Friedrich Wilhelm Riese
Martha, oder: Der Markt zu Richmond
Friedrich Wilhelm Riese

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Ouvertüre.

Akt. I.

Boudoir der Lady.
Lady sitzt übelgelaunt vor der Toilette, Nancy und Dienerinnen um sie bemüht.

No. 1. Chor.
Der Vorhang geht im zweiten Takt auf.

Chor der Dienerinnen.
Darf mit nächtig düstren Träumen
Schwermut deine Stirn umziehn?
Soll aus diesen heitren Räumen
Lust und Fröhlichkeit entfliehn?
Sieh der Gaben reiche Fülle,
Die des Freundes Sorgfalt beut-
Prachtgestein und sammtne Hülle-
Was nur Herz und Auge freut.

Nancy und Chor der Dienerinnen.
Sieh der Gaben reiche Fülle,
Was das Auge freut.

Nancy.
Blüten, die Sir Tristan pflückte-

Lady.
Fort damit, ihr Duft betäubt!

Nancy.
Fürstenschmuck, du Hochbeglückte!

Lady.
Glanz, vor dem mein Aug sich sträubt!

Nancy und Dienerinnen.
Aber –

Lady.
Laßt mich!

Nancy und Dienerinnen.
Herrin –

Lady.
Eilet! laßt der Einsamkeit mich weihn,
Meine Freude sei geteilet,
Meinen Schmerz trag ich allein!

Dienerinnen.
Darf mit nächtig düstren Träumen,
Schwermut deine Stirn umziehn?
Soll aus diesen heitren Räumen
Lust und Fröhlichkeit entfliehn?

Nancy und Chor der Dienerinnen.
O! Sieh der Gaben reiche Fülle,
Die des Freundes Sorgfalt beut-
Prachtgestein und sammtne Hülle-
Was nur Herz und Auge freut.

Lady.
Ach, laßt mich allein!

Nancy und Dienerinnen.
Kommt, laßt sie allein.

(Die Dienerinnen gehen ab.)

No. 2. Rezitativ und Duett.

Nancy.
Teure Lady!

Lady.
Laß mich weinen.

Nancy.
Doch weshalb?

Lady.
Ich weiß es nicht.

Nancy.
Schöner Grund!
(scherzend) Fast will’s mir scheinen, als spräch's hier:
(auf Herz deutend) Es werde Licht!

Lady.
Lieben! ich?

Nancy.
Nun, rasch geflogen
Kommt der Schelm mit Pfeil und Bogen.
Duett.
Von den edlen Kavalieren,
Die den Hof der Königin
Und sich selber weidlich zieren,
Zog wohl einer als Gewinn
Euer Herzchen zu sich hin,
Darf man endlich gratulieren?

Lady.
Eitler Wahn, nicht kann mich freuen
Solche fade Liebelei,
Nicht vermag mich zu zerstreuen
Leeres Wort und Schmeichelei.

Nancy.
Euch umgibt des Reichtums Fülle,
Gnad' und Ehr' wird Euch zu Teil.

Lady.
Und aus Gold und Purpurhülle
glänzt erschöpft die Langeweil', ach!

Nancy.
Das ist traurig, ach! und trübe,
Solch ein Los nennt man Gewinn?
Wenn ich hier nicht Wunder übe,
Welkt das zarte Blümlein hin.

Lady.
Ach, ach, – ach! so traurig, ach, ach, – ach! so trübe
Schleicht im Glanz mein Leben hin.
Was ich tue, was ich übe,
Nichts erfreuet/erheitert meinen Sinn.

Nancy.
Feste, Bälle und Turniere,
Wo nur Eure Farbe siegt,
Flatternd hoch vor dem Paniere,
Während, ach! der Held sich schmiegt
Und dem Dankesblick erliegt,
Der ihn traf trotz dem Visiere.

Lady.
Was ich gestern heiß ersehnet,
Ist's erfüllt, so freut's mich kaum,
Was ich mir als Glück gewähnet,
Zeigt Gewährung mir als Traum.

Nancy.
Feste, Bälle und Turniere,
Wo nur Eure Farbe siegt etc.

Lady.
Der Fürstin Huldigungen,
Preis der Mode, Überfluß
Trifft mich freudlos, kaum errungen.
Und nichts bleibt als Überdruß.

Nancy.
Ja! dann wär zu Eurem Heile
Nur ein Mittel noch geblieben,
Wie gesagt, in höchster Eile
Müßt Ihr sterblich Euch verlieben. (Lady macht eine verneinende Bewegung.)
Das ist traurig, ach, und trübe,
Solch ein Los nennt man Gewinn,
Wenn ich hier nicht Wunder übe,
Welkt das zarte Blümlein hin. etc.

Lady.
Ach, ach, – ach! so traurig, ach, ach, – ach! so trübe
Schleicht im Glanz mein Leben hin, etc.

No. 3. Terzett.
(Drei Diener treten ein.)

Erster Diener (meldend).
Gnaden Tristan Mickleford!

Zweiter Diener.
Parlamentes edler Lord.

Dritter Diener.
Stallmarschall und Pagenleiter!

Lady.
Und so weiter, und so weiter!

Tristan (tritt gravitätisch ein).
Schöne Lady und Cousine,
Fräulein Ihrer Majestät,
Voll Respekt ich mich erkühne –

Lady (ungeduldig).
Weiter, Mylord, es wird spät.

Nancy.
Weiter, Mylord, es wird spät.

Tristan.
Wollte fragen –

Lady.
Nun, so fraget.

Tristan.
Ob Sie sanft zu ruhn geruht,
Ob der Tag zur Freude taget?

Lady.
Gib ihm Antwort.

Nancy.
Leidlich gut.

Tristan.
Nach Belieben, Lustbarkeiten
Vorzuschlagen, bin so frei:
Hahnenkampf und Eselreiten –

Nancy.
Mylord sind doch auch dabei?

Tristan (zärtlich).
Ein Spaziergang –

Lady.
Ich verzichte!

Tristan.
Pferderennen –

Lady.
Oh! ich weiß,
Wie gering Sie von Gewichte,
Und wie sicher dann der Preis.

Tristan.
Ha, sie lächelt, gutes Zeichen,
Meine Liebe rühret sie.
Sprödes Herz, dich zu erweichen,
Fordert Klugheit und Genie etc.

Lady und Nancy.
Ha, der Narrheit ohne gleichen,
Solche Einfalt sah man nie;
Liebe will der Tor erreichen,
Träumt von Seelenharmonie etc.

Tristan.
Karussell!

Lady.
Sir! meinen Fächer!

Tristan.
Wasserfahrt!

Lady.
Sir, mein Flakon!

Tristan (erschöpft).
Oh!

Nancy.
Die Liebe wird schon schwächer!

Lady.
's ist so kalt im Pavillon!
Schließen Sie das Fenster eilig!

Tristan.
Hetzjagd!

Lady.
Oh! Wie wird es heiß!
Luft! das Fenster!

Tristan.
Öffnen?

Lady.
Freilich!

Nancy.
Mylord läuft um den Preis!

Tristan.
Sie lächelt!
Gutes Zeichen etc.

Lady und Nancy.
Ha, der Narrheit ohnegleichen etc.

(Tambour hinter der Szene.)
Chor der Mägde (hinter der Szene).
Wohlgemut, junges Blut,
Über Weg, über Steg,
Munter fort, hin zum Ort,
Wo uns Ruh winket zu!
Immer reg! nimmer träg,
Wandern wir mit lust'gem Sang,
Guter Ding, froh erkling'
Unser Chor den Pfad entlang.

Lady.
Was ist das?

Nancy.
Wie froh das klinget.

Tristan.
Froh? Bah! ungemein gemein!

Lady.
Wie froh das klinget!

Tristan.
Kann solch Volk so glücklich sein?

Lady.
Glücklich, wer so harmlos singet.

Nancy.
Oh, nun weiß ich! Markt ist heute,
Wo die Mägde sich vermieten;
Hin nach Richmond ziehn die Leute,
Sich den Pächtern anzubieten.

Mägde.
Wohlgemut, junges Blut, etc.

Nancy.
Mit dem Ränzel unterm Arm
Und dem Strauße auf dem Hut
Erst zum Tanze zieht der Schwarm,
Dann zum Werk, mit frohem Mut.

Tristan.
Dummer Brauch!

Nancy.
Gar alte Sitte!

Lady.
Ach, wie hübsch! das möcht ich sehn,
Unerkannt dort in der Mitte
Der vergnügten Menschen stehn.

Tristan.
Albernheiten!

Lady (beleidigt).
Sehr verbunden! Nun gerade will ich's tun,
Weil Sie albern es gefunden.

Tristan (entsetzt).
Euer Gnaden will geruhn?

Lady.
Nancy! her die Bauernmieder
Von der letzten Maskerade.

Tristan.
Wie? Sie lassen sich hernieder?

Lady (lächelnd).
Das, Mylord, erhöht gerade!
Hin zum lustigen Galopp,
Martha, Nancy und
(lachend) Sir Bob!

Tristan.
Wer ist Bob? wer ist Bob?

Lady (ihm einen Bauernhut aufstülpend) und Nancy.
Ei! das sind Sie, ei! das sind Sie!

Tristan.
Nimmermehr! Ich tu's nicht!

Lady (zärtlich).
Wie? Tristan; ist das Ihre Liebe?

Tristan (seufzend).
Ach!

Lady.
Ist das Ihre Liebe? Sie bitten? ich verzeihe! (kokett ihm einen Strauß reichend)
Sieh, Freund Bob, Was ich dir weihe!
Und jetzt, muntre Nancy, übe Ihn zum plumpen Bauerntanz.

Tristan.
Nimmer werd' ich mich verstehen.

Lady.
Bob! hübsch plump! es wird schon gehen.
Was man sein will, sei man ganz.

Nancy (vortanzend).
So recht kräftig, derb und heftig,
Linkisch einwärts, auf und ab. –
Hut im Nacken, mit den Hacken
Stampfend, wie im kurzen Trab.

Tristan (versucht).
Was? Ich sollte –

Lady (streng).
Wie ich's wollte!

Tristan.
Nimmermehr!

Lady.
Nun hin und her!

Tristan.
Ich, ein Lord!

Nancy.
Nur hübsch so fort.

Tristan.
Ich, ein Lord!

Nancy.
Denn Übung ist die beste Lehr!

Lady und Nancy.
La la la la etc.

Tristan (tanzend) (bei Seite).
Ich ein Lord!

Lady.
So wird's gehen.

Nancy.
Brav sich drehen!

Lady.
Ach!

Tristan.
Ach! auf Ehr! ich kann nicht mehr!

Lady.
Nicht so zierlich, ach!

Nancy.
Mehr natürlich.

Tristan.
Ach! wie ist Natur so schwer!

Lady.
Ach!

Nancy.
Mehr natürlich!

Tristan.
Nein, auf Ehr!
ich kann nicht mehr! (Er fällt erschöpft auf einen Sessel.)

Lady.
Ach!

Nancy.
Ach!

Lady.
Ach!

Nancy.
Ach!

Lady und Nancy.
Bob! hübsch plump,
Es wird schon gehen, ach!
Ja, gewiß, es wird schon gehen.
Nur Mut, ah, fort!

Tristan.
Ach! auf Ehr,
Ich kann nicht mehr,
Ja, gewiß, ich kann nicht mehr,
Ich kann nicht mehr, nein!

(Die Damen ziehen Tristan lachend fort.)

Der Vorhang fällt.

Verwandlung.

Der Markplatz zu Richmond.
Buden. Einige Tische und Bänke vorne. Zelte an der Seite.

No. 4. Chor der Landleute.

Landleute.
Mädchen, brav und treu,
Herbei, herbei! der Markt ist frei;
Macht euch fröhlich auf, in raschem Lauf,
Wir warten drauf!
Flink, ihr schmucken Dienerinnen,
Nur nicht träg und säumig heut,
Bald soll hier der Markt beginnen,
Wie es alter Brauch gebeut.
Topp, gilt der Handel,
War der Wandel
Rein und unbescholten.
Topp! sagt der Mieter,
Als Gebieter,
Stets wird Fleiß vergolten,
Ihr Mädchen herbei.
Herbei, ihr Mädchen, brav und treu,
Herbei, herbei, der Markt ist frei;
Macht euch fröhlich auf,
In raschem Lauf,
Wir warten drauf!
Mädchen, brav und treu etc.
Seht, sie kommen!
Seid willkommen!

Chor der Mägde.
Wohlgemut, junges Blut,
Über Weg, über Steg,
Munter fort, hin zum Ort,
Wo uns Ruh winket zu!
Immer reg! nimmer träg,
Wandern wir mit lust'gem Sang,
Froh erscholl, hoffnungsvoll,
Unser Chor den Pfad entlang,
Wenn nur Lust in der Brust
Für die Arbeit froh sich regt,
Die voll Mut Hab und Gut,
Sack und Pack weiter trägt.

Chor der Landleute.
Mädchen brav, brav und treu,
Nur herbei, der Markt ist frei! etc.

Chor der Mägde.
Ist’s nicht hier, ist es dorten,
Daß uns winkt Ruh und Rast. etc.
Wohlgemut, junges Blut,
Über Weg über Steg,
Munter fort ging’s zum Ort,
Wo uns Ruh winket zu. etc.]

Beide Chöre.
Herbei, herbei, Der Markt ist frei!
Schnell, wer brav und treu,
herbei, herbei, der Markt ist frei,
Doch erst Ruh und Rast,
Nach Lauf und Hast mit schwerer Last. etc.

(Alle zerstreuen sich; Plumkett und Lyonel treten auf.)

No. 5. Duett.

Plumkett.
Wie das schnattert, wie das plappert,
Wie das durcheinanderspricht!
Gelt! Wenn's bei den Mädels hapert,
Ist's fürwahr das Mundwerk nicht.
Nun, Herr Bruder, will doch hoffen,
Hast schon eine Wahl getroffen?

Lyonel.
Ach, wozu?

Plumkett.
Wozu?
Zum Dienen, in der Wirtschaft, die vereint
Wir im Pachthof neu beginnen,
Wie's der Mutter Wille meint.

Lyonel.
Segen, ja Segen ihrem Angedenken.

Plumkett.
Ja, sie war ein braves Weib,
Wußte alles recht zu lenken,
Hielt uns gut an Seel und Leib.
Dir, dem Pflegling, ward die Pflege,
Deinem frommen Sinn zum Lohn;
Ich, der Tölpel, kriegte Schläge,
Na, ich war der eigne Sohn!

Lyonel.
Guter Bruder!

Plumkett.
Was ist's weiter?
Ständest sonst ja ganz allein,
Ohne Eltern, Freund, Geleiter;
Mußt ich nicht dein Bruder sein?

Lyonel.
Ja! Seit früher Kindheit Tagen
War’t ihr des Verlassnen Heil,
Lehrtet ihn das Dasein tragen,
Gabt ihm eurer Herzen Teil.
Deiner braven Eltern Hütte
Naht' mein Vater einst, verbannt;
Er fand Schutz in eurer Mitte,
Ach, und starb dort unbekannt.

Plumkett.
Nimmer haben wir erfahren
Seinen Namen, seiner Stand,
Nur den Ring, dort zu bewahren,
Zog er fest an deine Hand.
"Dräuen", sprach er, "dir Gefahren,
Zeige ihn der Königin,
Und sie wird dein Recht dir wahren;
Doch in Drangsal nur zieh hin."

Lyonel.
Denn so lang du froh, zufrieden,
Weilest in der Demut Schoß,
Strebe nie nach Glanz hienieden,
Glück wohnt nur im schlichten Los.

Plumkett und Lyonel.
Ja, geheiligt sei sein Wille,
Nicht nach Schimmer strebt mein/sein Sinn,
Und in ländlich frommer Stille
Heiter fließt mein/sein Leben hin.

No. 6. Finale.
(Der Richter. Gerichtsschreiber, Pächter, Mägde, Volk kommen von allen Seiten.)

Chor der Mägde, Pächter-Frauen und Chor der Pächter.
Der Markt beginnt! Die Glocke schallt!
Der Richter naht mit Amtsgewalt.
Herbei! ihr Mägde, jung und alt! Herbei.

Richter.
Raum und Platz der Obrigkeit!
Leute macht euch nicht so breit.

Chor der Mägde, Pächter-Frauen und Chor der Pächter.
Raum und Platz der Obrigkeit!

Richter.
Hört, was das Gesetz euch spricht!
Höret, aber stört mich nicht!

Chor der Mägde, Pächter-Frauen und Chor der Pächter.
Höret! Aber störet ihn nicht!

Richter.
"Anna! Wir von Gottes Gnaden" –
Hut ab, Schlingels, so wie ich!
Höflichkeit kann nimmer schaden!
"Wir erkennen feierlich
Richmonds Privilegia sigillata regia,
Daß die Magd, die sich dem Mieter
Hier auf offnem Markt verdingt,
Für ein Jahr bei dem Gebieter
Weilen muß, wenn er’s bedingt;
Ohne Weigern und Entkommen,
Ward das Handgeld angenommen!"
Habt’s kapiert?

Chor der Mägde, Pächter-Frauen und Chor der Pächter.
Schon lange, schon lange!

Richter.
Schön! Auf! ihr Dirnen laßt euch sehn!
Sprich! was kannst du, Molly Pitt?

1. Magd.
Ich kann nähen, ich kann mähen,
Ich kann säen, Fäden drehen,
Ich kann bügeln, ich kann striegeln
Und versehen Hof und Haus.

Richter.
Vier Guineen!
Wer ist Bieter?

Erster Pächter.
Kann geschehen!
Ich bin Mieter.

Richter.
Sag, was kannst du, Polly Smitt?

2. Magd.
Ich kann stricken,
Ich kann sticken, Braten spicken!
Kleider flicken, Röcke klopfen,
Gänse stopfen, Porter pfropfen,
Wie der Daus!

Richter.
Fünf Guineen! Wer will’s wagen?

Zweiter Pächter.
Sei’s darum. Topp! Zugeschlagen!

Richter.
Und was leistet Betsy Witt?

3. Magd.
Ich kann scheuern, Brote säuern,
Ich kann mästen, Beefsteak rösten,
Haspeln, raspeln, glätten, plätten,
Stopf die Betten weich und kraus.

Richter.
Kitty Bell und Liddy Well
Und Nelly Box und Sally Fox!

Vier andere Mägde.
Ich kann backen, ich kann braten,
Graben, hacken mit dem Spaten,
Ich kann spinnen Feines Linnen
Und gewinnen Geld für's Haus.

[ Die ersten vier Mägde.
Ich kann stricken, ich kann sticken,
Braten spicken, Kleider flicken,
Röcke klopfen, Gänse stopfen,
Porter pfropfen wie der Daus!
Ich kann Kinder hegen, pflegen,
Wiegen, hüten.
Ich kann Kinder hegen, pflegen, wiegen, hüten
Und ich diente gar zu gern
Bei ’nem alten wackern Herrm!
Auch ein Witwer dürft es sein,
Wo ich wäre ganz allein.]
Ich kann nähen, ich kann mähen etc.

[ Die zweiten vier Mägde.
Ich kann backen, ich kann braten,
Graben, hacken mit dem Spaten,
Ich kann spinnen feines Linnen
Und gewinnen Geld fürs Haus.
Ich laß Tauben, Gänse, Enten, Hühner brüten,
Und ich diente gar zu gern
Bei ’nem alten wackren Herrn!
Ja, , bei ’nem alten wackren Herrn,
Wo ich wäre ganz allein.]
Ich kann stricken, ich kann sticken etc.

[ Die 3. u. 4. Magd.
Ich kann scheuern, ich kann säuern,
Ich kann mästen, Beefsteak rösten,
Haspeln, raspeln, glätten, plätten,
Stopf die betten weich und kraus.
Und ich diente gar zu gern
bei ’nem alten wackren Herrn!
Auch ein Witwer dürft es sein
Ja, auch ein Witwer dürft es sein,
Wo ich wäre ganz allein.]
Ich kann scheuern, Brode säuern etc.

[ Richter.
Halt! Mit verlaub!
Ihr macht micht taub!]

Die ersten und die zweiten vier Mägde, die 3. u. 4. Magd.
Ich kann nähen,
Ich kann mähen,
Ich kann säen,
Fäden drehen,
Ich kann bügeln,
Ich kann striegeln
Und versehen
Hof und Haus.
Ich kann stricken,
Ich kann sticken,
Ich kann spicken,
Kleider flicken,
Röcke klopfen,
Gänse stopfen,
Porter pfropfen
Wie der Daus !
Ich kann scheuern,
Brote säuern,
Ich kann mästen,
Beefsteak rösten,
Haspeln, raspeln,
Glätten, plätten,
Stopf' die Betten
Weich und kraus.

Pächter und Pächterinnen.
Wollen sehen,
Wie sie mähen,
Wie sie nähen,
Fäden drehen,
Wie sie bügeln,
Wie sie striegeln
Und versehen
Hof und Haus.
Topp! Mädel, ’s gilt der Kauf!

Die ersten und die zweiten vier Mägde, die 3. u. 4. Magd.
Topp! Herr, es gilt der Kauf!

Pächter und Pächterinnen.
Topp! hier das Handgeld drauf.

Die ersten und die zweiten vier Mägde, die 3. u. 4. Magd.
Topp! hier das Handgeld drauf.
Ich kann nähen,
Ich kann mähen, etc.
Topp! etc.

Pächter und Pächterinnen.
Wollen sehen,
Wie sie mähen, etc.
Topp! etc.

(Sie umdrängen den Richter so, daß der Vordergrund frei bleibt.)
(Lady, Nancy, Tristan in Bauerkleidern treten auf.)

Lady.
Vorwärts, Bob, muß man Euch ziehen?

Nancy.
Bob, mein Freund, schaut nicht so gram.

Tristan.
Bob! o pfui! könnt' ich nur fliehen!
O ich armes Opferlamm!

Lady und Nancy.
O wie freundlich, o wie heiter
Alles unserm Blick erscheint!

Tristan.
Königlicher Pagenleiter!
Herz erstarre! Augen weint!

Plumkett.
Wetter! Ein paar schmucke Kinder!

Lyonel.
In der Tat wie zart und fein!

Plumkett.
Fast zu zart für Stall und Rinder.

Lyonel.
Doch fürs Haus!

Plumkett.
Ja! das mag sein.

Tristan.
Wie die Bauern Euch begaffen, fort von hier!

Lady und Nancy.
Wo denkt Ihr hin?

Tristan.
Hab mit Plebs nicht gern zu schaffen. Fort!

Lady und Nancy.
Nein, nein, nein!

Lady.
Will als Dienerin mich bei Euch nun nicht verdingen.

Tristan.
Albernheiten! Schweigt doch still!

Nancy.
Ei! Ihr könnt sie doch nicht zwingen,
Pächter Bob, wenn sie nicht will!

Lady.
Ja, wenn ich nun doch nicht will!

Plumkett.
Ja, wenn das Mädchen nun nicht will!

Lady und Lyonel.
Ja, wenn ich/sie nun durchaus nicht will!

Plumkett.
's gibt der Mädel ja noch mehr!
He! Ihr dorten! Kommt doch her!
Hier ein Mieter, der zahlt reichlich!

Tristan.
Unerhöret!

Lady und Nancy.
Unvergleichlich!

Chor der Mägde (Tristan umringend).
Ich kann nähen,
Ich kann mähen,
Ich kann säen,
Fäden drehen.
Ich kann bügeln,
Ich kann striegeln
Und versehen Hof und Haus.

Tristan.
Ha! Abscheulich,
Gräßlich, greulich!
Unverzeihlich!
Wie enteil' ich?
Nichts ist heilig
Ihren Grillen,
Ihrem Willen –
Fort! hinaus!

Lyonel und Plumkett.
Die kann nähen,
Die kann mähen,
Die kann säen,
Fäden drehen.
Die kann bügeln,
Die kann striegeln,
die pfropft Porter wie der Daus,
Ja, sie drängen ihn hinaus!

Lady und Nancy.
O wie munter,
O wie heiter,
Immer bunter
Geht es weiter,
Wie sie zwängen ihn und engen,
Ha, sie drängen ihn hinaus!

Chor der Pächter und Pächterinnen.
Wie sie zwängen ihn und drängen,
Ha, sie drängen ihn hinaus

(Tristan und Chor gehen ab.)

Quartett.

Lady (zu Nancy).
Sieh nur, wie sie uns betrachten!

Nancy.
Wir gefallen, wie es scheint.

Plumkett.
Blitz! Die eine möcht ich pachten!

Lyonel.
Besser, bleiben sie vereint.

Lady.
Gelt! Mein Schmachtender scheint spröde!
Wie wohl solch ein Bauer spricht?

Nancy.
Der spricht deutlich.

Plumkett.
Sei nicht blöde, red sie an!

Lyonel.
Ich wag es nicht!

Plumkett.
Hasenfuß! Sollst mich mal sehen!
Also – also – hm!

Nancy.
Auch der bleibt stumm. Ei! So kommt.

Lady.
Ja! Laß uns gehen!

Lyonel.
Freund, sie gehen!

Plumkett.
Das wär' dumm!
Hm, hm, hm!

Lyonel.
Hm, hm, hm!

Lady und Nancy.
Nun fürwahr, fürwahr, das laß ich gelten.
Froh erreicht, ja froh erreicht wär unser Ziel.
Traun! So blöde Schäfer sah man selten,
Was wir wagten, blieb ein muntres Spiel.

Lyonel und Plumkett.
O! Fürwahr, fürwahr, wohl sah ich selten
Eine, die beim ersten Blick mir so gefiel!
Traun! Solch herzig Mädchen laß ich gelten,
Solcher Mägde gibt’s fürwahr nicht viel.

Plumkett.
Ei! Courage! Mädels, bleibet!
Ihr gefallet uns. Schlaget ein!
Wenn ihr brav die Wirtschaft treibet,
Sollt ihr lange bei uns sein.

Lyonel.
Ja, recht lang!

Lady (lachend).
Als Dienerinnen?

Nancy.
Ha, ha, ha, ha!

Lyonel.
Ihr lacht?

Plumkett.
’s ist gut, lachend seinen Lohn gewinnen,
Wenn man brav die Arbeit tut.

Lady.
Arbeit?

Nancy.
Arbeit?

Plumkett.
Du bist für die Gänse,
Erhälst uns Haus und Ställe rein!
Du bestellst mit Hack und Sense Feld und Garten.

Lyonel.
Nein, o nein!
Solch ein zartes, schwaches Wesen
Muß im Hause –

Plumkett.
Erbsen lesen! Jährlich kriegt ihr fünfzig Kronen,
Und seid fleißig ihr und flink,
Soll euch Sonntags Porter lohnen
Und zu Neujahr Plumpudding!

Lady (lachend).
Ja! Wer kann da widerstehen?

Nancy (lachned).
Ja! Wer kann da widerstehen?

Lyonel und Plumkett.
Topp?

Lady und Nancy.
Ja! Topp!

Lyonel und Plumkett.
Das Handgeld drauf!
Und nun hurtig macht euch auf!
(Sie geben ihnen Geld.)

Lady und Nancy.
Nun fürwahr, fürwahr, das laß ich gelten,
Froh erreicht, ja, froh erreicht wär unser Ziel.
Traun! So blöde Schäfer sah man selten,
Was wir wagten, blieb ein muntres Spiel. etc.

Lyonel und Plumkett.
O! Fürwahr, fürwahr, wohl sah ich selten
Eine, die beim ersten Blick mir so gefiel!
Traun! Solch herzig Mädchen laß ich gelten,
Solche Mägde gibt’s fürwahr nicht viel.

(Chor, Richter und Tristan, von einigen Mägden verfolgt treten auf.)

Tristan.
Hier! Da nehmt die Abstandssumme,
Aber laßt mich jetzt in Ruh!
(Die anderen gewahrend) Wie? Was seh' ich?
Ich verstumme! Fort, hinweg!

Plumkett.
Was willst denn du?

Lady und Nancy.
Ja, genug!

Plumkett (sie zurückhaltend).
Das möcht ich sehen!

Lyonel.
Das möcht ich sehen!

Plumkett.
Handgeld nahmt ihr!

Tristan.
Unerhört! Wißt denn –

Lady (leise).
Schweigt! Um mich geschehen
Ist’s wenn man am Hof erfährt –

Nancy.
Schweigt, sonst ist ihr Ruf verloren,
Kommt’s der bösen Welt zu Ohren.

Tristan.
Kommt denn!

Lady und Nancy.
Fort! ja fort! (Sie wollen gehen.)

Lyonel und Plumkett.
Mit nichten!
Seid gemietet für ein Jahr;

Tristan.
Unerhört!

Lyonel und Plumkett.
Der Herr Richter selbst mag richten,
Daß der Handel gültig war.

Tristan.
Ich verstumme, ich verstumme, ich verstumme.

Richter.
Ist das Handgeld angenommen,
Kann der Magd kein Weigern frommen.

Lyonel (zur Lady), Plumkett (zu Nancy) und Chor.
Ist das Handgeld angenommen,
Kann der Magd kein Weigern frommen.

Lady, Nancy, Lyonel, Tristan und Plumkett.
Darf der Magd kein Weigern frommen!

Chor.
Kein Entrinnen ist von hinnen
Zu gewinnen und ersinnen.
Seid gedungen und gezwungen
Für ein Jahr unwandelbar.

Lyonel und Plumkett.
Ja, kein Entrinnen ist von hinnen
Zu gewinnen und ersinnen;
Seid gedungen und gezwungen
Für ein Jahr unwandelbar.

Lady, Nancy und Tristan.
Ach, kein Entrinnen ist von hinnen,
Was ersinnen zu beginnen,
Ja, verlacht, wird’s hinterbracht,
Sind wir fürwahr auf immerdar.

Lyonel, Plumkett und Chor.
Ach, kein entrinnen ist von hinnen,
Zu ersinnen zu beginnen,
Seid gedungen und gezwungen
Für ein Jahr unwandelbar.

Chor (zu Lady und Nancy).
Topp! Mädel, 's gilt der Kauf!
Topp! nahmst das Handgeld drauf.
Topp! Wer hier stört den Kauf!
Topp! Kriegt das Handgeld drauf!
(Lyonel und Plumkett ziehen die sich Sträubenden fort.)

Chor.
Mägde, haltet Treu,
Sonst kommt die Reu
Gar flink herbei,
Wenn man töricht brach,
Was man versprach,
Dann kommt die Schmach!

(Während Tristan von den ihn bedrohenden Pächtern beiseite gedrängt wird, sieht man im Hintergrunde Plumkett und Lyonel auf einem Wagen die beiden Damen fortfahren.)

(Der Vorhang fällt.)


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