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Andacht

Sommerabend!

Ich trete vor die Tür, vorm Schlafengehn noch ein wenig Luft zu schöpfen.

Müde laß ich mich auf die Bank nieder, zufrieden.

Nach getaner Arbeit ist gut ruhn.

Mit dämmerbraunen Felderbreiten dehnt sich im Halbkreis weit das flache Land. Die milchweißen Nebel liegen auf den Wiesen, von den Getreidefeldern weht die Kühle den köstlichen Roggenduft herüber, und aus der Ferne schnarren die Rebhühner.

Weit über dem braunen Frieden der Breiten aber dämmert der Himmel mit allen Sternen. Breit schimmert die Milchstraße zwischendurch.

Ich lehne den Kopf in das Weingerank der Mauer, und meine Sinne versinken in dem unendlichen Geglitzer.

»Heilige Nacht! Wie ein Cherub strahlst du!« ...

*

Versunkensein!

Wer ermißt diese Tiefen?

Innen und außen: kaum sind sie zu scheiden.

Ich bin die lichtgewölbte Weite da oben mit ihren zahllosen Welten. Ich bin das tiefe, süße Dämmern der Breiten, der Duft des Roggens und der tiefbraunen Erdschollen. Ich bin der Ruf der Rebhühner, leises Laubrascheln und hundert seine Geräusche; bin das Gekläff des Hofhundes vom Gehöft drüben; bin der zarte Sternschimmer auf seiner Scheunenmauer; bin die tiefen, schwarzen Schatten.

Und in mir noch eine Sehnsucht?

Augen! Augen! – Fern, fern weite, große Augen, tiefdunkle!

Immer, immer mit demselben uralten Rätsel! ...


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