Fritz Reuter
Ut mine Festungstid
Fritz Reuter

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II. De Festung M.

KAPITTEL 6

Up de Reis'. Worüm ick mi mit de lütten Stratenjungens afgewen müßt, un wat de beiden ollen Herrn mit mi tau dauhn hadden. Worüm ick nich weglep, un worüm 'ne junge Fru Burmeistern warner höllt as 'ne Pirddeck, un dat de W.....barger Primaner staatsgefährliche Minschen sünd.

De Reis' nah M. gung los. Wedder kahle Feller un grusiges Weder. Ümmer von landrätlich Amt tau landrätlich Amt, männigmal ok blot man taum Herrn Burmeister. Ball en Fautschandor mit Schapschinken un »Seitengewehr« in den Wagen, ball en »Berittener« mit Slepsäwel un Pistolen buten den Wagen. – Wenn mi dit letzte Glück drop, hadd ick vel Vergnäugen un Ogenweid'; denn wenn min Schandor tau Pird so rechtsch un linksch von den ollen Planwagen, in den sei mi as afschreckend Bispill in den Lan'n herümmerkarjolten, herümmerflankierte un de Fuhrmann in en Likenwagen-Schritt dörch de Dörper un Städer hendörch parodierte un tauletzt bi'n Wirtshus anhöll, denn drängte sick allens üm uns rüm un bekek mi, dat ick mi sülwst ordentlich gefährlich vörkamm un tau gliker Tid gruglich, as wenn ick bi lewigen Liw' späuken ded un mit minen Kopp unner den Arm mang all de Minschen herümgüng.

Ja, 't was en würklich fierlichen Uptog, un dat fäuhlten sülwst de lütten Stratenjungs, de uns ümmer dat Geleit gewen un mi mit allerlei Ihrentitel begrüßten, de sick up en Hor as »Spitzbauw« anhörten.

Kamm ick denn des Abends nah so vele Upmarksamkeiten in min Nachtquartier, müßte ick jedesmal noch irst en Besäuk bi den Herrn Landrat oder den Herrn Burmeister maken, un de gewen mi denn tau mine Unnerhollung twei ihrwürdige, utrangschierte, öllerhafte Börgers mit in min Wirtshus, dat sei mi de Nacht äwer von ehren Toback wat vörrökern süllen un nebenbi dorup seihn, dat ick nich weglep un den königlich preußschen Staat an alle vir Ecken ansteckte.

Meistendeils wiren't luter brave, olle Herrn, un keinen einzigen heww ick dorunner drapen, de nich tauletzt, wenn ick mit Fragen binah dod quält was, mi 'ne wollslapende Nacht wünscht un as letztes Wurd de Ansicht utspraken hadd: »Je, äwer unsern König hewwen Sei doch dodmaken wullt.«

Unner uns, in de Wirtsstuw', seten denn de Hunneratschonen von de Stadt un nödigten sick den Schandoren rinne, un de müßte vertellen un drinken, un wat hei vertellte un wat hei drunk, müßte ick allens mit minen ihrlichen Namen betahlen.

So kemen wi denn grad an den irsten Osterdag 1837 in de lütte Stadt B., un as ick de Ihr genaten hadd, mit den Herrn Kreissekretär Bekanntschaft tau maken, genöt ick dat Vergnäugen, dat mi en schönen Sluchter von lütte, nüdliche Stratenjung'ns nah't Wirtshus taurügg brächte, wo ick denn wedder von mine gewöhnliche Wach in't Gebett namen würd.

Desen Abend süll dat äwer beter för mi uthau'n, denn de Wirt, en groten Mann mit en fründlich Gesicht – Stier würd hei heiten –, kamm nah mine Stuw' ruppe un nödigte mi, den Abend in sine Fomili tautaubringen. – »Je«, säd ick un kek mine beiden ollen Herrn an. – »Oh«, antwurte hei, »dat hett nicks tau seggen; de beiden kenn ick – Meyer, gahn S' runner un laten S' sick en por Buddel Bir gewen.

Meyer gung, un ick gung ok.

Dor satt ick also nu nah lange Tid taum irsten Mal wedder in 'ne Fomili mit an en runnen Disch un drunk Tee un hürte dat Klavierspelen mit an. Musik hadd ick in S., wo ick tauirst satt, in vullen Mat tau hüren kregen: »mein gutes Herr Bohlchen« spelte mi alle Abend mit de Ouvertür von de witte Dam' in den Slap, so dat ick sei hüt un desen Dag noch heil un deil nahfläuten kann; »frère Braunen« hadd dat Unglück 'ne Fidel in de Hand gewen, de jeden Dag drei Stun'n lang de gruglichsten Strabazen uthollen müßt, un as »de Bur« unner mi mit dat Hurn anfung, dunn kunn ick mi nich anners helpen, ick grep nach den Waterkraus un göt em – platsch! up mine Delen, dat hei dörch den ollen slichten Bred'bähn dörchdrew un unnen as 'ne gadliche Dackrönn ankem un em taum wenigsten dat ßackermentsche Notenblad dörchweikte. – De Musik was dat also nich, de mi dat hüt so warm üm't Hart makte, 't was ok nich de warme Aben, ick hadd jo doch ümmer, wenigstens des Abends, en warmen Aben hatt. Wat was't denn? – Dunnmals wüßt ick dat nich; nu weit ick't äwer, dat wiren all de warmen Strahlen, de in den Kreis von so'n runnen Disch tausamen scheiten; för mi an desen Abend de Erinnerung an de säute, glückliche Tid, wenn de oll Herr Amtshauptmann Wewer mit min Mutting an so'n runnen Disch Tee drunk; för mi an desen Abend, as wenn ick in Parchen bi de Fru Geheime Hofrätin an den runnen Teedisch satt un Adelheid inschenkte; för mi an desen Abend, wil dat sick rings üm mi rüm so'n ihrliches un nich taudringliches Mitgefäuhl utsprok, wat mi allerwegen entgegenkamen, ahn mi weih tau dauhn. – Dat was, as wenn en Soldat, de Johre lang in'n Biwacht legen hett, taum irsten Mal in en Dunenbedd herin kümmt.

Gott segen de Lüd, de dat an mi dahn hewwen, de mi taum irsten Mal in dat wille, weuste Lewen de rauhige Ankerstäd' för de Taukunft wesen hewwen! Ach, sei lagg noch wid! – Gott segen dat gaude Mäten, wat mi an desen Abend bi de Mahltid de Tüften afpöllte!

Doräwer mag männigein lachen, un ick hadd't jo ok sülwst dauhn kunnt; ich hadd jo min Stäweln sülwst putzt, ick hadd jo min Bedd sülwst makt un mine Stuw' utfegt, ick hadd jo min Tüften sülwst schellt; wat was dor wider bi? – Dat müßten betere Lüd', as ick was, allens dauhn; äwer dat mi hir taum irsten Mal 'ne fründliche Mätenshand so entgegenkamm, dat ded't! Taum irsten Mal nah so lange Tid! – Nu deiht dat mine leiwe Fru ümmer bi de Pölltüften, un ick bün ehr dorför sihr dankbor; äwer ick bün dor nu all an gewennt.

Un ick in dese Gesellschaft? – Natürlich so unbehülplich as mäglich. – En Jenenser Student is för de menschliche Gesellschaft all en sihr unverdaulichen Happen, un wenn de noch drei un en halw Johr up preußische Festungen inpökelt ward, denn ward hei woll, taumal för de Dams, en beten tag wesen. – So was't denn nu ok ditmal, un vel Vergnäugen hewwen de Dams an mi nich hatt. Äwer ick desto mihr an ehr; un as ick gegen elwen tau mine ollen Herrn heruppe kamm un tau Bedd gahn was, dunn säd ick recht glücklich tau mi: »Uns' oll Herrgott lewt noch!« un möt mit desen Gedanken jo ok woll inslapen sin.

Von nu an müßten wi en groten Bogen maken, wil up unsen graden Weg en anner dütsches Vaderland lagg, in dat keine preußischen landrätlichen Ämter Mod' wiren, un ahn de führten wi uns fast, de müßten wi hewwen.

Desen Dag – den tweiten Osterdag – kemen wi nah Z., hir was kein Landratsamt, un de Burmeister was nich tau Hus un was in de einzigste Glaskutsch, de in de Stadt uptaubringen was, en beten bi sinen Swigervader tau Besäuk führt; de Schandor müßte also allens up eigene Hand anordnieren. Dit würd em denn licht, denn in dat Wirtshus, wo wi afstegen, seten ungefihr föftig olle Herrn un drunken Bir, hei wählte sick twei von de besten mang ehr ut, de set'ten sick en beten bet nah mi ranne, drunken ehr Bir wider un fungen mit de herkömmlichen Fragen an. De Wirt, noch en jungen Mann, stunn dorbi un hürte tau, un as hei vernamm, dat ick en Meckelnbörger was, kamm hei neger un grüßte mi as Landsmann.

»Mein Gott!« frog ick em, »wo kamen Sei hirher?« – »Ih«, säd hei, »dat is jo nich so wid; von hir bet an de meckelnbörgsche Grenz känen gradtau tein bet twölw Milen sin.« Ein Wurd gaww dat anner, hei was ut Grabow, hei kennte weck von mine Bekannten, ick weck von sine; hei frog angelegentlich nah K.....bach, de ok seten hadd, un de nahsten Burmeister in Anklam was un nu in Amerika is. Wat gung mi allens dörch den Kopp! So neg' bi de Grenz! un hadd ick de in den Rüggen, denn kunnen de Preußen mi nahfläuten. De Wirt hadd mi mäglich Vörschub dahn, möglich ok en Vörschuß an Geld makt, dat fehlte mi; hir was kein Landrat un kein Burmeister, de Schandor was mit den Wagen wedder taurügg führt, un de anner, de mi in Empfang nemen süll, was wohrschinlich ok nich tau Hus, denn hei hadd sick noch nich seihn laten; ick was allein up mine beiden ollen würdigen Herren anwesen, un de wedder up ehr Bir, un dat Bir was en gauden Fründ von mi von Jena her un stunn mi bi, dat wüßt ick. Achteihn Gröschen hadd ick up de Reis' däglich tau verzehren, un hüt hadd ick noch nich vel vertehrt, ick hadd also noch en schönes Deil Gröschen bi den Wirt in Vörrat, un för de let ick mine beiden ollen Herrn flitig inschenken. – De Wirt markte Müs', dat was mi leiw, denn hei sweg un makte en Gesicht as »wat gelt mi dat an«; ick frog bi weg'lang so verluren nah den Weg; dat gung allens wunderschön; blot twei Ding' wiren slimm, kein Geld in de Tasch un buten twei Faut hogen Snei un kein Weg un kein Steg, denn dat fisselte noch ümmer sacht von den Hewen dal. Äwer wat mi taum Schaden was, was jo de ok taum Schaden, de mi wedder gripen wullen.

As dat düster worden was, gung ick ruppe nah mine Stuw' un treckte mi min besten Stäwel an un twei Hemden, ein äwer dat anner, mi gegen de Küll tau wohren, denn Äwertreckers gaww't dunn noch nich, un en Mantel hadd't bi mi noch nich afsmeten. So, nu was ick farig, nu kunn't losgahn; äwer Geld! – Ach, un nu kamm mi noch en anner Bedenken, un dat stödd den ganzen Plan üm.

Min oll Vader hadd mi binah in jeden Breiw beden, ick süll doch meindag' nich up en Fluchtversäuk verfallen; hei wir en ollen Mann, un wenn ick flüchtig würd, kregen wi uns seindag' nich wedder tau seihn; ick müßt jo ball fri kamen. Natürlich müßten wi ball fri kamen, dat was jo uns' Morgen- un Abendgedank, dat schrewen uns' Öllern, dat säden uns de Gerichtspersonen, dat säden uns uns' Verteidiger, wi süllen man jo nich appellieren, denn denn durte dat noch lang', wi süllen uns man blot an de Gnad' von den König wennen. – Je, de Gnad'! – As hei dod was, dunn kamm de Gnad'. – Äwer ick hadd minen ollen Vader fast verspraken, nich an Flucht tau denken, frilich tau 'ne Tid, as ick noch nich weiten kunn, dat sei mi mal so licht warden würd; äwer ick müßt jo doch nu ball fri kamen!

Dat was dat Grausamste bi dat ganze Verfohren, dat von allen Siden in uns ümmer de Hoffnung weckt un nahsten denn von de Ministerbeinen un de staatsrätlichen Beinen tau Schanden peddt würd.

Dese Nacht kamm nich vel Slap in mine Ogen, ick termaudbarst mi, süll ick't dauhn un dürwt ick't dauhn? Känen kunn ick't; mine beiden ollen Herren slepen in de Sofaecken ehren Slap von wegen ehre Gerechtigkeit un von wegen min Bir, ick lagg in min Kleidungsstücken dwars äwer min Bedd, unner mi was dat noch lang lewig, un de Husdör müßte noch up sin, denn't was jo de tweite Osterdag. – Äwer ne! ick müßt jo so wi so ball fri kamen! Ick treckte mi ut, läd mi in't Bedd: äwer slapen kunn ick nich, mi gung tau vel dörch den Kopp.

Was't recht oder was't unrecht, dat ick blew? – Wer weit't. Weck von uns sünd glücklich dörchkamen: von Massow ut Kolberg, Bönninger ut Sülwerbarg un Wagner un Reinhardt ut Magdeborg, äwer dat sei dordörch vel glücklicher worden sünd, heww ick nich hürt. Wat sall so'n halwe dütsche Jurist oder Theolog, un wenn't ok en Mediziner is, in de Frömd? – För mi was't jedenfalls gaud, dat ick den Plan upgewen hadd; den annern Morgen wiren't 16–17 Grad Küll, un de Snei lagg kneihoch; ick wir gewiß de Nacht verklamt.

Den annern Morgen kamm de Schandor mit en Planwagen vör de Dör gehottert. De Nacht hadd ick nich slapen, denn früst den Minschen so all ümmer, un nu noch 16 Grad Küll un nicks up den Liw'. – Dat was denn nu en stark Stück. – Äwer ick möt dat den Schandoren taum Ruhm nahseggen, hei sorgte för mi nah Mäglichkeit, hei gaww mi 'ne Pirddeck üm de Fäut; äwer wat hülp dat all? De Wind pust'te uns grad in de Tähnen, in den ollen Planwagen herin, dat mi de Seel in den Liw' frür.

Up den halwen Weg nah L. begegente uns de Herr Burmeister in sine Glaskutsch un höll an, as hei den Schandoren sach un frog em, woso un woans? – Hei hadd en warmen Mantel üm, satt in 'ne dicht taugemakte Glaskutsch, führte mit den Wind, un bi em satt 'ne lütte, warme, junge, hübsche Fru un kek mit rosenrode Backen dörch de Glasfinstern. Ach, wo girn hadd ick mit em tuscht un hadd mit sine lütte, warme Fru Burmeisterin mit den Wind in de Glaskutsch seten. Äwer dat let sick denn nu doch nich maken; also man ümmer »Jüh!«

Den Abend kamm ick an Kloster L. an. In de Wirtsstuw' seten en Stückener acht bet teihn junge Lüd', de sick ball as W.....barger Primaner utwesen; ick gung in de düsterste Eck herin un set'te mi an den Aben. Dat wiren ganz frische, nette Burßen, un ick hadd för so'ne Ort en Hart, as ick dat ok hüt noch heww; äwer ick müßt den Abend irst dörchdäuen.

Sei drunken Punsch, un as ick mit minen Schandoren herinner kamen, dunn würd dat en Flustern un en Kiken, denn sei müggten jo woll marken, wat för en Geisteskind sei vör sick hadden. De Schandor müßt den Wirt un de Wirt ehr wedder Utkunft gewen, un as sei sick dorvon äwertügt hadden, dat sei mit en richtigen Königsmürder tau dauhn hadden, kamm de ein, wat woll ehr Öbberst was, an mi ran, presentierte mi en Glas von ehr Gedränk un frog mi, wat ick mi nich mit ehr en beten tausamen setten wull. Ick müßt dit aflehnen; ick was würklich tau kaputt; äwer dat hinnerte em nich, mi in korten tau vertellen, dat sei nu all up dat W.....barger Gymnasium 'ne lütte nüdliche dütsche Burschenschaft stift hadden, un dat hei de Spreker dorvon wir.

Dat was jo ganz nett; de königlich preuß'sche Staat hadd uns as afschreckend Bispill vör aller Welt henstellt, un nu fungen de Primaner up de Schaulen all dormit an, womit wi uphürt hadden. – Ne, 't is nicks mit de Dodsstraf un mit de Afschreckungstheorie irst recht nich!

As en ihrlichen Mann röd ick em, hei süll Dütschland sinen ollen scheiwen Gang gahn laten, em künn't süs as mi gahn; äwer hei wüßt dat beter – je jünger de Lüd' desto beter weiten sei dat jo –, sei hadden't vel tau fin infädelt mit Spitznamen, Stichwurt un geheime Verswörung.

Dorbi was nicks tu maken, ick gung tau Bedd.


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