Fritz Reuter
Ut mine Festungstid
Fritz Reuter

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KAPITTEL 21

De Franzos' ward unbescheiden. Wat 'ne Hos' ok tau en Käkeninventor tau reken is? Worüm ick nah Muttern gah, beit mit Kodillg' ward un as en Schaustermeister ut de Dör gah. Worüm 'ne Nachtmütz tau Gottes Finger warden kann. Dat ick ok mal 's Nachtens in de Tacken von en jungen Plummenbom seten heww, un woans en Minsch taum Börnkalw warden kann.

Nu was ick mit den Franzosen allein; ick gung stumm in mine Blamage herüm. – »Na«, seggt hei endlich un drinkt sin Glas mit Lüttjedünn ut, »schön Tüg von Bir hest du uns äwer köfft.« – »För di gaud naug!« segg ick. – »Wat meinst du eigentlich hüt middag dormit?« frog hei, »du wullst mi noch Afbidd dauhn?« – »Di Afbidd? Ok dat noch?« segg ick. »Irst köffst du mi Roddogen stats Karpen up den Hals? Nahsten sniddst du sei mi in luter lütte Finzel? Un tauletzt güttst du mi Bairsches Bir in't Gericht? – Du süllst di as Koch afmalen laten!« – Dat süll ick dauhn, säd hei, ick äwernem mi ümmer Saken, de ick nich wussen wir. – Un so kamm tau de Bitterkeit von de Lurbeerbläder un dat Bairsche Bir noch en bittern Strid, un as dat gegen Abend kamm, würd hei unbescheiden un verlangte noch Abendbrod. – »Mich dücht«, segg ick, »du hest hüt middag gaud naug eten un künnst hüt abend woll mal äwerscheiten, un ick heww mi hüt all naug an den Füerhird afextert, un du künnst mi de Rauh nu woll günnen.« – Äwer ne! Dor legen noch drei Eier in't Schapp, un't stunn dor ok noch en Teller mit Weitenmehl, un hei verlangte, ick süll em en Pannkauken backen. Ick hadd kein Pann, säd ick. – Dat güng ok in de Bifstückmaschin, säd hei. – Dor wir kein Spirtus, säd ick. – Dat güng ok mit Kahlen, säd hei. – Wi hadden kein Melk, säd ick. – Dat gang ok ahn Melk, säd hei. – »Denn back di sülwst weck«, segg ick, »wenn du't doch all so schön weitst.« – Un hei deiht't un rührt sick de Eier un dat Mehl tausam, leggt Kahlen unner de düre, nige Maschin un rührt nu ümmer dorin rümmer, dat em sin Kauken nich anbrennt, un ick gah dor ümmer an vörbi, segg nicks, seih äwer, dat dat luter Wrümmels warden, un denk: Na, wo dit woll möt? un bün noch so niderträchtig un häg' mi doräwer, dat hei mit sinen Kauken in'n Nettel leggt.

Nu wiren sine ollen lütten brunen Wrümmels jo woll nah sine Meinung gaud, un hei schrapte sei sick tausam un drückt jo woll mit den Lepel en beten fast up den Bodden – klack! säd de Bodden, un de ganze düre Maschin lagg in de Kahlen. – »Süh so!« segg ick. – »Ja«, seggt hei. – »Dat kümmt dorvon her!« segg ick. – »Ja«, seggt hei un kickt bald de utenanner smölt'te Maschin un bald sin Wrümmels an. – »Mit de Sak sünd wi nu farig«, segg ick, »denn de Sak geiht nich länger!« un gah hen un hal uns' drei heilen Pött tausam un stell de halwe Bifstückmaschin dorbi hen un segg: »So, nu kik di mal uns' Bescheerung an! As wi vör twei Monat uns in de Kakeri begewen, künnen wi jedwereinen mit säben nige Pött – dat Stück dörchsnittlich tau'n gauden Gröschen – unner de Ogen gahn; wo vel stahn dor nu? – drei! – de annern hest du all liwert, un nu de Bifstückmaschin, un irst min Koffemaschin, un drei flack Teller fehlen, dat ick hüt middag min Fisch heww von en deipen eten müßt.« – Grütt, säd hei höhnschen, müßt ok von en deipen Teller eten warden, un wat von't Kakinventor in'n Deinst tau Grun'n güng, müßten wi beid' dragen. – »Haha!« segg ick, » so willst du? na, denn man tau!« un gah hen un hal min Hos', de ick mi hüt middag verbrennt hadd, un legg sei bi de Bifstückmaschin hen. »Denn geiht de ok ut de allgemeine Kass'«, segg ick. – 'ne Hos', säd hei, hürte nich taum Kakinventor, un dormit fung hei an, up sine Wrümmels tau kauen. – De Ort un Wis' kunn mi denn doch nich gefallen. – »Hir«, segg ick, »is uns' Kass', hir's mine dägliche Bereknung, un nu kumm mit! – Hir liggt en Schepel Tüften, de känen wi deilen, un dat Suppenkrut ok; üm de drei Pött un de Bifstückmaschin känen wi loßen, ut dat halw Kalw, wat ich gistern köfft heww, will ick di dinen Part bor utbetahlen, un de Teller deilen wi uns ok. – Nu, mein ick, sünd wi utenanner.« – Dunn kriggt hei mine unschüllige Hos' tau faten un böhrt sei in de Höcht un fröggt: »Sall üm de ok loßt warden? Denn du hest sei jo utdrücklich tau't Käkeninventor rekent.«

Dat wiren nu Spitzen. Ick argerte mi woll doräwer, äwer sei makten mi fast, mi meindag' nich wedder in 'ne vorteilhafte Kaprusch-Wirtschaft intaulaten. – Von jitzt an kakte ick mi allein, denn ick hadd de drei Pött gewunnen, un hei let sick för düres Geld ut de Leutnantskäk spisen. Äwer't was ok dornah; gegen mi kamm hei nich an, denn ick kakte em tau'n Arger von nu an de künstlichsten un swönnsten Gerichte, un wenn hei achter sinen Teller mit de ollen groten grisen Arwten mit 'ne sure pohlsche Sauß satt, denn hadd ick en schönes Kalwfleisch-Frikanßeh, oder ick hadd mi ok en Stück Hammelfleisch mit Käm smurt; un wenn hei mit sine Flintenkugeln in'n Liw' in de Kasematt herümmerlopen ded, denn satt ick in alle Behaglichkeit dor un freute mi, dat mi keine Flintenkugeln in'n Liw' klätern deden.

Mine Käk gaww mi ok 'ne nützliche Beschäftigung un 'ne grote Belihrung, denn von ehr ut bün ick allmählich up de Chemi verfollen, un as mi de oll Herr General de Verlöwnis gaww, en por lütte nüdliche Jungs in de Wissenschaften tau unnerwisen, dunn hadd ick mit min Malen tausamen den Dag äwer utreikende Geschäften, un de Tid gung hen.

Mit min Malen hadd sick dat ok utspraken, un üm Wihnachten ut kamm min oll lütt Idachechen mit 'ne Empfehlung von ehr leiw' Mutting, un wat de öllste Swester von Aurelia'n wir, de süll frigen, un wil sei dat en beten vörnemer as gewöhnlich anrichten wull, süll bi dese Gelegenheit 'ne Transparent in ehre Kasematt anbröcht warden, un wat ick mi de Sak äwernemen wull? – Dat ded ick drist, säd ick. – Na, denn süll ick doch den General bidden, dat ick Mutting mal besäuken künn. – Un ick ded dat ok, un de oll Herr General ded't ok.

Na, as dit nu bekannt würd, dunn gaww dat en Upstand, denn dit was dat irste Mal, dat ein von uns in en Provathus gahn dürwt, un noch dortau in dit, wo sick all so vel üm dreiht hadd. De Kapteihn stunn lang' un kek mi an, as wull hei wat seggen, säd äwer nicks, Don Juan kamm, gratuliert mi un gaww mi männigen finen Wink, woans ick de Gelegenheit in minen eignen Nutzen verwennen künn, de Franzos' treckte mi an, leihnte mi en Por Vatermürder, bünn sei mi sülwst vör un makte mi en künstlichen Knuppen in't Halsdauk, de Erzbischoff, de en Por Hän'n as en Por Waschhölter hadd un von den sei immer vertellen deden, dat hei ut twei Por gewöhnliche ledderne Hanschen sick ein Por maken let, indem dat ümmer twei un twei tausam neigt würden, leihnte mi en Por von sine, äwer't wiren en Por wullene, utgeflüschte, un ick dacht ok so: na, 't is Winterdag; denn dunnmals was dat noch nich abslut notwennig, dat einer, de den Finen utlusen wull, mit Schapledder an den Knäwel herüm gahn müßt. – Na, ick sach statsch naug ut, as ick in minen besten Rock un Don Juannen sine pohlsche Pelzmütz un de annern tausamgepumpten Saken unnen bi den Kopernikus rinne kamm. – Dat Ding wull platzen vör Arger un Afgunst. »Süh!« säd hei spitz, »ick hadd nich dacht, dat ji mit jug' Tausamenscheiten so'n Stat updriwen künnt.« – »Je«, segg ick, »dat seggst du woll! – Süll ick in desen Uptog mi woll sülwen en beten an ehr ranne swenken känen?« – Nu würd em äwer woll bang', un hei bedwung sinen Arger un süd: »Charles, dauh mi den Gefallen un segg ehr...« – »De Mutter?« frog ick. – »Ne, ehr!« – »De Brud?« frog ick. – »Ne, Aurelia'n«, säd hei verdreitlich. – »Hest du ehr denn sülwst all wat seggt?« frog ick. – »Ne!« seggt hei. – »Na, denn segg ick ehr ok nicks«, segg ick. »Ick künn dor ankamen as de Säg' in't Judenhus, denn dat Mäten kann jo noch recht gaud den ollen, braven Kapteihn in ehre bläudige Seel dragen, oder de Mutter mag jo ok woll dat för gaud inseihn hewwen, dat ick de Paßlichste för ehre Dochter bün, denn so vel ick weit, hett sei mi un nich di tau sick inladen.« Dor mit gung ick ut de Dör: so! dor rük an! Du willst di äwer mine Utstaffierung monkieren? Heww ick von din Wormtüg von Kinnerkledaschen all wat leihnen wullt?

As ick nu buten tau Rum kamm, segen mi de annern all recht erfreulich an, denn ick was ehr Stolz, wil ick von jeden von ehr wat an mi drog, un as ick nu, sihr mit min Utseihn taufreden, de Alleh entlang gah un mi 'ne Anred' an de Mutter inäuw': »Wenn ich es wage...« wat was dorbi grot tau wagen? – »Wenn ich so frei bin...« – ick was man nich fri – »Wenn ich Ihren Befehlen gehorche...« – dat was tau vel; sei hadd mi nicks tau befehlen – »Wenn ich Ihren Wünschen nachkomme, so...« – dunn kümmt einer achter mi un grawwelt mi hinnen an de Rocktasch, un as ick mi ümseih, was't de Erzbischoff, de mi minen buntbomwullnen Taschendauk 'ne halw Ehl ut de Tasch trecken ded. – »So«, säd hei, »das fehlte noch«, un dunn bögte hei sick nah mi ran un flustert mi in de Uhren, dat Lewandowsky, de bi mi gung, dat nich hüren süll: »Es prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet... Na, Charles, du weißt, was ich meine«, slog mi mit sine Segenshand drist in dat Gnick: »Nu geh mit Gott, alter Junge!« un ick was nu up mine eignen Kräfte anwesen.

Lewandowsky blew buten, ick gung rinner in de Proviantmeisters-Kasematt. – Na, de dummsten Lüd' bugen de meisten Tüften; ick hadd also dat grote Glück, Aurelia'n allein tau drapen. – As ick rin kamm, sprung sei von ehr Stickgeschirr tau Höcht, un as en oll lütt nüdlich unschüllig Mäten reckt sei mi de Hand entgegen.« –Guten Tag! guten Tag! Das ist sehr freundlich von Ihnen.« – De Anfang was gaud, äwer nu hadd ick de ßackermentschen utflüschten Hanschen von den Erzbischoff an de Fingern, un de kunn ick ehr doch nich gewen, un as ick sei endlich aftagen hadd un hadd sei in Don Juannen sine Pudelmütz rinne leggt, was ehr Hand all weg. – Nu hadd ick mi woll up 'ne Anred' bi de Mutter prekawiert, äwer up en jung' Mäten was ick nich inricht't, un wenn ick ok in vergahnen Johren männig schöne Anred an en jung' Mäten hollen hadd, so was ick up Stun'ns gänzlich ut de Äuwung mit Frugenslüd', denn ick hadd in de sös Johr Festung mi blot an de Korline mit de Leekogen in S. un hir an min oll Fru Bütow'n äuwen kunnt, un mit de kunn ick sei doch nich äwer einen Leisten slagen. – Ick stamerte wat taurecht, un tauletzt kamm ick mit de grötste Dämlichkeit tau Platz, de einer utfünnig maken kunn: »Ist Ihre Frau Mutter wohl zu sprechen?« säd ick. – Leiwer Gott! ick hadd't ganze Spill in Hän'n mit drei Matadur un de Irsten un würd beit! – Beit mit Kodillg'!

»Ich will Mutter rufen«, säd sei un lep rute, un ick stunn nu dor un wunnerte mi, dat ick mit mine langen Uhren nich an den Bähn schrammte.

Nu was »Mutter« denn woll noch in hüsliche Geschäften un in en Morgenrock inwickelt, ick hadd also Tid naug, mi wenigstens de Anred' an »Muttern« noch en pormol dörch den Kopp gahn tau laten, un as sei endlich kamm, dunn fung ick denn ok an: »Wenn ich Ihren Wünschen nachkomme, so...« – »Sie sind sehr gütig!« säd Mutter. »Sehn Sie, dies hier ist die Nische. Und wenn Sie so gütig sein wollten, mir darin ein Transparent zu machen...« – »Ja woll! Ja sehr gerne!« Un dormit müßt ick nu Aurelia'n den Rüggen taukihren, un de set'te sick nu wedder an't Finster un stickte wider. – »Ja, sehr gerne!« säd ick, un ick hadd mi all vörlöpig so'ne Idee von de Sak makt. – »Wie meinen Sie denn wohl?« frog sei. – Oh, säd ick, ick meinte in de Midd en rechten schönen Altor mit Efa bewussen, »um die Dauer der Liebe auszudrücken«, säd ick; up den Altor en brennend Hart, »um die Glut der Liebe auszudrücken«, säd ick; un äwer de Flamm en Por verslungene Hän'n, »um den geschlossenen Bund auszudrücken«, säd ick. – Dat geföll Muttern ok ganz gaud; äwer't würd tau kahl utseihn, meinte sei. – Ja, säd ick, dat süll sei mi man maken laten, üm de Geschicht herümmer müßten noch en por Engel swewen, de Myrten- un Palmtwig in de Hän'n höllen un unnenwarts an de Bein mit 'ne Rosengirland' ankedt wiren. – Mit dat äwrige was sei taufreden; äwer mit de Engel, dat wull ehr nich in den Kopp, un't kamm binah so rute, as wenn sei mi Engel nich recht tautrugen ded. – Ob wi de Engel nich weglaten künnen, frog sei. – Ne, säd ick, von Engel künn ick nich afstahn: de Sak würd süs tau dodig utseihn, wat Lewigs müßt dor mang. – Na, sei gaww sick denn ok dorin, un as ick mi ümdreih, üm Aurelia'n doch wedder antauseihn, dunn sitt dat listige Ding dor, kickt ut dat Finster rute, lacht äwer't ganze Gesicht, böhrt en Finger in de Höchst, nahsten en halwen, leggt en annern dorgegen un makt mit beide Hän'n allerlei Mirkens. – Dunner! Wat's dit? denk ick un gah neger an't Finster. – »Also meinen Sie?« seggt Mutter. – »Ja«, segg ick, »so meine ich«, un kik ut't Finster rut, un dor stunn de Kopernikus an de lütte Lind' un makt justament so'ne Mirkens as Aurelia. – Haha! denk ick, ji kikt jug nu nich mihr blot an, ji makt jug nu all Telegraphen! Un ick gab noch neger an't Finster un kik dörch de Ruten, un dunn makt mi dat Krät von Kopernikus ok 'ne Telegraph tau, de ick recht gaud verstunn, hei sparrte de Fingern utenanner un läd de beiden Hän'n unner sinen krummen Näthaken von Näs' un grinte mi an: »Schrap Räuben, Charles! Dat hett di doch nicks hulpen.« – Ick gung noch mal nah de Nisch' ran un namm Mat un dacht, ick wull noch Gelegenheit finnen tau'n recht gebildtes Gespräk; äwer de Ollsch frog mi blot, wenn ick mit min Arbeit woll farig sin künn. – Oh, in drei Dagen, säd ick, un as de Unnerhollung nu wedder in't Stocken kamm, namm ick min Pudelmütz un min utflüschte Hanschen, säd adjüs, un as ick ut de Dör gung, hadd ick dat Gefäuhl, as wir ick en Schaustermeister, de up Bestellung arbeiten ded un de Muttern en por nige Stäwel anmeten hadd.

Oh, wat was ick falsch up mi! Mine ganze Damenunnerhollung hadd ick verlihrt; all de schönen Redensorten wiren mi up de verschiedenen Festungen afhannen kamen, un hadden sei mi as Schauster traktiert, hadd ick mi jo as Schauster man bedragen. Äwer as ick den Kopernikus buten stahn sach, dunn begehrte in mi en Trotz up: jo nicks marken laten, leiwer leigen! – »Du kümmst jo so bald wedder?« seggt hei spöttschen tau mi. – »Ja«, segg ick, »wenn du't west wirst, du haddst jo woll glik bi'ne Antrittvesit de Lüd' den ganzen Vörmiddag up den Hals' legen? – Ne, Gott sei Dank! Sovel kenn ick dor denn doch noch von.« Dormit gung ick denn forsch an em vörbi un nah den Franzosen, Don Juannen un den Erzbischoff ran. – »Na, wie ist's gegangen?« frog Don Juan, un de Franzos' kamm up mi los un treckte mi den einen Vatermürder bet rute, as wenn dat nu noch Not wir. – »Schön«, säd ick, »sihr schön! – As ick rin kamm, stunn en schönes Frühstück up den Disch, un Aurelia namm mi bi de Hand un nödigt mi up den Sofa dal un schenkte mi en Glas Madera in.« – »Madera?« frog de Erzbischoff un lickmün'nte dorbi, »ordentlichen Madera?« – »Natürlich«, segg ick; »meinst du, dat sei mi dor en Bittern vörsetten warden? – Un dor seten wi denn recht tauvertrulich tausamen un kemen denn ok bald up dat Kapittel ›Liebe‹.« – »Dat settst du tau«, seggt de Franzos', »dortau was de Tid tau kort.« – »Na«, segg ick, »wenn du't beter weitst, süs frag Don Juannen, ob einer, de sick dorup versteiht, lange Tid dortau brukt.« – Ne, säd Don Juan, hei för sin Part hadd männig Mäten binnen fiw Minuten 'ne utführliche Leiwserklärung makt, un denn wir Madera dor noch gor nich mit mang west. – »Na«, vertellte ick denn nu wider, »un so seten wi denn tausam; ick hadd ehr Hand fat't un drückte sei männigmal, un sei drückte sei mi wedder...« – »Das lügst du!« röp 'ne scharpe Stimm achter mi, un as ick mi ümkik, steiht de Kapteihn achter uns un kickt mi mit wütende Ogen an: »Das lügst du, Charles, und du solltest dich schämen, daß du auf Kosten eines braven Mädchens lügst.« – Dat was mi nu gor nich infollen, ick wull blot nich ingestahn, dat mi mine Damenunnerhollung fläuten gahn un dat ick as Schaustermeister ut de Dör gahn was. – »Wo so?« frog ick denn also sihr verdutzt. – »Ich will's dir beweisen!« seggt hei, »komm mit!«, un ick tüffel ok richtig achter em an, denn wenn einer so up frische Daht fat't ward, denn giwwt hei sick in allens.

»Sieh, wie abscheulich du gelogen hast: Aurelia hat dir bloß guten Tag gesagt, hat dann ihre Mutter gerufen und hat kein Wort weiter mit dir gesprochen.« – Dunner, wo verfihrt ick mi! Wovon wüßt hei dat all? – Ja, säd ick, ick wull em allens ingestahn, wo't west wir; äwer hei süll mi ok seggen, wovon hei dat weiten ded. – Hei wünn sick irst, tauletzt säd hei: »Charles, du weißt, ich bin aus einem Nebenbuhler ein Vertrauter, ja ein Beschützer von Kopernikus' Liebe geworden.« – Dat wüßt ick nu gor nich, äwer ick slog den Dummen an den Hals. – »Du weißt«, säd hei wider, »hier auf der Festung treibt sich ein armes taubstummes Mädchen umher, welches in einer Anstalt die Fingersprache erlernt hat. Dies arme Mädchen erhält alle Sonnabend ihr Mittagessen bei Proviantmeisters, und der hat Aurelia ihre kleinen Künste abgelernt – zufällig, nicht in besonderer Absicht. Ich habe mal mit einem Stubenburschen in Halle zusammen gewohnt, der sich zum Lehrer in einem Taubstummeninstitut ausbilden wollte, der hat mir diese Sprache beigebracht und ich wieder dem Kopernikus.« – »Zufällig«, säd ich, »nicht in besonderer Absicht!« – Nu würd de Kapteihn en beten verlegen: »Nein«, säd hei, »dies war volle Absicht, denn, wie gesagt, ich betrachte mich als Schützer dieser Liebe.« – »Haha!« segg ick, »nu weit ick jo mit de Telegraphen Bescheid, de achter minen Rüggen spelen deden. Dat is jo denn also de gewöhnliche Spitzbauben-Kasperi, as ick sei up de Stadtvogtei achter jeden Bleckkasten herute fingieren seihn heww, un dorüm steihst du up Stun'ns woll ümmer wedder bi de lütte Lind', üm den Kopernikus Provatunnerricht tau gewen?« – Nu stickte de Kapteihn sick äwer rod an, un sin Og, dat würd unsäker. – »Darum nicht«, säd hei. – »Dit is nett«, segg ick, »ji verlangt von mi, ick sall ümmer de Wohrheit seggen, un ji hewwt allerlei Heimlichkeiten vör mi!« – »Nein, Charles«, säd de olle ihrliche Burß, »ich weiß, daß du nichts verraten wirst: ich liebe.« – »Gotts ein Dunner!« segg ick, »all wedder!« – »Hast du mich jemals nach der bewußten Zeit an der kleinen Linde nach Aurelien blicken sehn?« – »Ne«, segg ick, »dat kann'ck di betügen, du hest ehr ümmer den Rüggen taukihrt un hest ümmer up de anner Sid nah Majur Martini'n sine Finstern henkeken, un nu brukt Lewandowsky den Pal nich mihr tau richten, denn du un de Kopernikus staht em ümschichtig scheiw un wedder grad.« – »Ja, Charles, sie ist es«, säd hei un strek sick gedankenvoll äwer de Ogen, un as de Hand an sinen dreivirteljöhrigen, prachtvollen Snurrbort kamm, fung hei dormit an tau dreihn, un as de Snurrbort pil in En'n stun'n, säd hei: »Ja, Charles, sie ist es, Auguste von Martini ist es, und sie wird es.« – Dortau was nich vel tau seggen, denn hei was nah mine Insichten up den richtigen Weg; tüschen de Proviantmeistersdochter un de Königin Viktoria wählte hei de Middelstrat un namm sick en adlich Frölen, un de Middelstrat was dunn allentwegen sihr begäng', denn de beiden berühmtesten Lüd' tau de dunnmalige Tid, Herr Guizot un Lurwig Philipp gungen de sülwige Strat. »Kapteihn«, segg ick, »ick glöw, ditmal hest du de Wust up't richtige En'n ansneden; äwer wo is dat kamen?« – »Je«, seggt hei, »'s ist augenscheinlich Gottes Finger. – Damals, als der Kopernikus und du euch beide weigertet, den Spaziergang hinter dem Wagenhaus zu benutzen, hatte Schr. einmal Besuch von seiner Braut, der Erzbischoff hatte den Schnupfen, ging nicht aus, und Don Juan versuchte auf dem anderen Ende des langen Wagenhauses, ob er nicht einen freundlichen Blick von dem Schenkmädchen erhaschen konnte, kurz, ich befand mich allein auf der Promenade, denn Lewandowsky beschäftigte sich mit Don Juan. Da gehe ich an dem geöffneten Torwege des Major von Martini vorüber, der Torweg steht auf, und ich erblicke eine reizende Dame, die dort Zeug zum Trocknen aufhängt – du meinst vielleicht Bett-, Hand- und Tischtücher, nein, die niedlichsten, freundlichsten Toilettengegenstände, die uns in ihrer Zartheit und mannigfachen Bezüglichkeit so rührend tief erfreuen, als Unterärmel, Busenkragen und Nachtmützen. – Daraus strahlte sie hervor wie eine volle aufgeblühte Rose zwischen weißen Lilien.« – »Ja«, segg ick, üm em 'ne Freud tau maken, »wat vüllig is sei, un dat hett sei vör Aurelia'n vörut.« – »Nicht wahr?« fröggt hei un vergett sine herrliche Aurelia ganz un gor. – »Sie ist eine prachtvolle Erscheinung! Und wie ich nun so in der Fülle ihrer Schönheit versunken dastehe, erhebt sich ein starker Windstoß, und eine der Nachtmützen flattert durch den offenen Torweg auf mich zu, ich ergreife sie, bevor sie zur Erde fällt, und sage: »Glücklich, mein Fräulein, derjenige, der wenigstens mit der Hülle Ihrer Träume hat Bekanntschaft machen können.« – Dat weit de Kukuk! denk ick so bi mi, de Kapteihn hett de Damenunnerhollung doch nich verlihrt, worüm du? un arger mi. – »Na«, segg ick giftig, »un dunn lacht sei, un dunn was't vörbi?« – »Charles«, säd hei irnsthaftig, »die junge, schüchterne Liebe lacht nie. – Wir standen schweigend in dem Torwege, und sie zupfte in holder Verlegenheit an den Bändern ihrer Traumhülle. Plötzlich rief eine barsche Männerstimme aus einem Fenster in den Hof hinein: ›Auguste, meine Schärpe!‹ – Sie erschrak, rief ängstlich: ›Ach Gott! Vater muß zur Parade!‹, riß stärker an den Bändern, sprang in den Torweg und hinterließ mir dies Angedenken.« Un dormit treckte de Kapteihn einen natürlichen Nachtmützenband unner de West herute. – »Kapteihn«, säd ick, »ick segg nicks wider, as du büst up den richtigen Weg! – Mit allerlei lose Bänner fangt 'ne richtige Sak an, un mit en Band, wo'n Knuppen inslagen is, hürt sei dennahsten up. – Ach Gott!« segg ick, un mi würd ok weikmäudig tau Sinn, »heww ick all dörchmakt! Wenn ok nich grad mit en Nachtmützenband! – Ick heww ok mal 'ne schöne blage Sleuf von en schönen blonden Kopp unner de West dragen un hadd nu all Fru un Kinner hewwen künnt, wenn de ßackermentsche Festungsgeschicht dor nich mang kamen wir. – Ach, Kapteihn! Wat heww ick för romantische Geschichten anstellt! – So wat is di meindag' nich in den Sinn kamen.« – Na, dat wull hei nu nich; dorin wull hei sick nu nich vörbijagen laten. – »So?« segg ick, »hest du all mal in en jungen Plummenbom seten, in all de verdammten Tacken, de so'n Kretur hett, blot üm ehr Slapstubenfinster tau seihn?« – »Ne«, säd hei. – »Na«, segg ick, »dat heww ick, un unner mi stunn min Fründ Wählert – na, mag nu ok all lang' Preister mit Fru un Kinner sin – un spelte up 'ne Gitahr un sung: ›Höre, wie der Regen fällt, hör', wie Nachbars Hündchen bellt!‹ – Un sihr schön sung hei, äwer Hun'n wiren dor nich, un de einzigsten, de dor herümmer bleken deden, dat wiren hei un sin Gitahr. Äwer slimm was't, dat de Regen nich föll un de Mahn hell schinte, denn dat würd min Unglück, indem dat sei – wat sei was – mi dor in de Tacken sitten sach un ehr Swester röp; un dunn bekeken sei mi beid' in mine Verlegenheit, un de Swester, de stark äwersichtig was, noch dortau mit 'ne Lorjett. Un Wählert lep weg un let mi dor sitten, as wir ick gegen de Sparlings rinne set't, un as ick tauletzt ut den Bom rute sprung, ret ick mi mine einzigste Hos' hinnenwarts intwei, von't Fleisch gor nich tau reden, denn dat heilt woll wedder; un wil nu min Snider de Ort Hosentüg in ganz Parchen nich updriwen kunn – denn de Hos' hadd 'ne entfahmte Kalür un stammte ut Stemhagen –, müßte ick den ganzen Harwst äwer – un't was en windigen Harwst – mit de Rockslippen möten, dat de Lüd' doch nich segen, wo slicht min Achterdeil mit min Vödderdeil stimmte; äwer de ollen lütten Quintaner hadden't doch seihn un röpen achter mi her: ›Stigelitsch!‹ Äwer dat slimmste En'n kamm all glik den annern Morgen, dunn schickte de oll Geheime Hofrat sinen Bedeinter tau mi: 'ne Empfehlung von den Herrn Geheimen Hofrat un wenn ick dat nich sin let un em de nachtslapen Tid nich günnen ded, denn zeigte hei't bi'n Schauldirekter an. – Heww ick all dörchmakt, Kapteihn!« – Dat hadd denn nu de Kapteihn woll nich in mi söcht, denn hei was ogenschinlich erfreut, as hei dat tau hüren kreg, un hei würd noch tauvertrulicher un verteilte mi nu, hei hadd sin Auguste nahsten nochmals spraken, as de Oll up de Parad' gahn was. Sei hadd 'ne Lin anbinnen wullt, äwer ehre Natur was tau kort dortau west, un hei was hensprungen un hadd ehr hulpen, un sei hadden äwer den hübschen Hof redt, un dunn hadd sei em ok de einzelnen Ställ wis't un säben wunderschöne Käuh, denn wat ehr Vader was, de was Majur von den Platz, un sine Inkünften bestunnen uter dat äwrige noch ut all dat Heu, wat up de Festung wassen ded, un sei müßt de Melkwirtschaft bi ehren leiwen Vatting bedriwen un hadd ok den Melkverkop; äwer't gung man slicht, denn up Stun'ns wiren dor gor tau vel Käuh up de Festung. – Un dorbi was de Kapteihn up 'ne romantische Idee verfallen: wie süllen, meint hei, all uns' Melk von sine Auguste köpen. »Je«, segg ick, »Kapteihn, wi annern dauhn't woll, äwer de Erzbischoff deiht't gewiß nich, denn de hett sick all tau deip mit sine Bäckerfru inlaten.« – »Wahr!« seggt hei un geiht in deipen Gedanken neben mi: »Der Absatz würde zu unbedeutend sein.« – Mit einmal dreiht hei sick nah mi üm un fröggt: »Charles, was hältst du von dem Stabsarzt R. in M.?« – »Dat is en heil prächtigen Kirl!« segg ick. – »Ich meine, was du von seinen medizinischen Fähigkeiten hältst!« –»Oh«, segg ick, »ick holl em för en uterwählten Doktor.« – »Weißt du, was der einmal äußerte? – Wir alle in M. müßten einmal eine gründliche Milchkur durchmachen.« – »Woans is dei?« frog ick. – »Man genießt nichts anders als Milch; in den ersten drei Tagen ist noch etwas trockner Semmel dabei erlaubt, aber später genießt man vier Wochen hindurch nichts als Milch.« – »Gott sall mi bewohren!« segg ick, »dor möt jo en Minsch rein taum Börnkalw warden.« – »Ja, verjüngt wird er«, seggt hei, »ganz verjüngt!« – » Verjüngt?« frag ick. – »Denn slag di dat ut den Sinn; de Sak paßt nich för uns. Wenn wi in vir Wochen dörch dine Kur fiwuntwintig Johr öller würden, denn let ich sei mi gefallen, denn künnen wi fri dormit kamen.« – Hei meinte nu jo woll, ick wull äwer em spektakeln, un namm't äwel un gung von mi furt.


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