Friedrich Schiller
Don Carlos, Infant von Spanien
Friedrich Schiller

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Die Hofhaltung der Königin in Aranjuez.

Eine einfache ländliche Gegend, von einer Allee durchschnitten, vom Landhause der Königin begrenzt.

Dritter Auftritt.

Die Königin. Die Herzogin von Olivarez. Die Prinzessin von Eboli und die Marquisin von Mondecar, welche die Allee heraufkommen.

Königin (zur Marquisin). Sie will ich um mich haben, Mondecar.
Die muntern Augen der Prinzessin quälen
Mich schon den ganzen Morgen. Sehen Sie,
Kaum weiß sie ihre Freude zu verbergen,
Weil sie vom Lande Abschied nimmt.

Eboli.                                                     Ich will es
Nicht leugnen, meine Königin, daß ich
Madrid mit großer Freude wieder sehe.

Mondecar. Und Ihre Majestät nicht auch? Sie sollten
So ungern von Aranjuez sich trennen?

Königin. Von – dieser schönen Gegend wenigstens.
Hier bin ich wie in meiner Welt. Dies Plätzchen
Hab' ich mir längst zum Liebling auserlesen.
Hier grüßt mich meine ländliche Natur,
Die Busenfreundin meiner jungen Jahre.
Hier find' ich meine Kinderspiele wieder,
Und meines Frankreichs Lüfte wehen hier.
Verargen Sie mir's nicht. Uns alle zieht
Das Herz zum Vaterland.

Eboli.                                   Wie einsam aber,
Wie todt und traurig ist es hier! Man glaubt
Sich in la Trappe.

Königin.                     Das Gegentheil vielmehr.
Todt find' ich es nur in Madrid. – Doch, was
Spricht unsre Herzogin dazu?

Olivarez.                                   Ich bin
Der Meinung, Ihre Majestät, daß es
So Sitte war, den einen Monat hier,
Den andern in dem Pardo auszuhalten,
Den Winter in der Residenz, so lange
Es Könige in Spanien gegeben.

Königin. Ja, Herzogin, das wissen Sie; mit Ihnen
Hab' ich auf immer mich des Streits begeben.

Mondecar. Und wie lebendig selbst mit Nächstem in
Madrid sein wird! Zu einem Stiergefechte
Wird schon die Plaza Mayor zugerichtet,
Und ein Auto da Fe hat man uns auch
Versprochen –

Königin.               Uns versprochen! Hör' ich das
Von meiner sanften Mondecar?

Mondecar.                                     Warum nicht?
Es sind ja Ketzer, die man brennen sieht.

Königin. Ich hoffe, meine Eboli denkt anders.

Eboli. Ich? Ihre Majestät, ich bitte sehr,
Für keine schlechtre Christin mich zu halten,
Als die Marquisin Mondecar.

Königin.                                     Ach! Ich
Vergesse, wo ich bin. – Zu etwas Anderm. –
Vom Lande, glaub' ich, sprachen wir. Der Monat
Ist, däucht mir, auch erstaunlich schnell vorüber.
Ich habe mir der Freude viel, sehr viel
Von diesem Aufenthalt versprochen, und
Ich habe nicht gefunden, was ich hoffte.
Geht es mit jeder Hoffnung so? Ich kann
Den Wunsch nicht finden, der mir fehlgeschlagen.

Olivarez. Prinzessin Eboli, Sie haben uns
Noch nicht gesagt, ob Gomez hoffen darf?
Ob wir sie bald als seine Braut begrüßen?

Königin. Ja! Gut, daß Sie mich mahnen, Herzogin. (Zur Prinzessin.)
Man bittet mich, bei Ihnen fürzusprechen.
Wie aber kann ich das? Der Mann, den ich
Mit meiner Eboli belohne, muß
Ein würd'ger Mann sein.

Olivarez.                             Ihre Majestät,
Das ist er, ein sehr würd'ger Mann, ein Mann
Den unser gnädigster Monarch bekanntlich
Mit ihrer königlichen Gunst beehren.

Königin. Das wird den Mann sehr glücklich machen. – Doch
Wir wollen wissen, ob er lieben kann
Und Liebe kann verdienen. – Eboli,
Das frag' ich Sie.

Eboli (steht stumm und verwirrt, die Augen zur Erde geschlagen, endlich fällt sie der Königin zu Füßen).
                        Großmüth'ge Königin,
Erbarmen Sie sich meiner. Lassen Sie –
Um Gottes willen, lassen Sie mich nicht –
Nicht aufgeopfert werden.

Königin.                               Aufgeopfert?
Ich brauche nichts mehr. Stehn Sie auf. Es ist
Ein hartes Schicksal, aufgeopfert werden.
Ich glaube Ihnen. Stehn Sie auf. – Ist es
Schon lang, daß Sie den Grafen ausgeschlagen?

Eboli (aufstehend). O, viele Monate. Prinz Carlos war
Noch auf der hohen Schule.

Königin (stutzt und sieht sie mit forschenden Augen an). Haben Sie
Sich auch geprüft, aus welchen Gründen?

Eboli (mit einiger Heftigkeit).                           Niemals
Kann es geschehen, meine Königin,
Aus tausend Gründen niemals.

Königin (sehr ernsthaft).                 Mehr als einer ist
Zu viel. Sie können ihn nicht schätzen – Das
Ist mir genug. Nichts mehr davon. (Zu den andern Damen.) Ich habe
Ja die Infanten heut noch nicht gesehen.
Marquisin, bringen Sie sie mir.

Olivarez (sieht auf die Uhr).             Es ist
Noch nicht die Stunde, Ihre Majestät.

Königin. Noch nicht die Stunde, wo ich Mutter sein darf?
Das ist doch schlimm. Vergessen Sie es ja nicht,
Mich zu erinnern, wenn sie kommt.

(Ein Page tritt auf und spricht leise mit der Oberhofmeisterin, welche sich darauf zur Königin wendet.)

Olivarez.                                             Der Marquis
Von Posa, Ihre Majestät –

Königin.                                 Von Posa?

Olivarez. Er kommt aus Frankreich und den Niederlanden
Und wünscht die Gnade zu erhalten, Briefe
Von der Regentin Mutter übergeben
Zu dürfen.

Königin.         Und ist das erlaubt?

Olivarez.                                     In meiner Vorschrift
Ist des besondern Falles nicht gedacht,
Wenn ein castilian'scher Grande Briefe
Von einem fremden Hof der Königin
Von Spanien in ihrem Gartenwäldchen
Zu überreichen kommt.

Königin.                             So will ich denn
Auf meine eigene Gefahr es wagen.

Olivarez. Doch mir vergönne Ihro Majestät,
Mich so lang zu entfernen. –

Königin.                                     Halten Sie
Das, wie Sie wollen, Herzogin.

(Die Oberhofmeisterin geht ab, und die Königin gibt dem Pagen einen Wink, welcher sogleich hinausgeht.)


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