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Zweyter Aufzug.

Erste Scene.

(Ein öffentlicher Plaz in der Stadt.)

Ein Senator tritt auf.

Senator. Und unlängst, fünf tausend; dem Varro und dem Isidorus ist er neuntausend schuldig, und dann meine vorhergehende Schuld; das macht zusammen fünf und zwanzig – – Nimmt denn die Wuth der Verschwendung kein Ende bey ihm? Es kan nicht dauern, es kan nicht. Wenn ich Geld brauche, so darf ich nur einen Bettler-Hund stehlen, und ihn dem Timon geben; der Hund münzt mir Geld. Wenn ich gern mein Pferd verkaufte, um zehen bessere dafür zu kauffen, gut, so geb ich mein Pferd dem Timon; ich verlange nichts, ich schenk es ihm, gleich wirft es mir zehen tüchtige Pferde. Er hat keinen Thürhüter an seiner Pforte, sondern einen Kerl der immer lächelt und alles einlädt, was vorbey geht. Das kan nicht dauern; es ist vernünftigerweise unmöglich, daß eine solche Wirthschaft dauern könnte. Caphis, he! Caphis, sag ich.

Caphis tritt auf.

Caphis. Hier, mein Herr, was habt ihr zu befehlen?

Senator. Zieh deinen Rok an, und geh in Eile zu dem Lord Timon; treib ihn für die Bezahlung der Gelder, die er mir schuldig ist; laß dich durch keine schlechte Weigerung abweisen, oder durch ein: Mein Compliment an euern Herrn, zum Schweigen bringen, und dir mit der Müze in der rechten Hand die Thüre weisen, so – – sondern sag ihm, ich hab es unumgänglich nöthig; der Termin sey verstrichen, und die Frist die ich ihm gegeben, habe schon meinen Credit geschwächt; Ich liebe und ehre ihn, aber es sey mir nicht zuzumuthen, daß ich den Hals breche, um seinen Finger zu heilen; Meine Bedürfnisse seyen dringend, und können durch Vertröstungen nicht befriediget werden, sondern erheischen unmittelbare Hülfe. Geh; nimm eine ungestüme Mine an, mach' ein Anforderungs-Gesicht; denn ich besorge, wenn jede Feder in ihrem eignen Flügel steken wird, so wird Lord Timon, der izt wie ein Phönix schimmert, nur eine nakte Möwe übrig bleiben – – Geh, sag ich.

Caphis. Ich gehe, Herr.

Senator. Ich gehe, Herr? – – Nehmt die Verschreibungen mit euch, und gebt wohl auf die Datums Acht.

Caphis. Ich will, Herr.

Senator. Geh.

(Sie gehen ab.)

Zweyte Scene.

(Verwandelt sich in Timons Halle.)

Flavius tritt mit verschiednen Obligationen in der Hand auf.

Flavius. Keine Sorge, kein Maaß noch Ziel! Er bekümmert sich so wenig um seine Ausgaben, daß er weder darauf denkt wie er sie bestreiten, noch wie er diesem Strom von Verschwendung Einhalt thun wolle. Niemals ist so viel Güte mit so viel Thorheit in einem Menschen beysammen gewesen – – Was ist zu thun? – – Er wird nicht hören, bis er fühlt; ich muß freymüthig mit ihm sprechen, wenn er von der Jagd heimkommt! O! weh! weh! weh!

Caphis, Isidor und Varro treten auf.

Caphis. Guten Abend, Varro; wie, kommt ihr auch um Geld zu fordern?

Varro. Das wird vermuthlich euer Geschäft auch seyn?

Caphis. Es ist nicht anders, und euers auch, Isidor?

Isidor. So ist es.

Caphis. Ich wollte, wir wären alle bezahlt.

Varro. Mir ist nicht wohl bey der Sache.

Caphis. Hier kommt der Lord.

Timon und sein Gefolge treten auf.

Timon. Sobald wir zu Mittag gegessen haben, wollen wir wieder fort. Mein Alcibiades – – Nun, was ist euer Begehren.

(Sie bieten ihm ihre Handschriften hin.)

Caphis. Gnädiger Herr, hier ist eine Rechnung von gewissen Schulden – –

Timon. Schulden? Woher seyd ihr?

Caphis. Von Athen, hier, Gnädiger Herr.

Timon. Geht zu meinem Verwalter.

Caphis. Euer Gnaden wollen mir's zu gut halten, er hat mich diesen ganzen Monat durch von einem Tag auf den andern vertröstet; mein Herr wird durch eine dringende Veranlassung genöthiget, das Seinige einzufordern, und bittet demüthig, Euer Gnaden möchte, nach dero bekannten Großmuth ihm sein Recht angedeyhen lassen.

Timon. Mein ehrlicher Freund, komm den nächsten Morgen wieder.

Caphis. Nein, Gnädiger Herr – –

Timon. Mäßige dich, guter Freund.

Varro. Eines gewissen Varro's Bedienter, gnädiger Herr.

Isidor. Von Isidor, er bittet um schleunige Bezahlung.

Caphis. Wenn Euer Gnaden die Noth wüßte, worinn mein Herr stekt. – –

Varro. Die Verschreibung, gnädiger Herr, ist schon vor sechs Wochen verfallen – –

Isidor. Euer Haushofmeister weißt mich ab, und ich bin ausdrüklich zu Euer Gnaden geschikt worden.

Timon. Laßt mich nur zu Athem kommen, – – (zu seinen Begleitern) Ich bitte euch, meine werthesten Herren, gehet hinein, ich werde euch in einem Augenblik aufwarten – – (Die Lords gehen ab.) Kommt hieher; (zu Flavius) Wie geht das zu, daß ich auf eine so schimpfliche Art mit ungestümen Anfordrungen wegen Schulden, verfallnen Handschriften, und Vorenthaltung längst richtig zumachender Zahlungen angefallen werde?

Flavius. Mit eurer Erlaubniß, meine Herren; es ist izt keine gelegne Zeit für euer Geschäfte; wartet bis nach Mittag, damit ich Seiner Gnaden inzwischen begreiflich machen kan, warum ihr noch nicht bezahlt seyd.

Timon. Thut das, meine Freunde. (zu Flavius.) Seht, daß ihnen wohl begegnet werde.

(Timon geht ab.)

Flavius. Ich bitte euch, kommt herein.

(Flavius geht ab.)

Dritte Scene.

Apemanthus und ein Harlequin zu den Vorigen.

Caphis. Wartet, wartet, hier kommt der Narr mit Apemanthus, wir wollen ein wenig Spaß mit ihnen haben.

Varro. An den Galgen mit ihm, er wird uns eins anhängen.

Isidor. Daß ihn die Pest, – – den Hund!

Varro. Wie geht's, Narr?

Apemanthus. Redst du mit deinem Schatten?

Varro. Ich rede nicht mit dir.

Apemanthus. Das ist wahr, du redst mit dir selbst. Komm, laß uns gehn. (Zum Narren.)

Isidor. Der Narr hangt schon an deinem Rüken.

Apemanthus. Nein, du stehst einzeln.

Caphis. Weil du noch nicht an ihm bist. Wo ist der Narr hingekommen?

Apemanthus. Er hat die lezte Frage gethan. Arme Schelme und Wucherers Sclaven! Kuppler zwischen Geld und Mangel!

Alle. Was sind wir, Apemanthus?

Apemanthus. Esel.

Alle. Was?

Apemanthus. Wenn ihr euch selbst kenntet, so brauchtet ihr mich nicht zu fragen. Rede du mit ihnen, Narr.

Harlequin. Was lebt ihr gutes, meine Herren?

Alle. Grossen Dank, Narr; was macht eure Frau?

Narr. Sie sezt eben Wasser über, um solche Hühnchen abzubrühen, wie ihr seyd. Ich wünschte wir könnten das Vergnügen haben, euch zu Corinth Ein unter gewissen Leuten übliches Wort anstatt Bordell, vermuthlich von der Ausgelassenheit dieser alten Griechischen Stadt hergenommen; wovon Alexander ab Alexandro sagt: Corinthi super mille Prostitutae in templo Veneris assiduae degere & inflammata libidine quaestui meretricio operam dare & velut Sacrorum ministrae Deae famulari solebant. zu sehen.

Apemanthus. Grossen Dank für den guten Wunsch!

Ein Page zu den Vorigen.

Narr. Seht, hier kommt meiner Frauen Page.

Page. Wie geht's, Capitain, Was macht ihr in dieser weisen Gesellschaft? Wie befindst du dich, Apemanthus?

Apemanthus. Ich wollt', ich hätte eine Ruthe in meinem Maul, um dir eine heilsame Antwort geben zu können.

Page. Ich bitte dich Apemanthus, lies mir die Aufschrift auf diesen Briefen; ich weiß nicht, wem jeder gehört.

Apemanthus. Kanst du nicht lesen?

Page. Nein.

Apemanthus. Es wird also an dem Tag, da du gehängt werden wirst, nicht viel Gelehrtheit sterben – – Dieser ist an Lord Timon, dieser an Alcibiades. Geh, du wardst ein Huren-Sohn gebohren, und wirst als ein Huren-Wirth sterben.

Page. Und du wardst als ein Hund geworffen, und wirst verhungern, wie ein Hund. Antworte mir nicht, ich gehe.

(Er geht ab.)

Apemanthus. Narr, ich will mit euch zum Lord Timon gehn.

Harlequin. Wollt ihr mich dort verlassen?

Apemanthus. Wenn Timon bey Hause ist – – Ihr drey dient bey drey Wucherern?

Alle. Ich wollte, sie dienten uns.

Apemanthus. Das wollt' ich auch – – Ein so feiner Streich, als jemals ein Henker einem Dieb gespielt hat!

Harlequin. Seyd ihr Drey Wucherers-Leute?

Alle. Ja, Narr.

Harlequin. Ich glaub', es giebt in der ganzen Welt keinen Wucherer, der nicht einen Narren zum Diener hat. Meine Frau gehört auch in diese Zunft, und ich bin ihr Narr; wenn die Leute zu euern Herren gehn um Geld zu borgen, so kommen sie traurig, und gehn lustig fort; aber in meiner Frauen Haus gehn sie lustig hinein, und traurig wieder fort. Wißt ihr die Ursach?

Varro. Ich könnte wol eine sagen.

Harlequin. So thue es dann, damit wir sehen, daß du ein Hurenjäger und ein Lumpenhund bist; wofür du aber, auch ohne das, nichts desto minder gehalten werden sollst.

Varro. Was ist ein Hurenjäger, Narr?

Harlequin. Ein Narr in hübschen Kleidern, und dir in etwas ähnlich. Es ist ein Geist; zuweilen läßt er sich in Gestalt eines Edelmanns sehen, zuweilen in Gestalt eines Advocaten, zuweilen in Gestalt eines Philosophen, mit zwey Steinen, ohne den Stein der Weisen zu rechnen. Sehr oft nimmt er die Gestalt eines Soldaten an, und überhaupt ist keine Gestalt, worinn der Mensch von achtzig Jahren bis zu dreyzehn, nur immer gesehen werden mag, in welcher dieser Geist nicht spüke.

Varro. Du bist nicht ganz ein Narr.

Harlequin. Und du nicht ganz gescheidt; ich habe gerade so viel Narrheit, als dir an Gescheidtheit mangelt.

Apemanthus. Das ist eine Antwort, deren Apemanthus sich nicht zu schämen hätte.

Alle. Auf die Seite, auf die Seite, der Lord Timon kommt.

Timon und Flavius treten auf.

Apemanthus. Komm mit mir, Narr, komm mit.

Harlequin. Einem Liebhaber, einem ältern Bruder, und einem Weibsbild folg' ich nicht allemal; izt will ich einmal einem Philosophen folgen.

Flavius (zu den Vorigen.) Seyd so gut, und spaziert ein wenig dort, ich will gleich mit euch reden.

(Die Gläubiger, Apemanthus und Harlequin, treten ab.)

Vierte Scene.

Timon. Flavius.

Timon. Ihr sezt mich in Erstaunen: Warum habt ihr mir denn meine Umstände nicht eher vollständig vorgelegt, damit ich meine Ausgaben nach dem Ertrag meiner Mittel hätte einrichten können?

Flavius. Ich hab euch in manchen müßigen Stunden daran erinnert, aber ihr wolltet mich nicht anhören.

Timon. Ausflüchte! Ihr habt vielleicht gerade die Augenblike ausgesucht, da ich nicht bey guter Laune war; und izt bedient ihr euch dessen, euch selbst auf meine Unkosten zu entschuldigen.

Flavius. O! mein gnädiger Herr, ich brachte meine Rechnungen manchmal, und legte sie euch vor; ihr warfet sie weg, und sagtet, ihr verlasset euch auf meine Ehrlichkeit. Wenn ihr, für irgend ein nichtswürdiges Geschenk von euern Freunden, mir so oder so viel dagegen zu geben befahlet, schüttelt' ich den Kopf und weinte; ja, ich übertrat oft die Geseze des Wohlstands und bat euch, ein wenig sparsamer im Austheilen zu seyn: Ich bekam nicht selten und nicht kleine Verweise, wenn ich Euch die Ebbe euers Vermögens, und die grosse Fluth eurer Schulden vorstellte. Mein allerliebstes Herr, ob ihr gleich izt zu spät höret, so ist doch noch izt eine Zeit; die Summe alles dessen, was ihr habt, mangelt nur eine Helfte, um alle eure Schulden zu bezahlen.

Timon. Laßt alle meine ligende Güter verkauft werden.

Flavius. Sie sind meistens versezt, einige gar schon verfallen, oder sonst veräussert; und der Rest wird kümmerlich zureichen, die dringendsten Schulden zu verstopfen; die künftige Zeit rükt heran; wovon sollen wir unterdessen leben, und wie werden wir zulezt mit unsrer Rechnung bestehen können?

Timon. Meine Ländereyen erstrekten sich bis nach Lacedämon.

Flavius. Ach, mein Gnädiger Herr, die Welt ist nur ein Wort; wäre sie ganz euer, so daß ihr sie in einem Athemzug weggeben könntet, wie schnell würde sie weg seyn!

Timon. Ihr habt recht.

Flavius. Wofern ihr einigen Verdacht in meine Wirthschaft oder Treue sezet, so fordert mich vor die schärfesten Richter, und stellt mich auf die Probe. Die Götter seyen mir gnädig, so wie ich die Wahrheit sage! Wenn alle eure Vorraths-Kammern von schwelgerischen Prassern erschöpft wurden; wenn die Gewölbe und Deken in euern Sälen von Wein träuffelten, der in trunknem Muthwillen versprizt wurde; wenn jedes Zimmer von Lichtern funkelte, und von Spielleuten zertrappt wurde; zog ich mich oft in einen dunkeln Winkel unter dem Dach zurük, um meinen Thränen freyen Lauf zu lassen.

Timon. Ich bitte dich, nichts mehr,

Flavius. Himmel! rief ich aus! wie gütig dieser Herr ist! Wie manche verschwenderische Bissen haben in dieser Nacht Sclaven und Bauren verschlukt! Wer ist izt nicht Timons? Welches Herz, welcher Kopf, welches Schwerdt, welches Vermögen und Ansehen steht nicht zu Timons Diensten? des grossen, des edeln, würdigen, königlichen Timons? Aber wenn die Mittel hin sind, die diese Lobsprüche erkauften, so ist auch der Athem hin, woraus diese Lobsprüche gemacht waren – – Laßt nur eine einzige Winterwolke schaudern, so ligen alle diese Fliegen.

Timon. Komm, es ist genug geprediget! Mein Herz kan mir doch wegen meiner Gütigkeit keinen Vorwurf machen. Unweislich, nicht unedel hab' ich weggegeben; warum weinst du? Kanst du fähig seyn, dir einzubilden, es werde mir jemals an Freunden fehlen? Beruhige dich! Wenn ich die Gefässe meiner Liebe anzapfen, und den Inhalt ihrer Herzen durch Borgen auf die Probe sezen wollte, ich könnte mich ihrer Personen und ihres Vermögens so frey bedienen, als ich dir befehlen kan zu reden.

Flavius. Die Götter geben daß die Erfahrung eure Hoffnung erfülle!

Timon. Und gewisser Maassen leisten mir diese Bedürfnisse einen Dienst, der sie in meinen Augen zu grossen Vortheilen macht; denn durch sie werd' ich Freunde bewähren. Ihr werdet sehen, wie sehr ihr euch über meine Glüks-Umstände betrügt; ich bin an Freunden reich. Herein, he! Flaminius, Servilius!

Fünfte Scene.

Flaminius, Servilius, und andre Bediente treten auf.

Servilius. Gnädiger Herr – –

Timon. Ich will euch an verschiedne Orte schiken; Ihr zu Milord Lucius – – ihr zu Lord Lucullus, mit dem ich heut auf der Jagd war – – ihr zu Sempronius; empfehlt mich ihrer Freundschaft; sagt ihnen, ich sey stolz darauf, daß ich endlich Gelegenheit finde, ihre Beyhülfe in einem mir zugestoßnen Geldmangel gebrauchen zu können; begehrt fünfzig Talente.

Flaminius. Nach Euer Gnaden Befehl.

(Flaminius und Bediente gehen ab.)

Flavius (bey seite.) Lord Lucius und Lucullus! Hum!

Timon. Ihr, mein Herr, geht zu den Senatoren, von denen ich, mit des Staats gröstem Vortheil, eine solche Gefälligkeit wohl verdient habe: Sagt ihnen, sie möchten mir augenbliklich tausend Talente schiken.

Flavius. Ich bin so kühn gewesen, (weil ich wußte, daß dieses der gewöhnlichste Weg ist) euern Namen und euer Sigel zu einem solchen Ansuchen bereits zu gebrauchen; allein, sie schüttelten die Köpfe, und ich kam nicht reicher zurük.

Timon. Was sagst du? Ist das wahr? Ist's möglich?

Flavius. Sie antworteten alle aus einem Mund und mit einer vereinigten Stimme, sie seyen eben nicht versehen, sie brauchten Geld, könnten nicht thun was sie wollten; es sey ihnen leid – – Ihr seyt ein Mann von Verdiensten – – Aber doch möchten sie gewünscht haben – – Sie wissen nicht – – Es hätte etwas anders seyn mögen – – ein edles Naturell könne sich verschlimmern – – Wäre zu wünschen es wär' alles gut – – Sey zu bedauren – – Und hiemit geriethen sie über andre ernsthafte Materien, nachdem sie mich durch unfreundliche Blike und diese harten Brüche, mit gewissen halben Winken, und einem kaltsinnigen Kopfniken, zu erstarrendem Stillschweigen gebracht hatten.

Timon. Ihr Götter, vergeltet's ihnen! – – Ich bitte dich, Mann, sey ruhig! Die Undankbarkeit ist bey diesen alten Gesellen etwas natürliches. Ihr Blut ist geronnen, es ist kalt, es fließt selten; der Mangel an freundlicher Wärme macht sie unfreundlich; die Natur, so wie sie nach und nach zur Erde herab sinkt, nimmt auch ihre Eigenschaften an, und wird schwer und unempfindlich. Geh zum Ventidius – – Ich bitte dich, sey nicht traurig, du bist redlich und ohne Falsch; ich spreche von Herzen: Es ist nichts an dir auszusezen – – Ventidius hat kürzlich seinen Vater begraben, durch dessen Tod er zu einem grossen Vermögen gekommen ist; wie er arm, im Gefängniß, und von jedermann verlassen war, half ich ihm mit fünf Talenten aus der Noth. Grüß' ihn in meinem Namen; sag ihm, irgend ein dringendes Bedürfniß sey seinem guten Freunde zugestossen, welches ihn nöthige sich dieser fünf Talente zu erinnern. Wenn du sie hast, so gieb sie diesen Leuten, die diesen Augenblik ihre Bezahlung fordern. Sage nur niemals, und denk' es auch nicht, daß Timons Glüksstand mitten unter seinen Freunden, einsinken könne.

(Er geht ab.)

Flavius. Wollte Gott, ich könnt' es nicht denken! Wie geneigt ist ein edles und gütiges Herz, alle andern auch dafür zu halten.

(Er geht ab.)


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