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5

In Ravellaska läuteten die Glocken von allen Türmen, und ihr vielstimmiger Choral schwang sich weit über das Meer hinaus dem festlich bewimpelten Schiff entgegen, das dort soeben seine Anker versenkte.

An der untersten Stufe der Wassertreppe, daß ihre Fußspitzen von den Wellen genetzt wurden, standen wieder die zwölf Königstrompeter und hielten ihre silbernen Posaunen bereit. Auf der Schloßterrasse aber, zu der jene Treppe emporführte, war der ganze Hofstaat versammelt und bildete einen Halbkreis, in dessen Mitte die beiden Prinzen standen. Die Töchter des Grafen Varini waren da, häßliche Mädchen, aber mit sanften, gutmütigen Mienen, die feine, hochgewachsene Beatrice Cantara, die dicke, rotbackige Agatha Ruspoli und Ippolita Ferrante, der man trotz ihres düsteren Angesichts das Jauchzen der Frauen ihrer Familie prophezeite. Angela Dandolo stand da, stolz inmitten ihrer Sippe, trug goldene Gewänder, hatte das goldene Haar gelöst, ein fürstliches Diadem auf der Stirne, und blickte gelassen umher.

Prinz Cosimo und Prinz Cesare gingen in dem Halbkreis auf und nieder. Sie schauten ernst und ihre Mienen zeigten durch all ihre Würde aufgeregte Spannung. Höchstens daß Cesare hie und da den Frauen ein rasches Lächeln zuwarf, stehen blieb, um tief auszuatmen. Sie sprachen leise, wie belauschte Menschen.

»Ich werde mein Recht gebrauchen«, sagte Cosimo, »und sie auf die Stirne küssen. Seit achtzehn Tagen warte ich auf diesen Kuß und freue mich seiner. Ich werde es unbedingt tun.«

Cesare lachte still: »Immerhin, es ist unbesonnen. Du hättest diesen Kuß durch Ruspoli beim König melden müssen. Vielleicht kennt er den Brauch nicht. Ich wußte ja auch nichts davon. Er wird sagen, das sei dir nur so eingefallen.«

Cosimo erwiderte: »Der König darf mir das nicht wehren. Ich habe schon seine Mutter geküßt, als sie Königin wurde. Sie war eine Varini und ich küßte sie auf dem Platz vor der Kathedrale, ehe sie ihren Einzug in den Palast hielt.«

Cesare blieb stehen: »Sieh nur!« Er stieß Cosimo an und deutete zum Schiff des Gesandten hinaus. Eine kleine weiße Rauchwolke war dort aufgestiegen, wie ein lichter Ball, der größer und größer wurde und verflog. Kaum hatte Cosimo sich gewendet, da tönte der Knall des Kanonenschusses vom Wasser herüber. Man sah jetzt, wie das rote kleine Boot mit dem Baldachin vom Schiffe abstieß.

Nun setzten unten an der Stufe die zwölf betreßten Trompeter ihre Posaunen an und bliesen den Brautgruß in die frische goldige Morgenluft. Auf den Wellen tanzend kam die Barke näher.

Gleichzeitig erscholl vom Schlosse her ein lauter Trommelwirbel und von der silbergepanzerten Garde umgeben trat der König in den Kreis. Tief neigte sich die Hofgesellschaft. Mit gezogenen Hüten grüßten die Prinzen. König Pescaro aber ging an allen vorbei, trat an die oberste Stufe der Treppe und blickte dem kleinen Boote entgegen. An diesem Morgen trug er ein Gewand aus saphirblauem Samt, hatte den hermelinbesetzten Mantel an blitzender Kette um die Schulter geschlagen und sah knabenhaft schlank darin aus. Er war ganz bleich und seine Lippen zuckten.

Der alte Ruspoli stieg, auf seinen weißen Stab gestützt, die Treppe hinunter und stellte sich hochaufgerichtet in die Mitte der Trompeter. Die beiden Prinzen traten hinter den König, Cesare zu seiner Rechten, Cosimo ihm zur Linken. Und hier oben, auf diesem Platze, keine Stufe tiefer, sollte der König die Braut erwarten. So schrieb es das Gesetz vor.

Die Barke war jetzt ganz nahe. Der König erkannte den alten Cardini in seinem Purpur. Er sah ein junges Mädchen in weißem Kleide sich erheben, er gewahrte Angelo Dossi, der sich niederbeugte und die Schleppe des Mädchens mit beiden Händen vom Boden hob.

Jetzt drehte die Barke, um anzulegen, und da wandten sich die Bläser auf der untersten Stufe, kehrten ihr den Rücken zu und schmetterten die Brautfanfare dem König und dem Schloß entgegen.

Ruspoli hatte seinen Stab gesenkt und war, dieser Stütze beraubt, völlig in sich zusammengesunken. Die Trompeter waren zur Seite getreten und bildeten, indem sie blasend die Treppe emporstiegen, ein klingendes Spalier, und auf der untersten Stufe erschien die weiße Gestalt eines Mädchens, ihr zur Linken der alte Cardini, und ihre Schleppe, die noch in die Barke zurückreichte, hielt Angelo Dossi mit stolzer Gebärde.

Da begab es sich, daß der König den Platz verließ, auf dem er hätte die Braut erwarten sollen, und eilig die Treppe hinuntersprang, der Prinzessin Lianora entgegen. Sie mußte eine Staffel unter ihm anhalten, also daß er zu ihr hinab und sie zu ihm emporschaute. Der König, der nun merkte, daß er ein Hindernis für ihren Weg geschaffen, und daß er sie in dieser Stellung nicht begrüßen konnte, geriet in die äußerste Bestürzung. Er stammelte einige Worte, die niemand verstand, wollte zur Seite treten und kam unter den tiefen, fragenden Blicken der Prinzessin noch mehr in Verlegenheit.

Das dauerte aber nur einen Augenblick. Dann faßte sich der König Pescaro ein Herz, ergriff, sich herabbeugend, die Hand der Prinzessin und sagte: »Seid mir willkommen, Lianora!« Er sagte das freilich ein wenig stotternd und weil ihm sonst nichts Besseres einfiel, obwohl er noch nie in seinem Leben so angestrengt nachgedacht hatte wie eben jetzt.

Sie senkte kaum merkbar das Haupt, erhob es sogleich wieder; aber sie antwortete nichts. Nur ihre fragenden Augen gingen auf seinem Antlitz umher. Da sagte der König: »Ihr seid schöner noch als das Bildnis, das ich auf meinem Herzen trage.«

Und nun sprach sie leise, mit einer seltsam dunkeln, tönenden Stimme: »Wäre es anders, dann hätte ich Euer Gnaden betrogen.«

Der König wußte keine Antwort und betrachtete sie nur voll Glückseligkeit. Ihm war es in diesen achtzehn Tagen manchmal, als ob er nur ein Bild verehre, und nun war dieses Angesicht leibhaftig vor ihm und er genoß es mit entzücktem Staunen. Er schaute nach ihrer schmalen, leuchtenden Stirne, er sah diesen rätselhaften Mund, der, unentschlossen zur Rede wie zum Lächeln, dennoch beredsame Worte zu bergen schien. Er sah in ihre dunkeln Augen, die mit solcher Frage umhergingen, als hätten sie alles schon einmal gesehen und suchten jetzt nur nach Erkennungszeichen, um in Erinnerung aufzuflammen. Von diesen Augen konnte man sich nicht abwenden, so viel Erwartung lag in ihnen und so viel Verheißen.

Der König schwieg und lauschte, ob Lianora noch einmal sprechen werde. Nun ihr Mund wieder geschlossen war und das zögernde Lächeln wieder um diese feinen Lippen schwebte, war es ihm, als habe er sie noch nicht reden gehört, und die Sehnsucht ergriff ihn, ihre Worte zu vernehmen. Über den beiden, die so einander gegenüberstanden, schwang sich das feierliche Glockengeläute im Morgenwind. Der König aber wollte, daß alles schwiege, daß er allein sei mit Lianora, daß nur ihre Stimme töne. Er blickte rasch voll Ungeduld umher, da gewahrte er das Gefolge, dessen er ganz vergessen hatte. Er besann sich, daß er hier mitten auf der Treppe weile, er bemerkte die Verzweiflung in den Mienen des alten Ruspoli, der neben Angelo Dossi, dem Schleppträger, an seinem Stab emporzuklimmen suchte, er sah die bekümmerte Ratlosigkeit Cardinis. Und er bot Lianora die Hand, trat an ihre Seite, und so beschritt sie, geführt vom Könige zur Rechten und von Cardini zur Linken, unter den wirbelnden Trommeln der Garde und unter den verhallenden Klängen der Fanfare die Terrasse des Palastes.

»Schwester Lianora,« rief Prinz Cesare, »Ihr werdet hier sehr geliebt.« Und er streckte ihr mit fröhlicher Vertraulichkeit die Hand entgegen. Lianora sah ihn an, daß auch er in Schüchternheit geriet, und bot ihm die Hand, aber so hoch, daß er danach greifen mußte. Er neigte ein wenig verwirrt den Kopf und küßte die Fingerspitzen, die ihm entgegenglänzten.

Der König hatte dem freudig zugeschaut. Jetzt wies er auf Cosimo und sagte:

»Unser Oheim, vormals Regent in Ravellaska, denn Ihr müßt wissen, daß ich noch ein Kind war, als ich König wurde.«

»Ich weiß es«, sagte Lianora und wandte sich zu Cosimo. Der stand eingepreßt in seinen schimmernden Küraß und seine munteren Augen blickten voll Bewunderung auf die Schönheit der Prinzessin. Er tat einen Schritt näher. Es schien, als wolle er sich zu Lianora neigen, aber der rechte Mut entsank ihm und er sagte nur: »Mein Kind ... mein Kind ...«

 

Die Glocken schwiegen, als Prinzessin Lianora in ihre Gemächer einzog. Sie hatte auf der Schloßterrasse den Adel von Ravellaska kennengelernt, alle die Fürsten und Ritter, die Frauen und die jungen Mädchen. Sie hatte leise und mit unsagbarer Hoheit den Gruß erwidert, den die Damen ihr neigend boten, aber sie schaute über alle hinweg, ihr Mund blieb verschlossen und sie schien es kaum zu merken, daß jene Eine, die man Angela Dandolo nannte, sie ungebeugten Hauptes mit neugierigen stolzen Blicken angestarrt hatte.

Nun gingen ihr sechs Lakaien voraus. Die Garden standen zu beiden Seiten des Weges, den sie durch Korridore und Galerien beschritt. Ihr zur Seite ging die erste Dame vom Dienst, die blühend üppige Fürstin Cardatto, Angelo Dossi, der Schleppträger, folgte und trat einher, als habe er die Welt besiegt. Zuletzt kamen vier Edelfräulein, die der Prinzessin beim Anlegen des Brautkleides behilflich sein sollten.

Im ersten Saal, der leer war und von rotem Marmor schimmerte, blieben die Lakaien zurück. Im zweiten, wo wundervolle Palmen aus allen Ecken grüßten, blieben die jungen Mädchen. Im dritten Gemach, einem kleinen Kabinett, das ganz in blauer Seide ausgeschlagen war, ließ Angelo Dossi die Schleppe der Prinzessin zur Erde gleiten, bog das Knie und blieb allein. In den letzten Saal trat die Prinzessin Lianora mit der Fürstin Cardatto.

Es war ein hohes, weites und helles Gelaß, das gegen das Meer zu in einer Loggia offen stand. Jetzt war es ganz erfüllt von weißen blühenden Rosen. Die Rosen ragten aus großen weißen Porzellankübeln, die längs der Wände aufgestellt waren. In allen Ecken standen blühende Sträucher, die weiße Rosen trugen, so viele, daß die grünen Blätter kaum sichtbar wurden. Aus allen Vasen nickten langgestielte weiße Rosen, und die Brüstung der Loggia war mit weißen Rosen verkleidet, so daß es schien, als seien die Blumen vom Garten her die Mauer emporgestürmt und in das Zimmer gedrungen, ein blühendes, lichtes Getümmel. Ein schwellender Duft atmete durch den weiten Raum, so stark, daß er fast hörbar wurde, und daß es Lianora schien, als werde sie in einer vernehmlichen Sprache angeredet.

»Beliebt es Euer Gnaden, auszuruhen?« fragte die Fürstin Cardatto, und ihr freundliches Mutterantlitz lächelte der Prinzessin entgegen.

Lianora schüttelte das Haupt. »Ich bin nicht müde.«

Die beiden Frauen schwiegen. Lianora ging still im Zimmer umher und betrachtete die Rosen. Dann trat sie in einen Bogen der Loggia, blickte auf das Meer hinaus und zum Garten nieder und sagte nach einer Weile: »Es ist schön hier in Ravellaska.«

Katherina Cardatto lächelte: »Möchte es Euer Gnaden bei uns gefallen! Wir wünschen es alle. Euer Gnaden sind die erste Fremde, die zu uns kommt.«

Lianora nickte: »Ich weiß es.«

Katherina fuhr fort, und man sah es ihrem munteren Antlitz an, daß sie froh war, ein wenig schwatzen zu dürfen: »Ja, ja! Den Männern von Ravellaska ist es nämlich nicht erlaubt, außer Landes zu freien. Vielleicht wird das jetzt anders.« Erklärend fügte sie hinzu: »Wir sind nämlich keine Seefahrer, ob wir gleich auf dieser Insel wohnen. Das Meer ist gütig und gibt den Fischern reiche Beute, der Boden ist auch so fruchtbar, daß der Bauer gerne seßhaft bleibt. Und dabei blüht der Handel in der Stadt und braucht nicht nach fernen Küsten um Gewinn zu reisen.«

Lianora hörte mit ihren ruhigen, beständig fragenden Augen zu und mit geschlossenen Lippen, darauf der Schimmer eines nahen Lächelns schwebte. Katherina glaubte in diesem herannahenden Lächeln eine Antwort zu sehen und redete weiter: »Wir sind den Fremden nicht feind und an diesem Hofe lieben Euch alle, das weiß ich. Wollen Euer Gnaden mir Glauben schenken. Und dann, wer so jung ist und so schön wie Ihr ... seit langem geht die Kunde von Eurer Schönheit hier um. Freilich, Euer Bildnis hat keiner je gesehen. Der König trägt es immer bei sich und man erzählt, er habe es nicht einmal seinem eigenen Bruder gezeigt.«

Durch die geschlossenen Türen kam gedämpft das Dröhnen der präsentierten Lanzen herein. Katherina verstummte. Alsbald erschien der Page Angelo auf der Schwelle und rief: »Der König!«

Dann sprang er zur Seite, denn rasch trat Pescaro in das Gemach. Katherina Cardatto zog sich leise in eine entfernte Ecke zurück. Der Page blieb an der Türe stehen, denn der Brauch wollte, daß der König seine Braut vor der Hochzeit besuche, es war aber auch Gesetz, daß er nicht unter vier Augen und nicht bei geschlossenen Türen Zwiesprache mit ihr halte.

»Lianora ...«, sagte der König und seine jauchzende Stimme bebte. Und er stand vor ihr wie ein bittender Knabe. Sie schaute ihm nach der Stirne, und um ihre Lippen begann der Widerschein eines kommenden Lächelns wieder aufzuleuchten. Der König ersehnte dieses Lächeln mit Heftigkeit. Wie mußte es herrlich sein, da schon die ersten Zeichen davon so beglückend waren. »Und du?« fragte der König ... »Und du, Lianora ...?«

Sie verstand ihn und sprach es aus: »Ich weiß es nicht. Aber ich wünsche sehr, daß ich Euch lieben möge, und ich bitte Gott darum ...«

»Lianora,« sagte der König, und seine Worte stockten, »in einer Stunde bist du mein Weib ... und liebst mich nicht!«

Sie schaute immerzu nach seiner Stirne, als sie sprach: »Ich kenne Euer Gnaden erst seit einer Stunde, uns bleiben noch so viele Jahre. Fragt mich später.« Da sie aber seine große Trauer erkannte, blickte sie ihm voll in das Angesicht und begann noch einmal: »Ich bin gern die Eure geworden, Pescaro!« »Lianora«, sagte der König. »Ich trage Sehnsucht nach dir, seit achtzehn Tagen. Es ist eine lange Brautschaft gewesen.«

Sie aber erwiderte: »Die meine währte sechsundzwanzig Tage.«

Pescaro blickte sie verwundert an.

»Seit Euer Cardini«, redete sie weiter, »mein Bild aus Mallorka mit sich fortnahm, habe ich mich als Eure Braut betrachtet.«

Dem König schien es, als ob das ganze Schloß von dem Gesang dieser Stimme erfüllt sei. Er zitterte leise, und eine feine Blässe zog über seine Wangen.

 

Als der König weggegangen war, und Lianora das Hochzeitskleid angelegt hatte, verlangte sie als einzigen Schmuck das Bild Pescaros auf der Brust zu tragen. Katherina Cardatto wußte nicht, wo eines zu finden sei. Angelo Dossi aber brachte das Goldstück, das der König einst nach Mallorka gesendet hatte. Es war jetzt von einem dünnen Reifen umspannt und hing an einem weißen Seidenband. Lianora legte es an, und der König erblickte es, als er mit ihr in der Schloßkapelle vor den Altar trat. Draußen auf den Wällen und an den Meeresufern donnerten die Kanonen. Die Orgel brauste in der kleinen Kapelle, und vom Chor herab sangen frische Knabenstimmen ein jubelndes Lied.

 

Dann gingen der König und seine Gemahlin zur Tafel. Ihnen beiden gegenüber zwischen den zwei Prinzen saß der Gesandte Cardini. Das war der Dank des Königs. Denn niemand saß mit zu Tische, und es waren die Ersten des Reiches, die beim Hochzeitsmahle den Wein schenkten und die Speisen trugen. Also ward Cardini an diesem Abend vor allen anderen ausgezeichnet und empfing königliche Ehren. Hinter dem Sessel der Lianora stand Angelo Dossi und schaute entzückt auf seine Gebieterin. Die Festlichkeit des Tages brannte auf seinen Kinderwangen und glühte aus seinen Augen.

Es war jedoch eine solch feierliche Andacht an dieser Tafel, daß der übermütige Cesare seine Stimme dämpfte, und es waren alle ergriffen von Lianorens Schönheit und von der Weihe, die auf dem Antlitz des Königs ruhte.

Sie sprachen von der langen Reise, die Lianora überstanden, und sie sprachen von dem Kaiser von Mallorka, dem Vater der Prinzessin. Dann wollte Cesare wissen, ob Lianora die Jagd liebe, und Cosimo fragte, ob die Königin gerne zu Pferde steige. Beides tat sie mit Freude. Sogleich schenkte Cosimo ihr einen Zelter und beschrieb das seltene Tier, und Prinz Cesare bot seine Hunde dar. Da lachte Pescaro und meinte, das sei sehr viel, denn Cesare sei stolz auf seine Koppel und hätte sie dem König selbst schon verweigert. Und dann wurde Prinz Cosimo aufgeräumt und erzählte, wie er den König als vierjähriges Knäblein mit beiden Armen auf den Thron gehoben, wie das Kind aus Angst vor dem Baldachin gestrampelt habe und wie er dem kleinen König eine winzige Krone anfertigen ließ, die er noch aufbewahrt hätte, und die er gerne an Lianora abgeben wolle. Cesare aber berichtete, wie sie am Morgen, nachdem Cardini mit dem Bildnis gekommen sei, von der Brautfanfare aus dem besten Schlummer geweckt und überrascht wurden.

Lianora lächelte und sagte: »Das weiß ich schon.« Sie wandte ihr Angesicht dabei dem König zu, und es sahen alle, wie sie ihn liebreich betrachtete. Und alle sahen, wie der König unter der Zärtlichkeit des Blickes die Augen schließen mußte und den Atem anhielt.

Dann erschien Ruspoli in der Türe, worauf der König sogleich in heftiger Erregung emporsprang und die Tafel aufhob.

Ruspoli trat vor den König, senkte den weißen Stab, was sich ausnahm, als wolle er seiner dahinsinkenden Stütze nachgleiten, und sagte: »Beliebt es dem Herrn König, es ist Schlafenszeit.«

Darauf nahm Pescaro Lianora an der Hand, und sie schritten in den hellen Saal, wo die Hofgesellschaft versammelt war.


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