . .

Schm. Ich hatt einen Vater, Jungfer Anne – mein Onkel kann euch hübsche Spässe von ihm erzählen. Bitt euch, Onkel, erzählt Jungfer Anne mal den Spass wie mein Vater zwei Gänse aus einem Stalle gestohlen hat, lieber Onkel!

Sch. Jungfer Anne, mein Vetter liebt euch!

Schm. Jawohl, so sehr als irgendeine Frauensperson in Glostershire.

Sch. Er wird euch halten wie eine Edelfrau.

Schm. Ja, wie sichs ein Mensch wünschen kann . . . aber unter dem Stande eines Squire.

Sch. Ein Wittum von hundertundfünfzig Pfund wird er euch aussetzen.

Anne. Lieber Herr Schaal, lasst ihn für sich selbst werben.

Sch. Ei wahrhaftig, ich danke euch. Ich danke euch für den guten Trost . . . Sie ruft euch, Vetter. Ich will euch allein lassen.

Anne. Nun, Herr Schmächtig?

Schm. Nun, liebe Jungfer Anne?

Anne. Was ist euer Wille?

Schm. Mein Wille? Mein letzter Wille? O Sappermentchen! das ist ein hübscher Spass, mein Seel! Meinen Willen habe ich noch nicht aufgesetzt, Gott sei Dank! nein, so eine kränkliche Kreatur bin ich noch nicht, dem Himmel sei Dank!

Anne. Ich meine, Herr Schmächtig, was ihr von mir wollt?

Schm. Mein Seel, ich für meine Person, ich will wenig oder nichts von euch. Euer Vater und mein Onkel habens in Gang gebracht: wenns mir beschert ist, gut . . . wenns mir nicht beschert ist – nun, wers Glück hat führt die Braut heim. Die können euch erzählen wie's gekommen ist, besser als ich. Fragt einmal euren Vater. Hier kommt er.

Page tritt auf mit seiner Frau

Page. Nun, mein Herr Schmächtig? Lieb ihn, Tochter Anne.
Ei, was ist das? Was macht Herr Fenton hier?
Ihr kränkt mich dass ich euch so oft hier finde.
Ich sagt euch, Herr, mein Kind sei schon versprochen.

Fen. Nun, mein Herr Page, seid nicht ungeduldig.

Frau Pa. Lieber Herr Fenton, lasst das Mädchen gehn.

Page. Sie ist euch nicht bestimmt.

Fen.                                               Wollt ihr mich hören?

Page. Nein doch, Herr Fenton. Kommt jetzt, Herr Schaal . . . komm mit, Sohn Schmächtig, komm . . . Da ihr Bescheid wisst, kränkt ihr mich, Herr Fenton.

Page, Schaal und Schmächtig ab

Hurt. Sprecht mit Frau Page.

Fen. Liebste Frau Page, weil ich für eure Tochter
So lautre Absicht heg und treu Gemüt,
Muss ich, unhöflich diesem Schelten trotzend,
Vorwärts die Fahne meiner Liebe tragen
Und nimmer weichen. Gönnt mir euren Beistand.

Anne. O Mutter, gebt mich nicht dem Narrn zur Frau!

Frau Pa. Ich wills auch nicht. Ich weiss 'nen bessern Mann.

Hurt. Das ist mein Herr, der Herr Doktor.

Anne. Ach, lieber grabt mich doch lebendig ein
Und werft mich tot mit Rüben.

Frau Pa. Geh, mach dir keine Sorge. Hört, Herr Fenton,
Ich will euch Feindin nicht noch Freundin sein.
Das Mädchen frag ich erst wie sie euch liebt,
Und wie ichs finde, lenk ich meinen Sinn.
Bis dahin lebt mir wohl. Sie muss nun gehn,
Sonst schilt der Vater uns. Frau Page und Anne ab

Fen. Lebt wohl denn, werte Frau! Leb wohl, mein Annchen!

Hurt. Das hab ich gemacht . . . Nein, sagt ich, wollt ihr euer Kind an so'n Narren wegwerfen und an so'n, Doktor? Seht euch einmal den Herrn Fenton an! Das hab ich gemacht.

Fen. Ich dank dir, und ich bitt dich, noch heut abend
Gib Annchen diesen Ring . . . Nimm das für dich. Ab.

Hurt. Nun, der Himmel schenke dir seinen Segen! Ein liebreiches Herz hat er: unsereins liefe ja gern durchs Feuer und Wasser für so ein liebreiches Herz . . . Aber ich wollte doch dass mein Herr Jungfer Anne bekäme, oder ich wollte dass Herr Schmächtig sie bekäme, oder, mein Seel, ich wollte dass Herr Fenton sie bekäme. Ich will für alle drei tun was ich kann . . . denn das hab ich versprochen, und ich will auch ehrlich Wort halten. Aber recht spezifisch dem Herrn Fenton. – Nun, jetzt muss ich ja noch mit einem andern Gewerbe von meinen beiden Frauen zu Sir John Falstaff. Was fürn Schaf bin ich, so was zu vertrödeln. Ab.

 

Fünfte Szene

Zimmer im Gasthofe zum Hosenbande: Falstaff und Bardolph

Fal. Bardolph, sag ich!

Bar. Hier, Herr.

Fal. Geh, hol mir ein Quartier Sekt. Leg ein Stück geröstet Brot hinein. Bardolph ab Musste ich das erleben dass man mich in einem Waschkorb wegtrug, wie eine Tracht Kaldaunen vom Metzger, und mich in die Themse warf? Meiner Treu, wenn mir noch einmal so mitgespielt wird, so soll man mir das Gehirn ausnehmen und es in Butter braten und es einem Hunde zum Neujahrsgeschenk geben . . . Die Schurken schmissen mich in den Fluss und machten nicht mehr Umstände, als hätten sie die blinden Jungen einer Hündin ersäuft, fünfzehn auf einen Wurf . . . und man kann mirs an meiner Statur ansehn dass ich eine gewisse Behendigkeit im Untersinken habe: wäre der Grund so tief wie die Hölle, ich müsste hinunter. Ich wäre ertrunken, wäre nicht das Ufer seicht und sandig gewesen . . . ein Tod den ich verabscheue! denn das Wasser schwellt den Menschen auf, und was für eine Figur wäre aus mir geworden, wenn ich ins Schwellen geraten wäre? Ich wäre ein Gebirg von einer Mumie geworden!

Bardolph kommt zurück mit dem Wein

Bar. Hier ist Frau Hurtig, Herr, die euch sprechen will.

Fal. Komm her, lass mich etwas Sekt zu dem Themsewasser schütten, denn mein Bauch ist so kalt, als hätt ich Schneebälle wie Pillen verschluckt, um die Nieren abzukühlen . . . Ruf sie herein.

Bar. Komm herein, Frau!

Frau Hurtig tritt auf

Hurt. Mit Vergunst – ich bitt um Verzeihung! Ich wünsch euer Gnaden einen guten Morgen.

Fal. Nimm die Kelchgläser weg. Geh, braue mir eine Flasche Sekt und säuberlich.

Bar. Mit Eiern, Sir?

Fal. Simpel, ohne Zusatz: ich will keinen Hühnersamen in meinem Gebräu . . . Nun?

Hurt. Ach, lieber Sir, ich komme zu euer Gnaden von der Frau Fluth.

Fal. Frau Fluth! Ich habe genug von der Flut gekostet! Man hat mich hineingeworfen in die Flut . . . ich habe den Bauch voll von Flut.

Hurt. Ach, lieber Gott, das arme Herz kann ja nichts dafür. Sie hat ihre Leute recht heruntergemacht. Die haben ihre Irrigierung falsch verstanden.

Fal. Und ich die meine, dass ich auf das Versprechen eines albernen Weibes baute.

Hurt. Nun gut. Jetzt lamentiert sie drum, Sir, dass es euch das Herz umkehren würde, wenn ihrs ansäht. Ihr Mann geht heut morgen auf den Vogelherd – sie ersucht euch, ihr möchtet noch einmal zwischen acht und neun zu ihr kommen. Ich soll ihr hurtig Antwort bringen . . . sie wird euch schadlos halten, das versichr ich euch.

Fal. Nun, ich will sie besuchen, sag ihr das: und lass sie bedenken was der Mensch sei, lass sie seine Schwachheit erwägen, und dann mein Verdienst beurteilen.

Hurt. Ich wills ihr sagen.

Fal. Das tu. Zwischen neun und zehn sagst du?

Hurt. Acht und neun, Sir.

Fal. Gut, geh nur: ich werde nicht ausbleiben.

Hurt. Friede sei mit euch, Sir! Ab.

Fal. Mich wundert dass ich nichts vom Herrn Bach höre. Er liess mir sagen, ich möge zu Hause bleiben. Sein Gold behagt mir wohl! . . . O, hier kommt er.

Fluth tritt auf

Fluth. Gott grüss euch, Sir.

Fal. Nun, Herr Bach? ihr wollt wohl hören was zwischen mir und Fluths Frau vorgefallen ist?

Fluth. In der Tat, Sir John, darum kam ich her.

Fal. Herr Bach, ich will euch nichts vorlügen: ich war in ihrem Hause zur bestimmten Stunde.

Fluth. Und wie gings euch da?

Fal. Sehr unglückselig, Herr Bach.

Fluth. Wieso, Sir? Änderte sie ihren Entschluss?

Fal. Nein, Herr Bach: aber der Schleicher Cornuto, ihr Mann, Herr Bach, der in einem ewigen Alarm von Eifersucht lebt, kommt mir just im Augenblick unsrer Schäferstunde, nachdem wir einander umarmt, geküsst, uns ewige Liebe geschworen und, sozusagen, den Prologus unsrer Komödie rezitiert hatten, und ihm auf dem Fuss ein ganzes Rudel seiner Kameraden, rottiert und herbeigeschleppt durch seinen Aberwitz, um sein Haus – denkt einmal! – nach seiner Frauen Liebhaber zu durchsuchen.

Fluth. Was, während ihr noch da wart?

Fal. Während ich da war.

Fluth. Und suchte er nach euch und konnte euch nicht finden?

Fal. Ihr sollt hören. Das gute Glück fügte es so dass eine gewisse Frau Page hereinkommt und Fluths Ankunft meldet, und auf ihre Erfindung, und bei der Verzweiflung der Frau Fluth, steckten sie mich in einen Waschkorb.

Fluth. In einen Waschkorb!

Fal. Ja, in einen Waschkorb, bepackten mich mit schmutzigen Hemden und Schürzen, Socken, schmutzigen Strümpfen und schmierigen Tischtüchern. Wahrhaftig, Herr Bach, es war die abscheulichste Komposition von niederträchtigem Gestank die je ein Geruchsorgan entrüstete.

Fluth. Und wie lange lagt ihr darin?

Fal. O, ihr sollt hören, Herr Bach, was ich ausgestanden habe, um diese Frau zu eurem Besten zum Bösen zu verleiten. Nachdem ich so in den Korb eingepfercht war, wurden ein Paar von Fluths Kerlen, seine Knechte, von ihrer Frau herbeigerufen, um mich als schmutzige Wäsche auf die Datchetwiese zu tragen. Sie nahmen mich auf die Schultern, begegneten dem eifersüchtigen Kerl, ihrem Herrn, in der Tür, der sie ein paarmal fragte was sie im Korbe hätten. Ich zitterte vor Furcht, der verrückte Kerl möchte nachsuchen: aber das Fatum, das einmal beschlossen hat, er solle ein Hahnrei werden, hielt seine Hand zurück. Nun gut, weiter ging er als Spion, und fort ging ich als schmutzige Wäsche. Aber habt acht auf das was jetzt folgt, Herr Bach: ich erlitt die Qual dreier verschiedener Todesarten: erstlich eine unerträgliche Furcht von dem eifersüchtigen, ekligen Leithammel entdeckt zu werden, zweitens, im Zirkel gekrümmt zu liegen wie eine gute Klinge im Umkreise eines Viertelscheffels, Heft an Spitze, Sohle an Kopf, und endlich, verkorkt zu sein wie ein starker Aquavit, mit stinkendem Leinzeug das in seinem eignen Fette gor. Denkt euch nur, ein Mann von meinen Nieren, denkt nur – der so wenig Hitze verträgt als Butter, ein Mann der in ewigem Auftauen und Evaporieren lebt . . . es war ein Wunder dem Ersticken zu entgehn. Und im Siedepunkt dieses Bades, als ich schon über die Hälfte in Fett geschmort war wie ein holländisches Gericht, in die Themse geworfen zu werden und glühend heiss in der Flut abzukühlen wie ein Hufeisen, denkt euch nur, zischend heiss, denkt nur, Herr Bach.

Fluth. In allem Ernst, Sir, es tut mir leid dass ihr um meinetwillen das alles ausgestanden. Meine Sache steht danach verzweifelt. Ihr macht euch wohl nicht zum zweiten Male an sie?

Fal. Herr Bach, ich will mich in den Ätna werfen lassen wie ich in die Themse geworfen bin, eh ich sie so verlasse. Ihr Mann ist diesen Morgen auf die Vogelbeize gegangen, ich habe die Botschaft zu einem zweiten Stelldichein von ihr: zwischen acht und neun ist die Stunde, Herr Bach.

Fluth. Es ist schon acht vorbei, Sir.

Fal. Wirklich? Nun, so geh ich auf meinen Posten. Kommt zu mir, sobalds euch eben gelegen ist, und ihr werdet von meinen Siegen hören: und die Krone von allem soll sein dass sie euer wird. Lebt wohl. Ihr sollt sie besitzen, Herr Bach . . . Herr Bach, ihr sollt dem Fluth Hörner aufsetzen. Ab.

Fluth. Hm! ha! Ist das eine Erscheinung? Ists ein Traum? Schlaf ich? Freund Fluth, wach auf. Wach auf, Freund Fluth. Es ist ein Loch in deinem besten Rock, Freund Fluth. Das kommt vom Heiraten! Das kommt davon, Linnen und Waschkörbe zu haben! Nun, die Welt soll erfahren wie's mit mir steht. Ich will den lockern Finken jetzt schon fassen. Er ist in meinem Hause, er kann mir nicht entgehn. Es ist nicht möglich dass ers könnte. Er kann doch nicht in eine Pfennigbüchse kriechen oder in eine Pfefferdose. Aber damit der Teufel der ihn schützt ihm nicht durchhilft, will ich auch die unmöglichen Plätze durchsuchen. Ich kann zwar nicht dem entgehn was ich einmal bin, aber dass ich bin was ich nicht sein möchte soll mich nicht zahm machen. Wenn ich Hörner habe die einen toll machen können, so will ich dem Sprichwort Ehre machen und horntoll sein. Ab.

 


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