José Maria Eça de Queiroz
Stadt und Gebirg
José Maria Eça de Queiroz

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III

Jeden Morgen um neun Uhr drang ich, nachdem ich meine Schokolade genossen, noch in Pantoffeln bei Jacintho ein. Ich fand dann meinen Freund gebadet, rasiert, massiert und in einen Schlafrock aus weißem Angorafell gehüllt, vor seinem Toilettetisch, der – der Mikroben wegen – ganz aus Kristall und mit all jenen Geräten aus Schildpatt, Elfenbein, Silber, Stahl und Perlmutter angefüllt war, die der Mensch des neunzehnten Jahrhunderts benötigt, um nicht das herrliche Gesamtbild der Kultur zu entstellen und um in ihr seinen Typus zu erhalten. Besonders die Bürsten erregten alltäglich aufs neue mein Entzücken und Erstaunen – denn da waren welche, die breit waren wie das massive Rad eines Sabiner Wagens; andre schmal und krummer als ein Türkensäbel; konkave, von der Form eines dörflichen Dachziegels; spitze, wie ein Efeublatt geformte; solche, die härter waren als Eberborsten und andre, die weicher waren als der Flaum der Waldtaube! Und alle machte mein Jacintho sich gewissenhaft dienstbar, wie ein guter Hausvater, der keinen einzigen Knecht geringschätzt. Und so verweilte dieser Prinz vor dem silberlaubumrahmten Spiegel und ließ vierzehn Minuten lang alle möglichen Haare durch sein Haar streichen.

Währenddessen bedienten Grillo und ein andrer Diener hinter den seidengewirkten Wandschirmen von Kioto mit Kraft und Geschick die Apparate des Waschtisches, der eine verkleinerte Auflage der monumentalen Maschinen des Badesaales war, – letzterer das vollendetste Wunder in Nr. 202. Aus diesen vereinfachten Marmorgerätschaften kamen nur zwei Wasserstrahlen, die von eins bis hundert graduiert waren; zwei Duschen, eine feine und eine grobe, für den Kopf; die sterilisierte Quelle für die Zähne; der Brausestrahl für den Bart; und außerdem waren diskrete Knöpfchen da, die, wenn man auf sie drückte, feine Wasserstrahlen, singende Kaskaden oder einen leichten Sommertau ausströmten.

Aus diesem schaurigen Winkel, wo dünne Tuben so viele kochende, brausende, sprudelnde, rauschende Wasser in Zwang und Dienstbarkeit hielten, ging dann endlich mein Jacintho hervor, trocknete sich die Hände an einem russischen Handtuch, dann an einem Leinentuch, darauf an einem aus geflochtenem Garn, um den Blutumlauf wieder herzustellen, und glättete schließlich die Haut mit einem weichen Seidentuch. Nach diesem letzten Ritus, der ihm bald einen Seufzer, bald ein Gähnen erpreßte, streckte er sich auf einen Diwan, um in einer Agenda zu blättern, worin sich ihm die von Grillo oder ihm selbst eingetragenen Beschäftigungen des Tages entrollten, die manchmal so zahlreich waren, daß sie zwei Seiten bedeckten.

Sie alle standen im Zusammenhang mit seiner Geselligkeit, seiner komplizierten Zivilisation oder den vielfachen Interessen, die sich mein Prinz in diesen sieben Jahren geschaffen hatte, um in der gewissenhaftesten Gemeinschaft mit allen städtischen Betrieben zu leben. So war Jacintho zum Beispiel Vorsitzender des Klubs »Schwert und Scheide«, Teilhaber der Zeitung »Le Boulevard«, Direktor der »Telephoncompagnie von Konstantinopel«, Socius der »Vereinigten Bazare des Spiritualismus«, Mitglied des »Komitees für Einweihung in die esoterischen Religionen«. Keine dieser Beschäftigungen schien indessen meinen Freund anzusprechen – denn trotz der zahmen Gleichmäßigkeit seiner milden Sitten schleuderte er häufig in einer Aufwallung des freien Menschen jene ihn vergewaltigende Agenda auf den Teppich. Und an einem schönen Morgen – es herrschte Wind und Schneetreiben –, wo ich das tyrannische, liebevoll in Leder von der Farbe welker Rosen gebundene Buch aufhob, bemerkte ich, daß Jacintho nach dem Frühstück einen Besuch in der Rue de l'Université machen sollte, einen andern im Park Monceau, noch einen in den entlegenen Anlagen von La Muette; als Mitglied eines Klubs einer Abstimmung beiwohnen, Madame d'Oriol auf eine Fächerausstellung begleiten, ein Hochzeitsgeschenk für die Nichte der Trèves auswählen, einem Ehrengericht in Sachen falschen Spiels im Ecarté unter Kavalieren präsidieren sollte ... Und dazwischen tummelten sich noch andre von Jacintho mit Bleistift bezeichnete »Merker«: »Kutscher – Five-o'clock bei Ephraim – die Kleine von den Variétés – die Notiz nach der Zeitung bringen ...« Ich betrachtete meinen Prinzen. Lang ausgestreckt auf dem Diwan, die Augen jämmerlich zugedrückt, wurde er von einem ungeheuren, stummen Gähnen überwältigt ...

Jacinthos Geschäfte begannen übrigens schon früh, gleich nach dem Bade. Von acht Uhr ab läutete die Glocke des Telephons nach ihm, ungeduldig, beinahe zornig, wie nach einem saumseligen Sklaven. Und kaum, daß er sich abgetrocknet hatte, noch in seinen Schlafrock aus Angorafell gehüllt, ging er fortwährend auf den Korridor hinaus, um mit Leuten zu flüstern, die es so eilig hatten, daß sie den triefenden Regenschirm in der Hand behielten. Einer dieser stets Anwesenden (er gehörte ohne Zweifel der Telephongesellschaft von Konstantinopel an) war besonders fürchterlich: ein völlig ausgemergelter, rußiger Mensch mit schlechten Zähnen, einer ungeheuren, schmierigen Mappe unter dem Arm und einem Paar trüben Raubtieraugen, die aus dem hochgeschlagenen Kragen eines schäbigen Pelzes wie aus der Oeffnung einer Höhle hervorstachen. Unaufhörlich und unerbittlich erschien ein Diener mit Karten und Briefen auf einem silbernen Teller. Sodann Lieferanten in Kunst und Industrie; Pferdehändler, feist und in weißem Paletot; Erfinder mit großen Papierrollen; Trödler, die in der Tasche eine »einzige« und fast unwahrscheinliche Ausgabe von Ulrich Zell oder von Lapidanus brachten. Jacintho lief ganz benommen in Nr. 202 umher, kritzelte sein Taschenbuch voll, läutete am Telephon, knüpfte fiebernd Pakete auf, schüttelte im Vorbeigehen einen Menschen ab, der im Vorzimmer auf der Lauer nach ihm gelegen hatte, und behandelte sein Merkbuch oder seinen Katalog wie eine Wurfmaschine.

Um Mittag rief der melancholische Ton eines Tam-tam zum Frühstück. Mit dem über meinem Teller entfalteten »Figaro« oder den »Novidades« wartete ich allemal eine halbe Stunde auf meinen Prinzen, der schließlich wie von einem Windstoß hereingeführt erschien und mit dem Ausdruck eines Geräderten seine ewige Klage ausstieß:

»Ein Elend! Und das nach einer niederträchtigen Nacht, von Träumen gequält. Ich habe Schwefelsalz genommen und Grillo gerufen, damit er mich mit Terpentin einreibt... Ein Elend!«

Dann ließ er einen schon satten Blick über den Tisch gleiten. Keine Schüssel, so verführerisch sie auch war, reizte ihn; und, da er während seines morgendlichen Umherlaufens unzählige Zigaretten rauchte, die ihm die Kehle ausdörrten, fing er damit an, daß er sich mit einem ungeheuren Glas salzsaurem oder kohlensaurem Wasser oder einer Brauselimonade, die mit sehr teurem alten Cognac vermischt und mit syrakusanischem Muskateller entsetzlich versüßt wurde, den Magen verschlemmte. Sodann spießte er, ohne allen Appetit, mit unentschlossener Gabelspitze hier und da ein Scheibchen Schinken oder eine Hummerfaser auf; und ungeduldig forderte er den Kaffee, echten Mokka, der ihm allmonatlich aus einer Faktorei in Dedjah zugeschickt und auf türkische Manier dick gekocht wurde, und den er mit einer Zimmetstange umrührte.

»Und du, Zé Fernandes, was hast du vor?«

»Ich?«

Behaglich im Stuhl zurückgelehnt, die Daumen in den Armausschnitten der Weste, sagte ich:

»Ich werde sehr gemütlich umherstrolchen wie ein herrenloser Hund!«

Mein aufmerksamer Freund durchforschte, während er seinen Kaffee umrührte, die vielseitige Zivilisation der Stadt nach einer Unterhaltung, die mir Vergnügen machen könnte. Aber kaum begann er, mir eine Ausstellung, einen öffentlichen Vortrag oder Denkmäler oder Promenaden zu suggerieren, so zuckte er auch schon trostlos die Achseln:

»Ach, das ist schließlich auch nicht der Mühe wert, – öder Kram!«

Er zündete sich noch eine der russischen Zigaretten an, auf denen in Gold auf die Leibbinde gedruckt sein Name glänzte. Und während er sich in nervöser Ungeduld den Schnurrbart zerzauste, hörte er noch an der Tür der Bibliothek seinen Geschäftsführer an, den feisten und majestätischen Laporte. Endlich tauchte Prinz Glückspilz, gefolgt von einem Diener, der einen ungeheuren Stoß Zeitungen unter dem Arm trug, mit denen er das Coupé ausstattete, in der Stadt unter.

* * *

Wenn die geselligen Pflichten Jacintho mal ein wenig mehr Muße gönnten und der Märzhimmel uns liebreich ein Fleckchen wässerigen Blaus beschied, machten wir nach dem Frühstück einen Spaziergang durch Paris. Diese behaglichen »Bummel« waren früher in unsern Studienjahren für Jacintho ein Lieblingsvergnügen gewesen – weil er auf ihnen am intensivsten und bis ins kleinste »die Stadt« genießen konnte. Jetzt indessen verursachten sie ihm, trotz meiner Gesellschaft, nur eine Ungeduld und eine Ermüdung, die trostlos von der früheren Begeisterung abstach. Betreten (ja mit Schmerz, denn ich bin von Natur gutmütig, und es betrübt mich allemal, meinen Glauben erschüttert zu sehen!) machte ich am ersten Nachmittage, wo wir die Boulevards hinabgingen, die Entdeckung, daß der auf dem Asphalt krabbelnde menschliche Ameisenhaufen und der düstere Zug der Wagen auf dem Makadam meinem Freunde Unbehagen verursachten, infolge der Brutalität ihrer Eile, ihres Egoismus, ihres durchdringenden Lärms. Auf meinen Arm gelehnt, als suche er Schutz bei ihm, fing dieser neue Jacintho an zu beklagen, daß bei unsrer vorgeschrittenen Kultur die Straßen nicht mit Guttapercha bekleidet waren! Und die Guttapercha stellte augenscheinlich für meinen Freund den diskreten Stoff dar, der den Anprall und die rohe Berührung der Dinge abschwächt. O Wunder! Jacintho, der nach Gummi verlangte, nach dem isolierenden Gummi zwischen seiner Empfindlichkeit und dem Stadtgetriebe! Und dann, er gestattete mir nicht einmal, staunend vor jenen vergoldeten und verspiegelten Schauladen stehen zu bleiben, die er sonst als die »kostbaren Museen des neunzehnten Jahrhunderts« betrachtet hatte.

»Nicht der Mühe wert, Zé Fernandes! Schreckliche Armut und Eintönigkeit in der Erfindung. Immer derselbe Blumenzierat Louis' XV., immer derselbe Plüsch ... Nicht der Mühe wert!«

Ich riß über diesen ausgetauschten Jacintho die Augen auf. Und insonderheit erregte mir sein Abscheu gegen »die Menge« Befremden – ein Abscheu, der sich gegen gewisse Eindrücke der »Menge« lichtete, die er die »Furchen« nannte.

»Du spürst sie nicht, Zé Fernandes! Du kommst aus dem Gebirge... Aber die verleiden einem die Stadt, diese »Furchen«! Das ist zum Beispiel ein scharfes, nervenreizendes Parfüm, das eine Frau beim Vorübergehen zurückläßt, das sich in den Geruchsorganen festsetzt und für den ganzen Tag die atembare Luft verdirbt. Ein Wort, das wir aus einer Gruppe aufschnappen und das eine Welt voll Gemeinheit, voll Pedanterie oder Dummheit offenbart, und das uns in der Seele festklebt wie ein Spritzfleck, der uns an eine ungeheure Schlammpfütze erinnert, die wir durchschritten haben. Oder auch, mein Junge, eine durch Prätention oder schlechten Geschmack oder Frechheit oder Schäbigkeit oder Roheit unerträgliche Figur, deren widerwärtiges Bild man nicht wieder los werden kann. Ein Schrecken, diese Furchen, Zé Fernandes! Uebrigens, zum Teufel! – das sind die kleinen Uebelstande einer wundervollen Kultur!«

All dies war vielleicht kindisch, aber für mich bedeutete es in diesem flammenden Stadtanbeter die Abkühlung seiner Inbrunst. An demselben Nachmittage, wenn ich nicht irre, drangen wir bei sanftem, mildem Licht bis in das Zentrum der Stadt, in die langen Straßen, in die meilenlangen graugekalkten Häuserreihen, mit den sich zum Himmel sträubenden Schornsteinen aus schwarzem Eisenblech, mit den ewig geschlossenen Fenstern, den ewig herabgelassenen Vorhängen, die das Leben erstickten und verbargen. Nichts als Backsteine, nichts als Eisen, nichts als Kalk, nichts als Stuck: steife Linien, scharfe Winkel, alles trocken, alles hart. Und vom Straßenpflaster bis unter den Dachfirst, über die ganze Fassade hin, Veranden verhängend, Mauern verschluckend, Schilder, Schilder ...

»O, dieses Paris, Jacintho, dieses dein Paris! Welch unermeßlicher, roher Bazar!«

Und mehr um meinen Prinzen auszuholen, als aus Ueberzeugung, erging ich mich des weiteren über die Häßlichkeit und Trübseligkeit dieser Häuserblöcke, roher Niederlagen, deren Stockwerke nur Warenborte seien, worauf die Menschheit übereinander gepackt sei. Und zwar eine ganz respektlos katalogisierte und ordnungsgemäß aufgestapelte Menschheit. Die am meisten ins Auge fallende, die Luxusmenschheit, auf den unteren, schön lackierten Borten. Die Alltags- und Arbeitsmenschheit in den oberen Regionen, unter den Treppen, auf Planken aus rohem Tannenholz, unter Staub und Mottenwürmern ...

Jacintho murmelte mit verzogenem Gesicht:

»Häßlich, sehr häßlich!«

Aber er besann sich gleich wieder, schlenkerte den Büffelhandschuh in der Luft und sagte:

»Aber welch wunderbarer Organismus, Zé Fernandes! Welche Dauerhaftigkeit! Welch ein Erzeugnis!«

Am abtrünnigsten erschien mir Jacintho in seiner alten und fast religiösen Vorliebe für das Bois de Boulogne. Als junger Mann hatte er über das Bois verwickelte und bedeutende Theorien konstruiert. Und die Augen rollend wie ein Fanatiker, hatte er die Ansicht vertreten, daß im Bois die Stadt allnachmittäglich sich Kraft und Gesundheit hole und durch die Anwesenheit ihrer Herzoginnen, ihrer Courtisanen, ihrer Politiker, ihrer Finanziers, ihrer Generäle, Akademiker, Künstler, Klubisten, Juden die tröstliche Gewißheit erhielte, daß ihr ganzes Personal in Zahl, Lebenskraft und Funktion erhalten, und daß kein Element ihrer Größe verschwunden oder umgekommen wäre. »Nach dem Bois gehen« bedeutete deshalb für meinen Prinzen einen Gewissensakt. Und bei der Rückkehr versicherte er allemal stolz, daß die Stadt noch im Besitz aller ihrer Gestirne sei, die die Ewigkeit ihres Lichts gewährleisteten. Jetzt hingegen führte er mich ohne Inbrunst, schleppenden Schrittes ins Wäldchen, wo ich mir die Milde des April zu nutze machte, um mich über mein Heimweh nach Baum und Busch hinwegzutäuschen. Solange wir in dem edlen Trab seiner glänzenden Maultiere die Avenuen der Champs-Elysées und des Bois hinauftrotteten, die wie durch den zarten Rasen und das frische Grün der jungen Schößlinge verjüngt aussahen, war Jacintho der gute Kamerad, der liebenswürdige Plauderer, mit dem sich's so durch Paris hindurch liebenswürdig philosophieren ließ, während er den Rauch seiner Zigarette durch die herabgelassenen Coupéfenster blies.

Sobald wir aber die vergoldeten Gittertüren des Bois hinter uns hatten, in die Akazienallee eindrangen und uns der langsamen Reihe der Equipagen und Droschken einreihten, unter dem geziemenden Schweigen, das nur durch das Klingeln der Zügel und durch das Knirschen der Wagenräder unterbrochen wurde, – da verstummte mein Prinz, versenkte sich träge in die Polster, aus denen er sich nur aufrichtete, um den Mund zu einem Gähnen des Ueberdrusses aufzureißen. Aus alter Gewohnheit nur bestätigte er die tröstliche Anwesenheit des »Personals«, der »Gestirne«, indem er nach einem Coupé oder einer Viktoria wies, die knirschend in einer andern Wagenreihe kroch, – und einen Namen murmelte. Auf diese Weise lernte ich den langgelockten Judenbart des Banquiers Ephraim kennen, und die lange Patriziernase der Madame de Trèves, die wie ein Schutzdach über einem ewigen Lächeln hing. Ich machte die Bekanntschaft der schlaffen Wangen des neu-platonischen Dichters Dornan, der immer aus der Tiefe einer Droschke in die Luft schnupperte; der langen präraffaelitischen glatten Scheitel der schwarzhaarigen Madame Verghane; des milchfarbenen Monocles des Direktors des »Boulevard«; des sieghaften Schnurrbärtchens des Herzogs von Marizac, der hoch auf seinem Kriegs-Phaeton thronte; und noch andrer stereotyper Lächeln und dünner Lippenbärtchen à la Renaissance und schmachtender Augenlider und spähender Augen und gepuderter Gesichter, die alle »illustre« und meinem Prinzen wohl bekannt waren. Von der Höhe der Akazienallee aber fuhren wir dann wieder in verhaltenem Schritt über den knirschenden Sand abwärts.

Und in der langsam aufsteigenden Linie Gig hinter Landauer, Viktoria hinter Fiaker, feierten wir unfehlbar ein Wiedersehen mit dem geschwärzten Monocle des Mannes vom »Boulevard« und mit den pechrabenschwarzen Scheiteln der Madame Verghane und dem hohläugigen Neu-Platoniker und dem Talmud-Bart und mit all jenen Figuren von wächserner Unbeweglichkeit, die meinem Freunde superbekannt waren, und denen er jeden Nachmittag ungezählte Jahre hindurch und immer mit demselben Lächeln, unter demselben Reispuder, in derselben Wachsfiguren-Unbeweglichkeit begegnete; da hielt sich Jacintho nicht länger und schrie dem Kutscher zu:

»Nach Hause, schnell!«

Und in feurigem Dauerlauf der Maultiere ging es durch die Avenue du Bois und durch die Champs-Elysées, – das gewaltsam gezügelte Tempo, gegen das sie wie andre ihrer guten Bekannten unter den Maultieren vergeblich durch ein Beißen auf das Gebiß protestiert, hatte sie in eine der Verzweiflung Jacinthos vergleichbare Erbitterung versetzt.

Um ihm auf den Zahn zu fühlen, fing ich an, dem Bois alle Schande nachzusagen:

»Das ist nicht mehr so amüsant wie früher, das hat sich überlebt!« »O nein, es ist sehr unterhaltend,« warf er unsicher ein, »nichts unterhaltender als das Bois, aber ...«

Und dann schützte er die Kühle des Nachmittags oder die Tyrannei seiner Geschäfte vor. Wir kehrten darauf nach Hause zurück, wo tatsächlich gleich mein Prinz, in seinen weißen Schlafrock gehüllt, vor dem Kristalltisch, der mit seiner Legion von Bürsten im elektrischen Lichte funkelte, anfing, sich für den gesellschaftlichen Nachtdienst zu rüsten.

An einem dieser Abende (einem Sonnabend) durchlebten wir in diesem so zivilisierten und geschützten Gemach eines jener aufregenden, empörten Schrecknisse, wie sie nur die Wildheit der Elemente hervorbringt. Es war spät geworden (wir sollten mit Marizac im Klub speisen, um ihn nachher in den »Lohengrin« zu begleiten), und Jacintho schürzte in aller Eile den Knoten seiner weißen Krawatte, als im Waschzimmer, sei es infolge eines Rohrbruchs, sei es, weil der Hahn abgelötet war, die Leitung versagte und der Strahl des kochenden Wassers dampfend und zischend mit Ungestüm hervorbrach. Eine dichte Wolke heißen Dampfes verschleierte die Lichter – und in diesem Nebel irrend, hörten wir unter dem Geschrei Grillos und des Aufwärters den Vernichtungsstrom gegen die Wände schlagen, wobei er brühheißen Regen umhersprühte. Der Teppich unter unsern Füßen war ein heißer Schlamm. Und wie wenn alle Naturgewalten, die sich in Jacinthos Dienst gestellt hatten, durch jene Empörung des Wassers ermutigt, hätten streiten wollen, hörten wir im Innern der Wände dumpfes Brausen, und aus den Drähten des elektrischen Lichtes sprangen drohende Blitze hervor!

Ich floh in den Korridor hinaus, wo schon der Nebel wie eine Mauer stand. Im ganzen Hause herrschte unbeschreiblicher Tumult. Vor dem Portal hatte sich bereits, von den durch die Fenster entweichenden Dampfwolken angezogen, Polizei aufgestellt und Volk angesammelt. Und auf der Treppe prallte ich gegen einen Reporter, der, den Hut im Nacken und das Notizbuch offen in der Hand, sensationsgierig schrie, »ob denn gar niemand umgekommen sei!?« Als schließlich das Wasser gebändigt war, der Nebel sich gelichtet hatte, traf ich Jacintho mitten im Zimmer in Unterhosen und leichenblaß:

»O Zé Fernandes, diese Industrie! ... Welche Ohnmacht, welche Ohnmacht! Schon zum zweitenmal solch ein Unfall! Und dabei das Vollendeteste an Apparaten, eine ganz neue Konstruktion ...«

»Und ich durch diese neue Konstruktion völlig verschlammt! Und dabei keinen zweiten Frack zur Verfügung!«

Ringsumher dampften noch die gestickten Seidenbezüge, die Brokate Louis XIII., die ganz mit Flecken bedeckt waren. Mein Prinz trocknete ganz schreckensbleich eine Photographie der Madame Oriol, deren entblößte Schultern der brutale Wasserstrahl durch Blasen entstellt hatte. Und ich dachte mit Erbitterung daran, daß in meinem Guiaens das Wasser in sicheren Kochtöpfen zum Sieden gebracht und durch die kräftige Hand der Katharina in handfesten Krügen in mein Waschzimmer getragen wurde. Wir speisten an jenem Abend nicht mit dem Herzog de Marizac im Klub. Und in der Oper konnte ich Lohengrin und seiner blanken Seele und seinem blanken Schwan und seinem blanken Degen nur geringen Geschmack abgewinnen, – eingezwängt und eingequetscht wie ich war in den Frack, den mir Jacintho geliehen, der mir in den Aermelausschnitten die Arme abschnürte und betäubend nach Fleurs de Nessari duftete.

* * *

Am Sonntag in aller Frühe kam Grillo, der sich tags zuvor die Hände verbrüht hatte und sie im Verband trug, in mein Zimmer, zog die Fenstervorhänge auf, stellte sich vor mein Bett und sagte mit seinem vergnügtesten Negergrinsen:

»Es steht im ›Figaro‹«.

Triumphierend entfaltete er die Zeitung. Unter der Rubrik »Echo« standen etwa zwölf Zeilen, in denen unsre Wasser mit solcher Ueppigkeit, mit solchem Glanz und in solcher Oeffentlichkeit rauschten und sprudelten, daß auch ich mich eines entzückten Schmunzelns nicht erwehren konnte.

»Und den ganzen Morgen schon das Telephon, Siô Fernandes!« rief Grillo in seinem Ebenholzglanze. »Alle wollen wissen ...›Sind Sie da? Sind Sie verbrüht?‹ Ganz Paris bekümmert, Siô Fernandes!«

Das Telephon klingelte tatsächlich unermüdlich, und als ich zum Frühstück herunterkam, verschwand das Tischtuch völlig unter einer Schicht von Telegrammen, die mein Prinz mit einem Messer aufschnitt, wobei er stirnrunzelnd über »diesen langweiligen Kram« knurrte. Nur beim Lesen eines dieser blauen Papiere entwölkte sich seine Stirn; er warf es mir mit demselben Lächeln der Befriedigung auf den Teller, mit dem wir, Grillo und ich, am Morgen gelächelt hatten:

»Vom Großherzog Kasimir ... Ein liebenswürdiger Sonderling! Ein guter Kerl!«

Ich gab mich neben dem Genuß meiner Eier zugleich dem der Depesche Seiner Hoheit hin: »Was für Geschichten! Mein lieber Jacintho überschwemmt! Sehr chic, in den Champs-Elysées! Ich werde mich nur noch mit einem Rettungsgürtel nach Nr. 202 begeben! Beileid und Umarmung! Kasimir ...« Auch ich murmelte voll Ehrfurcht: »Liebenswürdig! »Ein guter Kerl!« Und wie ich so langsam in dem Haufen Depeschen wühlte, die sich bis an mein Glas hin ausbreiteten, fragte ich beiläufig:

»Wer ist eigentlich diese Diana, die dir unaufhörlich schreibt, dich antelephoniert, dir telegraphiert, dir...?«

»Diana? ... Diana de Lorge. Eine Kokotte. Eine große Kokotte!«

»Deine?«

»Meine, meine... Nein! Ich habe nur meinen Anteil.«

Und wie ich nun mein Erstaunen äußerte, daß mein Prinz, ein so reicher und stolzer Herr, statt seinen eignen Futtertrog zu haben, aus Sparsamkeitsrücksichten mit andern aus einem allgemeinen Trog schnupperte, zog Jacintho zugleich mit einer aufgespießten Krabbe die Schultern in die Höhe:

»Du kommst aus dem Gebirge... Eine Stadt wie Paris, mein guter Zé Fernandes, hat Kurtisanen mit großem Prunk und Gepränge nötig. Um nun in Paris, bei den rasend hohen Preisen von Paris, eine Kokotte unterhalten zu können, mit ihren Toiletten, ihren Brillanten, ihren Pferden, ihren Lakaien, ihren Festlichkeiten, ihrem Palais, ihren Theaterlogen, ihrer Öffentlichkeit, ihren unverschämten Ansprüchen, müssen sich notwendig mehrere Vermögen verbinden, und so bildet sich ein Syndikat. Wir sind zu diesem Zweck etwa sieben im Klub. Ich bezahle meinen Anteil ... Aber lediglich aus Bürgersinn, um der Stadt eine monumentale Kokotte erhalten zu helfen. Im übrigen ›schnuppere‹ ich gar nicht. Arme Diana! ... Von den Schultern abwärts weiß ich nicht, ob ihre Haut schneeweiß oder quittengelb ist!«

»Von den Schultern abwärts?... Und aufwärts?«

»O, da hat sie Reispuder! ... Aber sie ödet mich an! Immerzu Theaterbillette, immerzu Telephon, immerzu Depeschen! Und dreitausend Franken pro Monat, außer den Blumen ... Schauderhaft!«

Und die beiden Furchen, die meinem Prinzen zu beiden Seiten seiner feinen Nase herniederliefen, nahmen, wie er sie so über seinen Salat neigte, das Aussehen zweier melancholischer Talsenkungen bei Einbruch der Nacht an.

Wir beendeten gerade unser Frühstück, als ein Diener in diskretem Flüstern Madame d'Oriol meldete. Jacintho legte ruhig die Zigarre beiseite; ich verschluckte mich an einem hastigen Schluck Kaffee. Zwischen den erdbeerfarbenen Damastvorhängen erschien sie, ganz in Schwarz, in einem glatten, strengen Karfreitagsschwarz, und bewegte mit anmutiger Gebärde den Muff gegen uns, um uns zu beruhigen. Und zugleich begann sie mit süß plaudernder Zungengeläufigkeit:

»Nur für einen Augenblick; bitte, stehen Sie nicht auf! Ich ging gerade vorbei, – ich bin auf dem Wege zur Madeleine, – da konnte ich mich nicht enthalten, herauf zu kommen, um die Zerstörung zu beaugenscheinigen ... Eine Ueberschwemmung in Paris, in den Champs-Elysées! Das kann nur diesem Jacintho begegnen! Und es steht im ›Figaro‹! Nein, wie ich erschrocken war, als ich telephonierte! Denken Sie sich doch nur! Kochendes, sprudelndes Wasser, wie auf dem Vesuv! ... Das ist doch auch ganz was Neues! Und die Möbelbezüge verdorben, natürlich, und die Teppiche ... Ich brenne darauf, die Trümmer zu bewundern!«

Jacintho, der mir weder gerührt noch dankbar für so viele Teilnahme erschien, hatte lächelnd wieder zur Zigarre gegriffen:

»Es ist alles trocken, teuerste Frau, alles trocken! Gestern war es eine Pracht, als das Wasser wallte und siedete! Jammerschade, daß nicht wenigstens eine Wand eingestürzt ist!«

Aber sie beharrte auf ihrem Wunsch. Nicht alle Tage konnte man in Paris die Zerstörungen einer Ueberschwemmung genießen. Der »Figaro« hätte davon berichtet ... Es wäre ein himmlisches Abenteuer, ein verbrühtes Haus in den Champs-Elysées!

Ihre ganze Person, von den Federchen, die sich auf ihrem Hut kräuselten, bis zu der glänzenden Spitze ihres Lackstiefelchens, bewegte sich, vibrierte wie ein zarter Zweig unter der Berührung eines zwitschernden Vogels. Das Lächeln allein bewahrte hinter dem dichten Schleier seinen unbeweglichen Glanz. Und in der Luft verbreitete sich ein Aroma, eine Süßigkeit, die ihre ganze bewegliche Anmut ausströmte.

Jacintho gab endlich heiter lächelnd nach, und den Korridor entlang pries Madame d'Oriol noch den liebenswürdigen »Figaro« und gestand, wie sie an allen Gliedern vor Schreck gezittert habe ... Ich kehrte zu meinem Kaffee zurück und beglückwünschte innerlich den Prinzen Glückspilz zu dieser vollendeten Kulturblüte, die ihm das Leben durchduftete. Dann dachte ich an die wunderbare Harmonie, in der sich diese Blüte bewegte. Und ich lief eiligst ins Vorzimmer, um dort vor dem Spiegel meinem Haar und dem Krawattenknoten einen verführerischeren Schwung zu geben. Sodann kehrte ich in den Eßsaal zurück und setzte mich in möglichst eleganter und hochzivilisierter Haltung an das Fenster, wobei ich nachlässig die »Rundschau des 19. Jahrhunderts« durchblätterte. Gleich darauf kamen die beiden zurück: und Madame d'Oriol, die sich unter beständigem liebenswürdigen Lächeln für höchst benachteiligt erklärte, weil sie nichts entdeckt hätte, was noch an den Wassersturz erinnerte, streifte leise den Tisch, wo Jacintho Malteser Mandarinen auswählte, um sie ihr darzubieten, oder geeiste Kastanien oder ein mit Tokayer getränktes Biskuit.

Sie lehnte ab, die Hände im Muff behaltend. Sie war nicht groß und nicht stark, aber jede Falte ihres Kleides und jede Linie ihres Mantels fiel und wellte sich so harmonisch, wie höchste Vollendung nur höchste Vollendung verhüllt. Unter dem herabgelassenen Schleier bemerkte ich nur die Weiße des gepuderten Gesichts und das Dunkel der großen Augen. Und mit all der schwarzen Seide und dem schwarzen Sammet und ein wenig blondem Haar, einem warmen Blond, das fest gedreht über dem ihren Hals umsäumenden schwarzen Pelzwerk sichtbar wurde, strömte ihre ganze Erscheinung einen Eindruck von Glätte und Feinheit aus.

Ich betrachtete sie unablässig, wie eine Blüte der Zivilisation, und dachte an die jahrhundertelange Arbeit und an die überlegene Kultur, der das Erdreich bedurft hatte, dem sie so zart entsprossen war und auf dem sie sich zu vollem Duft erschlossen hatte, um so anmutiger, als sie eine Blüte der Kunst, eine Treibhausblume war, die in ihren Kelchblättern ein gewisses vorzeitig entfärbtes und welkendes Etwas trug.

Unterdessen bezeugte sie mit ihrer vogelartigen Kehlfertigkeit, indem sie bald mir, bald Jacintho zuzwitscherte, ihr drolliges Entsetzen über den Haufen Telegramme auf dem Tisch.

»All das heute morgen, wegen der Ueberschwemmung? ... Ah, Jacintho ist heut der Mann, der einzige Mann von Paris! Viele Depeschen von Damen?«

Mit vornehmer Nachlässigkeit, die glimmende Zigarre im Munde, schob mein Prinz seiner Freundin das Telegramm des Großherzogs hin. Da stieß Madame d'Oriol ein sehr feierliches und tief empfundenes »Ah!« aus. Andächtig las sie wiederholt den Zettel von Sr. Hoheit, und ihre Finger streichelten ihn mit liebkosender Ehrfurcht. Ernst und feierlich sagte sie:

»Prachtvoll!«

O sicherlich! Bei diesem Ungemach war alles mit großer Pracht zugegangen, ganz im Pariser Ton. Doch jetzt konnte dies entzückende Geschöpf nicht länger verweilen, weil sie sich in der Madeleine einen Platz für die Predigt hatte reservieren lassen.

In vollkommen harmlosem Ton rief Jacintho aus:

»Predigt? ... Ist denn schon die Zeit der Predigten?«

Madame d'Oriol machte eine reizende Gebärde des Entsetzens und der Bekümmernis. Was! Im Hause der Trèves mit seinen strengen Grundsätzen wäre er nicht gewahr geworden, daß schon die Fastenzeit angebrochen sei? Uebrigens wundere sie sich gar nicht – Jacintho wäre ein Türke! Und dann erging sie sich in Lobpreisungen des Predigers, eines Dominikanermönchs, des Pater Granon! O diese Beredsamkeit, diese Inbrunst! In der letzten Predigt hatte er über die Liebe geredet, die Vergänglichkeit der irdischen Liebe! Und dabei hätte er Worte von einer Inspiration ... von einer Brutalität! ... Und dann die Gebärde, die furchtbare, zerschmetternde Gebärde, bei der ihm der ganze Aermel zurückfiel und den bloßen Arm sehen ließ, einen prachtvollen, sehr weißen und sehr kräftigen Arm!

Ihr Lächeln leuchtete noch immer hell unter dem Blick der dunkler gewordenen Augen durch den Schleier hervor. Und Jacintho lachte:

»Ein guter Arm für einen geistlichen Berater, wie? Um die Gewissen zu beugen, zu stäupen ...«

»Nein, nein!« beeilte sie sich zu sagen, »der Père Granon hört keine Beichte!« Und dann besann sie sich plötzlich eines bessern, – sie nähme ein Biskuit und ein Gläschen Tokaier an. Es wäre doch nötig, sich für die Emotionen des Père Granon durch eine kleine Herzstärkung zu wappnen. Wir stürzten alle beide darüber her, der eine packte die Weinflasche, der andre bot einen Teller mit Süßigkeiten dar. Sie schob den Schleier bis zu den Augen empor und sog eilig einen kleinen Kuchen aus, den sie in Tokaier getränkt hatte. Und da Jacintho zufällig den Hut, den sie trug, näher ins Auge faßte und sich neugierig vorbeugte, ihn zu betrachten, verschwand plötzlich ihr Lächeln, und sehr ernst vor etwas sehr Ernsthaftem bemerkte sie:

»Vornehm, nicht wahr? ... Eine ganz neue Schöpfung von Madame Vial. Sehr ausdrucksvoll, sehr respektvoll jetzt in der Fastenzeit.«

Ihr Blick, der dabei auch mich umfaßte, lud mich ebenfalls zur Bewunderung ein. Ich näherte also meine Gebirglerschnauze, um diese höchste Schöpfung des Fastenluxus ehrfurchtsvoll zu betrachten. Und es war in der Tat wunderbar! Auf dem Sammet, im Schatten der krausen Federn, unter Spitzen eingebettet, durch eine Nadel gehalten, ruhte da eine zart aus schwarzem Schmelz verfertigte Dornenkrone.

Wie brachen beide in lebhafte Bewunderung aus. Und Madame d'Oriol verabschiedete sich mit einer Bewegung und einem Lächeln, das noch mehr Duft und Helle verbreitete, und brach nach Sainte Madeleine auf.

Mein Prinz machte ein paar nachdenkliche, unhörbare Schritte. Dann hob er mit einem ungeheuren Entschluß, als gälte es, eine Welt aus den Angeln zu heben, die Schultern und sagte unvermittelt:

»O, Zé Fernandes, wollen wir nicht diesen Sonntag mit irgend was Einfachem und Natürlichem verbringen?«

»Womit denn?«

Jacintho ließ aus weit aufgerissenen Augen die Blicke umherkreisen, als wenn er durch das Weltall hindurch sehnsüchtig nach etwas Einfachem und Natürlichem suche. Dann ließ er denselben großen, wie aus fernen Welten zurückkommenden, müden und beinahe hoffnungslosen Blick auf mir ruhen:

»Laß uns nach dem Jardin des Plantes gehen und die Giraffe betrachten!«


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