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Erster Aufzug.

Erste Scene.

(Eine Halle in Timons Hause.)

Der Poet, der Mahler, der Juweelen-Händler, der Kauffmann, und der Galanterie-Krämer treten durch verschiedne Thüren auf.

Poet. Guten Tag, mein Herr.

Mahler. Ich erfreue mich über euer Wohlbefinden.

Poet. Ich hab' euch lange nicht gesehen; wie geht's in der Welt?

Mahler. So daß es besser seyn könnte, mein Herr.

Poet. Nun, das ist etwas bekanntes. Aber was giebt es vor besondere Seltenheiten? Unser Autor hat, wie der Augenschein zeigt, seinen Poeten in diesem Stüke zu einem schlechten Kerl gemacht. Damit sein Charakter aber nicht der Profeßion selbst nachtheilig sey, so hat er ihn zu einem eben so schlechten Poeten gemacht, als er ein schlechter Mann ist. Ein untrügliches Kennzeichen von dem falschen Geschmak und unreiffen Urtheil, so er ihm beylegt, ist seine Liebe zu allem was seltsam, erstaunlich und abentheurlich, und eine Verachtung alles dessen, was gewöhnlich oder der Natur gemäß ist. Was ist so ausserordentlich, wovon wir nicht in den Urkunden der Welt mehr als ein Beyspiel finden? – – Seht, o Zauberey der Freygebigkeit! Alle diese Geister hat deine Macht zusammenbeschworen, dir aufzuwarten – – Ich kenne den Kauffmann.

Mahler. Ich kenne beyde; der andere ist ein Juweelen-Händler.

Kauffmann. O! es ist ein würdiger Edelmann!

Juweelen-Händler. Das ist ausgemacht.

Kauffmann. Ein recht unvergleichlicher Mann, von einer unerschöpflichen und immerwährenden Gütigkeit beseelt. Er übertrift – –

Juweelen-Händler. Ich habe hier ein Juweel – –

Kauffmann. O ich bitte euch, laßt mich's sehen – – Für den Lord Timon, mein Herr?

Juweelen-Händler. Wenn er es so hoch bezahlt als es geschäzt ist; doch was das betrift – –

Poet.

Wenn wir um Lohn den Lasterhaften singen,
So wird auch des Gerechten Lobes Glanz
Dadurch beflekt, das wir der Tugend bringen – –

Kauffmann (indem er das Juweel betrachtet.)
Es ist schön geschnitten.

Juweelen-Händler. Und reich; was das für ein Wasser ist! Seht ihr?

Mahler zum Poeten. Mein Herr, ihr seyd, däucht mich, im Enthusiasmus, über irgend einem Werk, das diesem grossen Mann gewidmet werden soll.

Poet. Es ist eine Kleinigkeit, die mir in einer müssigen Stund' entgangen ist. Unsre Poesie ist wie ein Gummi, das daher entspringt, woher es genährt wird. Das Feuer in dem Kiesel zeigt sich nicht eher bis es herausgeschlagen wird; unsre anmuthige Flamme entzündet sich von selbst, und überströmt wie ein reissendes Wasser jeden Damm, der sie einzwängen will. Was habt ihr hier?

Mahler. Ein Gemählde, mein Herr – – Wenn kommt euer Werk ans Licht?

Poet. An den Fersen meiner Gegenwart, mein Herr. Laßt mich euer Stük sehen.

Mahler. Es ist ein gutes Stük.

Poet. Das ist es; das reicht an vortrefflich.

Mahler. Erträglich.

Poet. Bewundernswürdig! Was für eine Wahrheit, welch ein Anstand in dieser Stellung! Was für eine geistige Kraft schießt aus diesem Auge! Was für eine schwangre Einbildungskraft bewegt sich in diesen Lippen! Selbst die stumme Gebehrde wird hier zum Ausdruk – –

Mahler. Es ist eine ganz artige Nachäffung der Natur; hier ist ein Strich – – Was sagt ihr davon?

Poet. Ich will nichts sagen, als, er meistert die Natur selbst; eine künstliche Bewegung lebt in diesen Strichen, die lebhafter ist als das Leben selbst.

Einige Senatoren zu den Vorigen.

Mahler. Wie viel Aufwart dieser Herr hat!

Poet. Die Senatoren von Athen! Glüklicher Mann!

Mahler. Seht, noch etliche.

Poet. Ihr seht diesen Zusammenfluß, diese grosse Fluth von Besuchern – – Ich habe in diesem rohen Werk einen Mann entworffen, den diese Unterwelt mit überschwenglicher Hochachtung umfaßt, und in die Arme schließt. Meine freye Absicht hält keinen besondern Lauf, sondern bewegt sich selbst in einer weiten See von Wachs; keine gesäurte Bosheit vergiftet ein einziges Comma in dem Lauf den ich halte: sondern er fliegt einen Adler-Flug, kühn, in einem fort, und läßt keine Spur zurük.

Mahler. Wie soll ich euch verstehen?

Poet. Ich will es euch aufrigeln. Ihr seht wie alle Stände, wie alle Arten von Leute, sowohl die von glatter und schlüpfriger als die von spröder und herber Beschaffenheit, ihre Dienste zu den Füssen des Lord Timon legen: Sein grosser Reichthum, der an seiner leutseligen und gütigen Gemüthsart hängt, überwältigt alle Arten von Herzen, und macht sie zu seinen freywilligen Unterthanen; ja, von dem Spiegelartigen Schmeichler bis zum Apemanthus, der wenige Dinge so sehr liebt als sich selbst zu verabscheuen; aber auch dieser gießt sich auf die Knie vor ihm hin, und kehrt vergnügt, und durch ein Kopfniken des Timons, in seinen Gedanken, höchst glüklich von ihm zurük.

Mahler. Ich sah sie mit einander reden.

Poet. Ich dichte also das Glük, auf einem hohen und anmuthigen Hügel gethront. Der Fuß des Berges ist mit allen Arten von Personen und Verdiensten dicht umgeben, die sich bestreben sich auf dem Busen dieser Sphäre festzusezen. Unter allen diesen Wesen, deren Augen auf diese allgewaltige Beherrscherin geheftet sind, personificire ich einen in Timons Gestalt, den Fortuna mit ihrer elfenbeinernen Hand zu sich winkt, und durch diese Gunst in ebendemselben Augenblik alle seine Nebenbuhler zu seinen Dienern und Sclaven macht.

Mahler. Eine mahlerische Idee! Dieser Thron, diese Fortuna und dieser Hügel, mit einem Manne, dem aus den übrigen untenstehenden emporgewinkt wird, und der sein Haupt gegen den schrofen Berg beugt, um zu seinem Glük hinaufzuklettern, würde, nach unsrer Kunst, wohl ausgesonnen seyn.

Poet. Nein, hört mich nur weiter: Alle diese, die so kürzlich erst seines gleichen waren, einige besser als er, folgen in diesem Augenblik seinen Schritten, drängen sich aufwartsam um ihn her, regnen flüsternde Schmeichlereyen in sein Ohr, machen sogar seine Schuhriemen zu einem Heiligthum, und trinken die freye Luft durch ihn.

Mahler. Zum Henker, was wollt ihr mit diesen?

Poet. Sobald nun Fortuna, in einem Anstoß von Wankelmuth den, der kaum ihr Liebling war, mit Füssen tritt; so seht ihr, wie alle seine Verehrer, die mit Knien und Händen sich auf den Gipfel des Berges hinaufarbeiteten, ihn hinunter schlüpfen lassen, ohne daß nur ein einziger seinen ausglitschenden Fuß begleiten wollte.

Mahler. Das ist gemein; ich kan euch tausend moralische Gemählde zeigen, die dergleichen plözliche Glüks-Streiche weit lebhafter vorstellen sollen, als Worte. Doch thut ihr wohl, dem Lord Timon zu zeigen, daß es schon begegnet ist, daß erniedrigte Augen den Fuß über dem Kopf gesehen haben.

Zweyte Scene.

Trompeten. Timon tritt auf, und wendet sich auf eine leutselige Art an die verschiednen Personen, die ihm die Aufwartung machen.

Timon zu einem Boten. Er sizt im Gefängniß, sagt ihr?

Bote. Ja, gnädiger Herr; Seine Schulden belauffen sich auf fünf Talente, seine Mittel sind sehr knapp, seine Glaubiger sehr dringend; er bittet euch, an diejenige, die ihn eingesezt haben, zu seinem Behuf zu schreiben, und würde ohne allen Trost seyn, wenn ihr ihm diese Gunst versagen würdet.

Timon. Der edle Ventidius! Gut! Ich bin nicht von der Art, meinen Freund zu verlassen, wenn er meiner am meisten nöthig hat. Ich weiß, er ist ein Edelmann, der wohl verdient, daß man ihm aushelfe; ich will es thun, ich will die Schuld bezahlen, und ihn befreyen.

Bote. Euer Gnaden verpflichtet sich ihn auf ewig.

Timon. Empfehlt mich ihm; ich will ihm seine Ranzion schiken, und ihn, wenn er wieder frey seyn wird, zu mir einladen. Es ist nicht genug, dem Schwachen aufzuhelfen, man muß ihm auch den Arm zum Gehen leyhen. Lebt wohl.

Bote. Ich wünsche Euer Gnaden tausend Wohlergehen.

(Geht ab.)

Ein alter Athenienser tritt auf.

Alter Athenienser. Lord Timon, hört mich reden.

Timon. Rede frey, mein guter alter Vater.

Alter Athenienser. Du hast einen Diener, namens Lucilius.

Timon. So ist's; was soll er dann?

Alter Athenienser. Sehr edler Timon, laß diesen Mann sogleich vor dich kommen.

Timon. Ist er hier oder nicht? – – Lucilius! – –

Lucilius tritt auf.

Lucilius. Hier, was befehlen Euer Gnaden?

Alter Athenienser. Dieser Bursche hier, Lord Timon, dieser dein Diener besucht des Nachts mein Haus. Ich bin ein Mann, der von der Jugend an sich Müh gegeben hat, etwas zu erwerben, und mein Vermögen erheischt einen gewichtigern Erben, als einen der auf einem hölzernen Teller ißt.

Timon. Gut; was weiter?

Alter Athenienser. Ich hab' eine einzige Tochter, und sonst keinen Anverwandten, dem ich vermachen könnte was ich erworben habe. Das Mädchen ist hübsch, so jung als eine Braut seyn kan, und ich habe keine Kosten gespart, sie zu den besten Eigenschaften zu erziehen. Dieser dein Diener bewirbt sich um ihre Liebe; ich bitte dich, edler Lord, vereinige dich mit mir, ihm ihren Umgang zu untersagen; ich selbst hab' es fruchtlos gethan.

Timon. Der Mann ist ein ehrlicher Mann.

Alter Athenienser. So wird er's auch hierinn seyn, Timon. Seine Ehrlichkeit belohnt ihn durch sich selbst, sie soll ihm nicht meine Tochter kuppeln.

Timon. Liebt sie ihn?

Alter Athenienser. Sie ist jung und mannbar; unsre eigene ehmalige Leidenschaften lehren uns, wie leichtsinnig die Jugend ist.

Timon zu Lucilius. Liebt ihr das Mädchen?

Lucilius. Ja, mein Gnädiger Herr, und sie ist es zufrieden.

Alter Athenienser. Wenn sie einander ohne meine Einwilligung heurathen, so rufe ich die Götter zu Zeugen, daß ich meinen Erben aus den Bettlern auf der Strasse wählen, und ihnen alles entziehen will.

Timon. Wieviel soll sie zum Brautschaz haben, wenn sie einen Mann heurathete, der ihr an Vermögen gleich wäre?

Alter Athenienser. Drey Talente fürs Gegenwärtige, und künftig alles.

Timon. Dieser wakere Mann hat mir lange gedient; um sein Glük zu machen, will ich mich ein wenig angreiffen; es ist eine Pflicht der Menschlichkeit. Gieb ihm deine Tochter; so viel du ihr giebst, will ich ihm auch geben, um zu machen, daß er so viel wägen soll als sie.

Alter Athenienser. Sehr edler Lord, verspreche mir das auf euer Ehrenwort, so soll er sie haben.

Timon. Hier hast du meine Hand, mein Ehrenwort ist mein Versprechen.

Lucilius. Ich danke Euer Gnaden demüthigst; nimmer möge mir das Glük gedeyhen, welches ich nicht eurer Güte schuldig zu seyn erkenne.

(Lucilius und der Alte Athenienser gehen ab.)

Poet. Nehmet diese Arbeit so gütig auf, als die Wünsche, die ich für Euer Gnaden langes Leben thue.

Timon. Ich danke euch, ihr sollt gleich mehr von mir hören; geht nicht weg – – Was habt ihr hier, mein Freund?

Mahler. Ein Gemählde, welches ich Euer Gnaden bitte anzunehmen.

Timon. Mahlerey ist mir allezeit willkommen. Seitdem die Falschheit mit der Natur des Menschen ein Gewerbe treibt, ist ein gemahlter Mensch soviel als ein natürlicher; gemahlte Figuren sind gerade das, wofür sie sich geben. Euer Werk gefällt mir, und ihr sollt finden, daß es mir gefällt; wartet, bis ihr wieder von mir hört.

Mahler. Die Götter erhalten euch!

Timon. Lebt wol, mein Herr; gebt mir eure Hand, wir müssen heute mit einander zu mittagessen. Mein Herr, euer Juweel hat von allzugrossem Lob gelitten.

Juweelen-Händler. Wie, Milord? Ist es mißfällig?

Timon. Es ist mir bis zum Ekel angepriesen worden. Wenn ich es bezahlen sollte, wie es geschäzt wird, so müßte ich mich zu Grunde richten.

Juweelen-Händler. Gnädiger Herr, es ist so geschäzt wie diejenige, die es verkauffen, es gerne gäben; ihr wißt aber wol, daß Dinge von gleichem Werth, wenn sie ungleiche Eigenthümer haben, nach ihren Besizern geschäzt werden; glaubt mir, Gnädiger Herr, das Juweel würde einen noch grössern Werth erhalten, wenn ihr es trüget.

Timon. Ihr scherzet mit mir, mein guter Mann.

Kauffmann. Nein, Gnädiger Herr, er redt nur die gemeine Sprache, die alle Leute mit ihm reden.

Timon. Seht, wer hier kommt – – Wollt ihr ausgescholten seyn?

Dritte Scene.

Apemanthus Sehet diesen Character eines Cynikers, sehr fein vom Lucian in seinem Ausruf der Philosophen gezeichnet, und wie gut Shakespear ihn copirt hat. zu den Vorigen.

Juweelen-Händler. Wir wollen's mit Euer Gnaden theilen.

Kauffmann. Er wird keinen verschonen.

Timon. Guten Morgen, mein angenehmster Apemanthus.

Apemanthus. Warte du auf einen Gegengruß, bis ich angenehm werde.

Poet. Wenn werden wir das Glük haben, das zu erleben?

Apemanthus. Wenn du Timons Hund seyn wirst, und diese Schelmen ehrlich.

Timon. Warum nennst du sie Schelme? Du kennst sie nicht.

Apemanthus. Sind sie nicht Athenienser?

Timon. Ja.

Apemanthus. So nehm' ich mein Wort nicht zurük.

Juweelen-Händler. Ihr kennt mich, Apemanthus.

Apemanthus. Du weißst daß ich dich kenne, ich nannte dich bey deinem Namen.

Timon. Du bist stolz, Apemanthus.

Apemanthus. Auf nichts so sehr, als das ich dem Timon nicht ähnlich bin.

Timon. Wo willt du hin?

Apemanthus. Einem ehrlichen Athenienser das Hirn ausschlagen.

Timon. Das wär' eine That, wofür du sterben müßtest.

Apemanthus. Richtig, wenn das Gesez eine Todesstrafe auf nichts thun sezt.

Timon. Wie gefällt dir dieses Gemählde, Apemanthus?

Apemanthus. Am besten, weil es nichts böses thut.

Timon. Arbeitete der nicht gut, der es mahlte?

Apemanthus. Der arbeitete noch besser, der den Mahler machte; und doch ist er nur ein schlechtes Stük Arbeit.

Mahler. Ihr seyd ein Hund.

Apemanthus. Deine Mutter ist von meinem Stamme; was war sie, wenn ich ein Hund bin?

Timon. Apemanthus, willt du mit mir zu mittagessen?

Apemanthus. Nein, ich esse keine grosse Herren.

Timon. Wenn du es thätest, würden die Damen über dich böse werden.

Apemanthus. O! die verschlingen gar die grossen Herren, und kriegen dike Bäuche davon.

Timon. Das ist ein unzüchtiger Einfall.

Apemanthus. So nimmst du ihn auf; nimm ihn für deine Mühe.

Timon. Wie gefällt dir dieses Juweel, Apemanthus?

Apemanthus. Nicht so wol wie Aufrichtigkeit, die doch einen keinen Heller kostet.

Timon. Wie viel meynst du, daß es werth sey?

Apemanthus. Nicht werth daß ich darauf denke. Wie steht's, Poet?

Poet. Wie steht's Philosoph?

Apemanthus. Du lügst.

Poet. Bist du keiner.

Apemanthus. Ja.

Poet. So lüg' ich nicht.

Apemanthus. Bist du nicht ein Poet?

Poet. Ja.

Apemanthus. So lügst du also: schau in dein leztes Werk; worinn du dichtest, daß er ein würdiger Mann sey.

Poet. Das ist nicht gedichtet, er ist es.

Apemanthus. Ja, er ist deiner würdig, und würdig dich für deine Arbeit zu bezahlen. Wer sich gerne schmeicheln läßt, ist seines Schmeichlers würdig. Götter! möcht' ich nur ein grosser Herr seyn!

Timon. Was wolltest du denn thun, Apemanthus?

Apemanthus. Eben das was Apemanthus izt thut, einen grossen Herrn hassen.

Timon. Wie, dich selbst?

Apemanthus. Ja.

Timon. Warum denn?

Apemanthus. Das ich nicht mehr Verstand hätte, als ein grosser Herr zu seyn – – Bist du nicht ein Kauffmann?

Kauffmann. Ja, Apemanthus.

Apemanthus. Die Handelschaft verderbe dich, wenn es die Götter nicht thun wollen!

Kauffmann. Wenn es die Handelschaft thut, so thun es die Götter.

Apemanthus. Die Handelschaft ist dein Gott, und dein Gott verderbe dich!

Man hört Trompeten. Ein Bote tritt auf.

Timon. Was für Trompeten sind das?

Bote. Es ist Alcibiades mit etlichen zwanzig Reitern, die ihn begleiten.

Timon. Ich bitte euch, geht ihnen entgegen, ladet sie zu mir ein – – ihr müßt schlechterdings mit mir zu mittagessen – – Geht nicht von hier bis ich euch gedankt habe, und nach dem Essen, zeigt mir dieses Stük; ich erfreue mich euch zu sehen.

Alcibiades und seine Begleiter treten auf.

Sehr willkommen, mein Herr.

(Sie büken sich, und umarmen einander.)

Apemanthus. So, so! daß euch die Gicht lähme und ausdörre, ihr biegsamen Gelenke! Warum sollten auch diese artigen süssen Schelmen einander nicht lieb haben! Wahrhaftig das menschliche Geschlecht wird zu lauter Affen und Meerkazen.

Alcibiades. Ich sehnte mich so sehr euch zu sehen, daß ich es nicht satt werden kan.

Timon. Sehr willkommen, mein Herr; ehe wir scheiden, wollen wir einige Tage mit allerhand Lustbarkeiten zubringen. Ich bitte euch, laßt uns hinein gehen.

(Sie gehen ab.)

Vierte Scene.

Apemanthus bleibt; zu ihm Lucius und Lucullus.

Lucius. Wie viel ist die Zeit, Apemanthus?

Apemanthus. Zeit ehrlich zu seyn.

Lucius. Diese Zeit ist immer.

Apemanthus. Ein desto schlimmerer Bube bist du, daß du sie immer vorbeylässest.

Lucullus. Gehst du zu des Lord Timons Gastmahl?

Apemanthus. Ja, um zu sehen, wie Speisen Schelme fällen, und Wein Narren erhizt.

Lucius. Lebe wohl, lebe wohl.

Apemanthus. Du bist ein Narr, daß du mir zweymal lebe wohl sagst.

Lucullus. Warum, Apemanthus?

Apemanthus. Du hättest eines für dich selbst behalten sollen, denn von mir kriegst du keines.

Lucius. Häng' dich auf!

Apemanthus. Nein, ich will nichts thun, das du mir sagst; mache deine Fordrungen an deinen Freund.

Lucius. Hinweg du unverträglicher Hund, oder – – ich stosse dich mit den Füssen hinaus.

Apemanthus. Ich will fliehen, wie ein Hund vor den Hinterfüssen eines Esels.

Lucius. Er ist ein Antipode der Menschlichkeit. Kommt, wollen wir hineingehen, und an Lord Timons Freygebigkeit Antheil nehmen? In der That er übertrift die Güte selbst.

Lucullus. Das thut er. Plutus, der Gott des Reichthums ist nur sein Haus-Hofmeister: Das kleinste Verdienst, das sich jemand um ihn macht, bezahlt er siebenfältig über seinen Werth; und das kleinste Geschenk das er annimmt, zieht dem Geber eine Erstattung zu, die alle gewöhnliche Erkenntlichkeit übertrift.

Lucius. Er hat das edelste Gemüth, das jemals einen Mann regiert hat.

Lucullus. Mög' er lang' in diesem glüklichen Stande leben, wollen wir hinein?

Lucius. Ich will euch Gesellschaft leisten.

(Sie gehen ab.)

Fünfte Scene.

(Ein grosser Saal in Timons Hause.)

Eine Musik mit Hautbois; Es wird ein grosses Banquet aufgetragen; Timon, Lucius, Lucullus, Sempronius und andre Atheniensische Senatoren, treten mit Ventidius auf. Wenn alle herein gekommen sind, schlendert auch Apemanthus, mit mißvergnügtem Gesicht, hinter ihnen drein.

Ventidius. Höchstgeehrter Timon! es hat den Göttern gefallen, meinen alten Vater in seine Ruhe eingehen zu lassen. Er ist glüklich vom Schauplaz gegangen, und hat mich reich hinterlassen. Ich gebe euch also, wie die Dankbarkeit gegen euer großmüthiges Herz mich verpflichtet, diese Talente, durch deren Hülf ich meine Freyheit wieder erlangt, mit verdoppeltem Dank und Erbietung meiner Gegendienste zurük.

Timon. O, das kan nicht seyn, mein rechtschaffner Ventidius; ihr mißkennet meine Freundschaft: Ich gab sie mit willigem Herzen hin; und wer kan mit Wahrheit sagen, daß er gebe, wenn er wieder empfängt? Wenn höhere als wir sind es thun, so steht es doch uns nicht an.

Apemanthus. Ahme ihnen kühnlich nach; nüzliche Laster sind schön.

Ventidius. Welch eine edle Denkungsart!

Timon, (indem er sieht, daß seine Gäste viele Complimente und Umstände machen, eh sie sich sezen.) Ceremonien sind nur erfunden worden, um falschen Thaten, holen Bewillkommungen, und erzwungner Gutthätigkeit eine Glasur zu geben; aber, wo wahre Freundschaft ist, bedarf es nichts dergleichen. Ich bitte euch, nehmet Plaz; ihr seyd mir willkommner zu meinem Wohlstand, als er mir selbst ist.

(Sie sezen sich.)

Lucius. Wir sind immer davon überzeugt gewesen.

Apemanthus. Ho, ho, überzeugt gewesen? Daß ihr gehangen wär't!

Timon. Ha, Apemanthus! Ihr seyd willkommen.

Apemanthus. Ich will es aber nicht seyn; ich komme nur, daß du mich zur Thüre hinausstossest.

Timon. Pfui, wie grob du bist! Ihr habt da einen Humor angenommen, der einem Mann nicht gut läßt; es ist gar nicht hübsch. Man sagt sonst, meine Herren, ira furor brevis est, aber dieser Mann dort ist immer entrüstet.

Apemanthus. Laß mich auf deine Gefahr da bleiben, Timon; ich komme, Beobachtungen zu machen, ich will dich gewarnt haben.

Timon. Und ich gebe dir keine Acht; du bist ein Athenienser, und also willkommen; ich möchte für mich selbst kein Vermögen haben – – Ich bitte dich, laß meine Schüsseln dich zum Stillschweigen bringen.

Apemanthus. Ich verschmähe deine Schüsseln; ich wollt' eher dran erworgen, eh ich dir jemals schmeicheln wollte. O ihr Götter, wieviel Leute essen den Timon, und er sieht sie nicht! Es schmerzt mich, ihrer so viele zu sehen, die ihren Bissen in eines einzigen Mannes Blut tauchen; und das unsinnigste ist, daß er sie noch dazu aufmuntert. Mich wundert nur, daß es Menschen giebt, die sich bey andern Menschen sicher halten. Sie sollten einander ohne Messer einladen, es wäre gut für ihre Schüsseln, und sichrer für ihr Leben. An Beyspielen fehlt es nicht; der Bursche, zum Exempel, der hier zu nächst an ihm sizt, das Brodt mit ihm theilt, und thut als ob er auch den Athem mit ihm theilen wollte, ist alle Augenblike bereitwillig, ihm einen Dolch in das Herz zu stossen. Es sind Beweise davon da. Wär' ich ein grosser Herr, ich hätte das Herz nicht zu trinken, aus Furcht, sie möchten ausspähen, wo sie meiner Luftröhre am besten beykommen könnten; grosse Herren sollten nicht anders trinken, als mit einem Harnisch um ihre Gurgel.

Timon (indem er dem Lucullus zutrinkt.) Milord, von Herzen; laßt die Gesundheit herumgehen.

Lucullus. Laßt sie diesen Weg gehen, mein werthester Lord.

Apemanthus. Diesen Weg gehen – – Ein braver Kerl; er weiß die Zeit wol in Acht zu nehmen; diese Gesundheiten werden noch machen, daß du und dein Vermögen die Schwindsucht kriegen werden, Timon. (Er langt ein Stük Brodt und einen Krug mit Wasser aus seiner Tasche.) Hier ist etwas, das zu schwach ist, ein Sünder zu seyn, ehrliches Wasser, das noch niemand in den Schuld-Thurm gebracht hat. Mein Essen schikt sich zu meinem Trank – – (Er stellt sich hin, das Tisch-Gebett zu sprechen.) Gastmähler sind zu stolz, den Göttern Dank zu sagen.

Apemanthus betet: Ihr Götter, ich spreche euch um keine Reichthümer an, denn ich achte sie für Quark; ich bitte für niemand, als mich selbst. Verleihet, daß ich niemals so ein guter Narr werde, einem Mann auf seinen Eyd zu trauen, oder einer Hure auf ihre Thränen, oder einem Hund, der zu schlafen scheint, oder meinen Freunden, wenn ich ihrer nöthig habe; Amen, Amen. Izt zugegriffen! Reiche Leute sündigen, und ich esse Wurzeln.

Timon. General Alcibiades, mich däucht, euer Herz ist diesen Augenblik im Felde.

Alcibiades. Mein Herz ist allenthalben zu euern Diensten, Milord.

Timon. Ihr wäret lieber bey einem Frühstük von Feinden, als bey einem Mittag-Essen von Freunden gewesen.

Alcibiades. Wenn sie so frisch bluten, so ist kein besseres Gericht als sie; ich wollte meinen Freund zu einem solchen Schmaus wünschen. Diese Scytische Art zu reden, ist nicht im Character eines Atheniensers, noch des Alcibiades. Der Alcibiades unsere Autors in diesem Stük gleicht dem Alcibiades, den Plutarch schildert, wie ein Affe einem Menschen; er ist ein Held in Ostadens Geschmak gemahlt, oder wie – – Dieu le Pere dans sa gloire éternelle, peint galamment dans le gout de Wateau.

Apemanthus. Ich wollte also, daß alle diese Schmarozer deine Feinde wären, damit du sie umbrächtest, und mich darauf zu Gaste bätest.

Lucullus. Möchten wir nur das Glük haben, Milord, daß ihr uns einmal durch etwas auf die Probe sezen wolltet, wobey wir euch unsre Ergebenheit in etwas zeigen könnten; es würde uns nichts mehr zu wünschen übrig bleiben.

Timon. O, meine guten Freunde, ich zweifle keinen Augenblik, daß die Götter für Gelegenheiten gesorgt haben, wo ich eben so viel Hülfe von euch erhalten werde; wie wäret ihr sonst meine Freunde gewesen? Warum trüget ihr diesen herzrührenden Namen, vor tausenden, wenn ihr mein Herz nicht näher angienget? Ich habe über diesen Punct mehr von euch zu mir selbst gesagt, als ihr mit Bescheidenheit zu euerm eignen Behuf sagen könntet. Ihr Götter, denke ich, wozu brauchten wir Freunde zu haben, wenn wir sie niemals nöthig hätten; sie würden wie liebliche Instrumente seyn, die in Futteralen aufgehangen sind, und ihre Töne für sich selbst behalten. Mein Vertrauen zu euch geht so weit, daß ich mich oft ärmer gewünscht habe, damit ich euch näher kommen möchte; wir sind dazu gebohren, Gutes zu thun. Und was können wir gewisser und eigentlicher unser eigen nennen, als die Reichthümer unsrer Freunde? O! was für ein unschäzbarer Trost ist das, so viele zu haben, die, wie Brüder, einer über des andern Glük und Vermögen schalten können! O Freude, die schon eine Freude ist, eh sie gebohren werden kan! Meine Augen können nicht Wasser halten, däucht mich; ihren Fehler zu verbessern, trink ich euch zu!

Apemanthus. Du weinst nur, um zu machen, daß sie dich trinken.

Lucullus. Das Vergnügen ward auf die nemliche Art in unsern Augen empfangen, und kam in demselben Augenblik wie ein neugebohrnes Kind hervor.

Apemanthus. Ho, ho! ich muß lachen, wenn ich denke, daß dieses Kind ein Bastard ist.

Ein andrer von den Gästen. Ich versichre euch, ihr habt mich ausserordentlich gerührt.

Apemanthus. Ausserordentlich!

(Man hört einen Trompeten-Stoß.)

Timon. Was will diese Trompete? was giebt's?

Ein Bedienter kommt herein.

Bedienter. Gnädiger Herr, es sind etliche Frauenzimmer draussen, welche gerne vorgelassen werden möchten.

Timon. Frauenzimmer? Was wollen sie?

Bedienter. Sie bringen einen Vorredner mit, der das Amt trägt, ihr Gewerb anzubringen.

Timon. Ich bitte, laßt sie hereinkommen.

Sechste Scene.

Cupido mit etlichen Weibspersonen, die als Amazonen gekleidet sind, und ein Balletformiren.

Cupido. Heil dir, würdiger Timon, und euch allen, die seine Gütigkeiten schmeken! Die fünf vorzüglichsten Sinnen erkennen dich für ihren Gutthäter, und kommen, deiner überfliessenden Großmuth Dank zu erstatten. Das Ohr, der Geschmak, der Geruch und das Gefühl stehen befriedigt von deiner Tafel auf, diese hier kommen nun, deinen Augen einen Schmaus zu geben.

Timon. Sie sind alle willkommen; laßt ihnen freundlich begegnet werden; laßt Musik ihren Willkomm machen.

Lucius. Ihr sehet, Milord, wie ausserordentlich ihr geliebt werdet.

Apemanthus. Heyda! Was für ein Geschweif von Eitelkeit zieht daher! Sie tanzen, sie sind dem Tollhaus entloffen, glaub' ich. Apemanthus fährt hier im Original in etlichen Zeilen fort, über die Weltfreuden und die Schmeichler loszuziehen; es ist aber, ungeachtet der Bemühung des Hrn. Warbürton, so wenig Zusammenhang in dieser corrupten Rede, daß man sie lieber gar weggelassen; da es ohnehin weiter nichts als eine ganz alltägliche Capucinade ist, an der man wenig verliehrt.

(Nach geendigtem Tanz stehen die Gäste von der Tafel auf, und machen dem Timon eine Menge feyrlicher Ehrenbezeugungen: Ein jeder ließt sich sodann eine Amazonin aus, und so tanzen sie paarweise einen oder Zween muntre Tänze, und hören auf.)

Timon. Meine schönen Damen, ihr habt unserer Lustbarkeit einen Reiz gegeben, ohne den sie nicht halb so schön und anmuthig war. Eure Gegenwart hat ihr erst einen Werth und lebhaften Glanz gegeben, und das Vergnügen vollkommen gemacht, das ich meinen Gästen zu verschaffen gewünscht habe. Ich bin euch sehr dafür verbunden.

Lucius. Milord, ihr nehmt sie uns gerade wie es am besten gegangen wäre.

Timon. Mesdames, es ist hier in dem Nebenzimmer eine kleine Tafel für euch gedekt. Nehmet einige Erfrischungen, wenn es euch beliebt.

Alle Frauenzimmer. Mit vielem Dank, Milord.

(Sie gehen ab.)

Timon. Flavius – –

Flavius. Gnädiger Herr – –

Timon. Bringt mir das kleine Kästchen her.

Flavius. Ja, Gnädiger Herr. (Bey Seite.) Noch mehr Juweelen? Man darf ihm nicht einreden, wenn er in einer Laune ist, sonst sollt ich ihm sagen – – Gut! – – In der That ich sollte; wenn es zu späte seyn wird, wird er selbst wünschen, daß man ihm eingeredet hätte. Es ist zu bedauren, daß die Freygebigkeit hinten am Kopf keine Augen hat, damit ein ehrlicher Mann nicht durch ein allzu gutes Herz unglüklich werden könnte.

Lucullus. Wo sind unsre Leute?

Bedienter. Hier, Gnädiger Herr.

Lucullus. Unsre Pferde!

Timon. O meine guten Freunde! (zu Lucullus.) Ich hab' euch nur ein Wort zu sagen: Sehet hier Mylord; ich bitte euch, erweißt mir die Ehre, dieses Kleinod anzunehmen und zu tragen, mein gütiger Lord!

Lucullus. Ich bin schon so sehr euer Schuldner – –

Alle. Das sind wir alle.

(Lucius, Lucullus, und die übrigen gehen ab.)

Siebende Scene.

Ein Bedienter zu Timon.

Bedienter. Gnädiger Herr, etliche Edelleute, die kürzlich in den Senat befördert worden, wollen euch ihren Besuch machen.

Timon. Sie sind höchstens willkommen.

Flavius kommt wieder zurük.

Flavius. Ich bitte Euer Gnaden, erlaubet mir ein Wort; es geht euch sehr nah an.

Timon. Mich? Nun, so will ich dich ein andermal anhören. Ich bitte, sorge davor, daß wir ihnen mit etwas aufwarten können.

Flavius (vor sich.) Ich weiß kaum womit.

Ein andrer Bedienter.

2. Bedienter. Mit Euer Gnaden Erlaubniß, Lord Lucius macht euch aus Freundschaft und Erkenntlichkeit ein Geschenk von vier milchweissen Pferden, mit Silber angeschirrt.

Timon. Ich werde sie auf eine edle Art annehmen; (zu Flavius.) Sorget davor, daß ihnen wohl gewartet werde.

Ein dritter Bedienter.

Was giebt's? was neues?

3. Bedienter. Mit Euer Gnaden Erlaubniß, der hochgebohrne Lord Lucullus bittet sich Euere Gesellschaft morgen auf eine Jagd aus, und hat Euer Gnaden zwo Kuppeln Windhunde hergeschikt.

Timon. Ich will mit ihm jagen; ich will sie annehmen, und nicht vergessen, ihm einen schönen Ersaz zu thun.

Flavius (vor sich.) Wo will das hinkommen? Er befiehlt uns immer Provisionen zu machen, und macht grosse Präsente, und alles aus einer leeren Kiste. Und doch will er nicht leiden, daß ich ihm zeige, was für ein Bettler seine Freygebigkeit ist; seine Versprechungen fliegen soweit über sein Vermögen hinaus, daß er für alles was er spricht, für jedes Wort, schuldig werden müßte. Er ist so gut, daß er Intressen bezahlt, um Andern Freygebigkeiten zu erzeigen. Alle seine Güter stehen in den Schuldbüchern seiner Gläubiger. Gut! ich wollte ich würde mit einer guten Art meines Diensts entsezt, eh ich gezwungen werde ihn zu verlassen. Glüklicher ist wer gar keine Freunde zu füttern hat, als solche, die noch schlimmer sind als seine erklärten Feinde selbst. Mein Herz blutet mir vor meinen Herren.

(Er geht ab.)

Timon. Ihr thut euch selbst unrecht, ihr verringert eure Verdienste zu sehr. Hier, Milord, ein kleines Merkmal unsrer Freundschaft.

1. Lord. Ich nehm' es mit höchstem Dank an.

2. Lord. Er hat das großmüthigste Herz von der Welt.

Timon. Ah, ich erinnere mich erst izt, Milord, daß euch neulich das Castanien-braune Pferd, worauf ich ritt, wohl zu gefallen schien: Es ist euer, weil es euch gefällt.

3. Lord. O ich bitte euch um Verzeihung, Milord, was das betrift.

Timon. Nehmt mein Wort dafür, Milord; ich weiß, niemand kan etwas nach Verdienst loben, als was er liebt. Ich schäze meines Freundes Geschmak nach meinem eignen! ich spreche in vollem Ernst – – Meine Herren, ich werde mich bey euch melden lassen.

Alle Lords. O! niemand wird uns so willkommen seyn.

Timon. Alle Besuche, und besonders die eurigen, sind mir so werth und angenehm, daß es nicht genug ist, wenn ich euch davor danke; ich könnte Königreiche unter meine Freunde austheilen, und es nie müde werden. Alcibiades, du bist ein Soldat, und also selten reich; deine Einkünfte sind unter den Todten, und deine Ländereyen ligen in einem Schlachtfeld – –

Alcibiades. Es ist noch Land's genug einzunehmen, Milord.

1. Lord. Wir sind euch so gänzlich verpflichtet – –

Timon. Das bin ich euch.

2. Lord. So unendlich verbunden – –

Timon. Alles auf meiner Seite. Lichter, mehr Lichter!

3. Lord. Wir wünschen euch eine beständige Dauer der vollkommensten Glükseligkeit, Lord Timon.

Timon. Zum Dienst meiner Freunde.

(Die Lords gehen ab.)

Achte Scene.

Apemanthus. Was das für ein Gelerm ist, für ein Geschnäbel, und für Scharr-Füsse! Ich zweifle, ob ihre Beine das Geld werth sind, das man für sie ausgegeben hat. Freundschaft ist voller Hefen; mich däucht, falsche Herzen sollten niemals gesunde Beine haben. So tauschen ehrliche Narren ihr Geld an Complimente. Wenn in dieser Rede wenig Sinn und Zusammenhang ist, so muß man wissen, daß sie im Original in Reimen geschrieben ist, wie viele andre in diesem Stüke. Die Reime scheinen dem Shakespear viel zu schaffen gemacht zu haben; sein freyer und feuriger Genie geht darinn wie ein Läuffer in Courier-Stiefeln.

Timon. Nun, Apemanthus, wenn du nicht mürrisch wärest, so wollt' ich gut gegen dich seyn.

Apemanthus. Nein, ich will nichts; denn wenn ich auch noch bestochen würde, so bliebe niemand übrig, der dich durch die Hechel ziehen würde, und denn würdest du noch mehr sündigen. Du verschenkst so lange, Timon, besorg' ich, daß du in kurzem dich selbst weggeben wirst. Wozu sollen alle diese Gastmähler, dieser Prunk und dieser eitle Aufwand?

Timon. O wenn du anfängst über alle Geselligkeit loszuziehen, so schwör ich, ich will dir keinen Blik mehr gönnen. Lebe wohl, und komme mit einer bessern Musik wieder.

Apemanthus. So – – du willt mich izt nicht hören, du sollst auch nicht! Ich will dir das einzige Mittel entziehen, was dich noch retten könnte. O, daß die Ohren der Leute nur für guten Rath taub sind, und nicht für Schmeicheley.

(Geht ab.)


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