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Geburt – Taufe – Erstes Lebensjahr

Junge Mutter

Und als das Kind geboren war,
Sie mußten der Mutter es zeigen:
Da ward ihr Auge voll Tränen so klar,
Es strahlte so wonnig, so eigen.

Gern litt ich und werde, mein süßes Licht,
Viel Schmerzen um dich noch erleben.
Ach! lebt von Schmerzen die Liebe nicht,
Und nicht von Liebe das Leben?

Chamisso, Lieder.

Wenn ich, o Kindlein, vor dir stehe,
Wenn ich im Traum dich lächeln sehe,
Wenn du erglühst so wunderbar,
Da ahne ich mit süßem Grauen:
Dürft' ich in deine Träume schauen,
So wär' mir alles, alles klar.

Dir ist die Erde noch verschlossen,
Du hast noch keine Lust genossen;
Noch ist kein Glück, was du empfingst:
Wie könntest du so süß denn träumen,
Wenn du nicht noch in jenen Räumen,
Woher du kamest, dich ergingst?

Hebbel, Gedichte.

Vater

Dem Vater liegt das Kind im Arm,
Es ruht so wohl, es ruht so warm,
Es lächelt süß: »Lieb' Vater mein!«
Und mit dem Lächeln schläft es ein.

Der Vater beugt sich, atmet kaum,
Und lauscht auf seines Kindes Traum;
Er denkt an die entschwund'ne Zeit,
Mit wehmutsvoller Zärtlichkeit.

Und eine Trän' aus Herzensgrund
Fällt ihm auf seines Kindes Mund;
Schnell küßt er ihm die Träne ab,
Und wiegt es leise auf und ab.

Um einer ganzen Welt Gewinn
Gäb' er das Herzenskind nicht hin; –
Du Seliger schon in der Welt,
Der so sein Glück in Armen hält!

Bauernfeld, Gedichte.

Höchstes Glück

Höchstes Glück im Leben ist ein froh Amherde,
Ist Familienglück, ist eine liebe Hausfrau,
Eine süße kleine Erna in der Wiege.
Dann laß stürmen draußen, was es nur mag stürmen,
Immer eine treue Brust ist dir bereitet,
Der du alles, alles, was dich quält, kannst sagen.

Detlev von Liliencron.

Geht auf den Zehen

Geht auf den Zehen, hütet mir die Klingel,
Im weichen Bettchen schläft der kleine Schlingel,

Sein Stirnlein weich umschwebt ein leises Lied,
Vom Traumland singt's, dadurch ein Seelchen zieht.

Noch ist dir nicht dein holdes Reich genommen,
Schlaf, Söhnchen, süß, so schnell ist nicht verglommen

Der Morgenglanz auf einer Wolke Saum,
Als einer Menschenseele junger Traum.

Johannes Höffner.

Die stillende Mutter

Wo das Gebüsch geweihte Schatten streut,
Im Rasensitz, von Weiden überhüllet,
Ruht sie im Schmucke holder Weiblichkeit,
Die Mutter, die geheim den Säugling stillet.

Gesenkten Blickes, gleich einer Charitas,
Durch Demut hehr, wie die Gebenedeite:
Sieh, wie sie sich im Wohltun süß vergaß,
Ganz sich der Pflicht – ein Blütenopfer – weihte.

Johann Gaudenz Freiherr von Salis-Seewis.

Der Mutter am Abend

Wie Sonne die Augen zugetan,
Der Mond ihr nachblickt mit Harme,
Fängt das Kindlein zu weinen an
Selbst auf der Mutter Arme.

Es hat in die Welt hinausgelacht,
So lange sie golden gefunkelt,
Den schönen Schimmer hat die Nacht,
Das Augenspielzeug, verdunkelt.

Einen Schauer fühlt die Natur,
Die Blätter beben im Winde;
Du, Mensch, bist ihm entwachsen nur,
Doch fühlst du ihn noch im Kinde.

Die Vöglein schließen die Augen zu,
Den Graus der Nacht nicht zu sehen.
Mutter! Bringe dein Kind zur Ruh'!
Ihm kann nichts Besseres geschehen.

Friedrich Rückert.

Das heiß' ich rechte Augenweide,
's Herz weidet sich zugleich.
Der alles segnet, segn' euch beide!
Euch liebes Schlafgesindel, euch!

Matthias Claudius,
als er sein Weib und's Kind an ihrer Brust schlafend fand.

»Das heiß' ich rechte Augenweide –«

Der Junge – und wir

Wir und der Junge, der Junge und wir,
Der Junge dort und der Junge hier!
Will der Junge zu trinken, und ist er auch satt,
Liegt er grade im Wagen oder im Bad?

Ist's gut, wenn er schläft, oder besser, er schreit?
Das Schreien macht ja die Lungen so weit!
Ist er besser im Dunkeln oder im Licht?
Nimmt der Junge denn zu, oder hält er's Gewicht?

Ist der Junge wohl traurig, oder ist er froh?
Hat er eben gelacht, oder schien es nur so?
Wem sieht er denn ähnlich, Papa oder mir?
– Wir und der Junge? – Nein, der Junge ...
und wir! –

Karl Freiherr von Berlepsch.

Der erste Zahn

Viktoria! Viktoria!
Der kleine, weiße Zahn ist da!
Du, Mutter, komm, und groß und klein
Im Hause! kommt und guckt hinein,
Und seht den hellen, weißen Schein.

Der Zahn soll Alexander heißen.
Du liebes Kind! Gott halt ihn dir gesund,
Und geb dir Zähne mehr in deinen kleinen Mund,
Und immer was dafür zu beißen.

Matthias Claudius.

Muttertändelei

Seht mir doch mein schönes Kind
Mit den goldnen Zottellöckchen,
Blauen Augen, roten Bäckchen!
Leutchen, habt ihr auch so eins? –
Leutchen, nein, ihr habet keins!

Seht mir doch mein süßes Kind!
Fetter als ein fettes Schneckchen,
Süßer, als ein Zuckerweckchen!
Leutchen, habt ihr auch so eins? –
Leutchen, nein, ihr habet keins!

Seht mir doch mein holdes Kind!
Nicht zu mürrisch, nicht zu wählig,
Immer freundlich, immer fröhlich!
Leutchen, habt ihr auch so eins? –
Leutchen, nein, ihr habet keins!

Seht mir doch mein frommes Kind!
Keine bitterböse Sieben
Würd' ihr Mütterchen so lieben.
Leutchen, möchtet ihr so eins? –
O, ihr kriegt gewiß nicht meins!

Komm' einmal ein Kaufmann her!
Hunderttausend blanke Taler,
Alles Gold der Erde zahl er:
O, er kriegt gewiß nicht meins –
Kauf' er sich wo anders eins!

Bürger.

Auf meinem Schoße

Auf meinem Schoße sitzet nun
Und ruht der kleine Mann.
Mich schauen aus der Dämmerung
Die zarten Augen an.

Er spielt nicht mehr, er ist bei mir,
Will nirgends anders sein.
Die kleine Seele tritt heraus
Und will zu mir herein.

Theodor Storm.

Dem Patenkind

Grüß Gott, mein liebes Patenkind,
Was schenk ich dir als Angebind?
Was kann ich Liebes finden,
Dein Herz an meins zu binden?
Ich lege dir ins Bettchen
Ein rosenrotes Kettchen,
Als Sinnbild für das Liebesband,
Das sich von dir zu mir nun spannt,
Und das fortan in Freud und Leid,
Dich meiner treuen Sorge weiht.
Ein froher Sinn sei deine Zier,
Und rosig möge fallen,
Gleich dieser Schnur Korallen,
Dein Lebenslos vom Himmel dir!

Anna Klie.

Liebe tauft ein Kind mit lieben Namen;
Namen ist oft ganzen Wesens Samen.

Fr. Raimund.

Gebt euern Kindern schöne Namen,
Darin ein Beispiel nachzuahmen,
Ein Muster vorgehalten sei.
Sie werden leichter es vollbringen,
Auch gute Namen zu erringen,
Denn Gutes wohnt dem Schönen bei.

Rückert.

Taufe

Taufe war's. Ein wunderschöner
Sommertag. Im Gärtchen blühten
Duftend Rosen und Reseden.
Unser Kindlein fuhr zur Kirche,
Ausgeputzt mit grünen Sträußchen.
Und es trug ein Kindermützchen,
Das als Täufling ich getragen,
Und ein Kleidchen von dem Hochzeits-
Kleide meiner sel'gen Mutter.
Als zurückkam aus der Kirche
Unser kleines Mädel, hieß es
Margarete.

Abends gab es Taufgesellschaft,
Eingeladen war'n die Paten
Und des Hauses gute Freunde.
Auf dem Schreibtisch, wo die Akten
Sonst sich türmten, standen Flaschen
Guten Rheinweins und Burgunders,
Und ich leerte sie behutsam
In die bauschige Terrine,
Löste Zucker zu der Bowle,
Rührte alles wohl zusammen.
Und der Weinduft flog durchs Zimmer
Mit der nied'ren Balkendecke – –
Und verwundert rühmten alle
Gäste Gretchens art'ges Wesen,
Daß sie immer schlief und gar nicht
Schrie und störte, prophezeiten
Für die Zukunft Wunderdinge,
Und es klangen hell die Gläser
Auf das Wohl des lieben Kindes.

Als es dunkelte, begab ich
Still mich in den Garten, wo von
Baum zu Baum an langen Schnüren
Schon Papierlaternen hingen,
Farbig und in Oel getränkt. Die
Steckt' ich an; in einer Ecke
Brannt' ein Teerfaß, und die Wolken
Zogen nach dem Kiefernwäldchen
Drüben und hinab zur Heide.
Offen standen Tür und Fenster,
Und, die Gläser nicht vergessend,
Sangen wir Studentenlieder
Dis nach Mitternacht. Dann fuhren
Heim die Gäste von der lust'gen
Taufe. – – –
Taufkind schlief noch immer.

(Aus dem Liederkranz »Gretchen« von Ernst Wichert).

Taufspruch aus der Taufkapelle der Kruppschen Arbeiterkolonie Margaretenhof

Alle umstehen das Kind voll segnenden hoffenden Glaubens.
Kämpfen mußt du nur selbst, willst du erringen den Sieg.

Kinder sind Reichtum des Volks, seine frohe schätzende Zukunft.
Heiß alle Eltern erflehn: Segne du, Gott, unser Kind!

Taufgesang

Über dieses Beckens Rand
Mit der heil'gen Segensflut
Hält der Paten fromme Hand
Dieses Kind, das schlummernd ruht.
Herr, der einst durch Todesqual
Rettung uns verliehn,
Gieß der heil'gen Welle Strahl
Auf den blonden Engel hin!

In ihm dulde länger nicht
Herr, den bösen Geist der Nacht,
Daß im schönsten Rosenlicht
Ihm des Lebens Morgen lacht.
Herr, der einst durch Todesqual
Rettung uns verliehn,
Gieß der heil'gen Welle Strahl
Auf den blonden Engel hin!

Seine Stirne, keusch und rein,
Leuchte klar und hell,
Wie mit einem Heil'genschein
Von der Taufe heil'gem Quell.
Herr, der einst durch Todesqual
Rettung uns verliehn.
Gieß der heil'gen Welle Strahl
Auf den blonden Engel hin!

Von J. C. Grünbaum.
Komponiert von Meyerbeer.

Die Mutter lullt den Knaben
Mit süßen Liedern ein;
Er will nichts andres haben,
Sie muß am Bettchen sein!
Wie kann's der Schelm nur wissen,
Ob sie am Bette sitzt,
Der kaum aus seinen Kissen
Mit halbem Auge blitzt?
Und wie er ohne Kummer,
Frisch atmend rosig liegt!
Das ist ein süßer Schlummer,
Worin die Lieb' uns wiegt.

Eduard v. Bauernfeld.

Einem Patenkind mit einem Glücksstrümpfchen

Ein Strümpfchen ganz besondrer Art,
Ein winzig Strümpfchen fein und zart,
Was meinst du wohl, woher ich's nahm,
Wie ich zu diesem Strümpfchen kam?
Ich glaub', ein Zwerglein zog es aus,
Gerad' vor seinem Zwergenhaus,
Da lag's im hellen Sonnenschein,
Ich hob es auf und steckt es ein.
Und da ich's drehte her und hin,
Ein lustig Klimpern tönte drin,
Ein Glücksstrumpf ist's, verlaß dich drauf,
Drum hob ich's für mein Patchen auf!
Gib Acht, es klimpert gar zu gern,
Daß es das Klimpern nicht verlern!
Nimm wenig draus, tu viel hinein,
So wird's der rechte Glücksstrumpf sein.

Einschlafen und Erwachen

Ein Stimmchen noch eben, das lallend rief. –
Dann sanken die Wimperchen, seidenfein.
Wie sinkt so ein schlafendes Kind doch tief
Wie in weiche goldene Wolken ein!
Sein Atem der Mutter so nah, so nah!
Sein Seelchen so fern, so heiligfern!
Ein jedes Erwachen ein: »Ich bin da!«
Woher? Von wannen? Von welchem Stern?

Fr. Raimund

Das Kind im Haus

Sobald das Kind im Haus erwacht,
Die holden Aeuglein aufgemacht,
Und lächelt froh und wonnig süß,
So ist's der Mutter Morgenstern,
Ihr Himmel und ihr Paradies,
Ihr Sorgen und ihr Dank dem Herrn.
Das Kind im Haus – erhellt es nicht
Des Vaters ernstes Angesicht?
Es lacht ihm, wenn er kommt nach Haus,
Und streckt die kleinen Händchen aus.
Die Brüder, die schon größer sind,
Sind gerne bei dem kleinen Kind;
Sie hoffen, daß es fleißig lern',
Und lehren ihm das Zeitwort sum,
Sie tragen es im Arm herum,
Und was es will, das tun sie gern.
Die Magd bleibt bei dem Kinde stehn,
Anstatt auf ihr Geschäft zu sehn,
Und gibt ihm einen derben Kuß,
So daß es beinah weinen muß.
Sein erster Laut, sein' erste Bitt',
Und was es lallt, sein ganz Sanscrit,
Wird bald im Hause gang und gebe;
Sogar die blinde Alte glaubt,
Daß mit dem Kinde um ihr Haupt
Ein holder Engel niederschwebe.
Aufs Kindlein aus dem Käfig blickt
Der Vogel, wenn er Zucker pickt;
Sogar das Kätzlein und der Hund
Sind mit dem kleinen Kind im Bund.

Hermann Lingg.

Mutter

Ich hab', ich hab eine Mutter,
Zu der ich im Traum und bei Nacht,
Die kann das Auge nicht schließen,
Bis mein sie betend gedacht.
Die sieht mich in jedem Grabe,
Die hört mich im Rauschen des Hains –
O, vergessen kann eine Mutter
Von zwanzig Kindern nicht eins!

Annette v. Droste-Hülshoff.

Nur selten hält die Welt, was sie versprochen,
Die Mutterliebe hält aus in Lust und Schmerz,
Sie hat noch niemals ihre Treu gebrochen,
Bricht sie etwas – so ist's das Mutterherz!

Bernhard Scholz.

Muttertreue

Muttertreue ist unergründ't.
Wer eine treue Mutter find't,
Der hat einen Schatz über alle Welt.
Er sehe nur, daß er's ihr vergelt'!

Jakob Grimm.

Meinem Jungen

Was ist das für eine Art?
Glaubst du denn, des Vaters Bart
Sei gewachsen ganz allein
Dir zum Zausen, Junge? – Nein!
Und du denkst am Ende gar,
Nur zum Aufzieh'n gäb's, nicht wahr,
Schleifen an der Mutter Haube?
Solches ist ein falscher Glaube!
Tust ja grad', als wäre dir
Alles da nur zum Pläsier,
Alt und jung und groß und klein!
Jung, was bildest du dir ein!

Hermann Schults.

Die junge Mutter

Spät am Abend, früh am Morgen
Muß ich wachen, muß ich sorgen,
Muß ich an der Wiege stehn
Und nach meinem Kindlein sehn.
Keine Ruh an keinem Tage,
Immer neue Last und Plage,
Ach, wie flohst du doch so weit,
Schöne, freie Jugendzeit. –
Horch! was regt! Herzig Bübchen,
Blüh'nde Wangen, feine Grübchen,
Aeuglein, dunkel wie die Nacht,
Gott, wie mich das selig macht!

Julius Sturm.

Das Mutterherz

Die Mutter seht mit süßem Schauern,
Die auf dem Arm ihr Kindlein trägt:
Solange wird die Liebe dauern,
Solang ein Mutterherz noch schlägt.

O Mutterherz, du Born der Milde,
Du gottgeweihter, heil'ger Ort,
Haßt auch die Welt, die rauhe, wilde,
In dir weilt still die Liebe fort.

Du lebst nur in des Kindes Leben,
Sonnst dich in seiner Freuden Glanz,
Sein Leiden nur macht dich erbeben,
Und deiner selbst vergißt du ganz.

Gequält, gemartert und zerstochen,
Liebst du im herbsten Schmerze noch,
Vom Kinde frevelnd selbst zerbrochen,
Im Brechen segnest du es noch.

U. Träger.

Glücklicher Säugling! Dir ist
Ein unendlicher Raum noch die Wiege.
Werde Mann und dir ist
Eng die unendliche Welt.

Schiller.

Meinem Töchterlein

Zum zweiten Geburtstag mit einem goldenen Herzchen

Goldnes Herzchen, liebes Kind,
Ist mehr wert als alle Schätze.
Gib fein acht, daß keine Hand
Dir es ungeschickt verletze.
Bist du noch klein und sorgenlos,
Schimmern dir doch erst zwei Kerzchen,
Aber einmal wirst du groß. –
Schirm' dir Gott dein goldnes Herzchen!

Otto Schmid.

Der erste Schritt


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