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Vom Wildpret

Unter Wildpret versteht man alle im Zustande der natürlichen Freiheit in Wald und Feld lebenden Thiere, die, wenn erlegt und zweckentsprechend zubereitet, gut zu essen sind.

Wir theilen das Wildpret in drei Klassen. Die erste beginnt bei dem Krammetsvogel und enthält nach abwärts alle feineren Vögel.

Die zweite beginnt mit dem Wachtelkönig und steigt aufwärts durch die Schnepfe, das Rebhuhn, den Fasan, das wilde Kaninchen und den Hasen. Dies ist das Kleinwild, das Wild der kleinen Jagd, das Feder- und Haarwild.

Die dritte Klasse ist bekannt unter dem Namen Edelwild. Sie umfaßt den Hirsch, das Reh, das Wildschwein und Thiere mit gespaltenem Huf.

Das Wildpret bildet den Hochgenuß unserer Tafeln; es ist eine gesunde. sehr schmackhafte Nahrung, die leicht verdaulich ist. Aber diese Eigenschaften hängen in vieler Hinsicht von dem Koche ab, der das Wildpret zubereitet. Man gebe in einen Topf ein Stück Ochsenfleisch, Wasser und Salz und man würde Suppe und Suppenfleisch bekommen: man lege statt des Ochsenfleisches ein Stück Wildpret oder Reh hinein und es würde nichts Gutes geben. Das Fleisch der Metzgerei ist in dieser Beziehung gänzlich im Vortheil. Aber unter den Augen eines kenntnißreichen Koches geht das Wildpret eine Unzahl von Veränderungen und Umwandlungen ein und liefert die meisten Hochgeschmacks-Schüsseln, welche die höhere Küche zusammensetzen.

Unter den kleinen Vögeln ist ohne Zweifel der vorzüglichste die Baumzipper; sie und der Ortolan mästen sich sehr leicht, und die Natur hat ihnen außerdem eine leichte Bitterkeit und einen so ausgezeichneten Duft gegeben, daß alle schmackhaften Kräfte dadurch angelockt, erfüllt und beseligt werden.

Nur wenige Leute verstehen die kleinen Vögel zu essen . man ergreife nämlich ein fettes gebratenes Vögelein beim Schnabel, bestreue es mit etwas Salz, nehme Kropf und Magen weg, stecke es mit einer geschickten Wendung ganz in den Mund, beiße nahe an den Fingern ab und kaue nun lebhaft. Es entsteht ein reichlicher Saft, der das ganze Organ mit einem Wohlgeschmack erfüllt, der noch vielseitig ungenannt ist.

Die Wachtel ist unter dem kleinen Federwild das artigste und lieblichste. Eine fette Wachtel gefällt gleichermaßen durch ihren Geschmack, ihre Gestalt und ihre Farbe. Es würde eine große Unwissenheit verrathen, wenn man sie anders als gebraten oder in Papilloten auftrüge, da ihr Duft rasch verfliegt: denn jedes Mal, wenn der Vogel mit Flüssigkeit in Berührung kömmt, löst er sich aus und verduftet.


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