Paul Scheerbart
Immer mutig!
Paul Scheerbart

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zu Hause!

»Wächter! Wächter!«

»Kabinetsrat! Weltrat! Alter edler Konnofolski!«

Also schrieen meine beiden Leiblakaien.

Ich aber brüllte mit meiner unheimlichen Roststimme:

»Konnofolski! Wird's bald? Mach mal das Tor auf, denn Ich bin da! Hurrah! Erkennst Du Mich nicht mehr? Ich sitze auf Meinem hellgrünen Nashorn und begrüße Dich, Du Faulpelz! Guten Morgen, Konnofolski! Mach beide Torflügel auf – beide! Bewundere Meine weißen Sammetkleider und rufe begeistert: Ah! Ah! Ah!«

Und mit meinem beiden Leiblakaien, die zu meinen beiden Seiten auf kleinen zahmen Eisbären ritten und dabei in blutroter Seide staken, ritt ich nun durch das dunkle Tor; es hallte an den Wänden.

Und dann kam ich auf die dunkelblaue Wiese – im gestreckten Galopp – hoch zu Nashorn!

Hei! Das war ein Empfang!

Meine hellblauen Löwen reichten mir prustend die dicken Pfoten. Die vielen Riesen – ebenfalls sämtlich Mein Eigentum! – brüllten einen Riesen-Choral. Die weißen Adler umkreisten mein gedankenvolles Haupt und quiekten fortwährend lustig:

»Viktoria! Viktoria! Viktoria!«

Meine guten Freunde sprangen meinem grünen Nashorn über's grüne Nashorn und jodelten vor Vergnügen – es hörte sich einfach scheußlich an – oh – abscheulich!

Und Alles – Alles lachte – und sah so doll aus, daß ich – nolens volens! – mitlachen mußte.

Wir machen uns eben immer überall über Alles lustig – sehr lustig!

Die abenteuerlichsten Fabeltiere und Fabelgötter umringten Mich und beteten mich an – Mich – Ihren lächerlichen tranköpfigen Herrn und Meister.

Und sie gratulierten Mir – denn ich war so glücklich – ich war ja endlich mal wirklich von den Menschen und von der Erde erlöst – diesen unglücklichsten Weltspäßen, die in jenem Sternenmeer entstanden, das der Vater Knulleke regiert und sein Eigen nennt. Heil dem großen Knulleke!

Er hat mir auch Mein Heim geschaffen – und geschenkt. Und das ist mehr wert als die Menschenerde. Ich besitze hier alles Mögliche und Unmögliche – Wiesen, Burgen und Paläste – Gebirge, Meere und Pappelwälder – Cigarren, Rebhühner, Riesen, Götter, Könige, Billionen Wundertiere und noch viel viel mehr. Und bei mir zu Hause geht's überall höchst lustig zu – da gibt's keine sentimentalen Weltverächter, die stets Ach und Oh schreien.

So was gibt's doch bei mir nicht.

Ach! Oh! Ihr gemütvollen Dusselköppe des Erdballs – beißt Euch die großen Zehen ab!

»Beißt zu! Es lebe Knulleke!«

Also schrie ich – und alle Götter, Tiere und Spaßonkels brüllten mir nach:

»Es lebe Knulleke!«

Mir ist die ganze Welt einfach Wurscht – wenn ich zu Hause bin – bei Mir zu Hause!

Zu Hause ist es doch immer am besten – besonders wenn man nach langen Irrfahrten wieder mal heimkehrt.

Jetzt bleib ich aber vorläufig hier. Ich hab's ja nicht mehr nötig, rumzubummeln.

»Konnofolski, bring Mein hellgrünes Nashorn endgiltig in den Stall!«

So sprach ich befehlend und stieg die Email-Stufen meiner blitzenden Spottburg hinan.

Alles klirrte und klapperte.

»Knulleke! Hurrah!«

Der gute Knulleke, der mir dieses drollige Heimatland geschenkt hat, soll hoch leben – denn Ich lebe jetzt auch wieder hoch – höher – und am höchsten – alle Tage und alle Nächte – bei Regen und bei Sonnenschein!

Raset, Riesen!

Raset, Riesen!

Vorhang!


 << zurück weiter >>