Paul Scheerbart
Immer mutig!
Paul Scheerbart

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Kirowátti

Kirowátti, ein mordsmäßig großer Nebelfleck mit fünfzig Centralsonnen, wußte nie, was er vor langer Weile anfangen sollte. Er hatte über alles genugsam nachgedacht, hatte Alles gesehen, was in der Welt zu sehen war, und hatte das Denken und Sehen allmählich dick bekommen.

»Halt!« rief er da eines Abends, »ich weiß, was ich mache: ich male mir eine Welt aus, die's noch nicht gibt – das ist ein ausgezeichneter Spaß!«

Und er schuf sich ein Traumreich. Und von seiner Umgebung merkte er bald nichts mehr. Ein feiner Spaß!

Die Herren waren außerordentlich liebenswürdig zu mir und ermahnten mich, mein Versprechen nicht zu vergessen.

»Bedenke stets,« sagte der King Ramses, »daß sich die Welt in unendlich vielen Erscheinungsformen offenbart.«

»Bedenke auch immer,« sagte der King Amenophis, »daß alle diese Erscheinungsformen der Welt zu einander in Beziehung treten können – und Alles immer noch reicher machen können – immer noch reicher – immer noch reicher!«

»Bedenke auch,« sagte der King Thutmosis, »daß jedes Lebewesen ebenso kompliziert ist wie die Welt.«

»Und bedenke ganz besonders,« fügte der King Necho hinzu, »daß auch die unendlich vielen Erscheinungsformen des einzelnen Lebewesens unter einander ebenfalls in Beziehung treten können und dadurch das Leben des Einzelnen auch immer noch reicher machen können – immer noch reicher.«

»Überall sind die unendlichen Reihen!« sagte der General. »Und wer die Grandiosität der Welt,« rief da der Oberpriester, »einmal ordentlich begriffen hat – der wird an der grandiosen Vernünftigkeit dieser grandiosen Welt nicht mehr zweifeln.«

»Er wird,« sprach leise der Pyramideninspektor, »auch in aller Not und im Angesichte des Todes immer mutig bleiben, da er nicht mehr zweifelt an jener Welt-Vernünftigkeit, die Alles überragt.«

Und nach diesen Ermahnungen, die ich wohl Wort für Wort behalten habe, kam's, daß die Herren noch ein Manuskript lasen.


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